TE Lvwg Erkenntnis 2023/3/14 LVwG-2022/28/2654-1

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Veröffentlicht am 14.03.2023
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Entscheidungsdatum

14.03.2023

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §9
VStG §31
VStG §32
  1. VStG § 9 heute
  2. VStG § 9 gültig ab 05.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 3/2008
  3. VStG § 9 gültig von 01.01.2002 bis 04.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  4. VStG § 9 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  5. VStG § 9 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. VStG § 31 heute
  2. VStG § 31 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 31 gültig von 01.07.2013 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 31 gültig von 26.03.2009 bis 30.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. VStG § 31 gültig von 01.01.1999 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. VStG § 31 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995
  7. VStG § 31 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. VStG § 32 heute
  2. VStG § 32 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 32 gültig von 01.07.2013 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 32 gültig von 01.01.1999 bis 30.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  5. VStG § 32 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Weißgatterer über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, D-***** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.06.2022, Zl  ***, wegen einer Übertretung nach dem LSD-BG,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.06.2022, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

„1. Datum/Zeit:          24.09.2021, 09:00 Uhr

Ort:                   **** X, Adresse 2

Sie haben als Verantwortlicher der Firma BB- Zimmerei AA mit Sitz in Adresse 3, ***** Z (D),diese ist Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 3 Abs. 2, 8 Abs. 1 oder 19 Abs. 1, zu verantworten, dass unten angeführte Lohnunterlagen am Arbeits(Einsatz)ort während der Dauer der Beschäftigung (im Inland) oder des Zeitraums der Entsendung insgesamt oder des Rahmenzeitraums (§ 19) nicht bereitgehalten und auch vor Ort nicht unmittelbar in elektronischer Form zum Zeitpunkt der Erhebung zugänglich gemacht wurden, obwohl eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel im Sinne der Richtlinie 91/533 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen, ABI. Nr. L 288 vom 18.10.1991 S. 32, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen für die aufgrund konkreter Tätigkeiten oder des konkreten Einsatzes zustehenden Zulagen und Zuschläge, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung, sofern sich die Einstufung nicht aus anderen Lohnunterlagen ergibt, zur Überprüfung des dem entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher oder englischer Sprache, am Arbeits(Einsatz)ort nicht bereithält oder dem Amt für Betrugsbekämpfung oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort im Zeitpunkt der Erhebung nicht in elektronischer Form zugänglich macht, auch wenn die Beschäftigung des einzelnen Arbeitnehmers in Österreich früher geendet hat.

Folgende Lohnunterlagen wurden nicht in deutscher oder englischer Sprache am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten oder zugänglich gemacht: Arbeitsvertrag/Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise, Lohnaufzeichnungen

1. Arbeitnehmer/in: CC

Geb: XX.XX.XXXX

Staatsangehörigkeit: Deutschland

Tätigkeit: Zimmermann

Arbeitsantritt: mind. seit 24.09.2021

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: **** X, Adresse 2,

Kontrolle am 24.09.2021

2. Arbeitnehmer/in: DD

Geb: XX.XX.XXXX

Staatsangehörigkeit: Deutschland

Tätigkeit: Zimmermann

Arbeitsantritt: mind. seit 24.09.2021

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: **** X, Adresse 2,

Kontrolle am 24.09.2021

3. Arbeitnehmer/in: EE

Geb: XX.XX.XXXX

Staatsangehörigkeit: Deutschland

Tätigkeit: Zimmermann

Arbeitsantritt: mind. seit 24.09.2021

Arbeits(Einsatz)ort und Kontrollzeit: **** X, Adresse 2,

Kontrolle am 24.09.2021

1. Arbeitsvertrag oder Dienstzettel in deutsch oder englisch (im Sinne der Richtlinie 91/533 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bestimmungen, ABI. Nr. L 288 vom 18.10.1991 S. 32), nicht vorgelegt

2. Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen für die aufgrund konkreter Tätigkeiten oder des Konkreten Einsatzes zustehenden Zulagen und Zuschläge für das/die Monat(e): nicht vorgelegt

3. Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung, sofern sich die Einstufung nicht aus anderen Lohnunterlagen ergibt nicht vorgelegt

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften) verletzt:

1. § 28 Zif. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 LSD-BG, BGBl. I Nr. 44/2016, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 174/2021

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 3.000,00

30 Tage(n) 0 Stunde(n)

0 Minuten (n)

 

§ 28 erster Strafsatz Lohn-und

SozialdumpingBekämpfungsgesetz

(LSD-BG), BGBl. I Nr. 44/2016, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.

174/2021

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 300,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 3.300,00“

Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und führte in dieser aus wie folgt:

„Beschwerde gegen den Straferkenntnisbescheid vom 08.06.2022 gegen die Firma

BB - Zimmerei AA in 8248' Z, Adresse 3

Ihr Zeichen: ***

Sehr geehrte Damen und Herren,

unter Vorlage beiliegender Vollmacht zeige ich die Vertretung meines Mandanten, Herrn AA an.

Von dem zweiten Straferkenntnisbescheid vom 08.06.2022 mit obengenannter Geschäftszahl hat Herr AA erst mit der Mahnung vom 16.08.2022 Kenntnis erlangt.

Gegen den Straferkenntnisbescheid mit der Geschäftszahl *** ebenfalls mit

Datum vom 08.06.2022 wurde am 02.07.2022 Beschwerde erhoben.

Da bei Zustellung Ihrer Bescheide weder Herr noch Frau AA zu Hause waren, hat der Postbote eine Benachrichtigung in den Briefkasten eingeworfen, dass bei der Postfiliale FF ein Einschreiben zur Abholung zurückgelegt wurde. Die Abholung erfolgt durch die Ehefrau von Herrn AA. Festzustellen ist hier, dass die Postfiliale FF an Frau GG nur der Bescheid mit der Geschäftszahl *** ausgehändigt wurde.

Erst mit E-Mail vom 31.08.2022 habe ich als Bevollmächtigter von Herrn AA Kenntnis davon bekommen, dass es sich um zwei Strafbekenntnisse handelt. Beide Strafbekenntnisse begründen Sie mit einem Verstoß gegen das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz. Wie bereits mit der Beschwerde vom 02.07.2022 begründet wurde, dass es sich hier um keine Entsendung handelt und somit das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz keine Anwendung finden kann, ist auch der Straferkenntnisbescheid mit der Geschäftszahl *** als rechtswidrig zu sehen.

Insofern wird hiermit auch den Bescheid vom 08.06.2022 mit der Geschäftszahl *** Beschwerde erhoben. Als Begründung gelten hierbei dieselben Ausführungen wie zur Beschwerde mit der Geschäftszahl ***.

In dieser Angelegenheit werden Sie um Würdigung des nachstehenden Sachverhaltes gebeten. Mitte 2019 hatte Herr AA bei Ihnen eine Genehmigung einer Betriebsstätte beantragt. Die Genehmigung wurde leider erst kürzlich, als nach Ablauf von drei Jahren erteilt. In diesem Zusammenhang werden auch Versäumnisse der Bezirkshauptmannschaft - Bereich Gewerbe gesehen. Angedacht war, sobald diese Genehmigung vorliegt, dass die Arbeitnehmer von Herrn AA über die österreichischen Sozialversicherungsträger angemeldet bzw versichert werden. Bei einem zeitnahen Genehmigungsverfahren wäre es nicht zu denen von Ihnen festgestellten Straferkenntnisse gekommen.

Mit Schreiben vom 20.07.2022 teilten Sie mir mit, dass die Beschwerde vom 02.07.2022 dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt wurde. Sie werden gebeten, mir mitzuteilen, unter welchem Aktenzeichen Ihre Vorlage dort geführt wird.“

Aus der Anzeige des Amtes für Betrugsbekämpfung, Finanzpolizei, Team 61 vom 29.11.2021, Zl ***, geht zusammengefasst hervor, dass am 24.09.2021 um 09:00 Uhr Organe der Finanzpolizei eine Baustelle an der Adresse 2, **** X kontrolliert haben. Es wurden drei Mitarbeiter der deutschen Firma Zimmerei BB in D-***** Z, Adresse 3 kontrolliert und hat sich im Zuge der Kontrolle herausgestellt, dass die nach dem LSD-BG erforderlichen Arbeitsverträge für die 3 Arbeitnehmer nicht vorgelegt worden sind oder in elektronischer Form zugänglich gemacht werden konnten. Von den Organen der Finanzpolizei wurde eine Nachforderungsanweisung erstellt und an den Inhaber AA vor Ort übergeben. Es wurde beantragt gegen Herrn AA als Arbeitgeber das Strafverfahren einzuleiten und insgesamt eine Strafe in Höhe von Euro 3.000,00 zu verhängen.

II.      Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wird im angefochtenen Straferkenntnis eine Übertretung nach § 28 Z 1 iVm § 22 Abs 1 LSD-BG in seiner Funktion als „Verantwortlicher“ der Firma BB– Zimmerei AA mit Sitz in Adresse 3, ***** Z (D) vorgeworfen. Es ist weder dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch der Begründung noch der Aufforderung zur Rechtfertigung zu entnehmen inwiefern der Beschwerdeführer als „Verantwortlicher“ der Firma Holz & Design BB – Zimmerei AA zur Verantwortung gezogen wird. Weder dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch der Begründung noch aus der Aufforderung zur Rechtfertigung ist zu entnehmen, welche Funktion der Beschwerdeführer bei der Firma Holz & Design BB – Zimmerei AA – innehat.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Ausführungen zum Inhalt des gegenständlichen Spruches im Straferkenntnis und den Ausführungen in der Aufforderung zur Rechtfertigung ergeben sich aus dem verwaltungsbehördlichen Akt.

Es bedurfte daher nicht der Aufnahme weiterer Beweismittel.

IV.      Rechtslage und Erwägungen:

Nach § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach § 9 Abs 3 VStG kann eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

Nach § 9 Abs 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihre Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss im Spruch des Straferkenntnis ausgeführt werden, in welcher Eigenschaft der Beschuldigte strafrechtlich verantwortlich gemacht wird; es ist demnach auch zu unterscheiden, ob der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als der Vertretung nach außen Berufener verantwortlich gemacht wird oder aber als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 VStG.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. § 44a Z 1 VStG erfordert unter anderem, dass im Spruch des Bescheides gegebenenfalls auch die im Sinne des § 9 Abs 1 VStG maßgeblich juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, zu deren Vertretung nach außen der Beschuldigte berufen ist, genannt wird. Wird ein Täter als verantwortliches Organ einer juristischen Person bestraft, so erfordert es die Bestimmung des § 44a Z 1 VStG weiters, dass im Spruch des Straferkenntnis die Art der Organfunktion, der zufolge der Täter zur Vertretung nach außen berufen ist, eindeutig angeführt wird (vgl VwGH 24.09.2010, 2010/02/0047).

Gegenständlich wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, die Tat als „Verantwortlicher der Firma BB– Zimmerei AA (D)“ begangen zu haben. Die angeführte Umschreibung der Tätereigenschaft lässt damit die Merkmale nicht erkennen, aus denen sich die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers im Sinn des § 9 VStG ergibt; es entspricht daher nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG (VwGH 27.12.2007, 2003/03/0295).

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist und das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmen, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung, udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Eine Verfolgungshandlung, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung verhindert hat, hat sich auf sämtliche Tatbestandsmerkmale zu beziehen. Eine taugliche Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten hat nämlich das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG in den Spruch des Straferkenntnis aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift näher zu konkretisieren und individualisieren.

Die Berichtigung von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen setzt voraus, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs 1 VStG eine entsprechende Verfolgungshandlung hinsichtlich dieses Merkmales erfolgt ist.

Es ist daher festzuhalten, dass weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung noch im Straferkenntnis das oben angesprochene Tatbestandsmerkmal dem Beschwerdeführer richtig vorgeworfen worden ist. Die Tat erfolgte am 24.09.2021.

Die Verfolgungshandlung muss gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat erfolgen (vgl VwGH 29.02.2012, 2008/10/0191), sie muss sich auf alle in der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente beziehen (vgl VwGH 27.04.2012, 2011/02/0284). Da – wie vorstehend ausgeführt – hinsichtlich der Konkretisierung der Tat während der Verfolgungsverjährungsfrist keine ordnungsgemäße Verfolgungshandlung vorgenommen wurde und zwischenzeitlich Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

zusätzlicher Hinweis:

Gemäß § 35 Abs 2 LSD-BG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung der/des Beschuldigten und jenes Unternehmens, dem die Bestrafung zuzurechnen ist, in die vom Kompetenzzentrum LSDB geführte Evidenz verbunden ist.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Weißgatterer

(Richterin)

Schlagworte

Spruch
Konkretisierung
Verfolgungsverjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.28.2654.1

Zuletzt aktualisiert am

17.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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