TE Vwgh Beschluss 1995/12/14 95/19/0018

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §19 Abs3;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für Inneres über die Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Februar 1993, Zl. 93 00.809-BAT, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit seiner am 30. Jänner 1995 zur Post gegebenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für Inneres in einer Angelegenheit des Asylwesens geltend.

Er habe am 20. Februar 1993 einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25. Februar 1993 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde erhoben. Die belangte Behörde sei untätig geblieben. Sie habe zwar einen Bescheid, datiert mit 22. März 1994 ausgefertigt, dieser sei jedoch nie wirksam zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe vom 18. Mai 1993 bis 24. Mai 1994 seine Abgabestelle in der W-Gasse 1 gehabt. In einem Aktenvermerk der belangten Behörde scheine auf, daß der Beschwerdeführer am 16. März 1994 an dieser Adresse aufrecht gemeldet war. Am 25. März 1994 habe die belangte Behörde eine Anfrage an das Zentralmeldeamt Wien gestellt, mit letzter bekannter Adresse W-Gasse 1. Diese Anfrage sei damit beantwortet worden, daß der Beschwerdeführer am 17. März 1994 von der Anschrift W-Gasse 17 unbekannt abgemeldet sei.

Diese letzte Behauptung ist AKTENWIDRIG. In der (auch vom Beschwerdeführer in Kopie selbst vorgelegten) Auskunft ist eindeutig die Adresse W-Gasse 1 angeführt; aus dem der Zahl folgenden senkrechten und nebenstehenden waagrechten Strich ist keinesfalls die Zahl 7 konstruierbar.

Sollte der Beschwerdeführer meinen, die Auskunft des Zentralmeldeamtes sei deshalb unrichtig, weil er nach den bei ihm befindlichen Meldezetteln durchgehend gemeldet war, so übersieht er, daß es die Möglichkeit gibt, bei festgestelltem Verzug eine amtliche Abmeldung durchzuführen, welche in der Regel dem Abgemeldeten wegen seines Verzuges nicht bekannt wird und sich auf seinen Meldezetteln auch nicht ausdrückt.

Die weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers stützen sich im wesentlichen auf die - aktenwidrige - Adresse W-Gasse 17.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, worin sie ausführt: Der Beschwerdeführer sei am 19. Februar 1993 in das Bundesgebiet eingereist und habe am 24. Februar 1993 beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, einen Asylantrag gestellt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 25. Februar 1993, Zl. 93 00.809-BAT, rechtswirksam zugestellt am 25. Februar 1993, sei dieser Antrag abgewiesen worden. Die dagegen vom nunmehrigen Beschwerdeführer am 11. März 1993 fristgerecht erhobene Berufung habe das Bundesministerium für Inneres mit Bescheid vom 22. März 1994, Zl. 4.342.599/1-III/13/93, rechtswirksam erlassen am 29. März 1994, abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides sei durch Hinterlegung beim Bundesministerium für Inneres gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 erfolgt.

Weil der nunmehrige Beschwerdeführer laut telefonischer Auskunft des Zentralmeldungsamtes der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. März 1994 in der W-Gasse 1 seit 13. Mai 1993 aufrecht gemeldet gewesen sei, habe die ursprüngliche Zustellverfügung dahingehend gelautet, daß der Berufungsbescheid der im Administrativverfahren unvertretenen Partei an diese Anschrift zuzustellen sei. In diesem Sinne sei der Bescheid auch am 23. März 1994 abgefertigt worden, doch sei der Zustellversuch durch Organe der Post erfolglos verlaufen. Die Sendung sei mit dem Vermerk "Empf. unbek. verz."

(24. März 1994) zurückgestellt worden.

Daraufhin sei am 28. März 1994 eine neuerliche, diesmal schriftliche Anfrage, an die obgenannte Meldebehörde gerichtet worden, die ergeben habe, daß der Beschwerdeführer am 17. März 1994 von der Anschrift W-Gasse 1 nach unbekannt abgemeldet worden sei. Diese Meldeauskunft könne nicht so verstanden werden, als sei der Betreffende zuletzt in der W-Gasse 17 (und nicht 1) gemeldet gewesen. Vielmehr handle es sich bei dem hinter der Ziffer "1" vom Meldeamt angebrachten Zeichen nicht um die Zahl "7", sondern um ein aus einem Schrägstrich ("/") und einem Querstrich ("-") zusammengesetztes Symbol, das klarstellen soll, daß die Adresse vollständig wiedergegeben worden ist und keine weiteren Angaben, wie z.B. Stiege, Türnummer, etc., im Anschluß an die Hausnummer folgen.

Dies habe das Zentralmeldungsamt der Bundespolizeidirektion Wien im Rahmen einer telefonischen Rücksprache am 24. August 1995 ausdrücklich bestätigt und hiebei nochmals die Auskunft erteilt, daß der Beschwerdeführer vom 13. Mai 1993 bis 17. März 1994 in der W-Gasse 1 gemeldet gewesen sei. Ferner wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers vom 24. Mai 1994 bis 28. Juli 1994 eine Meldung in W, H-Gasse 35/2/28, und seit 28. Juli 1994 eine aufrechte Meldung an der Anschrift W, L-Gasse 25, Tür 8, aufscheine. Vom 17. März 1994 bis 23. Mai 1994 sei der Beschwerdeführer in Wien nicht gemeldet gewesen. Sohin habe der Beschwerdeführer am 17. März 1994 seine Abgabestelle geändert und es habe während des fraglichen Zeitraumes eine neue Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden können. Daher sei die Zustellung des Berufungsbescheides am 29. März 1994 durch Hinterlegung beim Bundesministerium für Inneres gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 erfolgt, was mit dem diesbezüglichen Aktenvermerk vom selben Tage entsprechend beurkundet worden sei.

In der Beschwerde (und der Mängelbehebung) fällt sofort auf, daß der Beschwerdeführer konsequent vermeidet, auf den Zustellversuch der belangten Behörde vom 23. März 1994 einzugehen, mit welchem versucht wurde, den Berufungsbescheid vom 22. März 1994 (dies ist die vom Beschwerdeführer angesprochene Bescheidausfertigung) mit RSa-Brief zuzustellen; die Zustellung scheiterte daran, daß der Beschwerdeführer laut Auskunft des Zustellers (Postamt 1210 Wien vom 24. März 1994) unbekannt verzogen war. Daß der Beschwerdeführer hierauf nicht eingeht, verwundert insbesondere angesichts des Umstandes, daß er am 31. Mai 1994 durch seinen nunmehrigen Vertreter Akteneinsicht nahm und ihm daher das Zustellkuvert bekannt sein mußte.

Allein aus den vom Beschwerdeführer behaupteten und belegten polizeilichen Meldungen ist aber nicht abzuleiten, daß der Beschwerdeführer an diesen Adressen zu den Zeiten der polizeilichen Anmeldung auch tatsächlich wohnhaft gewesen wäre. Diesbezüglich tritt er der Postauskunft (Empfänger unbekannt verzogen) in konkreter Weise nicht entgegen. Die Behauptung ohne Anbot von Beweismitteln, er habe seine Abgabestelle vom 18. Mai 1993 bis 24. Mai 1994 an der Anschrift W-Gasse 1 gehabt, in Verbindung mit der Behauptung "eine Erhebung über das Zustellpostamt hätte erbracht, daß er seine Abgabestelle an der Adr." gehabt habe, ist nicht geeignet, dem aus der zitierten Postauskunft vom 24. März 1994 in Verbindung mit der Meldeauskunft vom 28. März 1994 zu ziehenden Schluß, der Beschwerdeführer habe während eines Verfahrens, von dem er Kenntnis hatte, seine bisherige Abgabestelle geändert, ohne dies der Behörde mitzuteilen, zu widerlegen. Denn insbesondere der Zustellschein hat als öffentliche Urkunde gemäß § 47 AVG iVm §§ 292 und 310 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Zur - zulässigen - Widerlegung bedarf es KONKRETER Darlegungen. Bloß auf Vermutungen gegründete Zweifel genügen nicht für einen Gegenbeweis (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens4, S. 1232 f, zitierte Rechtsprechung, zur Beweiskraft der Zustellnachweise über die vorschriftgemäße Zustellung, welche auch für den hier vorliegenden gegenteiligen Fall - Beweiskraft des Zustellkuverts samt Zustellschein über die wegen Verzugs undurchführbare Zustellung - anwendbar ist).

Der von der belangten Behörde vorgenommene Versuch zur Feststellung einer neuen Abgabestelle ist angesichts des Fehlens jeglichen Hinweises auf eine neue Abgabestelle iSd § 8 Abs. 2 Zustellgesetz ausreichend. Die Behörde konnte eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten feststellen, weshalb sie zurecht gemäß § 19 Abs. 3 Asylgesetz 1991 die Zustellung durch Hinterlegung bei der Behörde selbst vornehmen durfte. Mit dieser Zustellung vom 29. März 1994 war daher der Bescheid vom 22. März 1994 erlassen, sodaß die belangte Behörde zum Zeitpunkt des Einlangens der Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ihrer Entscheidungspflicht bereits entsprochen hatte. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zur Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995190018.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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