TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/15 92/17/0279

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Veröffentlicht am 15.09.1995
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Index

L37059 Anzeigenabgabe Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
16/01 Medien;

Norm

AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1 idF 1983/040;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §1 Abs1 idF 1984/029;
AnzeigenabgabeG Wr 1983 §4 idF 1984/029;
AnzeigenabgabeGNov Wr 1983;
AnzeigenabgabeGNov Wr 1984;
B-VG Art7 Abs1;
MedienG §1 Abs1 Z3;
StGG Art2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 30. September 1992, Zl. MD-VfR - T 4/92, betreffend Anzeigenabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 27. April 1988 wurde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum von Jänner 1984 bis Jänner 1988 Anzeigenabgabe für die anläßlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte in der Höhe von S 381.753,-- (d.s. 10 v.H. der Bemessungsgrundlage von S 3.817.530,--) zur Zahlung vorgeschrieben. Gleichzeitig wurde von dem nicht selbst bemessenen Teil dieser Abgabenschuldigkeit ein 2%iger Säumniszuschlag in der Höhe von S 3.262,-- vorgeschrieben. Die sich daraus ergebende Anzeigenabgabennachforderung betraf unter anderem die Verbreitung der Druckwerke "M" und "D", von welchen jedenfalls der größte Teil im Ausland verbreitet worden ist.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie die Rechtsansicht vertrat, die Abgabenpflicht wäre hinsichtlich der genannten Druckwerke wegen ausschließlicher Verbreitung derselben im Ausland nicht gegeben.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 1989, Zl. MDR-T7/88, wurde der Säumniszuschlag von S 3.262,-- auf S 3.261,-- herabgesetzt, im übrigen aber die Berufung als unbegründet abgewiesen. Dies im wesentlichen mit der Begründung, es stehe fest, daß "Exemplare der beiden Druckwerke auch in Österreich verbreitet" worden seien. Wenn der Umfang dieser Verbreitung auch nicht erheblich sei, so könne dennoch nicht davon gesprochen werden, daß es sich hiebei um eine nicht ins Gewicht fallende Größenordnung handle. Überdies sei die Verbreitung der beiden Druckwerke (je für sich) ein einheitlicher Vorgang, der nicht in zwei Teile (Verbreitung im Inland und im Ausland) aufgespaltet werden dürfe, wobei jeweils das Kriterium "Zugänglichmachen an einen größeren Personenkreis" erfüllt sein müsse.

Aufgrund einer dagegen erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis vom 17. Jänner 1992, 89/17/0036-5, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte folgende Rechtsansicht:

Auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 des Wiener Anzeigenabgabegesetzes 1983, LGBl. Nr. 22, i.d.F. LGBl. Nr. 40/1983 (Wr AnzAG), stehe zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Streit, ob die Verbreitung der Druckwerke "M" und "D" im Streitzeitraum ausschließlich im Ausland erfolgt sei oder nicht. Von einer "Verbreitung" eines Druckwerkes könne jedenfalls insoweit nicht gesprochen werden, als Exemplare des Druckwerkes nur als Beleg für Personen dienten, die, wie der Medieninhaber, der Auftraggeber des ganzen oder von Teilen des Druckwerkes sowie der Drucker, an der Herstellung des Druckwerkes beteiligt waren.

Hingegen könne beim Druckwerk "M" bei dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt zurecht davon gesprochen werden, daß eine Verbreitung im Inland auch dann erfolgte, wenn es die Absicht der inländischen Abnehmer in allen Fällen gewesen sein sollte, die erworbenen Exemplare des Druckwerkes in der Folge ausschließlich im Ausland zu verwenden. Auch eine geringe Verbreitung eines Druckwerkes im Inland schlösse die Annahme aus, das Druckwerk sei ausschließlich im Ausland verbreitet worden. Das nach dem Mediengesetz erforderliche Merkmal der Verbreitung "an einen größeren Personenkreis" sei hiebei mangels eines Anhaltspunktes im Gesetz für eine getrennt nach In- und Ausland vozunehmende Beurteilung nach der Verbreitung insgesamt zu prüfen.

Im zweiten Rechtsgang des Berufungsverfahrens brachte die Beschwerdeführerin vor, sie vertriebe das Druckwerk "M" nicht im Inland. Aus der Abonnentenliste selbst sei ersichtlich, wer das Druckwerk beziehe und an wen es ausgeliefert werde. Bei den in der Abonnentenliste aufscheinenden Unternehmen und Stellen des öffentlichen Rechts handle es sich nicht um Abonnenten im technischen Sinn. Bei den als Abonnenten bezeichneten Empfängern im Inland handle es sich, von öffentlichen Dienststellen abgesehen, um Auftraggeber für Inserate im Druckwerk "M".

Nach Durchführung ergänzender Erhebungen und Einholung einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin, in der sie ihr oben wiedergegebenes Vorbringen im wesentlichen wiederholte, änderte die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, daß der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 149 Abs. 2 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962 in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 1 und 3 bis 5 und 7 des Wiener Anzeigenabgabengesetzes 1983, LGBl. für Wien Nr. 22/1983, in der derzeit geltenden Fassung, wird der T-Gesellschaft m.b.H. in W, P-Gasse 45, die Anzeigenabgabe für die anläßlich der Vornahme und Verbreitung von Anzeigen aller Art vereinnahmten Entgelte wie folgt vorgeschrieben:

Zeitraum 1/84 bis 1/88 Bemessungsgrundlage S 3.354.118,-- Abgabenbetrag 10 v.H. S 335.412,--

Für die nicht fristgerecht entrichtete Anzeigenabgabe von S 116.716,-- ist gemäß den §§ 164 und 166 WAO ein Säumniszuschlag von S 2.334,-- angefallen.

Ein aushaftender Rückstand ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Eintreibung veranlaßt werden müßte."

Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Nach den Ergebnissen der Prüfung am 19. Mai 1992 in Gegenwart des Geschäftsführers der Berufungswerberin habe sich ergeben, daß im Prüfungszeitraum 1/84 bis 2/88 lediglich 4 der 30 Firmen umfassenden Abonnentenliste als Auftraggeber für Inserate aufgetreten seien. Der Geschäftsführer habe angegeben, daß es sich bei den restlichen Firmen der Abonnentenliste um Inserenten aus Vorperioden gehandelt habe, die "zwecks Marktbeobachtung auf die Abnonnentenliste gesetzt worden" seien. Gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen bestünden keine Bedenken.

Damit stehe aber in Bindung an die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes fest, daß zwar die Verbreitung des Druckwerkes "D", nicht aber jene des Druckwerkes "M" ausschließlich im Ausland erfolgt sei.

Die Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides von

S 3,817.530,-- vermindere sich somit um den Betrag von

S 463.412,--, der das Druckwerk "D" betreffe, auf

S 3.354.118,--. Die Anzeigenabgabe (10 v.H.) betrage somit

S 335.412,-- (gerundet gemäß § 153 WAO).

Nach der Aktenlage stehe fest, daß die Berufungswerberin die nicht anerkannte Anzeigenabgabe im Gesamtbetrag von S 116.716,-- nicht am jeweiligen Fälligkeitstag entrichtet habe. Der nach § 164 Abs. 1 WAO hiefür vorgesehene Säumniszuschlag betrage gemäß § 166 WAO 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages, somit S 2.334,32, abgerundet gemäß § 153 WAO S 2.334,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 und 2 Wiener Anzeigenabgabegesetz 1983, LGBl. für Wien Nr. 22/1983, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 29/1984 (Wr AnzAbgG), lautet:

"§ 1 (1) Anzeigen, die in die in Wien erscheinenden Medienwerke (§ 1 Abs. 1 Z. 3 des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981) gegen Entgelt aufgenommen oder mit solchen ausgesendet oder verbreitet werden, unterliegen, sofern die Verbreitung nicht ausschließlich im Ausland erfolgt, einer Abgabe nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes.

(2) Als Erscheinungsort des Medienwerkes gilt Wien dann, wenn die Verbreitung erstmals von hier aus erfolgt oder wenn der die Verbreitung besorgende Medieninhaber (Verleger) seinen Standort in Wien hat oder wenn die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung des Medienwerkes besorgenden Medieninhabers (Verlegers) vorwiegend in Wien ausgeübt wird."

Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 1 Wr AnzAbgG sind beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken entstanden. Durch die Anknüpfung der Steuerpflicht an den Erscheinungsort Wien hätte der Gesetzgeber das Sachlichkeitsgebot auch dann nicht verletzt, wenn er die Ausnahmebestimmung für ausschließlich im Ausland verbreitete Medienwerke durch die Novelle LGBl. Nr. 40/1983 nicht geschaffen hätte. Die volle - und nicht bloß aliquote - Besteuerung von Anzeigen in auch nur teilweise im Inland verbreiteten Medienwerken findet ihre sachliche Rechtfertigung in dem aus den Gesetzesmaterialien (Bericht an den amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Finanzen und Wirtschaftspolitik vom 15. Juni 1983) für diese Novelle hervorleuchtenden Motiv des Landesgesetzgebers, Umgehungen der Steuerpflicht zu vermeiden. Im Hinblick auf die Bemessung der Abgabe nach der Höhe des für die Verbreitung der Anzeige entrichteten Entgeltes (§ 4 Wr AnzAG) einerseits und auf den bloß degressiven Anstieg der Druckkosten mit der Zahl der hergestellten Exemplare andererseits, würde die ANTEILIGE Ausnahme der im Ausland verbreiteten Exemplare von der Besteuerung dem Abgabenpflichtigen die Möglichkeit einräumen, durch eine - sonst wirtschaftlich gar nicht angestrebte - Verbreitung zusätzlicher Exemplare des Medienwerkes im Ausland die Steuerpflicht im Ausmaß der jeweiligen ausländischen Verbreitungsquote zu umgehen.

Im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Überprüfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde auf ihre Schlüssigkeit bestehen keine Bedenken gegen die - im Einklang mit den Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin (vgl. Niederschriften vom 28. Jänner 1988 und vom 19. Mai 1992) - getroffenen Sachverhaltsannahmen des angefochtenen Bescheides, wonach lediglich 4 der 30 inländischen Adressaten des Medienwerkes "M" im Prüfungszeitraum 1/84 bis 2/88 als Auftraggeber für Inserate aufgetreten sind. Ohne Anführung konkreter Argumente gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde entfernt sich die Beschwerdeführerin von diesen Feststellungen, indem sie zunächst auf ihrem Vorbringen beharrt, die in Österreich verbreiteten Exemplare stellten ausschließlich Pflicht- oder Belegexemplare an Inserenten dar. Daß jene 26 Personen bzw. Institutionen auf der Abonnentenliste, die im Prüfungszeitraum nicht als Inserenten aufgetreten sind, nicht bloß in Evidenz gehalten wurden, sondern auch Adressaten der Verbreitung des Medienwerkes waren, wurde von der Beschwerdeführerin auch im zweiten Rechtsgang (s. Seite 2, 5. Absatz der Stellungnahme vom 13. April 1992) ausdrücklich zugestanden.

Davon, daß die im Inland verbreiteten Exemplare des Druckwerkes "M" lediglich als Beleg für Personen gedient hätten, die, wie der Medieninhaber, der Auftraggeber des ganzen oder von Teilen des Druckwerkes sowie der Drucker, an der Herstellung des Druckwerkes beteiligt gewesen wären, kann somit keine Rede sein. Eine - geringe - Verbreitung des Druckwerkes im Inland liegt somit - auch wenn die Versendung der diesbezüglichen Exemplare an EHEMALIGE Inserenten "zur Marktbeobachtung" erfolgt sein mag - in Bezug auf das Druckwerk "M" vor. Diese schließt aber aufgrund der den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bindenden (Erk. vom 14.9.1970, VwSlg 7850A/1979, vom 27.9.1984, 84/07/0020) Rechtsansicht des Erkenntnisses vom 17. Jänner 1992, 89/17/0036, die Annahme aus, das Druckwerk sei ausschließlich im Ausland verbreitet worden. Das nach dem Mediengesetz erforderliche Merkmal der Verbreitung "an einen größeren Personenkreis" ist hiebei mangels eines Anhaltspunktes im Gesetz für eine getrennt nach In- und Ausland vorzunehmende Beurteilung nach der Verbreitung insgesamt zu prüfen. Diese bindende Rechtsansicht des aufhebenden Erkenntnisses verkennt die Beschwerde, wenn sie vermeint, die Abgabenpflicht sei ausgeschlossen, weil eine Verbreitung an einen größeren Personenkreis im Inland nicht vorliege.

Da aus diesen Erwägungen dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992170279.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

07.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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