TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/21 92/07/0048

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Veröffentlicht am 21.09.1995
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
80/06 Bodenreform;

Norm

FlVfGG §10 Abs4 impl;
FlVfGG §4 Abs2 impl;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs5 impl;
FlVfGG §4 Abs5;
FlVfLG NÖ 1975 §17 Abs8;
FlVfLG NÖ 1975 §17 idF 6650-2;
FlVfLG NÖ 1975 §17;
FlVfLG NÖ 1975 §18 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde

1. des E L in S und 2. der A L in G, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Oktober 1991, Zl. VI/3-AO-238/40, betreffend Zusammenlegung G

Spruch

I. den Beschluß gefaßt:Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zusammenlegungsverfahren G. hat die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (AB) gegenüber den Beschwerdeführern mit Verständigung vom 21. September 1990 gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG durch Auflage zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 5. November 1990 bis 19. November 1990 den Zusammenlegungsplan erlassen.

Gegen diesen Bescheid hat der Erstbeschwerdeführer Berufung erhoben. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gemäß § 1 AgrVG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und den §§ 17 Abs. 8 und 18 Abs. 1 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975 (FLG), LGBl 6650-3, als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Aktenlage und nach Durchführung örtlicher Erhebungen durch Abgeordnete der belangten Behörde sei festgestellt worden, daß das in der Berufung bekämpfte Abfindungsgrundstück Nr. 156 ortsnahe, südöstlich der Ortschaft E. liege und sich laut Flächenwidmungsplan im Grünland befinde. Dieses Grundstück decke einen großen Teil des aus den Grundstücken Nrn. 28/1, 73 und 78 bestehenden alten Besitzkomplexes im Ausmaß von 2,8677 ha ab. Dieses Abfindungsgrundstück habe nahezu parallele Längsgrenzen, jedoch Hakenform, und grenze mit dem westlichen Kopfende an die Straße, mit dem östlichen an einen öffentlichen Weg. Die Hakenform ergebe sich aus den Wünschen des Erstbeschwerdeführers nach Schaffung eines möglichst langen Straßenanschlusses einerseits und der des Nachbarn S. nach einer für die Errichtung eines Stallgebäudes benötigten Fläche andererseits. Die Fläche dieses Abfindungsgrundstückes betrage 3,7039 ha und sei um 8.362 m2 größer als jene des alten Hausackers.

Beim Abfindungsgrundstück Nr. 144 sei die Anschlußlänge an den Weg Nr. 147 gegenüber dem dort befindlichen alten Besitzkomplex um 60 m verlängert worden.

Das Abfindungsgrundstück Nr. 131 im Ausmaß von 2.848 m2 sei im Bauland-Wohngebiet gelegen und stelle den Ersatz für die als Grundstück mit besonderem Wert anerkannte Teilfläche des Altgrundstückes Nr. 44/1 im Ausmaß von 2.745 m2 dar. Außer der genannten Teilfläche des Altgrundstückes Nr. 44/1 seien keine weiteren alten Grundflächen als Grundstücke mit besonderem Wert anerkannt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde; die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehren die kostenpflichtige Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Zur Zurückweisung der Beschwerde hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin:

Wie bereits dargelegt, ließ die Zweitbeschwerdeführerin, die Hälfteeigentümerin der zugeteilten Abfindungsgrundstücke ist, den erstinstanzlichen Bescheid vom 21. September 1990 unbekämpft. Infolge Bestätigung dieses Bescheides durch Abweisung des Berufungsbegehrens des Erstbeschwerdeführers konnte die Zweitbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden, sodaß ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.

II. Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Der Erstbeschwerdeführer rügt zunächst, er sei in seinen Rechten gemäß § 4 FLG dadurch verletzt, daß das Grundstück Nr. 32, KG E., nachträglich aus der Zusammenlegung ausgeschieden worden sei. Diese Ausscheidung sei zwar auf Wunsch beider Beschwerdeführer erfolgt, jedoch hätte die AB diesem Wunsch niemals zustimmen dürfen, weil dadurch die Erzielung einer zweckmäßigen Flureinteilung verhindert worden sei.

Wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt, unterblieb seitens der Beschwerdeführer eine Bekämpfung jenes Bescheides, mit dem die Ausscheidung eines Grundstückes der Beschwerdeführer verfügt wurde. Die belangte Behörde war daher an dessen Rechtskraft gebunden und dessen nachträgliche Beseitigung im Zuge der Erlassung des Zusammenlegungsplanes nicht mehr zulässig.

Zur Abfindung mit dem Grundstück Nr. 156 wird vorgebracht, dieses weise eine ungünstige Ausformung auf, die eine Wirtschaftserschwernis nach sich ziehe. Diese ungünstige Ausformung wäre bei Beachtung des im FLG vorgegebenen Wortlautes einer "möglichst günstigen Ausformung" zu verhindern gewesen. Die Gründe für eine Abweichung von diesem Grundsatz seien unmaßgeblich, sodaß die Tatsache einer nicht gesetzeskonformen Ausformung bleibe, weshalb diese Abfindung gesetzwidrig sei.

Bewirtschaftungserschwernisse hat der Erstbeschwerdeführer in bezug auf diese Abfindung erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebracht, sodaß dies eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung darstellt. Wie der Erstbeschwerdeführer zutreffend ausführt, hatte die belangte Behörde aufgrund des Wortlautes des § 17 Abs. 8 FLG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der ersten Novelle LGBl 6650-2 die Zuteilung einer "möglichst günstig geformten" Grundabfindung vorzunehmen. Er übersieht jedoch die vom Gesetzgeber selbst vorgenommene Einschränkung durch das Wort "möglichst", woraus ersichtlich ist, daß nicht ausschließlich auf seine Wünsche und Bedürfnisse einzugehen, sondern unter Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse auch der übrigen, am Zusammenlegungsverfahren beteiligten Parteien eine möglichst günstige Ausformung der Abfindung anzustreben war. Angesichts der in der planlichen Darstellung ausgewiesenen Ausnehmung eines schmalen rechteckigen Streifens aus dieser Abfindung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht nachzuvollziehen, worin eine Verletzung des Grundsatzes der Zuteilung eines möglichst günstig geformten Grundstückes im Beschwerdefall gelegen sein soll.

Weiters führt der Erstbeschwerdeführer zur Abfindung Nr. 156 aus, das Altgrundstück Nr. 28/1, KG E., habe samt den ersessenen Grundstücken Nrn. 78 und 73, beide KG E., eine Straßenfront von 200 m gegenüber der Abfindung Nr. 156 von 155 m aufgewiesen. Das Abfindungsgrundstück Nr. 156 liege an der Gemeindestraße (Abfindung Nr. 157) und sei voll aufgeschlossen. Der anrainende Abfindungswerber der Abfindung Nr. 191 samt Baufläche habe somit einen künftigen Baugrund von ca. 50 m Breite und entsprechender Tiefe zugeteilt erhalten und damit verbunden einen entsprechenden "relevanten Verkehrswert" um ein Vielfaches, der dem Erstbeschwerdeführer zugestanden wäre. Dem Abfindungswerber des Grundstückes Nr. 191 sei eine zusätzliche Fläche von 7.500 m2 in der Gemeinde W. in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen worden, wozu überhaupt kein Erfordernis bestanden habe, weil es für die Erreichung der Ziele der Zusammenlegung hinsichtlich der Flureinteilung nicht erforderlich gewesen sei. Der Erstbeschwerdeführer würde darin eine ungerechtfertigte Bevorteilung dieses Abfindungswerbers erblicken, der zudem keinen Hof besitze, um die Felder bewirtschaften zu können. Dieser Abfindungswerber sei auch dadurch bevorteilt worden, daß er seine landwirtschaftlich genutzten Grundstücke im Ausmaß von 3,2786 ha zum Großteil in Ortsnähe abgefunden erhalten habe, wodurch ihm ein Baulandvorteil erwachsen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, daß aufgrund des rechtskräftigen Besitzstandsausweises nur eine Teilfläche des Grundstückes Nr. 44/1 als Grundstück von besonderem Wert in das Zusammenlegungsverfahren eingebracht wurde, sodaß sämtliche Überlegungen, betreffend ehemalige, an frühere Grundstücke anrainende Weglängen, Verkehrswert der Grundstücke und Bauhoffnungsland, die nicht die Abfindung für dieses Grundstück besonderen Wertes betreffen, im Hinblick auf die erforderliche Abfindung mit gewöhnlichen landwirtschaftlichen Grundstücken ins Leere gehen. Überdies ist es für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung einer Verfahrenspartei nicht maßgebend, inwieweit andere Verfahrensparteien gesetzmäßig abgefunden wurden (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 91/07/0102). Aufgrund des Verfahrensstandes (Erlassung des Zusammenlegungsplanes) geht auch der Einwand der Unzulässigkeit der Einbeziehung von Flächen einer anderen Partei in das Zusammenlegungsverfahren ins Leere.

Weiters bringt der Erstbeschwerdeführer vor, das Abfindungsgrundstück Nr. 144 sei gleichfalls ungünstig gestaltet, weil das Grundstück Nr. 145 in dieses hineinrage und dadurch eine Wirtschaftserschwernis eintrete. Seiner Ansicht nach hätte er mit dieser Fläche anstelle der Fläche Nr. 131 abgefunden werden können, wobei es lediglich eines Flächenausgleiches bedurft hätte. Hier habe "offensichtliches mangelndes Bemühen" der Agrarbehörden Platz gegriffen. Noch dazu würden derselben Partei, die die Abfindung Nr. 145 erhalten habe, auch die Abfindung Nr. 132 gehören, sodaß bei Zuteilung von Grundstück Nr. 131 an diese Partei gleichfalls eine "homogene Abfindung" zustandegekommen wäre.

Dem ist grundsätzlich entgegenzuhalten, daß ein Rechtsanspruch von Parteien des Zusammenlegungsverfahrens, für ihre Altgrundstücke bestimmte andere Grundstücke zu erhalten, nicht besteht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1983, Zl. 82/07/0220). Ferner stellt die nicht näher substantiierte Behauptung einer Wirtschaftserschwernis eine unzulässige Neuerung nach § 41 Abs. 1 VwGG dar. Auch dieses Vorbringen vermag keine Rechtswidrigkeit der Abfindung aufzuzeigen.

Schließlich bringt der Erstbeschwerdeführer vor, die Altgrundstücke Nrn. 144 und 146 mit zusammen 19.035 m2 hätten eine Straßenfront von 215 m gehabt, die nunmehr im Zuge der Zusammenlegung verschwunden sei, weil die einzige Abfindung Nr. 156 mit einer Straßenfront von 155 m ausgewiesen sei. Insgesamt hätten die Altflächen eine Straßenfront von 520 m gehabt, was nunmehr zu einem Verlust von 365 m Straßenfront führe. Dies aufzuzeigen sei insofern von Bedeutung, da gerade im Zuge der Gründung der Landeshauptstadt St. Pölten ein enormer Bedarf an Baugrundstücken gegeben sei. Bei der Erstellung des neuen Flächenwidmungsplanes würden daher als Bauland primär jene Flächen ausgewiesen werden, die an öffentlichen Wegen und Straßen liegen, um die Aufschließung der Baulandflächen kostengünstig zu gestalten. Es seien jene Abfindungswerber bevorteilt, die vorher keine Straßenfronten besessen hätten.

Der Erstbeschwerdeführer übersieht dabei, daß es - abgesehen von der Zuteilung von Grundstücken mit besonderem Wert - nicht Zweck des Zusammenlegungsverfahrens ist, möglichst viele, unter Umständen in Bauland umzuwidmende Flächen zuzuteilen. Wie bereits dargelegt, wurden die Beschwerdeführer für jene Flächen besonderen Wertes, die sie in das Zusammenlegungsverfahren einbrachten, entsprechend abgefunden. Die übrigen Flächen, auch wenn sie an verschiedenen Wegen und Straßen gelegen gewesen sein mögen, waren keine derartigen Flächen. Im Hinblick auf die Zuteilung von landwirtschaftlichen Flächen hatte die belangte Behörde auf die Zuteilung "möglichst großer, günstig geformter und AUSREICHEND erschlossener Abfindungen" nach § 17 Abs. 8 FLG in der Fassung der Novelle LGBl 6650-2 zu achten. Daß sie dies im Hinblick auf die im Vordergrund stehende landwirtschaftliche Nutzung nicht erfüllt hätte, wird mit den Beschwerdebehauptungen nicht schlüssig dargelegt.

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992070048.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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