TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/20 95/03/0032

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Veröffentlicht am 20.09.1995
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;
83 Naturschutz Umweltschutz;
93 Eisenbahn;

Norm

AVG §8;
BVG Umfassender Umweltschutz §1;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §35 Abs2;
VwRallg;
WRG 1959 §10 Abs1;
WRG 1959 §10 Abs2;
WRG 1959 §10;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §127 Abs1;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §38;
WRG 1959 §56;
WRG 1959 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der C-AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 28. November 1994, Zl. 225.502/67-II/2-1994, betreffend eisenbahnrechtliche Baugenehmigung (mitbeteiligte Partei: Eisenbahn-Hochleistungsstrecken Aktiengesellschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der belangten Behörde Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Mehrbegehren werden abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei für den Hochleistungsstreckenabschnitt Gloggnitz-Mürzzuschlag mit Semmering-Basistunnel km 76,100 bis 98,797 gemäß den §§ 35 und 36 des Eisenbahngesetzes 1957 (EG) die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung im Zusammenhalt mit den §§ 15, 38, 41 und 127 Abs. 1 lit. b Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) bei Einhaltung bestimmter Vorschreibungen erteilt. Der Spruch enthält unter anderem folgenden Ausspruch:

"Im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren sind gem. § 127 Abs. 1, lit. b) WRG 1959 insbesondere folgende Baumaßnahmen mitumfaßt:

-

Regulierungsmaßnahmen der Schwarza und des Werkskanals

-

Errichtung der Eisenbahnbrücke über die Schwarza

-

Regulierung des Pettenbaches".

Ferner wurde unter "Auflagen Beweissicherung" unter anderem vorgeschrieben:

"Auflage C-AG:

Die HL-AG hat einen Vorschlag auszuarbeiten, wie die Registrierung der dem Einzugsgebiet der Mürz zuzuordnenden und aus diesem abgeleiteten Bergwässern meßtechnisch erfolgen kann. Dieser Vorschlag ist der Behörde vorzulegen. Auf Grundlage dieses Vorschlages entscheidet die Behörde gesondert, welche Beweissicherungsmaßnahmen konkret durchzuführen sind."

Unter Punkt V. wurden - unter anderem - die "Einwendungen und Forderungen" der beschwerdeführenden Partei "vom 21. April 1994 betreffend Rückgang der Kraftwerksarbeit ... mangels Parteistellung zurückgewiesen (§ 8 AVG, § 34 Abs. 4 EisbG) und gemäß § 35 Abs. 2 EisbG auf den Zivilrechtsweg verwiesen."

In der Begründung wurde hinsichtlich dieses Spruchpunktes ausgeführt, daß die beschwerdeführende Partei an der Mürz zwei Kraftwerke besitze. Sie beantrage Parteistellung im Hinblick darauf, daß durch die Überleitung der Tunnel- und Begleittunnelsickerwässer das Arbeitsvermögen der beiden Kraftwerke reduziert und sie als Wasserrechtsinhaberin in ihren Rechten geschmälert werde. Dazu werde von der Behörde festgestellt, daß sich das geltend gemachte Recht der Genannten auf ein Wasserbenutzungsrecht an der Mürz beziehe, das sich auf Grundstücke beziehe, die vom Projekt nicht betroffen seien. Es werde darauf hingewiesen, daß in diesem Verfahren nicht ein Genehmigungsantrag nach § 10 Abs. 2 WRG verfahrensgegenständlich sei, da von der Projektwerberin ein solcher Antrag nicht gestellt worden sei. Eine etwaige Parteistellung würde sich jedoch nur nach Maßgabe der Bestimmungen des § 26 WRG ergeben und beziehe sich § 26 Abs. 1 WRG ausdrücklich auf den Bestand oder Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage. Eine Wasserbenutzungsanlage sei aber in diesem Verfahren nicht verfahrensgegenständlich. In diesem Zusammenhang könne auch auf das "Plabutsch-Erkenntnis" des Verwaltungsgerichtshofes (Slg. Nr. 9984/A) verwiesen werden, wonach es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht eines Vorhabens darauf ankomme, ob beim Konsenswerber eine Erschließungs- bzw. Benutzungsabsicht am Grundwasser vorliege. Wie aus den Projektsunterlagen zu entnehmen sei, liege eine solche Erschließungs- oder Benutzungsabsicht am Grundwasser jedoch nicht vor, sondern solle das Eindringen von Bergwasser in den Tunnel grundsätzlich vermieden werden und seien im Bescheid zum Schutz der hydrogeologischen Verhältnisse auch entsprechende Abdichtungsmaßnahmen zur Minimierung der Ableitung des Bergwassers vorgesehen worden. Die Behandlung dieser Umstände erfolge deshalb in rechtlicher Hinsicht nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes (§§ 32 ff EG). Aus der Anwendung der eisenbahngesetzlichen Bestimmungen für diesen Sachverhalt - und somit unter anderem auch der die Parteistellung regelnden Bestimmung des § 34 Abs. 4 EG - ließen sich keine Parteirechte mangels Betroffenheit der Grundflächen, auf die sich Wasserbenutzungsrechte immer bezögen, für die beschwerdeführende Partei ableiten. Wenn Auswirkungen auf die Kraftwerke der beschwerdeführenden Partei einträten, handle es sich sohin um höchstens mittelbare Auswirkungen. Allfällige Entschädigungen wegen des Rückganges der Kraftwerksarbeit wären durch Vereinbarungen zwischen der Bauwerberin und der beschwerdeführenden Partei zu lösen bzw. würden diese gegebenenfalls Angelegenheiten des Schadenersatzes sein, sodaß diese privatrechtlichen Belange auf den Zivilrechtsweg verwiesen würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid

"in unseren einfach gesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß § 34 Abs. 4 Eisenbahngesetz 1957 sowie mit den §§ 127 Abs. 1 lit. b, 102 Abs. 1 lit. b, 12 Abs. 2 WRG, unter Bedachtnahme auf § 8 AVG, im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren betreffend Hochleistungsstreckenabschnitt Gloggnitz-Mürzzuschlag mit Semmering-Basistunnel km 76,100 bis 98,797 und den daran anschließenden Folgeverfahren nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes sowie Wasserrechtsgesetzes als Partei (als Wasserberechtigter) im Zusammenhang mit unseren Wasserrechten betreffend der Wasserkraftanlagen (Wasserbenutzungsanlagen) Lechen an der Mürz und Mitterberg an der Mürz, Einwendungen gegen das Projekt Hochleistungsstreckenabschnitt Gloggnitz-Mürzzuschlag mit Semmering-Basistunnel zur Wahrung unserer diesbezüglichen Rechte zu erheben, sowie sonstige Ansprüche (insbesondere im folgenden Enteignungs- und Entschädigungsverfahren) geltend machen zu können, sowie nach den einschlägigen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes nur eine Einschränkung unserer Wasserrechte betreffend Wasserkraftanlagen (Wasserbenutzungsanlagen) Lechen an der Mürz und Mitterberg an der Mürz nach Maßgabe der Bestimmungen des 6. Abschnittes des WRG (unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes und Eisenbahnenteignungsgesetzes) hinnehmen zu müssen, verletzt."

Die belangte Behörde wies darauf hin, daß die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt worden seien und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Parteien im Sinne des § 8 AVG sind im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren gemäß § 34 Abs. 4 EG insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten.

Gemäß § 35 Abs. 2 EG ist in der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Gemäß § 127 Abs. 1 WRG gelten für Eisenbahnbauten und Bauten auf Bahngrund, die nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften einer eisenbahnbaubehördlichen Bewilligung bedürfen und durch die öffentliche Gewässer oder obertägige Privatgewässer berührt werden, in Ansehung des Verfahrens und der Zuständigkeit nachstehende Grundsätze:

a) sind diese Bauten mit einer Wasserentnahme aus einem derartigen Gewässer oder mit einer Einleitung in ein solches verbunden oder bezwecken sie die Ausnutzung der motorischen Kraft des Wassers, so bedürfen sie im vollen Umfange der Wasserbenutzung einer besonderen wasserrechtlichen Bewilligung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes;

b) in allen übrigen Fällen sind im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren auch die materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Zu diesem Zweck ist dem eisenbahnbehördlichen Ermittlungsverfahren (der politischen Begehung) ein Vertreter der Wasserrechtsbehörde als Kommissionsmitglied beizuziehen. Findet sich die Eisenbahnbehörde nicht in der Lage, der Stellungnahme dieses Kommissionsmitgliedes Rechnung zu tragen, so hat sie bei der Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vorzugehen.

Gemäß § 10 Abs. 1 WRG bedarf der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht. In allen anderen Fällen ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich.

Gemäß § 38 Abs. 1 WRG ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.

Gemäß § 40 Abs. 1 WRG bedürfen Entwässerungsanlagen der wasserrechtlichen Bewilligung, sofern es sich um eine zusammenhängende Fläche von mehr als 3 ha handelt oder eine nachteilige Beeinflussung der Grundwasserverhältnisse, des Vorfluters oder fremder Rechte zu befürchten ist.

Die §§ 41 und 42 WRG regeln die Bewilligung von Schutz- und Regulierungswasserbauten und deren Herstellung.

§ 56 Abs. 1 WRG sieht vor, daß vorübergehende Eingriffe in den Wasserhaushalt, wie z.B. Pumpversuche oder wasserbauliche oder wasserwirtschaftliche Versuche in der freien Natur, einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedürfen, wenn eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen oder eine Verletzung bestehender Rechte (§ 12) zu befürchten ist.

Nach § 12 Abs. 2 WRG sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG sind Parteien im wasserrechtlichen Verfahren diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, ...

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß § 127 Abs. 1 lit. a WRG nicht anzuwenden ist. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, daß durch das gegenständliche, nunmehr bewilligte Projekt der mitbeteiligten Partei die Vorflut der Mürz - in Ansehung der beiden Wasserkraftanlagen Lechen und Mitterberg - in ihrem Wasserdargebot beeinträchtigt werde, und zwar würden durch die einseitige Neigung im Längsschnitt des Tunnels Sickerwässer aus dem Oberflächen- und Grundwassereinzugsbereich der Mürz in das Einzugsgebiet der Schwarza eingeleitet, durch die Überleitung der Tunnel- und Begleittunnelsickerwässer werde das Arbeitsvermögen der beiden Wasserkraftwerke reduziert; all dies stehe im Zusammenhang auch mit den entsprechend bewilligten Regulierungsarbeiten der Schwarza sowie den verschiedenen Entwässerungsstollen. Diesbezüglich liege nicht nur der Tatbestand des § 56 WRG, sondern vor allem jener des § 40, aber auch der §§ 38 und 41f WRG vor. Die belangte Behörde hätte daher im Sinn des § 127 Abs. 1 lit. b WRG im Zusammenhang mit den §§ 38, 40, 41f, 56 WRG unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 2 WRG und § 102 Abs. 1 lit. b WRG sowie § 34 Abs. 4 EG der beschwerdeführenden Partei im gegenständlichen Verfahren in Ansehung "dieser vorhin erwähnten Bewilligungstatbestände nach dem WRG" Parteistellung zuerkennen und ihre Einwendungen entsprechend behandeln müssen.

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der in der Beschwerde behauptete Zusammenhang der geltend gemachten Beeinträchtigung der Wassernutzungsrechte der beschwerdeführenden Partei mit "den entsprechend bewilligten Regulierungsarbeiten der Schwarza sowie den verschiedenen Entwässerungsstollen" nicht erkennbar ist. Aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich für eine solche Annahme keinerlei Anhaltspunkte, auch das Beschwerdevorbringen läßt eine entsprechende Konkretisierung vermissen. Zudem stützten sich die im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen der beschwerdeführenden Partei - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - darauf, "daß durch die Veränderung der Vorflut die Mürz in ihrem Wasserdargebot beeinträchtigt wird (durch die einseitige Neigung im Längsschnitt des Tunnels werden Sickerwässer aus dem Oberflächen- und Grundwassereinzugsbereich der Mürz in das Einzugsgebiet der Schwarza eingeleitet). Durch die Überleitung der Tunnel- und Begleittunnelsickerwässer wird das Arbeitsvermögen der beiden oben genannten Kraftwerke reduziert und der Wasserrechtsinhaber in seinen Rechten geschmälert". Der oben erwähnte Zusammenhang wird in den Einwendungen nicht geltend gemacht. So gesehen kann daher keine Rede davon sein, daß der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten, im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren gemäß § 127 Abs. 1 lit. b WRG mitumfaßten Baumaßnahmen die Parteistellung zugekommen wäre.

Die beschwerdeführende Partei ist auch nicht im Recht, wenn sie meint, daß sie dem Verfahren gemäß § 127 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit den §§ 38, 40, 41f und 56 WRG unter Bedachtnahme auf die §§ 12 Abs. 2 und 102 Abs. 1 lit. b WRG sowie § 34 Abs. 4 EG als Partei beizuziehen gewesen wäre, weil während des Tunnelbaues und Tunnelbetriebes Wassermengen in die Mürz verlorengingen und nach Niederösterreich abgeleitet würden, wodurch sie als Wasserberechtigte hinsichtlich der beiden Kraftwerke in ihren Rechten beeinträchtigt werde. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei bedarf eine allenfalls mit der Errichtung und dem Betrieb eines Eisenbahntunnels verbundene Veränderung des Grundwassers - von dem hier nicht vorliegenden Fall des § 32 WRG abgesehen - keiner wasserrechtlichen Bewilligung. Eine Bewilligungspflicht nach § 10 Abs. 1 oder 2 WRG ist nicht gegeben, weil die Absicht auf Benutzung oder Erschließung des Grundwassers fehlt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1979, Slg. Nr. 9984/A; Rossmann,

Das österreichische Wasserrechtsgesetz2, 35; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 41). § 38 WRG kommt nicht zur Anwendung, weil es sich bei dem geplanten Eisenbahntunnel nicht um eine in der genannten Bestimmung angeführte bauliche Herstellung handelt. Darüber hinaus bezieht sich die in § 38 WRG geregelte Bewilligungspflicht nur auf Maßnahmen an Tagwässern (vgl. Raschauer, 224; Rossmann, 160). Ein solches Projekt kann auch nicht als Entwässerungsanlage im Sinne des § 40 Abs. 1 WRG - das ist eine Anlage, die der Beseitigung des auf einem Grundstück vorhandenen Wassers dient (vgl. Raschauer, 230), - oder als Schutz - und Regulierungswasserbau im Sinn der §§ 41f WRG - worunter Vorrichtungen und Bauten gegen die schädlichen Einwirkungen des Wassers zu verstehen sind (vgl. Raschauer, 232) - angesehen werden. § 56 WRG scheidet aus, weil allfällige mit der Errichtung eines Eisenbahntunnels verbundene Eingriffe in den Wasserhaushalt nur eine Folgewirkung einer solchen Verkehrsanlage und ihrer Bauabschnitte, aber nicht deren Zweck darstellen. Dieser allein muß dafür bestimmend sein, ob eine Anlage oder Maßnahme als vorübergehender Eingriff in den Wasserhaushalt oder als bewilligungspflichtige Wasserbenutzungsanlage im Sinne der §§ 9, 10 und 32 WRG zu beurteilen ist oder vom WRG überhaupt nicht umfaßt ist. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im schon erwähnten Erkenntnis vom 4. Dezember 1979, Slg. Nr. 9984/A, in bezug auf die im Zusammenhang mit einem Straßenbauvorhaben stehende Durchörterung eines Gebirgsstockes und die damit während der Bauphase der Errichtung verbundene Vornahme eines Eingriffes in den Wasserhaushalt ausgesprochen. Es spricht nichts dagegen, diese Rechtsansicht auch auf den vorliegenden Fall der Errichtung eines Eisenbahntunnels anzuwenden. Zu einem Abgehen davon sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei auch unter Bedachtnahme auf das Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, BGBl. Nr. 491/1984, und im Hinblick auf die - den § 56 WRG nicht berührt habende - Wasserrechtsgesetznovelle 1990 nicht veranlaßt. Fehlt es aber an einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht des Projektes, dann kann ein Wasserberechtigter aus den Bestimmungen der §§ 102 Abs. 1 lit. b WRG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 WRG und § 34 Abs. 4 EG keine Parteistellung im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren ableiten. Daran vermag auch eine von Amts wegen erfolgte Vorschreibung einer Auflage zwecks Konkretisierung künftig durchzuführender Beweissicherungsmaßnahmen nichts zu ändern.

Schließlich beruft sich die beschwerdeführende Partei darauf, daß die belangte Behörde im Hinblick auf das EWR-Abkommen, BGBl. Nr. 909/1993, von der mitbeteiligten Partei eine "Umweltverträglichkeitserklärung im Sinne der Artikel 3,

Artikel 5 der EWG(EU)-Richtlinie vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten" hätte abverlangen und dem Verwaltungsverfahren zugrundelegen müssen. Aus einer solchen, inhaltlich im wesentlichen dem § 6 UVP-G entsprechenden Erklärung wäre der "gesamte effektive Einfluß des beabsichtigten Hochleistungsstreckenabschnittes Gloggnitz-Mürzzuschlag mit Semmering-Basistunnel während der Bauarbeiten und dem Folgebetrieb, insbesondere auch auf die Mürz sowie sämtlichen anderen Gewässern," klar ersichtlich gewesen. Ein Eingehen auf dieses Vorbringen erübrigt sich, weil der behauptete Verfahrensmangel für die Frage der Parteistellung der beschwerdeführenden Partei im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren nicht rechtserheblich sein kann. Die Meinung der beschwerdeführenden Partei, daß ihr die belangte Behörde, hätte sie eine Umweltverträglichkeitserklärung von der mitbeteiligten Partei abverlangt und dem Verfahren zugrundegelegt, "eindeutig" Parteistellung zuerkannt und auch allenfalls im Zusammenhang mit "eventuellem Einräumen von Zwangsrechten" Entschädigungen zugesprochen hätte, entbehrt jeglicher rechtlichen Untermauerung.

Die beschwerdeführende Partei vermag somit nicht mit Erfolg aufzuzeigen, daß sie durch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung ihrer Einwendungen mangels Parteistellung in ihren Rechten verletzt wurde (vgl. Kühne-Hofmann-Nugent-Roth, Eisenbahnenteignungsgesetz, Eisenbahngesetz, 345f). Auch durch die an sich überflüssige Verweisung der Einwendungen auf den Zivilrechtsweg wurde keine Rechtsverletzung der beschwerdeführenden Partei bewirkt. Einen weiteren allfällige Rechte der beschwerdeführenden Partei betreffenden normativen Abspruch enthält der angefochtene Bescheid nicht. Die in der Beschwerde aufgeworfene Frage der Rechtsfolgen dieser Entscheidung für die Geltendmachung allfälliger Entschädigungsansprüche kann dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Zuspruch von Umsatzsteuer konnte nicht erfolgen, weil diese bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthalten ist. Mangels Vorlage der Verwaltungsakten an den Verwaltungsgerichtshof war der belangten Behörde auch kein Vorlageaufwand zuzuerkennen.

Schlagworte

Parteibegriff Tätigkeit der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995030032.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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