TE Vwgh Beschluss 1995/12/14 95/19/1254

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/19/1255

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, 1.) über den Antrag des DP in W, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin SP, diese vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juli 1995, Zl. 107.713/3-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, und 2.) in dieser Beschwerdesache den Beschluß gefaßt:

Spruch

1.) Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

2.) Die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen.

Begründung

1.) Der angefochtene Bescheid wurde dem Vertreter des Antragstellers am 2. August 1995 zugestellt.

Mit dem vorliegenden, am 20. Oktober 1995 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der genannten Frist damit, sein Rechtsfreund habe nach Zustellung des bekämpften Bescheides versucht, mit ihm brieflich Kontakt aufzunehmen. Dies sei jedoch infolge der irrtümlichen Heranziehung einer nicht mehr aktuellen Anschrift durch eine Kanzleiangestellte des Rechtsfreundes, welche vom ausgewiesenen Rechtsvertreter "wie gewohnt" sowohl mit der "Fristvermerkung" als auch mit der Mitteilung an die Mutter des Beschwerdeführers beauftragt gewesen sei, nicht gelungen. Erst am 6. Oktober 1995 sei die Mutter des Beschwerdeführers in dessen Kanzlei erschienen, wobei die Verwechslung der Anschriften aufgeklärt worden sei.

Der aus diesem Sachverhalt abgeleiteten Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, er sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist für die Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ohne sein Verschulden gehindert gewesen, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil in einer Rechtsanwaltskanzlei für die richtige Berechnung der Beschwerdefrist in einem bestimmten Fall STETS DER ANWALT und nicht etwa jene Kanzleiangestellte allein verantwortlich ist, die den Termin "wie gewohnt" in den Kalender einträgt. Der Anwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen, sowie die richtige Eintragung im Kalender und letztlich die Wahrung der Frist im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Der Parteienvertreter hat selbst im Falle, daß er die Frist selbst berechnet hat, keine wie immer geartete Überwachung der Kanzleiangestellten behauptet. Ist aber eine Kanzleiangestellte unter anderem mit der Führung des Fristenvormerkes beauftragt und nimmt der Parteienvertreter seine Überwachungspflicht betreffend diese Tätigkeit in keiner wie immer gearteten Weise wahr, so ist darin ein grober Verstoß gegen die ihm obliegenden Pflichten zu erblicken, von dem nicht gesagt werden kann, es handle sich nur um ein Versehen geringeren Grades (vgl. u.a. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1986, Zl. 85/13/0191). Darüber hinausgehend kommt dem Beschwerdeführer ein Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG auch deshalb nicht zu, da es auf das Schreiben des Parteienvertreters an ihn nicht ankam. Denn er hat nicht behauptet, daß der Anwalt zur Einbringung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht bevollmächtigt gewesen wäre. Daher hätte die Beschwerde vom Anwalt innerhalb der Beschwerdefrist auch ohne Kontakt mit seinem Mandant erhoben werden können (vgl. dazu den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1995, Zlen. 95/19/1252, WE 95/19/1253, in dem diesbezüglich gleichgelagerten Fall, betreffend die gesetzliche Vertreterin des gegenständlichen Beschwerdeführers). Wenn die Beschwerdefrist versäumt worden ist, obwohl der Vertreter an der Einhaltung der Frist nicht gehindert war, bzw. ihn ein den minderen Grad des Versehens übersteigender Grad des Verschuldens trifft, muß dies der Beschwerdeführer gegen sich gelten lassen (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1977, Slg. Nr. 9226/A, und den bereits zitierten Beschluß vom 9. November 1995).

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.

2.) Bei diesem Ergebnis war die am 20. Oktober 1995 zur Post gegebene Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluß in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995191254.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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