TE Lvwg Erkenntnis 2023/3/13 LVwG-2023/29/0081-9, LVwG-2023/29/0082-9

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Veröffentlicht am 13.03.2023
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Entscheidungsdatum

13.03.2023

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

Kanalgebührenverordnung 2017 der Gemeinde Reith bei Seefeld §1
Kanalgebührenverordnung 2017 der Gemeinde Reith bei Seefeld §2
BAO §4
  1. BAO § 4 heute
  2. BAO § 4 gültig ab 30.10.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2019
  3. BAO § 4 gültig von 01.01.2013 bis 29.10.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  4. BAO § 4 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. BAO § 4 gültig von 01.01.1995 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 681/1994
  6. BAO § 4 gültig von 19.04.1980 bis 31.12.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerden des AA, Adresse 1, 6100 Z, gegen

1.       den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, betreffend Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr (LVwG-2023/29/0081) und

2.       den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, betreffend Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr (LVwG-2022/29/0082)

zu Recht:

1.       Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, betreffend Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr wird insofern Folge gegeben, als die Kanalanschlussgebühr für den Anschluss des mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, Zahl ***, genehmigten Bauvorhabens „Neuerrichtung und Betrieb des 110/25(30)kV- Umspannwerkes Y samt 110 kV-Leitungsanbindung“, GStNr **1 und GStNr **2, beide KG ***** Y, an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage festgesetzt wird wie folgt:

937,43 m3 x Euro 5,58                          Euro               5.230,86

davon 10 % USt                        Euro               475,53

Netto                                   Euro               4.755,33

2.           Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, betreffend Vorschreibung der Wasseranschlussgebühr wird insofern Folge gegeben, als die Wasseranschlussgebühr für den Anschluss des mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, ***, genehmigten Bauvorhabens „Neuerrichtung und Betrieb des 110/25(30) kV- Umspannwerkes Y samt 110 kV-Leitungsanbindung“, GStNr **1 und GStNr **2, beide KG ***** Y, an die gemeindeeigene Wasserleitung festgesetzt wird wie folgt:

937,43 m3 x Euro 1,60               Euro               1.499,89

davon 10 % USt                        Euro               136,35

Netto                                   Euro               1.363,54

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, wurde dem Beschwerdeführer gegenüber für den Anschluss des mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, ***, genehmigten Bauvorhabens „Neuerrichtung und Betrieb des 110/25(30)kV- Umspannwerkes Y samt 110 kV-Leitungsanbindung“, an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage eine Kanalanschlussgebühr mit Euro 5.383,19 festgesetzt, welche sich mit 944,42 m³ multipliziert mit Euro 5,70 (inkl 10 % Mehrwertsteuer) errechnet.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 22.11.2022, ***, wurde dem Beschwerdeführer gegenüber für den Anschluss des mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, ***, genehmigten Bauvorhabens „Neuerrichtung und Betrieb des 110/25(30) kV- Umspannwerkes Y samt 110 kV-Leitungsanbindung“, die Wasserleitungsanschlussgebühr mit Euro 1.605,51 vorgeschrieben, welche sich mit 944,42 m³ multipliziert mit Euro 1,70 (inkl 10 % Mehrwertsteuer errechnet.

Gegen beide Bescheide hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen inhaltsgleich vorgebracht, dass sowohl die Wasserleitungsgebührenverordnung 2017 der Gemeinde Y als auch die Kanalgebührenordnung 2017 der Gemeinde Y zur Berechnung der Höhe der Anschlussgebühr in § 2 Abs 1 der jeweiligen Verordnung auf die Baumasse der auf dem Grundstück stehenden Gebäude gem § 2 Abs 5 des Tiroler Verkehrsaufschließungs- und Ausgleichsabgabengesetz (TVAG 2011) in der Fassung LGBl Nr 26/2017 verweise. Die gegenständlich errichtete Anlage stelle jedoch kein Gebäude im Sinne des § 2 Abs 3 TVAG dar, weshalb das Umspannwerk auch keine Baumasse im Sinne des § 2 Abs 5 TVAG aufweisen könne. Die Vorschreibung der Kanalanschlussgebühr und Wasserleitungsanschlussgebühr sei daher nicht zu Recht erfolgt. Es wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und die Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde Y ersatzlos zu beheben. Gleichzeitig wurde beantragt, dass die Beschwerdevorentscheidung durch den Bürgermeister der Gemeinde Y unterbleiben möge und die Beschwerde unmittelbar dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt werde. In der Folge wurden die Akten dem Landesverwaltungsgericht Tirol direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Den Beschwerden kommt teilweise Berechtigung zu.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichts Tirol, insbesondere das Sachverständigengutachten des Ing. BB vom 14.02.2023 samt Grundrissschnitten.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Parteien nicht beantragt und wurde die Durchführung einer solchen aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdevorbringen lediglich um eine Rechtsfrage handelt, seitens des erkennenden Gerichtes nicht für erforderlich erachtet. Zudem wurde hinsichtlich der weitere eingeholten ergänzenden Unterlagen zur Berechnung durch den Sachverständigen das Parteiengehör gewahrt.

II.      Sachverhalt:

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, ***, wurde der TIWAG-Tiroler Wasserkraft AG die Bau- und Betriebsbewilligung für die im Bescheid beschriebene Errichtung und den Betrieb eines 110/25(30)kV-Umspannwerks Y samt der 110kV-Leitungsanbindung nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen und den angeführten Auflagen erteilt (Bescheid Amt der Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017, ***).

Das Umspannwerk wurde auf den GStNr **2, **1 und **3, alle KG ***** Y, errichtet.

Das Umspannwerk besteht unter anderem aus einem Schaltanlagengebäude. Dieses wurde als zweigeschossiges Bauwerk in Ortbeton ausgeführt, ist überdacht und umfasst einen 25(30)kV-Schaltanlagenraum mit Kabelkeller, einen abgesetzten Sekundärtechnikraum für Steuerschränke, einen Verteilerraum für die Eigenbedarfsversorgung, einen Batterieraum, einen Technikraum für die Lüftung sowie ein WC. Verbunden werden die einzelnen Geschoße und Räumlichkeiten durch ein zentrales Stiegenhaus und entsprechende Erschließungs- und Kontrollgänge (Bewilligungsbescheid Tiroler Landesregierung vom 09.05.2017).

Das Umspannwerk wurde sowohl an die Wasserversorgungsleitung als auch an die Gemeindekanalisation der Gemeinde Y angeschlossen, wobei der Anschluss (spätestens) am 09.07.2018 erfolgte und sowohl die Wasserleitung als auch der Kanal ab diesem Zeitpunkt benützbar waren.

Eigentümer der GStNr **2 und **1, beide KG ***** Y, ist seit dem Jahr 2000 (und zumindest bis zum 19.01.2023) der Beschwerdeführer aufgrund des Übergabsvertrages vom 20.01.2000 (GB-Auszug vom 19.01.2023). Eigentümerin des GStNr **3, KG ***** Y, ist seit dem Jahr 1972 (und ebenfalls bis zumindest 19.01.2023) die Skilift-CC Gesellschaft m.b.H. & Co KG aufgrund des Kaufvertrages vom 04.06.1971 (GB-Auszug vom 19.01.2023).

Die Gesamtbaumasse des errichteten Umspannwerkes/Schaltanlagengebäudes beträgt 2.109,19 m³, wobei jener Teil des Gebäudes, welcher sich auf GStNr **2 befindet, 856,18 m3 und jener, welcher sich auf GStNr **1, befindet 81,25 m³ umfasst. Der Baumassenanteil auf GStNr 426/3 umfasst 1.171,76 m3.

III.     Beweiswürdigung:

Vorangeführter Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten unbedenklichen Urkunden und nachstehender Beweiswürdigung:

Dass das Umspannwerk sowohl an die Wasserleitung als auch den Kanal der Gemeinde Y angeschlossen ist, wurde seitens der Abgabenbehörde mit E-Mail vom 17.06.2021 im damaligen Verfahren zu 2021/29/1545 und 1546 (Beschwerdeführerin TIWAG) mitgeteilt (die diesbezüglichen Unterlagen befinden sich im vorgelegten Behördenakt) und wird dieser Umstand seitens des Beschwerdeführers auch nicht in Abrede gestellt, ebenso dass der Anschluss an die Leitungen (spätestens) am 09.07. 2018 erfolgte.

Zumal die Berechnungen der Behörde zur Baumasse lediglich pauschal erfolgten und die diversen Raumhöhen betreffend die Gebäudeteile auf den einzelnen Grundstücken nicht ausreichend berücksichtigt wurden, wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein Sachverständigengutachten zur Berechnung der (auf die drei Grundstücke, auf welchen das Umspannwerkgebäude steht, aufgeteilten) Baumasse eingeholt.

Die Feststellungen zur Baumasse des errichteten Gebäudes sind nunmehr den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen Ing. BB in seinem Gutachten vom 14.02.2023, ***, zu entnehmen, der die, sich aus den Planunterlagen ergebenden, Grundrisssituationen und Höhenausdehnungen in ein computerunterstütztes Zeichenprogramm eingearbeitete hat und anhand des Zeichenprogramms die Längen und Höhenausdehnungen, Flächenanteile sowie Kubaturen exakt ohne umfangreiche mathematische Formeln ermittelt hat. Diese Vorgehensweise wurde vom Sachverständigen aufgrund des Umstandes gewählt, da das Gebäude auf drei verschiedenen Grundstücken steht, welche verschiedene Eigentümer aufweisen.

Der Sachverständige führt in seinem Gutachten ausführlich aus, wie die Grundrisse und Schnitte angefertigt und welche Wandstärken berücksichtigt wurden und dass auch der Dachaufbau Berücksichtigung fand, wobei bei Raumhöhen die 3,5 m überschreitenden Höhen ausgewiesen und bei der Berechnung der Baumasse in Abzug gebracht wurden. Die einzelnen Teilbereiche wurden als 3-D-Modell dargestellt wie folgt:

„Bild im Original als pdf ersichtlich“

Anhand des bei der TIWAG in digitaler Form eingeholten Lageplanes wurde seitens des Sachverständigen sodann die Situierung des Umspannwerkes auf den einzelnen Grundstücken vorgenommen und auf Grundlage der Flächenanteile auf Basis des Baumassenmodells die einzelnen Baumassenanteile des Umspannwerkes bezogen auf die einzelnen Grundstücke mittels eines computerunterstützten Zeichenprogrammes ermittelt wie folgt:

„Bild im Original als pdf ersichtlich“

 

Dem Beschwerdeführer und der Abgabenbehörde wurde das Gutachten zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt, es wurde jedoch keine Stellungnahme abgegeben.

Seitens des erkennenden Gerichtes ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Berechnungen des Sachverständigen fehlerhaft wären, weshalb die Feststellungen zum Umfang der Baumasse aufgrund des nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachtens des Ing. BB vom 14.02.2023 unbedenklich getroffen werden konnten.

Im Übrigen wurde seitens des Beschwerdeführers lediglich bemängelt, dass das Umspannwerk an sich nicht als Gebäude im Sinne der verfahrensgegenständlichen Verordnungen zähle und daher keine Gebühren vorgeschrieben werden könnten. Auf Sachverhaltsebene erfolgten im gesamten Verfahren keine Einwendungen.

IV.      Rechtslage:

Die verfahrenswesentliche Bestimmung des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetztes 2011 (TVAG 2011), LGBl Nr 58/2011 idF LGBl Nr 26/2017, lautet wie folgt:

„§ 2

Begriffsbestimmungen

(…)

(5) Baumasse ist der durch ein Gebäude umbaute Raum. Die Baumasse ist geschoßweise zu ermitteln, wobei bei Räumen mit einer lichten Höhe von mehr als 3,50 m der diese Höhe übersteigende Teil außer Betracht bleibt. Der umbaute Raum ist jener Raum, der durch das Fußbodenniveau des untersten Geschoßes und durch die Außenhaut des Gebäudes oder, soweit eine Umschließung nicht besteht, durch die gedachte lotrechte Fläche in der Flucht der anschließenden Außenhaut begrenzt wird.

(…)“

Die verfahrenswesentlichen Bestimmungen der Kanalgebührenverordnung 2017 der Gemeinde Y (Gemeinderatsbeschluss 20.12.2017) lauten wie folgt:

„§ 1 Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinde Y erhebt Kanalbenützungsgebühren als Anschlussgebühren und als laufende Gebühr.

(…)

§ 2 Anschlussgebühr

(1) Die Anschlussgebühr bemisst sich im Fall eines Neubaus nach der Baumasse der auf dem Grundstück stehenden Gebäude, im Fall einer Änderung eines bestehenden Gebäudes, durch die dessen Baumasse vergrößert wird, nach der zusätzlich geschaffenen Baumasse; die Baumasse ist jeweils nach § 2 Abs. 5 des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes 2011 (TVAG 2011), LGBl. Nr. 58, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 26/2017, zu ermitteln. War die Baumasse eines abgebrochenen oder zerstörten Gebäudes bereits Grundlage für die Vorschreibung einer Anschlussgebühr, so ist diese in Abzug zu bringen.

(2) Nicht zu berücksichtigen sind jene Gebäudeteile von landwirtschaftlichen Betrieben, die nicht an das Kanalnetz angeschlossen werden können bzw. dürfen (Scheunen, Silos, Ställe und offene Holz- und Geräteschuppen).

(3) Die Anschlussgebühr wird nach der in der Anlage 1 enthaltenen Tariftabelle eingehoben.

(4) Der Gebührenanspruch entsteht mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage, im Fall von baulichen Erweiterungen auf einem bereits angeschlossenen Grundstück mit der Rechtskraft des entsprechenden Baubescheides. Als tatsächlich angeschlossen gilt ein Grundstück ab erstmaliger Benützbarkeit des Kanals.

(…)

§ 5 Gebührenschuldner

(1) Zur Entrichtung der Gebühren sind die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke verpflichtet. Die Gebührenpflicht für die Erweiterungsgebühr betrifft alle Grundstückseigentümer, deren Grundstück zu dem im § 2 Abs. 4 genannten Zeitpunkt an die Gemeindekanalisation angeschlossen war.

(2) Die Miteigentümer haften für die sich aus dieser Kanalgebührenordnung ergebenden Pflichten als Gesamtschuldner zu ungeteilter Hand (§ 891 ABGB).

(3) Steht ein Bauwerk auf fremden Grund und Boden, so ist der Eigentümer des Bauwerkes, im Falle eines Baurechtes der Inhaber des Baurechtes, Schuldner dieser Gebühren.

(…)

Gemäß Anlage 1 betrug der Gebührensatz für die Anschlussgebühr ab 01.01.2018 Euro 5,58 pro m3

Die verfahrenswesentlichen Bestimmungen der Wasserleitungsgebührenverordnung 2017 der Gemeinde Y (Gemeinderatsbeschluss 20.12.2017) lauten wie folgt:

„§ 1 Wasserbenützungsgebühren

(1) Die Gemeinde Y erhebt Wasserbenützungsgebühren als Anschlussgebühren, als laufende Gebühr und als Zählergebühr.

(…)

§ 2 Anschlussgebühr

(1) Die Anschlussgebühr bemisst sich im Fall eines Neubaus nach der Baumasse der auf dem Grundstück stehenden Gebäude, im Fall einer Änderung eines bestehenden Gebäudes, durch die dessen Baumasse vergrößert wird, nach der zusätzlich geschaffenen Baumasse; die Baumasse ist jeweils nach § 2 Abs. 5 des Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetzes 2011 (TVAG 2011), LGBl. Nr. 58, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 26/2017, zu ermitteln. War die Baumasse eines abgebrochenen oder zerstörten Gebäudes bereits Grundlage für die Vorschreibung einer Anschlussgebühr, so ist diese in Abzug zu bringen.

(2) Nicht zu berücksichtigen sind jene Gebäudeteile von landwirtschaftlichen Betrieben, die nicht an das Kanalnetz angeschlossen werden können bzw. dürfen (Scheunen, Silos, Ställe und offene Holz- und Geräteschuppen).

(3) Die Anschlussgebühr wird nach der in der Anlage 1 enthaltenen Tariftabelle eingehoben.

(4) Der Gebührenanspruch entsteht mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage, im Fall von baulichen Erweiterungen auf einem bereits angeschlossenen Grundstück mit der Rechtskraft des entsprechenden Baubescheides. Als tatsächlich angeschlossen gilt ein Grundstück ab erstmaliger Benützbarkeit der Wasserversorgungsanlage.

(5) Von der Anschlussgebühr ausgenommen sind:

   Scheunen in Holzbauweise, Tennen in Holzbauweise, Städel in Holzbauweise, Silos und Fahrsilos, begehbare und nicht begehbare Folientunnels, jedoch nur, sofern diese nicht mit einem Wasseranschluss ausgestattet werden,

   Bienenhäuser, Hundezwinger, Gartenhäuser, jedoch nur, sofern diese nicht mit einem Wasseranschluss ausgestattet werden,

   überdachte Holzunterstände (Holzlegen) und Schuppen, die zur Gänze aus Holz errichtet werden (kein Mauerwerk) und ausschließlich der Lagerung von Holz dienen - nicht umfasst von dieser Ausnahme sind jedoch Nebengebäude wie Geräteschuppen, Garagen, Carports (sofern eine Baumasse im Sinne des Abs. 1 gegeben ist);

(…)

§ 5 Gebührenschuldner

(1) Zur Entrichtung der Gebühren sind die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke verpflichtet. Die Gebührenpflicht für die Erweiterungsgebühr betrifft alle Grundstückseigentümer, deren Grundstück zu dem im § 2 Abs. 4 genannten Zeitpunkt an die Gemeindekanalisation angeschlossen war.

(2) Die Miteigentümer haften für die sich aus dieser Wasserleitungsgebührenordnung ergebenden Pflichten als Gesamtschuldner zu ungeteilter Hand (§ 891 ABGB).

(3) Steht ein Bauwerk auf fremden Grund und Boden, so ist der Eigentümer des Bauwerkes, im Falle eines Baurechtes der Inhaber des Baurechtes, Schuldner dieser Gebühren.

(…)

Gemäß Anlage 1 betrug der Gebührensatz für die Anschlussgebühr ab 01.01.2018 Euro 1,60 pro m3

V.       Erwägungen:

Gemäß § 4 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabenpflicht knüpft. Gemäß Abs 3 leg cit bleiben in Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) unberührt. Gemäß Abs 4 leg cit ist der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Entsprechend diesem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften hat das Landesverwaltungsgericht die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes seiner Entscheidung zugrunde zu legen (VwGH 31.08.2016, Ro 2014/17/0103).

Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 4 BAO grundsätzlich durch die Tatbestandsverwirklichung ohne weiteres Zutun der Behörde oder der Partei. Zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches ist auszuführen, dass diesem in mehrfacher Hinsicht abgabenrechtliche Bedeutung zukommt, so um den Beginn des Laufes der Bemessungs- oder Festsetzungsverjährung zu bestimmen, darüber hinaus ist festzuhalten, dass vor Entstehung eines Abgabenanspruches die Abgabe nicht fällig wird. Zudem ist eine Abgabenfestsetzung vor Entstehung des Abgabenanspruches grundsätzlich nicht zulässig.

Bezogen auf die beiden gegenständlichen Verfahren ist festzuhalten, dass der Abgabenanspruch für die Kanalanschlussgebühr (§ 2 Abs 4 KanalgebührenVO) und für die Wasserleitungsanschlussgebühr (§ 2 Abs 4 WasserleitungsgebührenVO) mit dem tatsächlichen Anschluss des Grundstücks an die gemeindeeigene Kanalisations- bzw Wasserversorgungsanlage entsteht. Dieser Anschluss ist am 09.07.2018 erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt waren sowohl die Wasserleitung als auch der Kanal der Gemeinde Y benützbar. Für die Wasserleitungs- und die Kanalanschlussgebühr ist somit dieser Tag als Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruchs anzusehen und auf die Rechtslage zu diesem Zeitpunkt abzustellen.

Abgabenschuldner der Anschlussgebühren ist der Beschwerdeführer als Eigentümer der beiden angeschossenen GStNr **2 und **1, beide KG ***** Y (§ 5 Abs 1 KanalgebührenVO und § 5 Abs 1 WasserleitungsgebührenVO).

Zum Einwand des Beschwerdeführers, dass für das errichtete Umspannwerk keine Wasser- und Kanalanschlussgebühr festgesetzt werden könne, zumal das gegenständlich errichtete Gebäude iSd § 2 Abs 2 TVAG vom Gebäudebegriff ausgenommen sei, ist festzuhalten, dass der Gebäudebegriff selbst in den beiden verfahrensgegenständlichen Verordnungen nicht definiert ist, insbesondere wird diesbezüglich nicht auf die Bestimmungen bzw die Definition iSd § 2 Abs 3 TVAG 2011 verwiesen, ebenso nicht auf die Ausnahmebestimmungen des § 2 Abs 4 TVAG 2011.

Zur Umschreibung des Gebäudebegriffes kann daher – naheliegend - auf die Definition in der Tiroler Bauordnung zurückgegriffen werden: Demnach sind Gebäude überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen (§ 2 Abs 2 TBO). Das gegenständlich errichtete Schaltgebäude ist festgestellter Maßen überdacht und überwiegend umschlossen, kann von Menschen betreten werden und dient dem Schutz von Menschen und Sachen. Es handelt es sich daher beim Schaltgebäude um ein Gebäude iSd beiden Verordnungen (§ 2 Abs 1), welches der Anschlussgebührenpflicht unterliegt.

Ergänzend ist festzuhalten, dass Schaltgebäude von Umspannwerken nicht in der Aufzählung der von der Gebührenpflicht ausgenommenen Gebäuden in den beiden Verordnungen genannt sind und ist das Gebäude auch tatsächlich an die Wasserversorgungs- sowie Kanalleitung der Gemeinde Y angeschlossen.

Als Bemessungsgrundlage für die Berechnung sowohl der Wasserleitungs- als auch Kanalanschlussgebühr ist im Falle des Neubaus eines Gebäudes – um einen solchen handelt es sich im gegenständlichen Verfahren – die Baumasse des auf dem Grundstück stehenden Gebäudes heranzuziehen. Als Definition der Baumasse verweisen beide Verordnungen der Gemeinde Y auf § 2 Abs 5 TVAG 2011, LGBl Nr 58/2011 idF LGBl Nr 26/2017. Die so ermittelte und festgestellte Baumasse des gesamten Schaltgebäudes beträgt Euro 2.109,19 m3.

Das errichtete Schaltgebäude steht festgestellter Maßen auf drei verschiedenen Grundstücken, wovon zwei, nämlich das GStNr **1 und das GStNr **2, beide KG ***** Y, im Eigentum des Beschwerdeführers stehen, weshalb nur die, auf den im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücken befindlichen Baumassenanteile als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Anschlussgebühren heranzuziehen sind. Jener Baumassenanteil, welcher dem GStNr **3 zuzurechnen ist, ist der diesbezüglichen Eigentümerin gegenüber festzusetzen.

Die nach § 2 Abs 5 TVAG 2011 errechnete Baumasse jenes Gebäudeanteils, welcher auf den GStNr **2 und **1 steht, umfasst insgesamt 937,43 m3, weshalb dieser der Bemessung der Wasser- und Kanalanschlussgebühr zugrunde zu legen ist.

Seitens der Abgabenbehörde wurden bei der Festsetzung der Anschlussgebühren darüber hinaus fälschlicherweise die Gebührensätze für das Jahr 2020 herangezogen, der Abgabenanspruch ist jedoch bereits am 09.07.2018 entstanden, weshalb die Wasseranschlussgebühr und die Kanalanschlussgebühr unter Berücksichtigung der für das Jahr 2018 geltenden Gebührensätze in Höhe von Euro 5,58 (Kanalanschluss) und Euro 1,60 (Wasseranschluss) sowie der reduzierten Baumasse neu festzusetzen sind wie folgt:

Kanalanschlussgebühr:

937,43 m3 x Euro 5,58          Euro           5.230,86

davon 10 % USt                  Euro           475,53

Netto                             Euro           4.755,33

Wasseranschlussgebühr:

937,43 m3 x Euro 1,60          Euro           1.499,89

davon 10 % USt                  Euro           136,35

Netto                             Euro           1.363,54

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Belehrung und Hinweise

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Landesverwaltungsgericht Tirol dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer abzufassen und einzubringen.

Beschwerdeführenden Parteien und den im Beschwerdeverfahren Beigetretenen steht weiters das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder eine Revision zu entrichtende Eingabegebühr beträgt Euro 240,00.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Kantner

(Richterin)

Schlagworte

Kanalanschlussgebühr
Wasseranschlussgebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2023.29.0081.9

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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