TE Vwgh Erkenntnis 1995/11/6 95/04/0097

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.11.1995
beobachten
merken

Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §81;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. März 1995, Zl. MA 63 - Z 12/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: B in Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Kundmachung des Magistratisches Bezirksamts für den 1./8. Bezirk in Wien vom 10. Oktober 1994 wurde über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung der Änderung ihrer Betriebsanlage durch Verwendung einer Musikanlage die mündliche Augenscheinsverhandlung für den 14. November 1994 anberaumt. Die Zustellung dieser Kundmachung an den Beschwerdeführer persönlich erfolgte durch Hinterlegung am 31. Oktober 1994. Zur mündlichen Augenscheinsverhandlung am 14. November 1994 ist weder der Beschwerdeführer noch ein von ihm bevollmächtigter Vertreter erschienen. Am 15. November 1994 richtete der Beschwerdeführer an die Erstbehörde ein Schreiben, in dem er um erneute Anberaumung einer mündlichen Verhandlung in dieser Angelegenheit oder um eine nachträgliche Zulassung einer schriftlichen Stellungnahme "von meinem rechtlichen Vertreter Herrn Dr. R in bezug auf meine Einwände gegen die Musikanlage" ersuchte. Zur Begründung führte er aus, er habe sich vom 24. Oktober bis 14. November 1994 in den USA befunden. In der Folge erging der Bescheid der Erstbehörde vom 21. November 1994, mit welchem der mitbeteiligten Partei gemäß § 81 GewO 1994 die beantragte Genehmigung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und gemäß § 79 GewO 1994 zusätzliche Auflagen vorgeschrieben wurden.

Nur gegen die nach § 81 GewO 1994 erfolgte Genehmigung der Änderung der in Rede stehenden Betriebsanlage erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13. Jänner 1995 (bei der Erstbehörde eingelangt am 16. Jänner 1995) Berufung.

Mit Bescheid vom 3. März 1995 wies der Landeshauptmann von Wien diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Zur Begründung wurde in diesem Bescheid nach Darstellung des Inhaltes des § 356 Abs. 3 und des § 359 Abs. 4 GewO 1994 ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im gegeständlichen Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten. Er habe das Bestehen dieses Vollmachtsverhältnisses auch nicht bestritten. Zu der mündlichen Augenscheinsverhandlung am 14. November 1994 sei der Beschwerdeführer nachweislich sowohl persönlich als auch zu Handen seines Rechtsanwaltes geladen worden. Zur Verhandlung sei jedoch weder er selbst noch der Rechtsanwalt erschienen. Auch seien bis zu diesem Zeitpunkt keine schriftlichen Einwendungen gegen die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage erhoben worden. In einem mit 15. November 1994 datierten Schreiben habe der Beschwerdeführer erneut um Anberaumung einer mündlichen Verhandlung oder um nachträgliche Zulassung einer schriftlichen Stellungnahme durch seinen rechtlichen Vertreter ersucht, da er selbst zum Zeitpunkt der Verhandlung in den USA gewesen sei. Mit den gleichzeitig vorgelegten Beweismitteln habe er jedoch nur nachgewiesen, daß er selbst an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert gewesen sei. Jedoch hätte sein Rechtsvertreter Gelegenheit gehabt, in seinem Namen entweder schriftlich oder anläßlich der Verhandlung mündlich Einwendungen gegen die Genehmigung des gegenständlichen Projektes zu erheben, um ihm so Parteistellung in diesem Verfahren zu verschaffen. Es sei dem Beschwerdeführer zuzurechnen, daß sein Rechtsanwalt dies unterlassen habe. Der Beschwerdeführer habe damit im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung erlangt, weshalb seine Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit einem gleichlautenden Antrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er im wesentlichen geltend, es treffe zwar zu, daß er in früheren Verfahren, die die in Rede stehende Betriebsanlage betroffen hätten, durch seinen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei. Das habe die belangte Behörde aber nicht berechtigt, auch in diesem Verfahren die Anberaumung der mündlichen Augenscheinsverhandlung an diesen Rechtsanwalt zuzustellen. Es sei daher die Ladung an den bisherigen Vertreter des Beschwerdeführers unzulässig gewesen. Durch diese Vorgangsweise sei der Beschwerdeführer gehindert gewesen, seine Parteirechte zu wahren und geltend zu machen. Sofort nach seiner Rückkehr aus dem Ausland habe er der Erstbehörde die Umstände seiner Ortsabwesenheit nachgewiesen und in der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid die Gründe seiner Einwände, die auf ein mangelhaftes Verfahren und eine falsche Fassung des Spruches des Bescheides "abgezielt" hätten, auszuführen. Die Zurückweisung seiner Berufung durch die belangte Behörde gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei sohin rechtswidrig erfolgt.

In ihrer Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, daß sie auf Grund früherer Erklärungen des Beschwerdeführers davon habe ausgehen können, er wolle sich auch in zukünftigen Verfahren durch seinen damaligen Rechtsvertreter vertreten lassen.

Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 sind unter anderem im Verfahren betreffend die Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage, unbeschadet des folgenden Satzes, nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei; solche Einwendungen sind von Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser und von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren bereits zum Zeitpunkt der Zustellung der Kundmachung der mündlichen Augenscheinsverhandlung durch seinen Rechtsvertreter vertreten war, weil selbst wenn dies zu verneinen wäre und damit diese Zustellung für den Beschwerdeführer keine Rechtswirkungen entfaltet hätte, für ihn damit nichts gewonnen wäre. Nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des § 356 Abs. 3 GewO 1994 erlangt nämlich auch ein sogenannter übergangener Nachbar - von den sonstigen Erfordernissen abgesehen - nur dann in einem Verfahren nach § 81 GewO 1994 Parteistellung, wenn er spätestens binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses, das einer Erhebung seiner Einwendungen spätestens in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz entgegenstand, seine Einwendungen bei der Erstbehörde einbringt.

Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Wie aus der eingangs gegebenen Darstellung des Verfahrensganges zu ersehen ist, wies der Beschwerdeführer der belangten Behörde zwar unmittelbar nach seiner Rückkehr aus den USA und damit nach Wegfall des der Erhebung seiner Einwendungen bisher entgegenstehenden Hindernisses nach, daß er an der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen gehindert war. Er unterließ es aber, innerhalb der 14-tägigen Frist des § 356 Abs. 3 GewO 1994 diese Einwendungen nachzuholen, da er erst in der am 16. Jänner 1995 bei der Erstbehörde eingelangten Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid inhaltlich zum Genehmigungsantrag der mitbeteiligten Partei Stellung nahm.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu erblicken, wenn die belangte Behörde im Ergebnis zu der Rechtsauffassung gelangte, der Beschwerdeführer habe in dem über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung der Änderung ihrer gewerblichen Betriebsanlage eingeleiteten Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht erlangt, weshalb die gegen den diesbezüglichen Teil des erstbehördlichen Bescheides erhobene Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995040097.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten