TE Vfgh Beschluss 2022/10/4 E2250/2022

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Veröffentlicht am 04.10.2022
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Index

10/07 Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit

Norm

ZPO §146
VfGG §7 Abs2, §35
  1. ZPO § 146 heute
  2. ZPO § 146 gültig ab 01.05.1983 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 135/1983
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Unkenntnis der Rechtsschutzmöglichkeit kein "minderer Grad des Versehens"

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit am 19. August 2022 zur Post gegebenem Schriftsatz begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde und stellt zugleich einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes) zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Juni 2022.

2. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages führt der Antragsteller aus, dass er erst am 10. August 2022 von der Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof erfahren habe.

2.1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ist zulässig, aber nicht begründet:

2.1.1. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s etwa VfSlg 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

2.1.2. Die Unkenntnis der rechtlichen Möglichkeit, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes eine Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erheben zu können, ist nicht als ein solcher Fehler einzuordnen. Denn es obliegt jedem selbst, sich Kenntnis von allenfalls bestehenden außerordentlichen Rechtsschutzinstrumenten (wie der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) zu verschaffen. Ganz besondere Umstände, auf Grund derer dies dem Antragsteller hier unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, wurden nicht geltend gemacht (VfSlg 10.473/1985, 14.910/1997).

Der Antragsteller hat es also aus Gründen, die nicht bloß als minderer Grad des Versehens zu qualifizieren sind, verabsäumt sich über die Rechtslage, insbesondere über die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zu informieren.

2.2. Damit liegen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag abzuweisen ist.

3. Da die sechswöchige Beschwerdefrist des §82 Abs1 VfGG zum Zeitpunkt der Postaufgabe des vorliegenden Verfahrenshilfeantrages schon verstrichen war, aber nur ein innerhalb dieser Frist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe deren Unterbrechung zu bewirken vermag (§82 Abs3 VfGG), erwiese sich eine künftige Beschwerde als verspätet.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeerhebung wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §149 Abs2 bzw §72 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, Rechtsschutz, Fristen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:E2250.2022

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2023
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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