Entscheidungsdatum
12.08.2022Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Dr. Goldstein als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, wegen der Abnahme seines Lichtbildausweises für Fremde, Dok.-Nr. ***, am 7.6.2022 am Flughafen *** durch ein Organ des Stadtpolizeikommandos *** (zurechenbar der Landespolizeidirektion Niederösterreich), den
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 28 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Begründung:
1. Sachverhalt und Verfahrensgang:
1.1 Am 07.06.2022 um 11:30 Uhr wurde dem Beschwerdeführer am Flughafen *** ein Lichtbildausweises für Fremde, Dok.-Nr. ***, durch ein Organ des Stadtpolizeikommandos ***, *** - *** – Grenzkontrolle, abgenommen. Dem Beschwerdeführer wurde hierüber um 12:30 Uhr eine Bestätigung ausgestellt.
1.2 Mit E-Mail an das Verwaltungsgericht Wien vom 20.07.2022 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde gegen diese Amtshandlung.
1.3 Mit verfahrensleitender Anordnung vom 27.07.2022 leitete das Verwaltungsgericht Wien diese Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weiter und führte begründend aus, dass sich der Flughafen *** im Gebiet der Stadtgemeinde *** und somit in Niederösterreich befindet.
1.4 Die Übergabe dieser verfahrensleitenden Anordnung an die Post erfolgte laut Poststempel des Rsb-Kuverts am 02.08.2022. Sie langte beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 03.08.2022 ein.
1.5. Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich in unbedenklicher Weise aus dem Gerichtsakt und den hierin befindlichen, jeweils genannten Dokumenten.
2. Rechtslage:
2.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 109/2021, lauten auszugsweise:
„[…]
Örtliche Zuständigkeit[…]
Beschwerderecht und Beschwerdefrist(…)
[…]
Anzuwendendes RechtSoweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
SchriftsätzeDie Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und die sonstigen Schriftsätze im Verfahren über diese sind unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen. In allen sonstigen Verfahren sind die Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen.
[…]“
2.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I 58/2018, lauten auszugsweise:
„[…]
[…]“
3. Erwägungen:
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG.
Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sind gemäß § 20 VwGVG unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich hierbei gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 VwGVG nach dem Ort, an dem die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt begonnen wurde. Im gegenständlichen Fall erfolgte die gesamte angefochtene Amtshandlung im Bereich des Flughafens ***, welcher sich in der Stadtgemeinde *** und somit in Niederösterreich befindet.
Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sechs Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.
Wird eine Maßnahmenbeschwerde bei einem unzuständigen Verwaltungsgericht eingebracht, hat dieses gemäß § 6 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG die Maßnahmenbeschwerde ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Dabei ist die Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG nur gewahrt, wenn das unzuständige Verwaltungsgericht die Maßnahmenbeschwerde zur Weiterleitung an das zuständige Verwaltungsgericht spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder dem zuständigen Verwaltungsgericht übergibt (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/17/0014).
Die gegenständliche Beschwerde wurde zunächst mit E-Mail vom 20.07.2022 bei dem örtlich unzuständigen Verwaltungsgericht Wien eingebracht. Das Verwaltungsgericht Wien hat die Weiterleitung der Beschwerde am 02.08.2022 zur Post gegeben und an das zuständige Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelt. Dies war acht Wochen nach der Abnahme des Ausweises des Beschwerdeführers. Die Beschwerdefrist war daher bereits abgelaufen, sodass die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war, ohne dass auf die Sache eingegangen werden durfte.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
Dem Beschwerdeführer waren keine Kosten gemäß § 35 VwGVG aufzuerlegen, zumal noch keine ersatzfähigen Aufwände im Sinne dieser Bestimmungen entstanden sind.
4. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Lösung der Rechtsfragen ergibt sich vielmehr aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Maßnahmenbeschwerde; Verfahrensrecht; unzuständige Behörde; Weiterleitung: Verspätung; Zurückweisung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.M.49.001.2022Zuletzt aktualisiert am
13.02.2023