TE Vwgh Erkenntnis 2023/3/20 Ra 2022/18/0126

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Veröffentlicht am 20.03.2023
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Index

E3L E19103010
E6J
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §7 Abs1 Z3
MRK Art6
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §6
32011L0095 Status-RL
62012CJ0199 VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter, sowie die Hofrätinnen Dr.in Sembacher und Dr.in Gröger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des A A, vertreten durch Dr. Christian Fuchs, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Leopoldstraße 20, dieser vertreten durch Mag.a Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Mai 2022, W123 2248821-1/8E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, beantragte am 1. August 2021 internationalen Schutz und brachte zusammengefasst vor, wegen seiner gleichgeschlechtlichen Orientierung in seinem Herkunftsstaat Verfolgung zu befürchten.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diesen Antrag - teilweise in Bestätigung eines vorangegangenen Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) - zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die Revision sei nicht zulässig.

3        Begründend erachtete das BVwG die vom Revisionswerber behaupteten gleichgeschlechtlichen Kontakte vor seiner Flucht aus Bangladesch, die zu Übergriffen gegen seine Person geführt haben sollen, mit näherer Beweiswürdigung für nicht glaubhaft. Anschließend führte es wörtlich Folgendes aus:

„[...] Aber auch das Vorbringen des [Revisionswerbers], nunmehr in Österreich mit einem Mann zusammenzuleben, ändert nichts am Ergebnis. Abgesehen davon, dass es sich dabei lediglich um eine Behauptung handelt und die Übermittlung von Fotos, die den [Revisionswerber] mit einem Mann in einem Bett zeigen sollen, noch keinen Beweis für seine Homosexualität darstellen, besteht jedenfalls bis vor kurzem keine Wohn- und Lebensgemeinschaft zwischen dem [Revisionswerber] und Herrn [...] Selbst unter Berücksichtigung der Angabe des [Revisionswerbers] vor dem Bundesverwaltungsgericht, seit Mitte März 2022 nach Innsbruck (um)gezogen zu sein und seither mit Herrn [...] zusammen zu wohnen, kann noch nicht von einer dauerhaften Wohn- und Lebensgemeinschaft ausgegangen werden.

Auch allein die Tatsache, dass der [Revisionswerber] über eine Mitgliedskarte der HOSI verfügt, die zudem seit [...] abgelaufen ist [...], reicht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht aus, um von einer relevanten Gefährdungssituation für den [Revisionswerber] im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auszugehen, zumal es nahezu auszuschließen ist, dass der [Revisionswerber] in Bangladesch diese Karte in der Öffentlichkeit ‚vor sich hertragen‘ würde.

[...] Aber selbst im Falle, dass [der Revisionswerber] tatsächlich nunmehr mit einem Mann eine gemeinsame Wohnung teilt und mit diesem in Österreich sexuelle Kontakte hatte bzw. hat, erscheint eine Rückkehr nach Bangladesch möglich und zumutbar. Dies erhellt sich schon zum einen aufgrund der Erwägung, dass der [Revisionswerber] ab dem Zeitpunkt nach der Ausreise aus seinem Heimatbezirk nach Dhaka im Jahr 2008, bis zum Zeitpunkt, als er in Österreich Herrn [...] kennenlernte und mit diesem im Oktober 2021 eine sexuelle Beziehung begann, seiner homosexuellen Orientierung nicht nachging [...] Der [Revisionswerber] scheint also offenbar mit dem Umstand, seine homosexuelle Veranlagung über einem Zeitraum von 13 Jahren nicht gelebt zu haben, keine größeren Probleme gehabt zu haben, andernfalls er - wie bereits erwähnt - zu einem viel früheren Zeitpunkt aus Bangladesch ausgereist wäre (und unter keinen Umständen Saudi-Arabien als ‚Fluchtort‘ gewählt hätte), bzw. er zumindest den Versuch unternommen hätte, eine heimliche Beziehung in der Hauptstadt Dhaka zu führen. Dies gilt umso mehr, als der [Revisionswerber] - nach seiner Ausreise aus Saudi-Arabien - in Ländern wie der Türkei und Griechenland über einen Zeitraum von jeweils 8-9 Monaten lebte, in denen er seiner homosexuellen Orientierung (auf legalem Weg) nachgehen hätte können.

Selbst für den Fall, dass der [Revisionswerber] in Bangladesch seine Homosexualität (wenngleich heimlich) wieder ausüben würde, ist eine Gefahr für ihn als Person nahezu auszuschließen: Zum einen weisen die jüngsten Länderberichte darauf hin, dass das (grundsätzlich bestehende) strafrechtliche Verbot gleichgeschlechtlicher Beziehungen nur selten durchgesetzt wird [...] Zum anderen war es dem [Revisionswerber] - nach seinem Vorbringen - über einen Zeitraum von 2 Jahren möglich, [...] eine sexuelle Beziehung mit einem Mann zu führen. Somit ist aber davon auszugehen, dass es dem [Revisionswerber] umso mehr möglich und zumutbar sein wird, in einer Millionenstadt wie Dhaka wiederum eine sexuelle Beziehung, wenngleich nicht in jener (offenen) Weise wie in den meisten Staaten Europas, zu führen.“

4        Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zunächst Befangenheit des erkennenden Richters geltend macht. Dieser trete öffentlich und unter seinem Klarnamen in mehreren - näher zitierten - Zeitungsartikeln für ein traditionelles Verständnis der christlichen Glaubenslehre ein, nach welcher sowohl Homosexualität an sich als auch das Ausleben derselben eine Sünde darstelle und „nicht in Ordnung“ sei. Vor dem Hintergrund dieser ablehnenden Haltung des erkennenden Richters gegenüber homosexuellen Menschen sei die uneingeschränkte Unparteilichkeit dem Anschein nach in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen lasse die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses offen, ob das BVwG von einer aktuellen gleichgeschlechtlichen Beziehung des Revisionswerbers ausgehe oder nicht. Die diesbezüglichen Erwägungen seien auch nicht nachvollziehbar, weil etwa die Dauer einer gleichgeschlechtlichen Wohngemeinschaft keinen Aufschluss über die sexuelle Orientierung des Revisionswerbers gebe. Die Alternativbegründung des BVwG verkenne, dass der Revisionswerber seine sexuelle Orientierung unter hohem Leidensdruck unfreiwillig (aus Angst vor Verfolgung) versteckt oder nicht ausgelebt hat, was ihm nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung aber nicht zugemutet werden dürfe.

5        Das BFA hat zu dieser Revision keine Revisionsbeantwortung erstattet.

6        Die Revision ist zulässig und begründet.

Verfolgungsbehauptungen aufgrund der sexuellen Orientierung betreffen den sehr privaten Lebensbereich des Asylwerbers und erfordern ein „offenes und beruhigendes Umfeld“ als Grundvoraussetzung dafür, dass sensible und persönliche Informationen offen angesprochen werden können. Entscheidungsträger müssen eine objektive Herangehensweise bewahren, damit ihre Schlüsse nicht auf sterotypen, ungenauen oder unzutreffenden Vorstellungen von Personen mit der behaupteten sexuellen Orientierung beruhen (vgl. UNHCR-Richtlinien zum int. Schutz Nr. 9, Anträge auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder der geschlechtlichen Identität im Zusammenhang mit Artikel 1 (A) 2 des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 23. Oktober 2012 - „SOGI-Richtlinien“, Rn. 60 ff).

7        Im gegenständlichen Fall ist aber zunächst zu beurteilen, ob die Befangenheitsrüge zu Recht erhoben wurde:

8        Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Wesen der Befangenheit grundsätzlich in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Die Befangenheit von Mitgliedern der Verwaltungsgerichte ist nach § 7 AVG zu beurteilen, der infolge § 17 VwGVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sinngemäß anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall bezieht sich der Revisionswerber erkennbar auf den Ausschlussgrund des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG. Demnach haben sich Mitglieder des Verwaltungsgerichts nach den §§ 6 und 17 VwGVG iVm § 7 Abs. 1 Z 3 AVG als befangen zu erklären und ihres Amtes zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen.

9        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinne vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC ist die Befangenheit eines Mitglieds eines unabhängigen Tribunals dann anzunehmen, wenn diesem auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt (vgl. zum Ganzen VwGH 17.5.2022, Ra 2021/19/0064, mwN, und VwGH 20.4.2022, Ra 2020/14/0407).

10       Der EGMR hat sich in seiner Rechtsprechung wiederholt mit Fragen der Befangenheit von Richtern aufgrund öffentlicher Äußerungen derselben beschäftigt. So hat er eine Befangenheit des erkennenden Strafrichters aufgrund einer öffentlichen Äußerung etwa dann verneint, wenn der Richter in einem Interview gegenüber einer Wochenzeitung ein konkretes Statement zu einem bei ihm anhängigen Verfahren verweigerte, aber dennoch äußerte, dass Kriminelle leider glauben würden, ungestraft davon zu kommen und er für harte Strafen eintrete. Der EGMR betonte, dass der Richter seine Ansichten zwar besser gar nicht in den Medien kundgetan hätte; unter Bedachtnahme auf die dabei gewählten Worte - die im konkreten Fall keine Meinungsbildung des Richters vor Urteilsfällung implizierten - gäbe es aber keinen Grund, die Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (vgl. EGMR 12.4.2018, Chim und Przywieczerski/Polen, Nr. 36661/07 und 38433/07, Rn. 159 ff). Unzulässig erachtete er hingegen, wenn das erkennende Organ öffentlich in einer Tageszeitung eine abfällige Meinung über die Partei eines konkreten Verfahrens kundtat (vgl. etwa EGMR 5.2.2009, Oluji?/Kroatien, Nr. 22330/05, Rn. 56 ff).

11       Im gegenständlichen Fall macht die Revision nicht geltend, dass der erkennende Richter im Verfahren oder in der angefochtenen Entscheidung Äußerungen getätigt hätte, die auf seine subjektive Befangenheit in der konkreten Sache hindeuten würden. Sie leitet aber aus den öffentlich publizierten Äußerungen des erkennenden Richters, die von ihm in einer Stellungnahme an den Verwaltungsgerichtshof auch nicht bestritten werden, ab, dass zumindest der Anschein einer Voreingenommenheit gegenüber homosexuellen Menschen bestehe.

12       Dem ist zu erwidern, dass sich der erkennende Richter in den von der Revision angesprochenen öffentlichen Kommentaren in diversen Printmedien unter seinem Namen (ohne Hinweis auf seine richterliche Funktion) kritisch dazu geäußert hat, dass katholische Würdenträger oder christlich-konservative Politiker für ein Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare oder für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare eintreten würden. Seinen diesbezüglichen Beiträgen lässt sich entnehmen, dass er unter Hinweis auf den Katechismus der katholischen Kirche diese „Aufweichung der katholischen Morallehre“ ablehnt.

13       An keiner Stelle der in Rede stehenden Kommentare nahm der erkennende Richter auf das Asylrecht für gleichgeschlechtliche Asylwerber Bezug. Er äußerte sich nicht zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen einem Asylwerber wegen seiner sexuellen Orientierung internationaler Schutz gewährt werden sollte. Die Zielrichtung seiner Meinungsäußerungen war vielmehr eine aus seiner (religiösen) Sicht zu liberale Positionierung der katholischen Kirche und ihr nahestehender Politiker. In seiner Stellungnahme an den Verwaltungsgerichtshof betonte er, in den Artikeln ausschließlich seine persönliche Meinung zur katholischen Sexualmoral wiedergegeben zu haben, die in keinem Zusammenhang mit seiner Entscheidungsfindung als Richter in Asylsachen stehe.

14       Bei dieser Ausgangslage teilt der Verwaltungsgerichtshof die Bedenken des Revisionswerbers an der Unbefangenheit des erkennenden Richters nicht. Dessen Kommentare in den Medien standen in keinem Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Asylrichter und wiesen insbesondere keinen konkreten Bezug zum gegenständlichen Verfahren auf. Eine Befangenheit des erkennenden Richters im gegenständlichen Verfahren vermag die Revision daher nicht darzutun.

15       Mit ihrem Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis sei mit seinen Erwägungen zur Frage der Homosexualität des Revisionswerbers nicht nachvollziehbar, zeigt die Revision jedoch eine Rechtswidrigkeit auf:

16       Vorweg ist festzuhalten, dass eine Verfolgung von Homosexuellen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die wiederum auf Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union Bezug nimmt, Asyl rechtfertigen kann. Es wurde auch bereits ausgesprochen, dass von einem Asylwerber nicht erwartet werden kann, seine Homosexualität im Herkunftsstaat geheim zu halten, um eine Verfolgung zu vermeiden (vgl. VwGH 23.2.2021, Ra 2020/18/0500, mwN auch aus der Judikatur des EuGH; VwGH 13.1.2022, Ra 2020/14/0214). Die Alternativbegründung des angefochtenen Erkenntnisses, dem Revisionswerber drohe bei heimlicher Ausübung einer gleichgeschlechtlichen Orientierung im Herkunftsstaat keine Verfolgung, erweist sich schon deshalb als nicht tragfähig.

17       Aus demselben Grund ist auch die weitere Erwägung des BVwG, der Revisionswerber habe über einen langen Zeitraum auf das Ausleben seiner gleichgeschlechtlichen Orientierung ohne „größere Probleme gehabt zu haben“, verzichtet, kein zulässiges Argument, um sein Schutzansuchen abzulehnen. So geht das BVwG, wie die Revision zu Recht geltend macht, auf die Umstände dieses Verzichts (nämlich die Angst vor den Konsequenzen einer möglichen Offenlegung seiner sexuellen Orientierung in den Aufenthaltsstaaten) mit keinem Wort ein.

18       In seiner primären Begründung verneint das BVwG beweiswürdigend, dass der Revisionswerber vor seiner Flucht die behauptete gleichgeschlechtliche Beziehung gehabt und deshalb bereits in Bangladesch Verfolgung erfahren habe.

19       Für die Asylgewährung kommt es aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Asylstatus zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person im Zeitpunkt der Entscheidung (hier: des BVwG) bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (VwGH 21.12.2022, Ra 2021/18/0411, mwN).

20       Insoweit erweist es sich als entscheidungswesentlich, ob das BVwG von einer aktuell bestehenden gleichgeschlechtlichen Orientierung des Revisionswerbers ausgeht, die bei Rückkehr nach Bangladesch zu Verfolgung führen würde. Eine Verfolgung homosexueller Personen in Bangladesch nimmt das BVwG grundsätzlich an, wie dies im Rahmen seiner Alternativbegründung zum Ausdruck kommt. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass die Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis die Frage der sexuellen Orientierung des Revisionswerbers nicht beantworten. Die oben in Rn. 3 wörtlich wiedergegebene Begründung des angefochtenen Erkenntnisses scheint darauf hinzudeuten, dass das BVwG insoweit Zweifel hegt, ohne dafür allerdings nachvollziehbare Erwägungen darzulegen. So lässt sich aus den Ausführungen zum Umstand, dass der Revisionswerber mit einem namentlich genannten Mann noch keine dauerhafte Wohn- und Lebensgemeinschaft führt, nichts über seine sexuelle Orientierung ableiten. Das angefochtene Erkenntnis ist daher schon deshalb mangelhaft begründet und lässt eine abschließende Beurteilung der Frage, ob dem Revisionswerber wegen seiner sexuellen Orientierung im Herkunftsstaat Verfolgung droht, nicht zu.

21       Bei diesem Ergebnis kann das angefochtene Erkenntnis keinen Bestand haben. Es war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

22       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

23       Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. März 2023

Gerichtsentscheidung

EuGH 62012CJ0199 VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022180126.L00

Im RIS seit

13.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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