TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/14 95/19/1138

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Veröffentlicht am 14.12.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §21 Abs2;
AufG 1992 §10 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §9;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §62 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. August 1995, Zl. 115.252/5-III/11/95, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 26. August 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) und § 10 Abs. 1 Z. 4 und 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde u.a. aus, der Beschwerdeführer sei nach Beantragung seiner Aufenthaltsbewilligung beim österreichischen Generalkonsulat München vom 18. April 1994 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet zurückgekehrt und halte sich seit Ablauf der 3-Monatsfrist unerlaubt im Bundesgebiet auf. Dieser Aufenthalt solle mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängert werden. Es liege daher sowohl der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG als auch der gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick darauf, daß der Vertreter des Beschwerdeführers sich auf eine Vollmacht des mündigen minderjährigen Beschwerdeführers, nicht jedoch auf eine solche seines gesetzlichen Vertreters beruft, ist zunächst die Prozeßfähigkeit des Vollmachtgebers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu prüfen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0838 (auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird), ausführlich begründet hat, sind mündige Minderjährige im Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz und - daran anknüpfend - im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nach diesem Gesetz prozeßfähig.

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme, er sei nach Stellung des Antrages vom 18. Juni 1994 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet zurückgekehrt und halte sich im Bundesgebiet auf, nicht entgegen, sondern bestätigt sie indirekt durch Anführung seiner persönlichen Verhältnisse (Schule, Aufenthalt der Eltern, Notwendigkeit seiner Betreuung durch diese) und ausschließliche Anführung seiner österreichischen Adresse (L-Straße 55/5 in S). Er behauptet auch nicht die Erteilung einer früheren Aufenthaltsbewilligung.

Unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt der Beschwerdeführer, daß ihm zu den nunmehr erstmalig herangezogenen Sichtvermerksversagungsgründen keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei. Bei Einräumung des Parteiengehörs hätte er die Tatsache der falschen Anleitung durch die Polizeidirektion am Tag seiner polizeilichen Meldung mitteilen können. An diesem Tag (16. August 1991) sei ihm "seitens der Polizeidirektion" mitgeteilt worden, daß er sich bis zu seinem 16. Lebensjahr legal in Österreich aufhalten könne, da er mit seiner Mutter in Österreich sei und erst dann einen Antrag zu stellen habe. Weiters hätte der Beschwerdeführer 1994 von "Bekannten" erfahren, daß er seinen Antrag einerseits vom Ausland aus und andererseits eine gewisse Zeit vor Ablauf seiner damaligen Berechtigung zu stellen hätte. Da er diese Frist nicht gekannt habe und auch nicht zu spät "dran sein wollte", habe er am "26.4.1994" (laut angefochtenem Bescheid hingegen 18. Juni 1994) in München "den Antrag beim Generalkonsulat" eingebracht. Er könne den Polytechnischen Lehrgang in S erfolgreich abschließen und benötige die Zuwendung seiner in Österreich aufhältigen Eltern. Sämtliche sozialen Beziehungen bestünden nunmehr zu Österreich.

Daran anknüpfend rügt der Beschwerdeführer auch die Unterlassung entsprechender Ermittlungen der Behörde, weil diese es unterlassen habe, die Umstände, unter welchen er nach Österreich eingereist sei, genau festzustellen. Bei Durchführung der Ermittlungen hätte die Behörde zum Ergebnis kommen müssen, daß er sich nicht illegal in Österreich aufhalte, sondern aufgrund einer Auskunft der zuständigen Behörde in Österreich.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, eine Bewilligung nicht erteilt werden. Ein Sichtvermerksversagungsgrund liegt u.a. vor:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG, wenn der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden soll.

Das Gesetz stellt ausdrücklich auf die Erteilung und nicht auf die Antragstellung ab. Das bedeutet, daß auch eine - richtigerweise - im Ausland beantragte Aufenthaltsbewilligung nicht zu erteilen ist, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht im Ausland abwartet und vorzeitig (hier: sichtvermerksfrei) in das Bundesgebiet einreist und sich in der Folge im Bundesgebiet aufhält.

Selbst wenn man dem Beschwerdeführer zubilligte, daß er aufgrund der behaupteten Auskunft "seitens der Polizeidirektion" subjektiv der Meinung hätte sein können, sein Aufenthalt sei nicht unrechtmäßig, verbleibt dennoch die Tatsache der sichtvermerksfreien Einreise nach Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung in München. Ausgehend von diesen Feststellungen ist der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 (zweiter Fall) FrG erfüllt, weil die Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, die gemäß § 10 Abs. 1 dieses Gesetzes in Form eines österreichischen Sichtvermerkes zu erteilen ist und einen gemäß dem Fremdengesetz notwendigen Sichtvermerk ersetzt, zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen würde. Das Vorliegen dieses Sichtvermerksversagungsgrundes führt gemäß § 5 Abs. 1 AufG zwingend zur Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Bewilligung nach diesem Gesetz.

Insofern der Beschwerdeführer auf seine persönliche und familiäre Bindung zu Österreich hinweist und in diesem Zusammenhang Kritik am Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Zlen. B 338/93, B 445/93, übt, nach welchem bei Anwendung des Versagungstatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG eine Bedachtnahme auf die privaten und familiären Verhältnisse des Fremden nicht in Frage kommt, sieht der Verwaltungsgerichtshof in diesen Ausführungen des Beschwerdeführers keinen Anlaß, von seiner im Einklang mit dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes stehenden ständigen Rechtsprechung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0408, vom 5. April 1995, Zl. 95/18/0387, und vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0518) abzugehen. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und die hiegegen vom Beschwerdeführer gemachten Ausführungen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit natürliche Person Öffentliches Recht Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Minderjährige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995191138.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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