TE Vwgh Erkenntnis 1995/10/17 95/08/0071

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Veröffentlicht am 17.10.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
60/01 Arbeitsvertragsrecht;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AÜG §1;
BArbSchlwEntschG §1 Abs1;
BArbSchlwEntschG §1 Abs3;
B-VG Art140 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Dr. M. GmbH in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 9. November 1994, Zl. IVa-SW-7022-10-B, betreffend Rückerstattung von Schlechtwetterentschädigungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gesellschaft stellte bei den Arbeitsämtern Gmunden, Linz und Rohrbach Anträge auf Rückerstattung ausbezahlter Schlechtwetterentschädigungen gemäß § 8 Abs. 1 des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes 1957 (BSchEG 1957) für den Lohnabrechnungszeitraum 04/94.

Mit Bescheiden der genannten Arbeitsämter vom 20. und 21. Juni sowie 28. Juli 1994 wurde den Anträgen keine Folge gegeben. Nach den - im wesentlichen gleichlautenden - Begründungen fielen unter den Geltungsbereich des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes die in § 1 Abs. 1 aufgezählten Betriebe. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft betriebene Personalbereitstellung sei in der genannten Bestimmung nicht erwähnt. Die in den Anträgen "abgerechneten" Arbeiter seien im Rahmen eines Personalleasings eingesetzt worden und unterlägen somit nicht dem § 1 Abs. 1 BSchEG 1957.

Die beschwerdeführende Gesellschaft erhob gegen die genannten Bescheide jeweils Berufung, wobei sie im wesentlichen vorbrachte, daß das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 nicht das am 1. Juli 1988 in Kraft getretene Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) berücksichtige. Das AÜG sei von seiner Grundkonzeption her ein Schutzgesetz zugunsten der Überlassungskräfte. Gemäß § 5 dieses Gesetzes habe der Überlasser, also die beschwerdeführende Gesellschaft, die ihr als Arbeitgeber zukommenden Pflichten zu erfüllen. Sie werde auch sozialversicherungsrechtlich als Arbeitgeber angesehen und hafte für die zu entrichtenden Beiträge zur Sozialversicherung. Als Dienstgeber habe sie die erforderlichen Meldungen an die Sozialversicherungsträger zu erstatten. Sie leiste daher auch als Dienstgeber den Beitrag zur Schlechtwetterentschädigung und habe den Arbeitern, die wegen Schlechtwetters einen Arbeitsausfall erleiden, die Schlechtwetterentschädigung zu gewähren. Daher sei sie auch berechtigt, den Antrag auf Rückerstattung der als Schlechtwetterentschädigung ausbezahlten Beträge zu fordern. Die im § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 vorgenommene Aufzählung von Betrieben sei nur demonstrativ. Es könne nicht Sinn und Zweck der Bestimmungen des Gesetzes sein, die Rückerstattung der Schlechtwetterentschädigung nur deshalb zu verweigern, weil die Arbeitnehmer mit dem Beschäftiger, der einen in der Art des § 1 Abs. 1 leg. cit. fallenden Betrieb führe, nicht arbeits- und sozialversicherungsrechtlich verbunden seien, sondern die sozialversicherungsrechtlichen Pflichten vom Überlasser als Dienstgeber erfüllt würden. Die Behörden hätten in diesem Zusammenhang auch keine eigenen Ermittlungen gepflogen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den Berufungen keine Folge gegeben und die Bescheide der Behörde erster Instanz bestätigt. Nach Auffassung der belangten Behörde sei die Aufzählung der im § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 angeführten Betriebe taxativ. Die Arbeitskräfteüberlassung sei auch nicht im Verordnungsweg nach § 1 Abs. 4 BSchEG 1957 in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes einbezogen worden. Aus einem Schreiben der beschwerdeführenden Gesellschaft an das Arbeitsamt Bau-Holz vom 9. Juni 1994 ergebe sich, daß die ausschließliche Tätigkeit der Gesellschaft auf allen Baustellen die Überlassung von Arbeitskräften gewesen sei. Somit sei erwiesen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft nicht in den Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 falle.

Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Gesellschaft zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 2805/94, ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und - der Sache nach - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Gesellschaft behauptet im wesentlichen mit den bereits in den Berufungen gegen die Entscheidungen der Behörde erster Instanz vorgebrachten Argumenten eine unrichtige Anwendung des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes 1957 durch die belangte Behörde. Diese hätte auch überprüfen müssen, ob die beschwerdeführende Gesellschaft nicht andere Arbeiten als den Personalverleih vorgenommen hätte. Der als maßgebend angenommene Sachverhalt sei daher mangels vollständiger eigener Erhebungen nicht durch die im Verfahren gemachten Feststellungen gedeckt.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Aus dem in den Verwaltungsakten erliegenden Schreiben der Gesellschaft vom 9. Juni 1994 an das Arbeitsamt Bau-Holz ergibt sich, daß in den Beschwerdefällen die ausschließliche Tätigkeit des Betriebes auf allen Baustellen die Überlassung von Arbeitskräften gewesen ist. Für die belangte Behörde bestand daher keine Veranlassung zu weiteren Erhebungen über den Geschäftsbereich bzw. die Vertragsverhältnisse der beschwerdeführenden Gesellschaft. Unbestritten ist, daß die verliehenen Arbeiter in Entlehnerbetrieben tätig gewesen sind, die dem Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 unterliegen.

Gemäß § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 fallen bestimmte Betriebe des Bau- und Bauhilfsgewerbes, darunter Hoch- und Tiefbaubetriebe, in den Anwendungsbereich des Gesetzes. Daß die dabei vorgenommene Aufzählung taxativ ist, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Gesetzes (arg.: "Unter den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fallen Betriebe folgender Art:"), sondern auch aufgrund der Verordnungsermächtigung nach § 1 Abs. 4, wonach dann, wenn Arbeiter in anderen als den im Abs. 4 angeführten Betrieben in ähnlicher Weise arbeitsbehindernden Einwirkungen durch Schlechtwetter ausgesetzt sind, die die Gewährung einer Schlechtwetterentschädigung notwendig machen, diese Betriebe durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes einzubeziehen sind. Enthielte § 1 Abs. 1 - wie die beschwerdeführende Gesellschaft meint - eine bloß beispielsweise Aufzählung, so wäre § 1 Abs. 4 überflüssig, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann. Durch die Formulierung in § 1 Abs. 3 leg. cit. "soweit diese Arbeiten Ihrer Art nach in die Gewerbeberechtigung eines der im Abs. 1 angeführten Betriebe fallen würden" ist auch klargestellt, daß die Gewerbeberechtigung des Dienstgeber-Unternehmens für die Zuordnung maßgebend ist.

Anknüpfungspunkt für den Geltungsbereich des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes ist dabei das Unternehmen als Dienstgeber, nicht jedoch der Ort der Arbeitsleistung (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. März 1982, VfSlg. 9372/1982).

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie den Betrieb der Arbeitskräfteüberlassung der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht dem § 1 Abs. 1 BSchEG 1957 unterstellte. Die Nichteinbeziehung in den Geltungsbereich des Gesetzes begegnet im übrigen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. März 1989, VfSlg. 12005/1989).

Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995080071.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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