TE Vwgh Erkenntnis 1995/8/31 94/19/1269

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Veröffentlicht am 31.08.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des C in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. August 1994, Zl. 4.324.368/8-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ghanas, hat am 9. Oktober 1991 den Antrag gestellt, festzustellen, daß er Flüchtling im Sinn des Asylgesetzes 1968 sei. Anläßlich der niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 14. Oktober 1991 gab er im wesentlichen an, er gehöre in seinem Heimatland weder einer militärischen oder politischen Organisation, noch einer Minderheit im ethnischen Sinn an. Er sei Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas; im April 1989 sei die Kirche der Zeugen Jehovas von der ghanesischen Regierung verboten worden; im August 1989 habe er und weitere sieben Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft in einer Privatwohnung eine Versammlung abgehalten; die Polizei habe eine anonyme Anzeige darüber erhalten, die Versammlungsmitglieder festgenommen und für vier Tage in Polizeiarrest gehalten; dort habe der Beschwerdeführer erfahren, daß er eine lebenslange Freiheitsstrafe zu erwarten habe; die Strafe werde vom High Court (Obergericht) verhängt werden. Ein Polizist habe ihm nach vier Tagen zur Flucht aus dem Gefängnis verholfen.

Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Personalausweises, ausgestellt am 18. November 1989 von der Botschaft Ghanas in Tripolis. Zur diesbezüglichen Antragstellung befragt, gab der Beschwerdeführer an wie folgt:

Vorhalt: "Warum haben Sie den Personalausweis bei der Botschaft ausstellen lassen, wo Sie doch wußten, daß Sie von Ihrem Heimatland gesucht werden?"

Antwort: "Ich habe mir sofort nach der Ankunft den Ausweis ausstellen lassen, bevor noch die Botschaft von meiner Tat erfahren konnte."

Vorhalt: "Zwischen Ihrer Flucht und dem Ausstellungsdatum liegen drei Monate. Die ghanesische Botschaft hätte daher von Ihrer Flucht sicherlich erfahren."

Auf diese Vorhalte gab der Beschwerdeführer keine Antwort mehr.

In der Folge zu seinem Fluchtweg befragt, gab der Beschwerdeführer an:

"Im August 1989 fuhr ich mit einem Auto über Burkina Faso, Niger, Algerien nach Libyen. Ich war ca. ein Monat unterwegs und erreichte Tripolis ca. Mitte September. .................."

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. Juli 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid macht der Beschwerdeführer geltend, daß die Rückkehr in sein Heimatland Ghana für ihn lebenslange Haft oder eine Hinrichtung bedeuten würde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Sie wendete im Hinblick darauf, daß das Berufungsverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig gewesen" sei, gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991 dieses Gesetz an. Sie begründete ihre Entscheidung unter anderem damit, daß der Beschwerdeführer im Asylverfahren hinsichtlich des Zeitpunktes der Ausstellung seines Personalausweises durch die Botschaft Ghanas in Tripolis Angaben gemacht habe, die mit dem Inhalt dieses Dokumentes im Widerspruch stünden, weshalb die belangte Behörde seinen vorgebrachten Fluchtgründen insgesamt die Glaubwürdigkeit versagte. Das Ermittlungsverfahren habe darüber hinaus ergeben, daß der Beschwerdeführer vor seiner Einreise bereits in Rumänien gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vor Verfolgung sicher gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt hat, ist gemäß § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 im gesamten Asylverfahren das Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, anzuwenden, wenn das Verfahren in erster Instanz am 1. Juni 1992 anhängig war. Im vorliegenden Fall war das Asylverfahren am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängig, die belangte Behörde hätte daher das Asylgesetz (1968) anzuwenden gehabt und nicht das Asylgesetz 1991. Es war daher rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ihre Entscheidung u. a. auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegründet hat. Da die belangte Behörde ihren Bescheid aber auch darauf stützte, daß der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht habe, Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu sein und der Flüchtlingsbegriff des Asylgesetzes 1991 mit jenem des § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge inhaltlich ident ist, wäre der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nur dann in Rechten verletzt, wenn die Beurteilung der Frage der Flüchtlingseigenschaft rechtswidrig erfolgt wäre oder Verletzungen von Verfahrensvorschriften vorlägen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Der von der belangten Behörde gezogene Schluß auf die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers erweist sich insofern als zutreffend, als seine niederschriftlich festgehaltene Behauptung, er habe sich sofort nach der - Mitte September 1989 erfolgten - Ankunft in Tripolis den Ausweis ausstellen lassen, mit dem Ausstellungsdatum dieses Personalausweises - 18. November 1989 - in Widerspruch steht. Den Vorhalt der erstinstanzlichen Behörde, wonach zwischen seiner Flucht und dem Ausstellungsdatum drei Monate liegen würden, begegnete der Beschwerdeführer mit völligem Stillschweigen. Aber auch die vorliegende Beschwerde unterläßt jede Aufklärung dieses von der belangten Behörde in ihrer Beweiswürdigung aufgezeigten Widerspruches und läßt die diesbezüglichen tatsächlichen Schlüsse der belangten Behörde unbekämpft.

Dieser kann daher nicht mit Erfolg engegengetreten werden, wenn sie angesichts dieses Widerspruches dem Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt die Glaubwürdigkeit versagte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0560, und vom 4. Juli 1994, Zl. 94/19/0337).

Bei diesem Ergebnis braucht auf die übrigen Beschwerdeausführungen und insbesondere auf die Rechtsfrage, ob die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Gründe an sich geeignet wären, als wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention qualifiziert zu werden, nicht weiter eingegangen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1987, Zl. 87/01/0230 und vom 20. September 1989, Zl. 89/01/0159).

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Anberaumung einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994191269.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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