TE Vwgh Erkenntnis 1995/9/27 95/21/0577

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Veröffentlicht am 27.09.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/21/0578

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde 1.) des SR in W, und 2.) der NR, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres 1. vom 16. März 1995, Zl. 101.668/8-III/11/95, und

2. vom 23. März 1995, Zl. 101.668/7-III/11/95, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens und Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den angefochtenen Bescheiden nahm der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) das Verwaltungsverfahren bezüglich der Anträge der Beschwerdeführer auf Aufenthaltsbewilligung vom 18. Jänner 1994 von Amts wegen gemäß § 69 Abs. 1 und 3 AVG wieder auf, änderte die Bescheide vom 14. Dezember 1994 gemäß § 70 Abs. 1 AVG ab und wies die Berufung gegen die Bescheide des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 62, vom 26. April 1994, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ab. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Antrag der Beschwerdeführer durch die erstinstanzliche Behörde mit der Begründung abgewiesen worden sei, daß sie den geforderten gesicherten Unterhalt nicht nachweislich erbringen und keine im Sinne des Gesetzes ausreichende Wohnung vorweisen hätten können. In Entsprechung des Berufungsvorbringens sei von der belangten Behörde durch Bescheid vom 14. Dezember 1994 eine Bewilligung vom 22. Jänner 1994 bis 22. Jänner 1996 für den Aufenthaltszweck "Familienzusammenführung" erteilt worden. Gemäß § 69 Abs. 3 AVG könne von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt werden. Die Staatsanwaltschaft Wien habe bekanntgegeben, daß durch das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 27. Juni 1994 die Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und DR für nichtig erklärt worden sei. Nach diesem rechtskräftigen Urteil habe es sich bei der Beziehung zwischen den Genannten um eine Scheinehe gehandelt, welche zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung rechtsmißbräuchlich geschlossen worden sei. Es seien somit die in § 69 AVG geforderten Voraussetzungen zur amtswegigen Wiederaufnahme gegeben. Die Eingehung einer Ehe nur zum Zweck der Beschaffung einer Aufenthaltsbewilligung stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar; gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz sei eine Bewilligung zu versagen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 Fremdengesetz vorliege. Dadurch, daß nach dem vorliegenden Sachverhalt schlüssig ein Sichtvermerksversagungsgrund (beim Erstbeschwerdeführer) vorliege, könne (beiden Beschwerdeführern) keine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden. Es bestünden keine nennenswerten Bindungen zur Republik Österreich.

2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diese wegen Rechtswidrigkeit ihrer Inhalte und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Ansicht der Beschwerdeführer lägen sämtliche Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens mangels Antrages einer Partei und mangels Fälschung einer Urkunde, eines falschen Zeugnisses oder einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung oder einer Erschleichung der Aufenthaltsbewilligung, nicht vor.

Zum ersten übersehen die Beschwerdeführer die eindeutige gesetzliche Bestimmung des § 69 Abs. 3 AVG, derzufolge die Wiederaufnahme des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Abs. 1 leg. cit. von Amts wegen verfügt werden kann. Zum zweiten kann eine Wiederaufnahme von Amts wegen nicht nur aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG erfolgen, sondern auch aus denen des § 69 Abs. 1 Z. 2 und 3 leg. cit. In der Begründung der angefochtenen Bescheide zitierte zwar die belangte Behörde nur § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG, stützte jedoch in eindeutig erkennbarer Weise die Wiederaufnahme des Verfahrens auf § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG. Demgemäß kann das Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden (der Behörde) nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Das angeführte Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus, mit welchem die Ehe zwischen dem Erstbeschwerdeführer und der DR für nichtig erklärt worden ist, weil es sich bei der Beziehung zwischen den Genannten um eine Scheinehe gehandelt habe, welche zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung rechtsmißbräuchlich geschlossen worden sei (was die Beschwerdeführer nicht in Abrede stellen), stellt zweifellos ein neues Beweismittel dar, welches einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Im Spruch der angefochtenen Bescheide nahm die belangte Behörde auf den gesamten Abs. 1 des § 69 AVG Bezug. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sind somit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegeben.

2. Als Verfahrensrüge bringen die Beschwerdeführer vor, ihnen sei keinerlei Möglichkeit gegeben worden, zum Ergebnis des Verfahrens in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen. Dabei unterlassen sie es, aufzuzeigen, zu welchen für die Beschwerdeführer günstigeren Feststellungen die Behörde bei Unterlassung des Verfahrensfehlers hätte gelangen können. Mangels Behauptung einer entscheidungswesentlichen Bedeutung des Verfahrensmangels vermögen die Beschwerdeführer auch diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen.

3. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210577.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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