TE Vwgh Beschluss 2023/3/9 Ra 2023/02/0030

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Veröffentlicht am 09.03.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des K in W, vertreten durch Mag. Michael Luszczak, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 77/2, gegen das am 3. November 2022 mündlich verkündete und am 16. November 2022 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-031/101/11219/2022-6, betreffend Antrag auf Zustellung einer Strafverfügung iA Übertretung des KFG sowie Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Wien vom 12. März 2019 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges die mit Schreiben der Landespolizeidirektion Wien vom 4. Februar 2019 verlangte Lenkerauskunft, binnen zwei Wochen „ab Zustellung (08.02.2019)“ der anfragenden Behörde bekannt zu geben, wer das angeführte Kraftfahrzeug am 11. November 2018 um 06:47 Uhr am angegebenen Ort gelenkt habe, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können. Der Revisionswerber habe dadurch § 103 Abs. 2 KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geld- und eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wurde.

2        Mit Schriftsatz vom „26.03.2018“ (Poststempel vom 26. März 2019) erhob der Revisionswerber Einspruch, und brachte unter Anführung der Geschäftszahl der Strafverfügung vom 12. März 2019 u.a. vor, er sei erst im Schreiben der Landespolizeidirektion Wien vom 12. März 2019 über ein Schreiben derselben Behörde informiert worden, das er am 8. Februar 2019 erhalten haben soll, was nicht stimme, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht in Österreich und ortsabwesend gemeldet gewesen sei.

3        In der Folge erließ die Landespolizeidirektion Wien das im Spruch gleichlautende Straferkenntnis vom 17. Juni 2019 und verpflichtete den Revisionswerber zudem zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens.

4        Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2022 stellte der Revisionswerber bei der Landespolizeidirektion Wien die Anträge auf Zustellung der Strafverfügung, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Einspruches unter gleichzeitiger „Nachholung“ eines solchen sowie auf Aufhebung der für die Strafverfügung erteilten Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung.

5        Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 13. Juli 2022 wurden die Anträge „auf Zustellung und Aufhebung der Vollstreckbarkeit der Strafverfügung“ sowie der Einspruch gegen die Strafverfügung gemäß § 49 Abs. 2 VStG zurückgewiesen und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG nicht bewilligt.

6        Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig.

7        Das Verwaltungsgericht stellte zusammengefasst fest, der Revisionswerber sei hinsichtlich seines Hauptwohnsitzes zu näher genannten Zeiten bei der Österreichischen Post als ortsabwesend gemeldet gewesen. Da sowohl das Auto des Revisionswerbers als auch dieser selbst immer wieder im unmittelbaren Nahebereich seiner Wohnadresse zu sehen gewesen sei und er bei persönlichen Antreffen durch die Polizei die Übernahme behördlicher Dokumente verweigert habe, sei die Strafverfügung vom 12. März 2019 von der Polizei am 18. März 2019 in die Hausbrieffachanlage eingeworfen worden. Am 27. März 2019 sei das bei einer Poststelle in 1016 Wien am 26. März 2019 aufgegebene Schriftstück des Revisionswerbers bei der belangten Behörde eingelangt. Dieses habe auf den Namen der Sachbearbeiterin, die Geschäftszahl sowie das Datum der Strafverfügung Bezug genommen und das Wort „Einspruch“ enthalten.

8        Nach Offenlegung seiner beweiswürdigenden Erwägungen führte das Verwaltungsgericht rechtlich im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für eine Zustellung nach § 20 Abs. 3 ZustG vorgelegen seien, weil sich der Revisionswerber trotz ständig aufeinanderfolgender Ortsabwesenheiten immer wieder an seiner Wohnadresse aufgehalten, seine Anwesenheit jedoch verleugnet habe. Die Strafverfügung vom 12. März 2019 sei dem Revisionswerber somit am 18. März 2019 zugestellt worden. Für eine korrekte Zustellung spreche auch das vom Revisionswerber verfasste Schreiben vom 26. März 2018. Dieses stelle nicht nur einen korrekten Einspruch im Sinne des § 49 VStG dar, es habe auch viele Details der Strafverfügung angeführt, von denen der Revisionswerber nur dann Kenntnis gehabt hätte, wenn ihm die Strafverfügung zugekommen sei. Selbst bei Nichtzustandekommen der Zustellung sei die Strafverfügung dem Revisionswerber jedenfalls tatsächlich zugekommen und die Zustellung somit gemäß § 7 ZustG geheilt. Durch den fristgerecht erhobenen Einspruch sei die Strafverfügung außer Kraft getreten und der Revisionswerber habe keine Frist versäumt.

9        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

10       Die Revision erweist sich als unzulässig:

11       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 3.1.2023, Ra 2022/02/0223) konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 4.5.2022, Ra 2022/02/0062, mwN). Außerdem muss die Revision, damit sie zulässig ist, gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG von der Lösung der Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, abhängen (vgl. VwGH 26.8.2022, Ra 2021/11/0175, mwN).

15       Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter Verweis auf die vom Revisionswerber übermittelten Ortsabwesenheitsmeldungen fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann die Anwesenheit (im Sinne des § 20 Abs. 3 ZustG) verleugnet wird, geltend.

16       Hierbei übersieht die Revision, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung, wonach dem Revisionswerber die Strafverfügung vom 12. März 2019 rechtswirksam zugestellt worden sei, nicht bloß darauf stützte, dass der Revisionswerber seine Anwesenheit verleugnet habe, was als Verweigerung der Annahme gelte, sodass das Dokument an der Abgabestelle zurückgelassen habe werden dürfen, wodurch die Zustellung bewirkt worden sei. Entgegen dem weiteren Vorbringen, wonach die Heilung eines Zustellmangels mit keinem Wort festgestellt worden sei, stellte das Verwaltungsgericht weiter - wenn auch disloziert - fest, dass dem Revisionswerber die Strafverfügung tatsächlich zugekommen sei und folgerte daraus, dass allfällige Zustellmängel nach § 7 ZustG geheilt seien. Dazu bringt der Revisionswerber in den Zulässigkeitserwägungen nichts Konkretes vor.

17       Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 8.8.2022, Ra 2022/02/0134). Ausgehend davon, dass die Zustellung der Strafverfügung an den Revisionswerber jedenfalls im Wege des tatsächlichen Zukommens gemäß § 7 ZustG bewirkt wurde, kann nicht erkannt werden, dass das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung der behaupteten Rechtsfrage abhängt. Zur Lösung hypothetischer Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig (vgl. erneut VwGH 3.1.2023, Ra 2022/02/0223, mwN).

18       Abgesehen davon, dass - unter Zugrundelegung der Feststellungen des Verwaltungsgerichtes - die Strafverfügung der belangten Behörde vom 12. März 2019 durch den rechtzeitigen Einspruch des Revisionswerbers vom 26. März 2019 gemäß § 49 Abs. 2 VStG außer Kraft getreten ist, ist im Hinblick auf die vom Revisionswerber bestrittene rechtswirksame Zustellung der Strafverfügung der Vollständigkeit halber zu dem von ihm geltend gemachten Revisionspunkt, er sei durch das angefochtene Erkenntnis in seinem „subjektiven Recht auf rechtswirksame Zustellung von Verwaltungsverfügungen“ verletzt worden, noch darauf hinzuweisen, dass ihm ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zustellung der Strafverfügung nicht zusteht, zumal dies im Ergebnis auf ein nicht bestehendes subjektiv-öffentliches Recht auf Bestrafung hinausliefe (vgl. hierzu VwGH 4.6.2004, 2001/02/0065; VwGH 10.9.2004, 2001/02/0128).

19       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

20       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 9. März 2023

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023020030.L00

Im RIS seit

05.04.2023

Zuletzt aktualisiert am

05.04.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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