TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/22 93/11/0247

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Veröffentlicht am 22.09.1995
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Index

L92704 Jugendwohlfahrt Kinderheim Oberösterreich;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
61/04 Jugendfürsorge;

Norm

ABGB §137;
ABGB §144;
ABGB §176 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
JWG 1989 §16 Abs3;
JWG OÖ 1991 §22 Abs1;
JWG OÖ 1991 §23 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des A in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. Jänner 1993, Zl. JW-21762/2-1992-Mag.W/Bl, betreffend Zurückweisung der Berufung in Angelegenheit Pflegebewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erteilte mit Bescheid vom 3. August 1992 einer näher genannten Person gemäß § 22 O.ö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 - O.ö. JWG 1991, LGBl. Nr. 111, die Bewilligung zur Übernahme von zwei minderjährigen Kindern des Beschwerdeführers in Pflege und Erziehung. Seine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 23 Abs. 2 O.ö. JWG 1991 mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 28. September 1993, B 259/93, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde verneinte die Parteistellung des Beschwerdeführers mit der Begründung, im Zuge des Berufungsverfahrens habe das Bezirksgericht B mit Beschluß vom 15. Oktober 1992 gemäß § 176 Abs. 1 zweiter Satz ABGB dem Beschwerdeführer das Recht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder entzogen und es auf eine näher genannte Person übertragen (der von der Erstbehörde die Pflegebewilligung erteilt worden war). Damit sei der Beschwerdeführer nicht mehr Erziehungsberechtigter seiner Kinder und infolge dessen auch nicht mehr Partei im Verfahren betreffend Pflegebewilligung.

Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, er sei bei Einbringung der Berufung noch Erziehungsberechtigter gewesen; darauf allein komme es im gegebenen Zusammenhang an. Die belangte Behörde habe mit ihrer Entscheidung zu Unrecht den Ausgang des pflegschaftsgerichtlichen Verfahrens abgewartet.

Dieses Vorbringen vermag keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers darzutun:

Nach der unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde wurde im Zuge des Berufungsverfahrens mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 15. Oktober 1992 das Recht zur Pflege und Erziehung der zwei minderjährigen Kinder dem Beschwerdeführer entzogen und auf die Pflegemutter übertragen. Die belangte Behörde hat diesen Umstand zu Recht dahin gewertet, daß damit die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verfahren betreffend Pflegebewilligung weggefallen ist. Nach § 23 Abs. 2 O.ö. JWG 1991 haben im Verfahren über die Pflegebewilligung die Pflegeeltern (Pflegepersonen) und die Erziehungsberechtigten des Pflegekindes Parteistellung. Die Erziehungsberechtigten sind aufgrund dieser Eigenschaft Parteien im Sinne des § 8 AVG. Wer Erziehungsberechtigter ist, bestimmt sich nach bürgerlichem Recht. Nach den §§ 137 und 144 ABGB sind die Eltern des minderjährigen Kindes dessen Erziehungsberechtigte. Ihnen obliegt gemäß § 144 die Obsorge für das Kind, die unter anderem dessen Pflege und Erziehung umfaßt. Im Interesse des minderjährigen Kindes kann das Pflegschaftsgericht gemäß § 176 Abs. 1 ABGB den Eltern die Pflege und Erziehung des Kindes entziehen. Eine solche Anordnung schließt nach dem zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle die Vertretung des Kindes in diesem Bereich mit ein. Eine solche gerichtliche Anordnung bewirkt, daß die Eltern nicht mehr die Erziehungsberechtigten des minderjährigen Kindes und damit auch nicht mehr Parteien im Verfahren betreffend Pflegebewilligung nach § 22 O.ö. JWG 1991 sind.

Für den Beschwerdefall folgt daraus:

Mit dem Wegfall der Parteistellung des Beschwerdeführers infolge der Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes, ihm die Pflege und Erziehung der Kinder zu entziehen und sie der Pflegemutter zu übertragen, entfiel sein in dieser Parteistellung begründeter Anspruch auf meritorischen Abspruch über seine Berufung. Ein solcher Abspruch hätte, wie sich aus dem Zusammenhalt der §§ 8, 63, 66 Abs. 4 AVG und § 23 Abs. 2 O.ö. JWG 1991 ergibt, die Parteistellung des Beschwerdeführers im Verfahren betreffend Pflegebewilligung vorausgesetzt.

Seinem aus § 73 Abs. 1 AVG erfließenden Anspruch auf Entscheidung über die anhängige Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid Rechnung getragen.

Die Beschwerde ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993110247.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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