TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/18 LVwG-2022/18/1769-11

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Veröffentlicht am 18.01.2023
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Entscheidungsdatum

18.01.2023

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

COVID-19-SchutzmaßnahmenV 04te 2021 §13
EpidemieG 1950 §15
EpidemieG 1950 §40 Abs2
VStG §5
VStG §19

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Hörtnagl über die Beschwerde des AA, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Y vom 24.03.2022, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Epidemiegesetz 1950, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15.12.2022,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die 4  COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung mit BGBl II Nr 58/2021 idF BGBl II Nr 139/2021 und das Epidemiegesetz 1950 mit BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 136/2020 zu zitieren ist.

2.       Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 10,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer Folgendes vorgeworfen:

„Sie, Herr AA, geb. am XX.XX.XXXX, haben am 10.04.2021 in der Zeit zwischen ca. 14:40 Uhr und 15:05 Uhr in Y, Adresse 2, im Zuge der Demonstration „Für eine bessere Welt, folgende Verwaltungsübertretung begangen: Sie haben sich zu oben angeführter Zeit am oben angeführten Ort zum Zweck der Teilnahme an einer Versammlung gern. § 13 Abs. 3 Z 2 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, i.d.g.F. aufgehalten und hierbei entgegen § 13 Abs. 4 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 58/2021, i.d.g.F. i.V.m. § 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950, i.d.g.F. keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen.“

Daher wurde über ihn gemäß § 40 Abs 2 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idgF eine Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 (17 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, sowie Verfahrenskosten in Höhe von Euro 10,00 vorgeschrieben.

Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24.04.2022 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben, in welcher er im Wesentlichen zusammengefasst Folgendes ausführt:

Er sei am Landhausplatz in eine nicht abgesperrte Demonstration geraten, die anwesenden Polizisten hätten Passanten von dieser Versammlung fernhalten müssen. Auf Straßen und öffentlichen Anlagen habe damals keine Maskenpflicht bestanden, die Polizei habe daher keine Rechtsgrundlage gehabt, eine Maskenpflicht für Passanten anzuordnen. Er sei damals nur kurz stehengeblieben, um die Durchsagen wahrzunehmen. Keiner der Polizisten habe ihm sagen können, warum er auf diesem Platz nicht stehen bleiben dürfe. Auch dürfe einem Passanten das Zuhören nicht untersagt werden Er habe außerdem die Beamten aufgrund seiner chronischen Schwerhörigkeit und der Vermummung der Polizisten nicht verstehen können. In weiterer Folge sei es zu einer unzulässigen Festnahme am Landhausplatz gekommen. Glücklicherweise habe ein anderer Passant die Wahnsinnstat mitgefilmt, auch Augenzeugen seien anwesend gewesen. Es werde daher ersucht, die Beschuldigung einzustellen. Zu den Vermögensverhältnissen bringt der Beschwerdeführer vor, dass seine Pension seit Dezember 2020 gepfändet werde.

Laut polizeilicher Anzeige wurde die Amtshandlung mittels Body Worn Camera aufgezeichnet.

In weiterer Folge wurden sowohl die anzeigenden Polizeibeamten, als auch der Beschwerdeführer aufgefordert, allfällige relevante Videoaufzeichnungen dem Gericht vorzulegen. Der Beschwerdeführer wurde außerdem aufgefordert, allfällige Zeugen mit Name und Anschrift bekannt zu geben.

Die Aufzeichnung der Body Worn Camera wurde am 16.11.2022 persönlich beim LVwG abgegeben.

Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 21.11.2022 mit, dass er sich (technisch) nicht in der Lage sehe, ein Handyvideo vorzulegen. Weiters sei es damals nicht möglich gewesen, die als Zeugen in Frage kommenden Passanten um Name und Adresse zu bitten. Laut den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers sei der Polizist BB verantwortlich für die damalige Festnahme gewesen.

Diesem Schreiben des Beschwerdeführers waren zahlreiche weitere Dokumente, wie ein Wahrnehmungsbericht des Beschwerdeführers vom 10.04.2021, die dem gegenständlichen Straferkenntnis vorausgegangene Strafverfügung, der dagegen erhobene Einspruch, das angefochtene Straferkenntnis, die Beschwerde vom 24.04. sowie frühere Eingaben an das LVwG Tirol im Zusammenhang mit einer Familienstreitigkeit angeschlossen.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und in den Auszug aus dem Verwaltungsstrafregister vom 16.11.2022. Weiters wurde Beweis aufgenommen in der mündlichen Verhandlung am 15.12.2022 im Zuge derer das Video der Body Worn Camera abgespielt wurde, der Beschwerdeführer als Partei sowie die Polizeibeamten Insp CC, CI DD sowie Obstl BB als Zeugen einvernommen wurden. Der Beschwerdeführer wurde im Vorfeld der Verhandlung darüber informiert, dass er bei der Verhandlung das erwähnte Handyvideo abspielen kann. Bei der Verhandlung teilte dieser allerdings diesbrezüglich mit, dass sich das Video auf einem kaputten Handy befinde und ihm daher nicht mehr zur Verfügung stehe.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat am 10.04.2021 in der Zeit zwischen ca 14:40 Uhr und 15:05 Uhr auf dem Gelände des Landhausplatzes in 6020 Y an einer Versammlung (Demonstration) unter dem Titel „Für eine bessere Welt“ teilgenommen und hat dabei keine FFP2-Maske getragen.

Neben den Polizisten waren damals mehrere Versammlungsteilnehmer auf dem Landhausplatz anwesend. Der Beschwerdeführer hat sich dabei inmitten dieser Personen aufgehalten und der Kundgebung zugehört. Die Beiträge haben ihn interessiert. Der Beschwerdeführer wollte außerdem mitgebrachte Zettel mit Warnhinweisen betreffend die Maskenpflicht an die anwesenden Polizisten verteilen.

Vor Anzeigeerstattung wurde der Beschwerdeführer von der Polizei auf die Maskenpflicht hingewiesen, er hat jedoch keine FFP2-Maske aufgesetzt und er hat auch den Veranstaltungsort nicht verlassen.

Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt unbescholten. Monatlich steht ihm eine Pension in Höhe von ca Euro 900,00 zur Verfügung. Das darüberhinausgehende Einkommen wird gepfändet. Er verfügt über kein sonstiges Einkommen und auch über kein nennenswertes Vermögen. Er ist sorgepflichtig gegenüber seiner Ex-Frau.

III.     Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus den dem LVwG Tirol vorliegenden Akten sowie den Beweisergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung und wurde dieser vom Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme im Wesentlichen nicht bestritten. Der Beschwerdeführer hat selbst eingeräumt, ohne Maske den Landhausplatz betreten zu haben, dort stehen geblieben zu sein und den interessanten Kundgebungen zugehört zu haben. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es sei für ihn nicht ersichtlich gewesen, dass es sich dabei um eine Demonstration gehandelt hat, so wird dies in Hinblick auf die auch von ihm selbst geschilderten Gesamtumstände als reine Schutzbehauptung gewertet. Ein Polizeiaufgebot in Kombination mit einer (wenn auch kleinen) Menschenansammlung samt lauter Musik und Durchsagen ist für jedermann zumindest als Veranstaltung erkennbar. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer zumindest versucht hat, Zettel mit maskenkritischen Inhalten zu verteilen zeigt, dass ihm auch der Charakter und die Inhalte der Zusammenkunft sehr wohl bewusst waren und widerlegt sein insgesamt nicht nachvollziehbares Vorbringen, wonach er lediglich ein unbeteiligter Passant gewesen sei, der immer derartige Zettel in mehrfacher Ausfertigung mit sich trage. Ein unbeteiligter Passant hätte spätestens nach einem Hinweis der Polizei den Veranstaltungsort verlassen, dies hat der Beschwerdeführer jedoch nicht gemacht, wie etwa der Zeuge Insp Taxer glaubhaft schildert. Der Beschwerdeführer selbst konnte sich im Zuge der Einvernahme an einen vorausgehenden Hinweis auf die Maskenpflicht durch die Polizei zwar nicht mehr erinnern, stellte dies aber auch nicht dezidiert in Abrede. Zumal er weiters bestätigte, damals keine Maske getragen zu haben – er hatte nicht einmal eine dabei – konnte anhand der übereinstimmenden Zeugenaussagen der drei einvernommenen Polizisten festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer trotz Hinweis auf die Maskenpflicht diese nicht aufgesetzt hat.

Dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unbescholten war, ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug vom 16.11.2022. Die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie Sorgepflichten des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung.

IV.      Rechtslage:

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 136/2020, lauten (auszugsweise) wie folgt:

㤠15

Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen

(1) Sofern und solange dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, sind Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen,

  1.     einer Bewilligungspflicht zu unterwerfen,

  2.     an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen zu binden oder

  3.     auf bestimmte Personen- oder Berufsgruppen einzuschränken.

Erforderlichenfalls sind die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 3 nebeneinander zu ergreifen. Reichen die in Z 1 bis 3 genannten Maßnahmen nicht aus, sind Veranstaltungen zu untersagen.

(2) Voraussetzungen oder Auflagen gemäß Abs. 1 können je nach epidemiologischen Erfordernissen insbesondere sein:

  1.     Vorgaben zu Abstandsregeln,

  2.     Verpflichtungen zum Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Schutzvorrichtung,

  3.     Beschränkung der Teilnehmerzahl,

  4.     Anforderungen an das Vorhandensein und die Nutzung von Sanitäreinrichtungen sowie Desinfektionsmitteln,

  5.     ein Präventionskonzept zur Minimierung des Infektions- sowie des Ausbreitungsrisikos. Ein Präventionskonzept ist eine programmhafte Darstellung von Regelungen zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer näher bezeichneten meldepflichtigen Erkrankung im Sinne dieses Bundesgesetzes.

[…]

§ 40

Sonstige Übertretungen

[…]

(2) Wer einen Veranstaltungsort gemäß § 15 entgegen den festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.“

Die zum Tatzeitpunkt relevanten Bestimmungen der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmen-verordnung (4. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 58/2021 idF BGBl II Nr 139/2021, lauten (auszugsweise) wie folgt:

㤠0

Präambel/Promulgationsklausel

Auf Grund der §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. I Nr. 12/2020, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 23/2021, sowie des § 15 des Epidemiegesetzes 1950, BGBl. Nr. 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 23/2021, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats verordnet:

[…]

§ 13

Veranstaltungen

(1) Veranstaltungen sind untersagt.

(2) Als Veranstaltung gelten insbesondere geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur Unterhaltung, Belustigung, körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Erbauung. Dazu zählen jedenfalls kulturelle Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Hochzeitsfeiern, Geburtstagsfeiern, Jubiläumsfeiern, Filmvorführungen, Fahrten mit Reisebussen oder Ausflugsschiffen zu touristischen Zwecken, Kongresse, Fach- und Publikumsmessen und Gelegenheitsmärkte.

(3) Abs. 1 gilt nicht für

[…]

  2.     Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953,

[…]

(4) Beim Betreten von Orten zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7, 9, 10, 11 und 12 ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Zusätzlich ist

  1.     bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 1, 2, 4 bis 7, 10 und 11 sowie

  2.     bei Veranstaltungen gemäß Abs. 3 Z 12 in geschlossenen Räumen

eine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard zu tragen. Bei Zusammenkünften nach Abs. 3 Z 9 darf der Mindestabstand von zwei Metern gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, kurzfristig unterschritten werden.

[…]“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 13 Abs 1 der 4. COVID-19-SchuMaV waren Veranstaltungen zum Tatzeitpunkt untersagt. Ausgenommen von diesem Verbot waren gemäß Abs 3 Z 2 leg cit Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl. Nr. 98/1953. Bei derartigen Veranstaltungen war jedoch gemäß Abs 4 Z 1 leg cit eine FFP2-Maske zu tragen.

Wie unstrittig festgestellt wurde, hat sich der Beschwerdeführer zur vorgeworfenen Zeit am vorgeworfenen Ort ohne Maske aufgehalten und dort an einer Versammlung, konkret einer Demonstration, teilgenommen. Seinem Vorbringen, die Versammlung/Veranstaltung nicht als solche wahrgenommen zu haben, wurde – wie festgestellt und in der Beweiswürdigung begründet – nicht gefolgt. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihn niemand vom Betreten des Veranstaltungsortes abgehalten hätte, ist rechtlich irrelevant. Für derartige Versammlungen besteht keine Verpflichtung, Abgrenzungen vorzunehmen oder Eingangskontrollen durchzuführen. Auch der vom Beschwerdeführer behauptete tätliche Angriff durch einen Polizisten ist ohne Bedeutung für das gegenständliche Beschwerdeverfahren, von Relevanz ist ausschließlich die Teilnahme an einer Veranstaltung ohne FFP2-Maske.

Zumal das Vorliegen eines Ausnahmegrundes weder behauptet noch im Zuge des Verfahrens anderweitig hervorgekommen ist, steht die Übertretung in objektiver Hinsicht fest.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines "Ungehorsamsdeliktes" - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs 2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Die Verbotsunkenntnis ist vorwerfbar, wenn sich der Täter trotz Veranlassung über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundigungspflicht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich jedermann mit den einschlägigen Normen seines Betätigungsfeldes ausreichend vertraut zu machen (vgl VwGH 14.01.2010, 2008/09/0175). Eine derartige Erkundigungspflicht ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Existenz einschlägiger Regeln für die jeweilige Tätigkeit erkennbar ist. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, da für die Teilnahme an einer Demonstration bzw Versammlung, selbst wenn dies spontan erfolgt wäre, allein aufgrund der medialen Berichterstattung zum damaligen Zeit jedenfalls Anlass bestanden hat, sich mit den einschlägigen Regeln zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vor Betreten des Veranstaltungsortes vertraut zu machen. Zumal der Beschwerdeführer Zettel betreffend Masken mit sich trug, hat er sich offenbar bereits im Vorfeld mit dem Thema Maskenpflicht befasst. Allein schon deshalb, hätte ihm die Verpflichtung zum Tragen einer Maske bekannt sein müssen bzw hätte er zumindest nähere Erkundigungen darüber einholen müssen. Der Beschwerdeführer hat somit nichts vorgebracht, was Zweifel an seinem Verschulden aufkommen lässt. Die Übertretung steht somit auch in subjektiver Hinsicht fest

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 40 Abs 2 Epig sieht für derartige Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe bis zu Euro 500,00 vor. Mit der verhängten Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 hat die belangte Behörde den Strafrahmen zu 10 % ausgeschöpft und diese damit im unteren Bereich angesiedelt.

Bei der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass die Einhaltung der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie vorgesehene Maßnahme der Gesundheit der Gesamtbevölkerung dient und somit ein Verstoß gegen diese Regelungen ein hoher Unrechtsgehalt zukommt. Das Hinwegsetzen einzelner Personen über die zur Bekämpfung der Pandemie gesetzten Maßnahmen verletzt den Schutzzweck der Norm erheblich. Weitere relevante Erschwerungsgründe liegen nicht vor, mildernd war die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände ist daher die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe auch bei den bekannt gegebenen schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen als schuld- und tatangemessen anzusehen, diese ist nicht zuletzt auch aus generalpräventiven Gründen jedenfalls erforderlich.

Die Beschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer ist gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG zur Leistung eines Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren zu verpflichten.

Weiters waren die maßgeblichen Bestimmungen durch jene Bundesgesetzblätter zu konkretisieren, durch welche sie ihre zur Tatzeit gültige Fassung erhalten haben (vgl VwGH 27.06.2022, Ra 2021/03/00328).

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren relevanten Rechtsfragen lassen sich unmittelbar aufgrund der zitierten Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 und der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung lösen. Auch wirft eine im Einzelfall vorgenommen Beweiswürdigung im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG auf (vgl VwGH 14.03.2019, Ra 2019/18/0068). Im Übrigen wird auf die zitierte Judikatur verwiesen. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG liegen folglich nicht vor, weshalb auszusprechen war, dass die ordentliche Revision unzulässig ist. Für den Beschwerdeführer ist die Revision gemäß § 25 Abs 4 VwGG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Hörtnagl

(Richterin)

Schlagworte

Maskenpflicht
Demonstration
Teilnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.18.1769.11

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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