TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/26 95/04/0077

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Veröffentlicht am 26.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §1 Abs1;
VStG §44a Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/04/0078

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat 1. über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Februar 1995, Zl. GZ: UVS-04/20/00431/94, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 und 2. über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungsseantes Wien vom 13. Februar 1995, Zl. GZ: UVS-04/21/00432/94, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das jeweilige Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk vom 22. April 1994 wurde dem Erstbeschwerdeführer zur Last gelegt, er habe gemeinsam mit seinem Vater L "in der Zeit vom 24.8.1990 bis 23.4.1992 in Wien, S-Straße 27, das Gastgewerbe in der äußeren Erscheinungsform einer Arbeiterherberge durch das Vermieten von Schlafstellen, Zurverfügungstellung von Duschen im Keller und von Bettwäsche, ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben". Er habe dadurch "folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994". Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- (eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen) "gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit." verhängt.

Der Berufung des Erstbeschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Februar 1995 in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Übertretungsnorm "§ 366 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 142 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994" lautet. Die verhängte Geldstrafe wurde auf S 10.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Erstbeschwerdeführer erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk vom 22. April 1994 wurde dem Zweitbeschwerdeführer zur Last gelegt, er habe gemeinsam mit seinem Sohn G "in der Zeit vom 24.8.1990 bis 23.4.1992 in Wien, S-Straße 27, das Gastgewerbe in der äußeren Erscheinungsform einer Arbeiterherberge durch das Vermieten von Schlafstellen, zur Verfügungstellung von Duschen im Keller und von Bettwäsche, ausgeübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben". Er habe dadurch "folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994". Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- (2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) "gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz leg. cit." verhängt.

Der Berufung des Zweitbeschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Februar 1995 "in der Schuldfrage keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Abänderung bestätigt, daß die Übertretungsnorm ""§ 366 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 142 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994" lautet". Die verhängte Geldstrafe wurde auf S 10.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

III.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:

Die Beschwerdeführer erachten sich durch die jeweils angefochtenen Bescheide im Recht auf ein ordnungsgemäß durchgeführtes Verwaltungsstrafverfahren, sowie im Recht verletzt, für Verwaltungsübertretungen, die sie nicht begangen haben, auch nicht bestraft zu werden.

Die Beschwerden erweisen sich schon aus folgenden Gründen als berechtigt:

Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Daraus folgt, daß einer Strafbestimmung keine rückwirkende Kraft beigemessen werden darf; die Heranziehung einer Verwaltungsvorschrift, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes noch nicht in Geltung stand, als verletzte Verwaltungsvorschrift i.S.d. § 44a Z. 2 VStG ist somit unzulässig.

Ausgehend davon, daß den Beschwerdeführern ein in der Zeit vom 24. August 1990 bis zum 23. April 1992 gesetztes Verhalten vorgeworfen wird, könnten sie zufolge des Inkrafttretens der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, am 1. Juli 1993 (die Ausnahmetatbestände des Art. IV leg. cit. sind im vorliegenden Fall nicht relevant) dadurch allenfalls die in Betracht kommenden Bestimmungen der GewO 1973 i.d.F. vor der Gewerberechtsnovelle 1992 verletzt haben, nicht jedoch die - für einen wie die vorliegenden Fälle andere Tatbestandsmerkmale enthaltenden - Bestimmungen der als Gewerbeordnung 1994 wiederverlautbarten GewO 1973 i.d.F. nach der Gewerberechtsnovelle 1992.

Indem die belangte Behörde dies verkennend den Beschwerdeführern jeweils i.S.d. § 44a Z. 2 VStG zur Last legte, durch ihr Verhalten § 366 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 142 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 verletzt zu haben, hat sie die angefochtenen Bescheide schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes belastet.

Diese waren daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des jeweiligen Mehrbegehrens betrifft nicht erforderliche Stempelgebühren bzw. Stempelgebühren für die Vorlage von zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entbehrlichen Urkunden.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040077.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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