TE Vfgh Erkenntnis 1993/6/23 B1899/92

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Veröffentlicht am 23.06.1993
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Index

37 Geld-, Währungs-und Kreditrecht
37/02 Kreditwesen

Norm

B-VG Art83 Abs2
KWG §14 Abs11

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die - fälschlich als Abweisung bezeichnete - Zurückweisung des Antrags einer Raiffeisenkasse auf Genehmigung der Veranlagung von pflichtliquiden Mitteln auch außerhalb des Sektors. Die belangte Behörde hatte §14 Abs11 KWG nicht anzuwenden. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß sie ohnehin die Rechtslage zutreffend beurteilt hat und das Begehren mangels Bestehens jeglicher Rechtsgrundlage zurückweisen wollte, sich aber im Spruch des Bescheides im Ausdruck vergriffen hat.

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Raiffeisenkasse Defereggental, St. Jakob - St. Veit - Hopfgarten reg.Gen.m.b.H., ersuchte den Bundesminister für Finanzen als Aufsichtsbehörde "um die Einzelgenehmigung, unsere pflichtliquiden Mittel auch außerhalb des Sektors ... veranlagen zu können ...". Mit Bescheid vom 23. Oktober 1992 wies der Bundesminister für Finanzen diesen Antrag "mangels gesetzlicher Grundlage" ab, weil das Kreditwesengesetz (BGBl. 63/1979, idF der Bundesgesetze BGBl. 370/1982 und 325/1986, des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. 415/1988, sowie der Bundesgesetze BGBl. 281/1990, 475/1990, 625/1991 und 18/1992 (im folgenden: kurz KWG)) keine Ausnahme von den Bestimmungen des §14 Abs11 leg.cit. vorsehe.

2. In der dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt. Sie begründet dies damit, daß die präjudizielle Bestimmung des §14 Abs11 KWG in mehrfacher Hinsicht verfassungswidrig sei und legt die dafür als maßgeblich erachteten Gründe im einzelnen dar.

3. Der Bundesminister für Finanzen legte den Verwaltungsakt vor und erstatte eine Gegenschrift, in der er die angegriffene Bestimmung des §14 Abs11 KWG im einzelnen verteidigte und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

4. Sodann erstattete die Beschwerdeführerin eine Replik, in welcher sie dem Vorbringen des Bundesministers für Finanzen im einzelnen entgegentritt und ihren Standpunkt bekräftigt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige -

Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde ist nicht begründet:

1.1. Sie behauptet zwar eine Verletzung in den bezogenen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, stützt diese Behauptung aber allein darauf, die von der belangten Behörde angewendete Rechtsvorschrift des §14 Abs11 KWG sei verfassungswidrig.

Die belangte Behörde hatte aber diese Bestimmung gar nicht anzuwenden. Denn sie hatte den Antrag mangels Bestehens jeglicher Rechtsgrundlage richtigerweise zurückzuweisen. Aus der Begründung ergibt sich, daß sie ohnehin die Rechtslage zutreffend beurteilt hat und das Begehren zurückweisen wollte, sich aber im Spruch des Bescheides im Ausdruck vergriffen hat. Sohin hat keine - hier allein in Betracht kommende - Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter stattgefunden (vgl. zur Abweisung eines Antrages, der richtigerweise zurückzuweisen wäre, VfSlg. 4841/1964, 7027/1973, 7415/1974, 7629/1975, 7779/1976, 12768/1991; allgemein zum Vergreifen im Ausdruck VfSlg. 7920/1976, 8249/1978, 8251/1978, 8784/1980, 8981/1980, 10374/1985, 11017/1986, 12768/1991).

1.2. Das Beschwerdeverfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der bekämpfte Bescheid auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruht, sodaß die Beschwerdeführerin auch nicht wegen Anwendung einer solchen in ihren Rechten verletzt wurde.

2. Die Beschwerde war abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

III. 1. Kosten waren nicht zuzusprechen, da ein Ersatz des Aufwandes für die Vorlage des Verwaltungsaktes sowie für die Einbringung der Gegenschrift im VerfGG 1953 nicht vorgesehen ist (vgl. zB VfSlg. 11917/1988).

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Kreditwesen, Bescheidbegründung, Liquiditätsreserve

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1899.1992

Dokumentnummer

JFT_10069377_92B01899_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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