TE Vwgh Beschluss 2023/1/12 Ra 2022/22/0180

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Veröffentlicht am 12.01.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant sowie Hofrat Dr. Schwarz und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des M N, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Mag. Thomas Lechner und Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. Mai 2022, VGW-151/049/1045/2022-17, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 9. Dezember 2021 wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag des Revisionswerbers, eines iranischen Staatsangehörigen, vom 28. Oktober 2020 auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels „Student“ gemäß § 25 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) mangels Erbringung des erforderlichen Studienerfolgsnachweises ab.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 25 Abs. 3 NAG als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

3        Das Verwaltungsgericht stellte - zusammengefasst - fest, der Revisionswerber sei seit dem Wintersemester 2017 an der Technischen Universität Wien für das Masterstudium Energie- und Automatisierungstechnik inskribiert. Seither habe er in keinem Studienjahr den erforderlichen Studienerfolg von 16 ECTS-Punkten erbracht. Seit Oktober 2020 befinde er sich in neurologischer und seit Oktober 2021 in psychotherapeutischer Behandlung. Eine Erkrankung, die den Revisionswerber an der Erzielung eines hinreichenden Studienerfolgs hindern würde, habe nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können.

4        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es sei dem Revisionswerber weder angesichts einer etwaigen psychischen Erkrankung noch im Hinblick auf die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf den Studienbetrieb gelungen, darzulegen, dass fallbezogen die Voraussetzungen gemäß § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG gegeben wären. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Revisionswerber aktuell im zehnten Semester des gegenständlichen Masterstudiums befinde, das eine vierjährige Regelstudiendauer aufweise, und er bisher lediglich ca. ein Sechstel der für den Abschluss dieses Studiums erforderlichen ECTS-Punkte erworben habe. Zudem habe er bereits vor Ausbruch der Covid-19 Pandemie keinen ausreichenden Studienerfolg erbracht. Selbst im Fall einer etwaigen psychischen Erkrankung des Revisionswerbers sei, da diese Beeinträchtigung nach dessen Angaben von ca. Februar 2020 bis zumindest Dezember 2021 angedauert habe, nicht vom Vorliegen eines bloß vorübergehenden Hindernisses auszugehen. Eine Einzelfallprüfung im Sinn der Richtlinie (EU) 2016/801 führe im Revisionsfall zu keiner anderen Einschätzung. Infolgedessen sei der gegenständliche Verlängerungsantrag abzuweisen gewesen.

5        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 25. August 2022, E 2264/2022-5, ablehnte und diese über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 7. September 2022, E 2264/2022-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe bezüglich der tatsächlichen Dauer und Intensität der ins Treffen geführten psychischen Erkrankung des Revisionswerbers amtswegige Ermittlungspflichten (zeugenschaftliche Befragung Dris. T, die am 12. Oktober 2021 zwei Bestätigungen betreffend den psychischen Gesundheitszustand des Revisionswerbers verfasst habe, sowie Einholung eines ärztlichen Gutachtens) verletzt und unzureichende Feststellungen getroffen.

7        Die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG liegen nicht vor:

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Soweit die Revision Verfahrensfehler geltend macht, zeigt sie schon mangels einer entsprechenden Relevanzdarlegung keine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung auf (vgl. etwa VwGH 29.6.2021, Ra 2021/22/0047, Rn. 16). Der Revisionswerber vermisst verwaltungsgerichtliche Ermittlungen und Feststellungen zur Intensität und Dauer der von ihm im Laufe des Verfahrens vorgebrachten psychischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen (u.a. depressives Syndrom mit Panikattacken und Konzentrationsstörungen; Angst, Depression, Sozialphobie und Panikattacken; depressives Angstsyndrom mit Covid-19 Phobie). Betreffend das zu erwartende Resultat dahingehender Ermittlungen und Feststellungen verweist die Revision aber lediglich, ohne dies in irgendeiner Weise zu präzisieren, auf eine insgesamt mehrere Monate andauernde psychische Erkrankung und eine darauf zurückzuführende starke Beeinträchtigung des Revisionswerbers. Somit verabsäumt es die Revision, substantiiert darzulegen, welches konkrete Ergebnis weitere Ermittlungen und Feststellungen hinsichtlich Dauer und Intensität der psychischen Erkrankung(en) des Revisionswerbers hervorgebracht hätten, sodass in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen gewesen wäre, dass Umstände im Sinn von § 64 Abs. 2 letzter Satz NAG der Erbringung eines ausreichenden Studienerfolgs im maßgeblichen Studienjahr entgegengestanden wären.

12       Im Übrigen ist anhand des Revisionsvorbringens eine grobe Verkennung amtswegiger Ermittlungspflichten nicht ersichtlich (siehe VwGH 19.10.2022, Ra 2020/22/0197, Rn. 14, mwN). Auch eine Verletzung der dem Verwaltungsgericht obliegenden Pflicht zur Begründung seiner Entscheidungen legt die Revision nicht nachvollziehbar dar. Schließlich liegt die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor, weil der Revisionswerber ausweislich der Verhandlungsniederschrift bei seiner Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht am 9. Mai 2022 nicht nur angegeben hat, dass bereits im Oktober 2021 eine Besserung seines Zustands eingetreten sei, sondern von ihm - wie dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt - als diesbezüglich ausschlaggebender Zeitpunkt auch der Monat Dezember 2021 bezeichnet wurde.

13       Die Revision übt ferner Kritik an der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Allerdings zeigt sie eine Unvertretbarkeit der beweiswürdigenden verwaltungsgerichtlichen Erwägungen nicht auf (zum diesbezüglichen Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofs vgl. VwGH 9.11.2022, Ra 2022/22/0154, Rn. 12).

14       Da die Revision somit keine Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Jänner 2023

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022220180.L00

Im RIS seit

24.02.2023

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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