TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/20 95/20/0405

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Baur und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der M in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Februar 1995, Zl. 4.344.590/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Februar 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin, einer irakischen Staatsangehörigen, die am 24. Mai 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist und am selben Tag den Asylantrag gestellt hat, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 10. Juni 1994 abgewiesen.

Die belangte Behörde ging in der Begründung ihres Bescheides von den Angaben der Beschwerdeführerin anläßlich ihrer niederschriftlichen Befragung durch das Bundesasylamt vom 26. Mai 1994 aus. Sie sei als Folge der Invasion des Irak in Kuwait von der kuwaitischen Regierung des Landes verwiesen worden. Bereits in Kuwait habe ihr Vater Schwierigkeiten mit der irakischen Botschaft gehabt. Genaueres wisse sie nicht. Ein Jahr nach der Rückkehr in den Irak sei ihr Vater verhaftet worden. Er sei nach Bezahlung von Schmiergeldern haftentlassen worden. Ab dieser Zeit habe er bei verschiedenen Verwandten und Bekannten gelebt, da der irakische Geheimdienst ihn gesucht habe. In letzter Zeit, während sie noch bei ihrer Tante gewohnt hätten, seien sehr oft Geheimdienstbeamte erschienen und hätten nach dem Aufenthaltsort ihres Vaters gefragt. Die Beschwerdeführerin selbst sei nie irgendwelchen konkreten Verfolgungshandlungen seitens der irakischen Behörde ausgesetzt gewesen. Sie habe jedoch ihre Schulausbildung im Irak nicht beenden können, da ihr Vater Angst gehabt habe, daß die irakischen Behörden durch eine etwaige Schulanmeldung auf ihn aufmerksam werden würden. Seit der Verhaftung ihres Vaters im Jahre 1992 habe die Familie immer wieder bei verschiedenen Verwandten und Bekannten gelebt.

Rechtlich kam die belangte Behörde zu dem Schluß, weder die den Vater betreffenden Ereignisse noch der Umstand des mehrmaligen Wohnortwechsels könnten das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 glaubhaft machen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die wörtlich das niederschriftliche erstinstanzliche Vorbringen wiederholt. Darauf gestützt sucht die Beschwerde darzulegen, daß der Beschwerdeführerin Verfolgung drohe. Als Verfahrensmangel behauptet die Beschwerdeführerin Aktenwidrigkeit. Die Behörde sei auf das Vorbringen betreffend die Unmöglichkeit, die Schulausbildung im Irak zu beenden, nicht eingegangen, ebenso nicht auf das Vorbringen, daß sie von Geheimdienstbeamten sehr oft aufgesucht und nach dem Aufenthalt ihres Vaters befragt worden sei. Als weiteren Verfahrensmangel rügt die Beschwerde mangelndes Parteiengehör, die Behörde habe ihre "ZWEIFEL AN DER GLAUBWÜRDIGKEIT" ihrer Angaben nicht zur Kenntnis gebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, daß die Behörde nicht auf die - aus der Situation des Vaters resultierende - Hinderung am weiteren Schulbesuch und auf die Nachfragen der Geheimdienstbeamten nach dem Vater eingegangen ist. Jedoch führt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht jedenfalls zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern nur dann, wenn im gegebenen Fall der Verfahrensmangel möglicherweise von Einfluß auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein konnte.

Abgesehen davon, daß diese Unvollständigkeit keine - wie die Beschwerdeführerin vermeint - Aktenwidrigkeit darstellt, mangelt ihr deshalb die Relevanz, weil der Umstand, daß die Beschwerdeführerin die Schule nicht habe fortsetzen können, nicht geeignet wäre, ihre Anerkennung als Flüchtling herbeizuführen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1992, Zl. 92/01/0068, und vom 16. März 1994, Zlen. 93/01/0982, 0997). Eine bloße Nachfrage von Geheimdienstbeamten nach dem Aufenthalt des Vaters ist in Verbindung mit der von der Beschwerdeführerin selbst angegebenen Tatsache, daß es hiebei zu keinen Verfolgungshandlungen (wie etwa Mißhandlungen, Inhaftierungen etc.) gegen ihre Person kam, überhaupt keine Verfolgung.

Hinsichtlich der gerügten Verletzung des Parteiengehörs geht die Beschwerde in aktenwidriger Weise davon aus, daß die Behörde Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin gehabt habe. Dies ist nicht der Fall, sondern die Behörde hat ausdrücklich ihre Entscheidung damit begründet, daß es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, konkrete, gegen sie selbst gerichtete Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 GLAUBHAFT ZU MACHEN. Die Frage der Glaubhaftmachung von tatbestandsrelevanten Umständen darf keinesfalls mit Zweifeln an der GLAUBWÜRDIGKEIT verwechselt werden, sondern betrifft die Wertung des Vorbringens auf ihren rechtlichen Gehalt.

Inhaltlich kann der Behörde nicht mit Aussicht auf Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie dem ausschließlich auf Verfolgung des Vaters aufbauenden Vorbringen der Beschwerdeführerin in Verbindung mit der Ermangelung jeglicher rechtlich relevanter, die Beschwerdeführerin selbst betreffender Verfolgung die Asylrelevanz absprach. Ebensowenig kann der belangten Behörde entgegengetreten werden, daß sie auch hinsichtlich der mehrmaligen Wohnortwechsel zu verschiedenen Verwandten und Bekannten die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin verneinte, weil es sich dabei ebenfalls nicht um konkrete, gegen die Asylwerberin selbst gerichtete Verfolgungsmaßnahmen handle, die aus objektiver Sicht einen weiteren Aufenthalt der Asylwerberin in ihrer Heimat hätten unerträglich machen können.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200405.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten