TE Vwgh Beschluss 2023/2/13 Ra 2021/14/0276

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Veröffentlicht am 13.02.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätinnen Mag. Rossmeisel und Mag. I. Zehetner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Prendinger, in der Revisionssache des T S, vertreten durch Dr. Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs/Donau, Hauptplatz 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2021, W168 2184464-1/29E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

I. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, zurückgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 14. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 14. Dezember 2017 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 13. Juli 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - soweit hier maßgeblich - aus, der Revisionswerber habe insgesamt kein glaubhaftes Fluchtvorbringen erstattet bzw. nicht glaubhaft machen können, dass ihm im Herkunftsstaat eine aktuelle Verfolgung oder eine konkrete Bedrohung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohe.

5        Dagegen brachte der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision ein.

6        Im vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

7        Mit Erkenntnis vom 25. August 2022, E 3153/2021-17, hob der Verfassungsgerichtshof das angefochtene Erkenntnis insoweit, als damit die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und gegen die Festsetzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde, wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander auf. Im Übrigen - somit hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Zu I.:

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, dass sich die Situation in Afghanistan seit der Flucht des Revisionswerbers durch die Machtübernahme der Taliban wesentlich geändert habe bzw. diese auch davor bereits stark präsent gewesen seien; das Talibanregime werde international als Terrorregime eingestuft, sodass der Revisionswerber als verfolgt und sohin zwingend als asylberechtigt einzustufen sei. In Afghanistan bestehe für ihn „Gefahr für Leib und Leben“.

12       Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 31.1.2022, Ra 2021/14/0280 bis 0281, mwN).

13       Die vorliegende Zulassungsbegründung, die keinen Bezug zu geltendem Recht oder aktueller Judikatur herstellt, entspricht den oben angeführten Anforderungen nicht, und zeigt schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, von deren Lösung die Revision abhinge (vgl. VwGH 22.12.2022, Ra 2022/14/0293, mwN).

14       Die Revision war daher, insoweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten richtet, mangels Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zu II.:

15       Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

16       Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt u.a. dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier im dargestellten Umfang - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. VwGH 7.4.2022, Ra 2021/14/0410, mwN).

17       Der Revisionswerber hat sich nach Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes zur Stellungnahme hinsichtlich der Frage der Gegenstandslosigkeit innerhalb der gesetzten Frist nicht geäußert.

18       Die Revision war daher, insoweit sie sich gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die darauf aufbauenden Spruchpunkte wendet, gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

19       Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil es den in der genannten Verordnung festgelegten Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand übersteigt und die Umsatzsteuer darin enthalten ist (vgl. VwGH 26.4.2022, Ra 2021/19/0338, mwN). Die genannten Rechtsvorschriften bieten auch keine Grundlage für die gesonderte Geltendmachung von „ERV-Kosten“ (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/19/0136, mwN). Von der Entrichtung der Eingabengebühr nach § 24a VwGG ist der Revisionswerber im Hinblick auf die bewilligte Verfahrenshilfe einstweilig befreit.

Wien, am 13. Februar 2023

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021140276.L00

Im RIS seit

27.03.2023

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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