TE Vwgh Beschluss 2023/1/19 Ra 2022/06/0326

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Veröffentlicht am 19.01.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Dr. A I in G, vertreten durch die GRAF ISOLA Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Marburger Kai 47, gegen das am 13. Dezember 2019 mündlich verkündete und mit Datum vom selben Tag schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten, KLVwG-1908/7/2019, betreffend einen Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde Radenthein; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit der am 30. September 2022 zugestellten schriftlichen Ausfertigung des angefochtenen Erkenntnisses wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den im gemeindeinternen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde Radenthein (Behörde) vom 25. Juli 2019, mit dem der Beschwerde betreffend den Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes hinsichtlich der Terrassenüberdachung und des an der Nordseite des Bestandsobjektes errichteten, näher beschriebenen Zubaus mit Nebenräumen keine Folge gegeben worden war, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend führte das LVwG hinsichtlich des Beseitigungsauftrages für den Zubau (jener für die Terrassenüberdachung wurde in der Beschwerde nicht angefochten und erwuchs somit in Rechtskraft) - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - aus, bei dem verfahrensgegenständlichen Objekt handle es sich um einen bewilligungspflichtigen Zubau gemäß § 6 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) und nicht um ein bewilligungsfreies, mitteilungspflichtiges Vorhaben gemäß § 7 Abs. 1 lit. a oder lit. c Z 1 K-BO 1996. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Sachverständigen DI H. in der Verhandlung vor dem LVwG. Der Zubau stehe dadurch in einem funktionalen Zusammenhang mit dem bereits bestehenden Hauptgebäude, dass das im Zubau befindliche Badezimmer durch eine Türe vom Haupthaus aus erreichbar und nutzbar sei; es werde daher als Raum in engem Zusammenhang mit dem Bestandsgebäude verwendet und könne keinesfalls als selbständiges Nebengebäude angesehen werden. Der zweite Raum im Zubau werde als Lagerraum verwendet. Als Zubau sei jede Erweiterung des bereits bestehenden Gebäudes in waag- oder senkrechter Richtung zu werten (Hinweis auf VwGH 19.9.2006, 2005/05/0147).

5        In der Zulässigkeitsbegründung rügt der Revisionswerber ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung betreffend die Beurteilung des gegenständlichen Objektes als bewilligungspflichtiger Zubau. Eine Verbindungstüre zum Hauptgebäude alleine schade der Beurteilung als Nebengebäude nicht (Hinweis auf VwGH 13.12.2011, 2008/05/0158); zum behaupteten funktionalen Zusammenhang und zur baulichen Gestaltung fehlten entsprechende Feststellungen (Hinweis auf VwGH 20.4.2001, 2000/05/0245).

6        Die Frage, ob eine bauliche Anlage einen Zubau oder einen Anbau darstellt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Nach Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz unterliegt diese Frage grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 25.5.2021, Ra 2021/06/0067 Rn. 7, mwN), was in der Zulässigkeitsbegründung der Revision darzustellen wäre.

Werden Verfahrensmängel (wie Begründungs- oder Feststellungsmängel) als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 29.7.2022, Ro 2020/07/0006, Rn. 36, mwN).

Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht.

7        Das LVwG begründete den funktionalen Zusammenhang zwischen dem Zubau und dem Hauptgebäude damit, dass das im Zubau befindliche Badezimmer durch eine Türe vom Haupthaus aus erreichbar sei und daher als Raum in engem Zusammenhang mit dem Bestandsgebäude verwendet werde; der zweite Raum werde als Lagerraum verwendet. Der Revisionswerber rügt diesbezüglich, die tatsächliche Nutzung der beiden Nebenräume (Badezimmer und Abstellraum) sei nicht festgestellt worden, bringt jedoch nicht vor, welche andere Nutzung hätte festgestellt werden müssen und inwiefern diese Feststellung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Der gegenständlich zu beurteilende Sachverhalt unterscheidet sich von jenem, der dem hg. Erkenntnis 13.12.2011, 2008/05/0158, betreffend die Qualifikation eines Holzlagerraumes zugrunde lag insofern, als bezüglich des Holzlagerraumes kein funktionaler Zusammenhang mit dem Hauptgebäude festgestellt wurde. Das LVwG begründete seine Entscheidung im vorliegenden Fall nicht alleine mit dem Vorliegen einer Verbindungstüre.

In dem vom Revisionswerber ebenfalls zitierten Erkenntnis VwGH 20.4.2001, 2000/05/0245, ergangen zu § 2 Z 5 Oberösterreichische Bauordnung 1994, führte der Verwaltungsgerichtshof betreffend die Qualifikation eines Wintergartens zunächst aus:

„Da bei der hier zu beurteilenden, dem Abtragungsauftrag zu Grunde liegenden baulichen Anlage eine Verbindungstüre zum Wohnhaus vorhanden ist, wurde die Anlage, bezogen auf den Errichtungszeitraum, mit Recht als Zubau qualifiziert, sodass es entgegen der Argumentation der Beschwerdeführer nicht darauf ankam, ob der Wintergarten zu Wohnzwecken oder zum Pflanzenzüchten verwendet wurde.“

Zu § 2 Z 31 Oberösterreichisches Bautechnikgesetz idF LGBl. Nr. 103/1998, wonach für die Beurteilung, ob im Fall der Verbindung mit dem Hauptgebäude ein angebautes Nebengebäude oder ein Zubau vorliege, von der baulichen Gestaltung und vom funktionalen Zusammenhang der als selbständige Gebäude oder als bloße Gebäudeteile zu qualifizierenden Baukörper abhänge, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 2000/05/0245 zwar Feststellungsmängel fest. Daraus ist für den Revisionswerber jedoch nichts zu gewinnen, weil er - wie oben ausgeführt - die Relevanz allfälliger, im gegenständlichen Verfahren vorliegender Verfahrensmängel in der Zulässigkeitsbegründung nicht darlegte.

8        Angesichts dessen gelingt es dem Revisionswerber nicht, eine Unvertretbarkeit der einzelfallbezogenen Beurteilung des LVwG, wonach im gegenständlichen Fall ein Zubau vorliege, aufzuzeigen.

9        In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

10       Die beantragte mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG entfallen.

Wien, am 19. Jänner 2023

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022060326.L00

Im RIS seit

24.02.2023

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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