TE Vwgh Beschluss 2023/1/23 Ra 2023/04/0001

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Veröffentlicht am 23.01.2023
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der revisionswerbenden Partei R GmbH in K, vertreten durch Wagner & Wagner Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 9020 Klagenfurt am Wörthersee, Karfreitstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 31. Oktober 2022, Zl. KLVwG-1476/13/2022, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Die Revisionswerberin verfügte über eine Gewerbeberechtigung lautend auf „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe“ an einem bestimmten Standort in Kärnten.

2        Mit behördlicher Anordnung vom 4. Februar 2022, der Revisionswerberin zugestellt am 8. Februar 2022, wurde dieser eine Frist von drei Monaten eingeräumt, innerhalb welcher der selbständig vertretungsbefugte handelsrechtliche Geschäftsführer Mag. R. als Person mit maßgeblichem Einfluss auf den Geschäftsbetrieb zu entfernen sei, weil dieser mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23. September 2021 wegen Betrugs gemäß § 146 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren - davon zwei Jahre bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren - rechtskräftig verurteilt worden sei, was den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erfülle.

3        Dieser Anordnung kam die Revisionswerberin unstrittig nicht nach.

4        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juli 2022 wurde der Revisionswerberin die eingangs erwähnte Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 entzogen.

5        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen diesen Entziehungsbescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen. In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, es liege hinsichtlich des Mag. R. wegen der unstrittigen rechtskräftigen, nicht getilgten Verurteilung zu einer die Grenze von drei Monaten übersteigenden Freiheitsstrafe der Gewerbeausschlussgrund des § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b und 2 GewO 1994 vor, wobei es sich um strafbare Handlungen gegen fremdes Vermögen gehandelt habe. Die Verurteilung stelle daher einen Entziehungsgrund im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 dar, weshalb die Voraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO 1994 vorgelegen seien. Da der rechtmäßig ergangenen Anordnung zur Entfernung der vom Gewerbeausschlussgrund betroffenen Person aus der die Geschäfte des Unternehmens der Revisionswerberin maßgeblich beeinflussenden Position nicht Folge geleistet worden sei, sei die Entziehung der Gewerbeberechtigung zurecht erfolgt.

6        3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

7        4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       4.1.1. Die Revisionswerberin ist - den insofern unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge - zur Ausübung des Handelsgewerbes mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe an einem bestimmten Standort in Kärnten berechtigt. Ihre Geschäftsanschrift lautet auf eine Adresse in Graz.

11       In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, die belangte Behörde und auch das Verwaltungsgericht seien für das gegenständliche Entziehungsverfahren jeweils unzuständig gewesen, weil am Standort der Gewerbeberechtigung lediglich Büro- und Buchhaltungstätigkeiten abgewickelt würden.

12       4.1.2. Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit in gewerberechtlichen Angelegenheiten hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. April 2016, Ro 2016/04/0003, Folgendes ausgeführt: Die Entziehung der Gewerbeberechtigung erfolgt nicht in einem Verwaltungsstrafverfahren. Daher bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 VwGVG 2014 nach § 3 Z 2 AVG entsprechend dem Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll. Im Erkenntnis vom 26. Juni 2001, 2000/04/0202, hat der VwGH betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung festgehalten, dass der Ort, an dem das Unternehmen betrieben oder die Tätigkeit ausgeübt wird, im gewerberechtlichen Zusammenhang der Standort der Gewerbeberechtigung ist. So ist nach dieser Rechtsprechung gemäß § 3 Z 2 AVG jene Bezirksverwaltungsbehörde zur Entziehung der Gewerbeberechtigung zuständig, in deren Sprengel der Standort (der Gewerbeberechtigung) liegt. Für den Standort der Gewerbeberechtigung als örtlichen Anknüpfungspunkt sprechen insbesondere § 339 Abs. 1 und 2 GewO 1994, wonach die Gewerbeanmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes zu erstatten ist und in der Anmeldung der für die Ausübung in Aussicht genommene Standort anzugeben ist, sowie § 46 GewO 1994, wonach die Verlegung des Betriebes eines Gewerbes in einen anderen Standort der Gewerbebehörde anzuzeigen ist (§ 46 Abs. 2 Z 2). Der Standort der Gewerbeberechtigung ist in das Gewerberegister einzutragen (§ 365a Abs. 1 Z 6 bzw. § 365b Abs. 1 Z 3 GewO 1994). Über dieses Datum hat die Bezirksverwaltungsbehörde Auskunft zu erteilen (§ 365e GewO 1994). Örtlicher Anknüpfungspunkt nach § 3 Z 2 AVG ist somit nach den angeführten Bestimmungen der GewO 1994 der jeweilige Standort der Gewerbeberechtigung. Dagegen kommt es für den örtlichen Anknüpfungspunkt nach § 3 Z 2 AVG nicht auf den Sitz des Unternehmens oder die tatsächliche Betriebsführung an. Ausschlaggebend ist alleine der der Gewerbebehörde (gemäß § 339 Abs. 2 GewO 1994) angemeldete bzw. (gemäß § 46 GewO 1994) angezeigte Standort der jeweiligen Gewerbeberechtigung, wie er auch im Gewerberegister eingetragen ist.

13       4.1.3. Dass das angefochtenen Erkenntnis ausgehend von dieser Rechtsprechung die Zuständigkeit der belangten Behörde und darauf basierend die eigene Zuständigkeit unrichtig beurteilt hätte, ist auf Basis des Revisionsvorbringens, das zur Begründung der ins Treffen geführten Unzuständigkeit auf die Geschäftsanschrift der Revisionswerberin verweist, aber den - nach dem oben Gesagten für die örtliche Zuständigkeit maßgeblichen - von dieser Anschrift unstrittig abweichenden Standort der Gewerbeberechtigung übergeht, nicht zu ersehen.

14       4.2. Ferner bringt die Revision zur Begründung der Zulässigkeit vor, die Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO stelle „einen völlig unzulässigen Eingriff in unternehmens-, gesellschaftsrechtliche und firmenbuchrechtliche Rechtsbereiche dar“. Die Frage, welche Person eine Kapitalgesellschaft zu deren handelsrechtlichen Geschäftsführer bestelle, müsse dem Beschluss der Gesellschafter überlassen bleiben.

15       Sofern die Revision mit diesem Vorbringen die Verfassungswidrigkeit der angewendeten Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 aufzuzeigen versucht, ist ihr zu entgegnen, dass alleine verfassungsrechtliche Bedenken des Revisionswerbers gegen die einfachgesetzlichen Vorschriften für sich betrachtet nicht geeignet sind, die Zulässigkeit der Revision zu begründen (vgl. etwa VwGH 6.9.2017, Ra 2017/20/0233, mit Verweis auf VwGH 2.9.2014, Ra 2014/18/0062, und VwGH 23.9.2014, Ra 2014/01/0127). Im Übrigen bleibt die Frage der Bestellung des handelsrechtlichen Geschäftsführers durch diese Bestimmung ohnehin unberührt, regelt diese ja lediglich die gewerberechtlichen Konsequenzen des Verbleibs der betreffenden Person in der unternehmensleitenden Position.

16       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Jänner 2023

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023040001.L00

Im RIS seit

24.02.2023

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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