TE Vwgh Beschluss 2022/12/19 Ra 2022/12/0171

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Veröffentlicht am 19.12.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. I. Zehetner als Richter und Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des I P, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 30. Juni 2022, LVwG-413664/9/Py/PP, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber bestraft, weil er als zur Vertretung nach außen berufene Person einer näher bezeichneten GmbH gegen Entgelt die Veranstaltung von verbotenen Ausspielungen in seinem Lokal geduldet und an der Auszahlung erzielter Gewinne dadurch mitgewirkt habe, dass er das Personal zur Auszahlung von Gewinnen angehalten habe, „um fortgesetzt Einnahmen aus den mit den Eingriffsgegenständen veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen, an denen Spieler vom Inland aus teilnehmen konnten“, zugänglich gemacht habe, indem er 15 näher bezeichnete Glücksspielgeräte in einem näher genannten Zeitraum geduldet habe, bei denen wiederholt Glücksspiele durchgeführt worden seien „und aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen nicht vorlag“.

2        Über den Revisionswerber wurden deswegen vom Verwaltungsgericht - insofern unter Abänderung des angefochtenen Straferkenntnisses - 15 Geldstrafen von jeweils € 3.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 36 Stunden) verhängt; der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde wurde auf € 4.500 herabgesetzt. Das Verwaltungsgericht korrigierte zudem u.a. die Bezeichnung der angewendeten Strafsanktionsnorm auf „§ 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG“.

3        Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

4        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 20. September 2022, E 2275/2022-5, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die vorliegende Revision eingebracht.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        Zur Darlegung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird in der Revision vorgebracht, der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe in Rn. 58 des in der Rechtssache C-231/20 ergangenen Urteils (Anm: vom 14. Oktober 2021, MT) festgehalten, dass die jeweilige Sanktion im Verhältnis zu dem aus der verbotenen Ausspielung erlangten Gewinn stehen müsse. Das Verwaltungsgericht habe diesbezüglich keine Feststellungen getroffen und lediglich dargetan, dass der Revisionswerber nie behauptet hätte, dass mit den gegenständlichen Glücksspielgeräten keine erheblichen Erträge erwirtschaftet worden seien. Der Revisionswerber sei „entgegen dem Überraschungsverbot“ nie aufgefordert worden, eine derartige Stellungnahme abzugeben. Das Verwaltungsgericht habe zwar das Verfahren ausgesetzt, danach aber „keine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher die nunmehr ergangene Judikatur erörtert worden wäre“. Der Revisionswerber bringe „aus advokatorischer Vorsicht“ ausdrücklich vor, dass die verhängten Geldstrafen sowie die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen für den Tatzeitpunkt/tatzeitraum „31.03.2019“ unangemessen seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei das sogenannte Überraschungsverbot auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden (Hinweis auf VwGH 21.11.2012, 2008/07/0161). Gegen dieses Verbot habe das Verwaltungsgericht verstoßen, weil dem Revisionswerber nach Ergehen des Urteils des EuGH vom 14. Oktober 2021, Rs. C-231/20, MT, und des darauf folgenden hg. Erkenntnisses vom 10. Dezember 2021, Ra 2020/17/0013, „keine Äußerungsmöglichkeit“ eingeräumt worden sei. Ein Vorbringen dahingehend, dass mit den strittigen Glücksspielgeräten „keine erheblichen Erträge erwirtschaftet worden“ seien, habe der Revisionswerber (somit) nicht erstattet. Der Revisionswerber bestreite, dass er mit den gegenständlichen Geräten „erhebliche Erträge erwirtschaftet“ habe. Insbesondere könne er innerhalb eines Tages „nicht Erträge erwirtschaften, welche eine Bestrafung iHv. EUR 45.000,00 nach sich ziehen“.

9        Mit diesem Vorbringen stützt sich die Zulässigkeitsbegründung der Revision der Sache nach auf die Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Fragen des Verfahrensrechts. Zwar können auch Fragen des Verfahrensrechts Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sein, es reicht aber im Allgemeinen nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (vgl. etwa VwGH 22.11.2018, Ra 2018/15/0022; 18.5.2020, Ra 2019/12/0042). Im - hier gegebenen - Fall einer bereits durchgeführten mündlichen Verhandlung erfordert die Geltendmachung einer Pflicht zur Durchführung einer weiteren Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung einer Relevanzdarlegung auch im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 GRC (vgl. zB VwGH 25.9.2014, Ra 2014/07/0057; 10.9.2018, Ra 2017/19/0431; 19.5.2020, Ra 2019/14/0328).

10       Das bloß pauschal bestreitende Vorbringen, wonach der Revisionswerber nicht „erhebliche Erträge erwirtschaftet“ habe, vermag zum einen nicht aufzuzeigen, welche Tatsachen sich bei Vermeidung der geltend gemachten Verfahrensmängel als erwiesen ergeben hätten, und lässt deren Relevanz zum anderen auch deshalb nicht erkennen, weil das ins Treffen geführte Urteil des EuGH vom 14. Oktober 2021, Rs. C-231/20, MT, und das darauf aufbauende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2021, Ra 2020/17/0013, - entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen der Revision - nicht auf den „erlangten Gewinn“ oder die tatsächlich „erwirtschafteten Erträge“ abstellen (vgl. das zitierte EuGH-Urteils sowie das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2021, Ra 2020/17/0013, wonach die Strafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten „erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil“ stehen dürfen, zu welchem die Revision nichts Konkretes darlegt).

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher unter Abstandnahme von einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2022

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120171.L00

Im RIS seit

01.02.2023

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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