TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/15 Ra 2022/13/0023

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.12.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
20 Privatrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
21 Handelsrecht und Wertpapierrecht
21/01 Handelsrecht
21/07 Sonstiges Handelsrecht
23 Insolvenzrecht Exekutionsrecht
27 Rechtspflege
32 Steuerrecht
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
34 Monopole
36 Wirtschaftstreuhänder
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung
57/01 Versicherungsaufsicht
95/06 Ziviltechniker

Norm

BAO §111 Abs1
BAO §111 Abs3
BAO §20
BAO §81
BAO §81 Abs1
BAO §98 Abs2
FOnV 2006 §5b Abs1
GesbR-ReformG 2015
HaRÄG 2005
UGB §105
UGB §161
VwRallg
ZustG §2 Z1
ZustG §5
  1. BAO § 111 heute
  2. BAO § 111 gültig ab 29.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2007
  3. BAO § 111 gültig von 20.12.2003 bis 28.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 124/2003
  4. BAO § 111 gültig von 21.08.2003 bis 19.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003
  5. BAO § 111 gültig von 01.01.2002 bis 20.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2001
  6. BAO § 111 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2001
  7. BAO § 111 gültig von 10.01.1998 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/1998
  8. BAO § 111 gültig von 27.08.1994 bis 09.01.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 681/1994
  9. BAO § 111 gültig von 19.04.1980 bis 26.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 111 heute
  2. BAO § 111 gültig ab 29.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2007
  3. BAO § 111 gültig von 20.12.2003 bis 28.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 124/2003
  4. BAO § 111 gültig von 21.08.2003 bis 19.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003
  5. BAO § 111 gültig von 01.01.2002 bis 20.08.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 144/2001
  6. BAO § 111 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2001
  7. BAO § 111 gültig von 10.01.1998 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/1998
  8. BAO § 111 gültig von 27.08.1994 bis 09.01.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 681/1994
  9. BAO § 111 gültig von 19.04.1980 bis 26.08.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 81 heute
  2. BAO § 81 gültig ab 01.03.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 13/2014
  3. BAO § 81 gültig von 19.04.1980 bis 28.02.2014 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 81 heute
  2. BAO § 81 gültig ab 01.03.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 13/2014
  3. BAO § 81 gültig von 19.04.1980 bis 28.02.2014 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 98 heute
  2. BAO § 98 gültig ab 01.12.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 104/2018
  3. BAO § 98 gültig von 29.12.2007 bis 30.11.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2007
  4. BAO § 98 gültig von 01.03.1983 bis 28.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 201/1982
  1. FOnV 2006 Art. 1 § 5b heute
  2. FOnV 2006 Art. 1 § 5b gültig ab 28.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 122/2020
  3. FOnV 2006 Art. 1 § 5b gültig von 01.01.2013 bis 27.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 373/2012
  1. ZustG § 2 heute
  2. ZustG § 2 gültig ab 30.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 205/2022
  3. ZustG § 2 gültig von 13.04.2017 bis 29.12.2022 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 40/2017
  4. ZustG § 2 gültig von 01.03.2013 bis 12.04.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. ZustG § 2 gültig von 01.01.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. ZustG § 2 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. ZustG § 2 gültig von 01.03.1983 bis 29.02.2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision der W LTD & Co KG in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts jeweils vom 13. Jänner 2022, 1. Zl. RV/1100261/2021, betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe, und 2. Zl. RV/1100286/2021, betreffend Antrag auf Aufhebung eines Bescheides über die Festsetzung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Das erstangefochtene Erkenntnis (Festsetzung einer Zwangsstrafe) wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die revisionswerbende Partei ist eine Kommanditgesellschaft. Sie wurde im Jahr 2012 errichtet und in das Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist die W Ltd. mit Sitz in London, WF ist Kommanditistin.

2        Mit „Erinnerung“ vom 18. März 2021 forderte das Finanzamt die revisionswerbende Partei auf, bis längstens 10. Mai 2021 eine Erstmeldung oder Meldung nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung der wirtschaftlichen Eigentümer vorzunehmen. Falls die revisionswerbende Partei der Aufforderung nicht Folge leiste, werde gemäß § 111Paragraph 111, BAO eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € festgesetzt werden.

3        Mit Bescheid vom 11. Mai 2021 setzte das Finanzamt eine Zwangsstrafe von 1.000 € fest. Darin wurde ausgeführt, die revisionswerbende Partei habe eine Erinnerung zur Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer erhalten. Da die revisionswerbende Partei es verabsäumt habe, innerhalb der festgelegten Frist die Meldung durchzuführen, sei die in jenem Schreiben angedrohte Zwangsstrafe nunmehr festzusetzen. Gleichzeitig wurde die revisionswerbende Partei aufgefordert, bis 2. Juli 2021 die bisher unterlassene Handlung nachzuholen. Falls dieser Aufforderung nicht Folge geleistet werde, werde eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € festgesetzt werden.

4        Mit Bescheid vom 6. Juli 2021 wurde eine Zwangsstrafe von 4.000 € festgesetzt. Darin wurde ausgeführt, die revisionswerbende Partei habe es verabsäumt, innerhalb der mit Bescheid vom 11. Mai 2021 festgelegten Nachfrist die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer durchzuführen, sodass die dort angedrohte Zwangsstrafe nunmehr festgesetzt werde.

5        Die revisionswerbende Partei erhob gegen den Bescheid vom 6. Juli 2021 Beschwerde. Weiters beantragte sie die Aufhebung des Bescheides vom 11. Mai 2021 gemäß § 299Paragraph 299, BAO. Die revisionswerbende Partei habe keine Kenntnis von Erinnerungen, Androhungen oder Bescheiden über die Zwangsstrafen; dazu sei in der „Databox“ nichts hinterlegt. Nur durch den zufälligen Abruf des Steuerkontos sei von den Zwangsstrafen Kenntnis erlangt worden.

6        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16. August 2021 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

7        Die revisionswerbende Partei beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.

8        Mit Bescheid vom 17. August 2021 wies das Finanzamt den Antrag auf Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 11. Mai 2021 ab.

9        Die revisionswerbende Partei erhob auch gegen diesen Bescheid Beschwerde.

10       Mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. September 2021 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Darin wurde u.a. ausgeführt, die Zustellungen seien elektronisch in die Databox von WF, der Zustellungsbevollmächtigten und Vertreterin nach § 81Paragraph 81, BAO der Revisionswerberin, erfolgt. WF sei auch „director“ der Komplementärgesellschaft.

11       Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage auch dieser Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

12       Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden als unbegründet ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG unzulässig sei.

13       Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei im Jänner 2018 durch Übernahme aus dem Unternehmensregister im Register der wirtschaftlichen Eigentümer eingetragen worden. Im August 2018 sei eine (erste) Meldung gemäß § 5Paragraph 5, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) erfolgt.

14       Die Revisionswerberin hätte bis zum 10. Februar 2021 die im Rahmen der obligaten jährlichen Überprüfung allenfalls festgestellten Änderungen melden oder die bisher gemeldeten Daten bestätigen müssen. Die Revisionswerberin habe diese Meldung erst nach Erinnerungsschreiben vom 18. März 2021 sowie Festsetzung von Zwangsstrafen mit Bescheiden vom 11. Mai und 6. Juli 2021 am 20. Juli 2021 abgegeben.

15       Die Revisionswerberin nehme - wie auch ihre Kommanditistin - an FinanzOnline teil. Die über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügende Revisionswerberin habe ihre Kommanditistin (WF) der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person iSd § 81Paragraph 81, BAO namhaft gemacht. Diese gelte so lange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellbevollmächtigter namhaft gemacht werde. WF sei im fraglichen Zeitraum Zustellbevollmächtigte der Revisionswerberin iSd § 9Paragraph 9, ZustG gewesen. Die in Rede stehenden Erledigungen (Erinnerung, Bescheide) seien sohin an die Gesellschaft zu richten, aber an die für die Gesellschaft vertretungsbefugte Person zuzustellen gewesen. Mit der Zustellung der abgabenbehördlichen Erledigungen an die Zustellbevollmächtigte gälten die Zustellungen an die Revisionswerberin bzw. an deren Beteiligte als bewirkt. Die Erledigungen seien ordnungsgemäß in die Databox der Vertreterin (WF) elektronisch zugestellt, von der Zustellbevollmächtigten aber nicht gelesen worden. In der Databox der Revisionswerberin selbst befänden sich diese Erledigungen nicht.

16       Die Revisionswerberin falle gemäß § 1Paragraph eins, Abs. 2Absatz 2, Z 2Ziffer 2, WiEReG als Kommanditgesellschaft in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Nach § 5Paragraph 5, Abs. 1Absatz eins, letzter Satz WiEReG hätte die Revisionswerberin binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen gehabt. Eine Aufforderung zur Meldung sei im Gesetz nicht vorgesehen. Werde die Meldung nicht erstattet, könne das Finanzamt gemäß § 16Paragraph 16, Abs. 1Absatz eins, WiEReG deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111Paragraph 111, BAO erzwingen. Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt werde, sei der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufzufordern. Die einzelne Zwangsstrafe dürfe den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen.

17       Für die Revisionswerberin habe nach der mit 10. Jänner 2020 in Kraft getretenen Änderung des § 5Paragraph 5, WiEReG eine Verpflichtung zur jährlichen Durchführung einer Prüfung und zur jährlichen Meldung bestanden. Im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt sei das Finanzamt berechtigt gewesen, die Zwangsstrafen festzusetzen. Mit der Verweisung des § 16Paragraph 16, WiEReG auf § 111Paragraph 111, BAO werde die Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme zum Ausdruck gebracht. Die Festsetzung der Zwangsstrafen erscheine auch nicht unbillig. Auch ohne das Erinnerungsschreiben vom 18. März 2021 bzw. den Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe vom 11. Mai 2021 und damit ohne etwaige Kenntnis der darin gesetzten weiteren Fristen wäre aufgrund der gesetzlichen Anordnung eine solche jährliche Meldung nach § 5Paragraph 5, WiEReG schon lange vor Wirksamkeit der Festsetzungsbescheide abzugeben gewesen.

18       Betreffend die Höhe der Zwangsstrafe sehe das Gesetz für die Ermessensübung keine verbindlichen Vorgaben vor. § 111Paragraph 111, Abs. 3Absatz 3, BAO bestimme lediglich, dass die einzelne Zwangsstrafe den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen dürfe. Bei Würdigung der Umstände des Sachverhalts erscheine die Höhe der Zwangsstrafen mit zunächst 20 % und in weiterer Folge mit 80 % des vorgesehenen Höchstbetrages nicht als unangemessen. Die Ermessensübung habe sich am Zweck der Norm zu orientieren; durch die Meldepflicht sollten in Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie (EU 2015/849) die hinter Unternehmen und Vermögensmassen stehenden Eigentümer transparent und überprüfbar gemacht werden und damit ein Beitrag zur Vermeidung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung geleistet werden.

19       Gegen diese Erkenntnisse wendet sich die Revision. Zur Zulässigkeit der Revision wird u.a. geltend gemacht, eine Rechtsfrage iSd Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG liege darin, ob eine Zustellung im Wege von FinanzOnline in die für die Kommanditistin eingerichtete Databox betreffend die Kommanditgesellschaft wirksam sei, wenn für die Kommanditgesellschaft selbst eine Databox eingerichtet sei. Einer Kommanditgesellschaft komme Rechtspersönlichkeit zu, sodass es sich um keine Personenvereinigung iSd § 81Paragraph 81, Abs. 1Absatz eins, BAO handle; hiezu liege keine explizite Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor.

20       Nach Einleitung des Vorverfahrens hat die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

21       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

22       Die Revision ist aus den aufgezeigten Gründen zulässig, aber nur zum Teil begründet.

23       Gemäß § 5Paragraph 5, Abs. 1Absatz eins, letzter Satz Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) haben Rechtsträger (z.B. eine Kommanditgesellschaft, § 1Paragraph eins, Abs. 2Absatz 2, Z 2Ziffer 2, leg. cit.), die nicht gemäß § 6Paragraph 6, leg. cit. von der Meldepflicht befreit sind, binnen vier Wochen nach Fälligkeit der jährlichen Überprüfung die bei der Überprüfung festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

24       Wird die Meldung gemäß § 5Paragraph 5, WiEReG nicht erstattet, kann das Finanzamt nach § 16Paragraph 16, Abs. 1Absatz eins, WiEReG deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111Paragraph 111, BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen. Zwangsstrafen gemäß § 16Paragraph 16, Abs. 1Absatz eins, WiEReG gelten nach § 16Paragraph 16, Abs. 2Absatz 2, WiEReG als Abgaben.

25       Nach § 111Paragraph 111, Abs. 1Absatz eins, BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.

26       Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete nach § 111Paragraph 111, Abs. 2Absatz 2, BAO unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.

27       Die einzelne Zwangsstrafe darf nach § 111Paragraph 111, Abs. 3Absatz 3, BAO den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen.

28       Dass im vorliegenden Fall eine Meldepflicht nach § 5Paragraph 5, WiEReG vorlag und diese Meldepflicht nicht fristgerecht erfüllt wurde, ist im Revisionsverfahren unbestritten.

29       Die Revisionswerberin macht aber geltend, ihr seien weder die „Erinnerung“ - samt Androhung der Verhängung einer Zwangsstrafe - noch die Bescheide über die Festsetzung der Zwangsstrafen wirksam zugestellt worden.

30       Dazu wendet sie zunächst ein, die Revisionswerberin sei nicht als Personenvereinigung „ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ iSd § 81Paragraph 81, Abs. 1Absatz eins, BAO zu beurteilen; ihr komme vielmehr selbst Rechtspersönlichkeit zu.

31       Zutreffend ist, dass eine offene Gesellschaft - und damit auch eine Kommanditgesellschaft (§ 169Paragraph 169, Abs. 2Absatz 2, UGB) - nach § 105Paragraph 105, UGB (idFin der Fassung Handelsrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 120/2005Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 2005,) rechtsfähig ist. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Handelsrechts-Änderungsgesetz (1058 BlgNR 22. GP 14 f) wurde dazu ausgeführt, der Entwurf stelle klar, dass offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften als solche rechtsfähig sind. Es handle sich dabei um eine umfassende Rechtsfähigkeit. Ob angesichts des Umstandes, dass die (Komplementär-)Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen einzustehen haben, die Gesellschaft also nicht für sich allein „passiv vermögensfähig“ sei, diese Gesellschaften zu den juristischen Personen zählten, sei letztlich eine theoretische Frage. Die Gesellschaft selbst solle aber über eine umfassende Rechtsfähigkeit, die alle Rechte und Pflichten einer juristischen Person erfasse (§ 26Paragraph 26, ABGB), verfügen, dies freilich mit der Besonderheit, dass nicht nur die Gesellschaft mit ihrem eigenen Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftsgläubigern hafte, sondern der Haftungsfonds um das Privatvermögen der (Komplementär-)Gesellschafter erweitert sei. Diese Gesellschafterhaftung sei freilich nur ein Teilelement dessen, was üblicherweise mit der Charakterisierung als „Gesamthandschaft“ zum Ausdruck gebracht werde. Dies betreffe die Selbstorganschaft; der Bestand der Gesellschaft sei aufs engste mit den konkreten Individuen verbunden; der einzelne Gesellschafter könne nicht allein über seinen Gesellschaftsanteil verfügen. Die umfassende Rechtsfähigkeit ändere nichts am inneren Aufbau dieser Gesellschaften, somit auch nichts am Prinzip der „Gesamthandschaft“ und damit an all jenen wesentlichen Elementen, die auch für die steuerrechtliche Beurteilung dieser Gesellschaften und ihrer Gesellschafter als „Mitunternehmer“ maßgeblich seien. Zu § 105Paragraph 105, UGB (aaO, 35 ff) wurde ergänzend ausgeführt, die Klarstellung der Rechtsfähigkeit der offenen Gesellschaft dürfe aber nicht bedeuten, dass diese strukturell nunmehr einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt würde. Deshalb solle schon in Satz 1 des § 105Paragraph 105, UGB das „personalistische Element“ der offenen Gesellschaften hervorgehoben und die gesamthandschaftliche Verbundenheit der Gesellschafter betont werden. Damit seien jene Elemente angesprochen, die einkommensteuerrechtlich als „Mitunternehmerschaft“ bezeichnet würden.

32       In den Erläuterungen zum GesbR-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 83/2014Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 83 aus 2014,, 270 BlgNR 25. GP 1 ff, wurde u.a. ausgeführt, während eine offene Gesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft als Rechtsperson erst mit der Eintragung im Firmenbuch entstehe, sei die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der keine Rechtspersönlichkeit zukomme, allein schon deshalb nicht ins Firmenbuch einzutragen. Es wurde auch darauf verwiesen, dass die offene Gesellschaft und die Kommanditgesellschaft als eigene Rechtsträger für alle erlaubten Zwecke gegründet werden könnten; es bestehe daher keine Notwendigkeit, auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine eigene Rechtspersönlichkeit zuzubilligen. Schließlich wurde auch - zu § 1175Paragraph 1175, Abs. 2Absatz 2, ABGB - ausgeführt, die eingetragenen Personengesellschaften stünden in Österreich für jeden erlaubten Zweck zur Verfügung und eröffneten damit einen einfachen Weg, einer Personengesellschaft Rechtspersönlichkeit durch Eintragung im Firmenbuch zu verleihen.

33       Aus diesen Erläuterungen kann sohin abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber des Unternehmensrechts und des Zivilrechts davon ausgeht, dass auch eingetragenen Personengesellschaften (wie der hier zu beurteilenden Kommanditgesellschaft) die Eigenschaft der „Rechtspersönlichkeit“ zukommt. In den Erläuterungen wird aber ebenfalls darauf hingewiesen, dass keine Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft erfolgt. Es wird die gesamthandschaftliche Verbundenheit der Gesellschafter betont und dazu auf die steuerrechtliche Beurteilung als Mitunternehmerschaft verwiesen.

34       Schon deswegen kann davon ausgegangen werden, dass insoweit an der steuerrechtlichen Behandlung der offenen Gesellschaften (gegenüber den bisherigen offenen Handelsgesellschaften idFin der Fassung vor dem Handelsrechts-Änderungsgesetz) und dem zugehörigen Verfahrensrecht keine Änderung vorgenommen werden sollte. Es entspricht auch der einhelligen Literatur, dass insbesondere die offene Gesellschaft und die Kommanditgesellschaft als Personenvereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit iSd § 81Paragraph 81, Abs. 1Absatz eins, BAO zu beurteilen sind (vgl.vergleiche z.B. Ritz/Koran, BAO7, § 81Paragraph 81, Tz 1; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 81Paragraph 81,, 237; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I³, § 81Paragraph 81, BAO Tz 1; Ellinger u.a., BAO³, § 81Paragraph 81, AnmAnmerkung 1). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, von der ständigen - wenngleich lediglich impliziten - Rechtsprechung abzugehen, wonach eingetragene Personengesellschaften als Personenvereinigung „ohne eigene Rechtspersönlichkeit“ iSd § 81Paragraph 81, BAO zu beurteilen sind (vgl.vergleiche z.B. VwGH 31.3.2017, Ra 2015/13/0041; 3.9.2019, Ra 2019/15/0072; 12.6.2020, Ra 2019/15/0131; 22.9.2021, Ra 2020/15/0091; vgl.vergleiche weiters VwGH 3.3.1987, 86/14/0128, mit Hinweis auf fehlende Rechtspersönlichkeit von Personengesellschaften; sowie VwGH 15.11.2017, Ro 2017/08/0001).

35       In der Revision wird zwar auch bestritten, dass die Kommanditistin als vertretungsbefugte Person iSd § 81Paragraph 81, BAO bestellt worden sei. Diese Bestreitung erfolgt aber - wie aus dem Zusammenhang ersichtlich ist - ausschließlich vor dem Hintergrund, dass die Revisionswerberin nicht als Personenvereinigung iSd § 81Paragraph 81, BAO zu beurteilen sei; dieses Vorbringen ist aber - wie soeben dargelegt - nicht zutreffend. Sofern aber die tatsächliche Bestellung zur Vertreterin bestritten wird, handelt es sich um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung (§ 41Paragraph 41, VwGG).

36       Da sohin die Kommanditistin als Vertreterin der Personenvereinigung iSd § 81Paragraph 81, BAO zu beurteilen ist, gilt diese (u.a.) als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt.

37       Im vorliegenden Fall wurde aber kein Schriftstück an die Revisionswerberin gerichtet. Es erfolgte vielmehr an Stelle der Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung eine Mitteilung des Inhalts im Wege automationsunterstützter Datenübertragung iSd § 97Paragraph 97, Abs. 3Absatz 3, BAO. Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des „Empfängers“ gelangt sind (§ 98Paragraph 98, Abs. 2Absatz 2, BAO).

38       § 5bParagraph 5 b, Abs. 1Absatz eins, der u.a. auf §§ 97Paragraphen 97, Abs. 3Absatz 3, und 98 Abs. 1Absatz eins, BAO gestützten FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV 2006) bestimmt hiezu, dass - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - Zustellungen an „Empfänger“, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen sind.

39       Als „Empfänger“ ist im Zustellrecht im Allgemeinen der „formelle“ Empfänger gemeint; dieser ist von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5Paragraph 5, ZustG) zu bestimmen. Es handelt sich hiebei zwar im Regelfall um die Person, für die der Inhalt des zuzustellenden Dokuments bestimmt ist („materieller Empfänger“); dies muss aber nicht der Fall sein (z.B. gesetzlicher Vertreter, Zustellungsbevollmächtigter; vgl.vergleiche die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, 2009 BlgNR 24. GP 24 zu § 2Paragraph 2, Z 1Ziffer eins, ZuStG; vgl.vergleiche weiters z.B. VwGH 22.8.2019, Ra 2018/16/0136, mwN).

40       „Materieller“ Empfänger der Erledigungen des Finanzamts war jeweils die Revisionswerberin; „formeller“ Empfänger war hingegen jeweils die Kommanditistin als nach § 81Paragraph 81, BAO bestellte Vertreterin der Revisionswerberin (vgl.vergleiche auch VwGH 24.10.2019, Ra 2018/15/0061, mwN). Die Erledigungen wurden daher jeweils zutreffend an die Revisionswerberin „z.H.“ (also zu Handen) der Kommanditistin gerichtet. Auch die Zustellung im Rahmen von FinanzOnline hatte an die Kommanditistin als formelle Empfängerin zu erfolgen.

41       Die Revisionswerberin macht weiters geltend, sie habe zu der zu ihrem Steuerkonto eingerichteten Databox in FinanzOnline eine E-Mail-Adresse angegeben. Sie behauptet aber nicht, dass auch zu der für ihre Kommanditistin eingerichteten Databox eine E-Mail-Adresse angegeben worden sei. Damit ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die Unterlassung der Information über die elektronische Zustellung per E-Mail nach § 5bParagraph 5 b, Abs. 2Absatz 2, FOnV 2006 zu einer Unwirksamkeit der Zustellung führen würde. Die hier vorliegende Nichtangabe (betreffend Databox der Kommanditistin als Vertreterin) einer E-Mailadresse hindert die Wirksamkeit der Zustellung schon nach dem Wortlaut des § 5bParagraph 5 b, Abs. 2Absatz 2, FOnV 2006 nicht.

42       Die Revision erweist sich daher, soweit sie sich gegen das zweitangefochtene Erkenntnis (Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Aufhebung der Festsetzung einer Zwangsstrafe) richtet, als unbegründet.

43       Zum erstangefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts (Bestätigung der Festsetzung einer Zwangsstrafe mit Bescheid des Finanzamts vom 6. Juli 2021; Zwangsstrafe von 4.000 €) macht die Revision weiters geltend, die Verhängung einer Zwangsstrafe in dieser Höhe stehe außer Verhältnis zum Verhalten der Revisionswerberin und zum Zweck der Zwangsstrafe.

44       Die Verhängung einer Zwangsstrafe liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde (vgl.vergleiche VwGH 22.2.2000, 96/14/0079, mwN). Zweck der Zwangsstrafe ist es insbesondere, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten (vgl.vergleiche VwGH 26.3.2014, 2013/13/0022).

45       Die „einzelne“ Zwangsstrafe darf nach § 111Paragraph 111, Abs. 3Absatz 3, BAO den Betrag von 5.000 € nicht übersteigen. Unter einer „einzelnen“ Zwangsstrafe ist die Summe aller zur Erzwingung einer bestimmten Leistung festgesetzten Zwangsstrafen zu verstehen (vgl.vergleiche Ritz/Koran, aaO, § 111Paragraph 111, Tz 8, mwN). Im vorliegenden Fall wurde daher für die zu erzwingende Leistung (Meldung nach der jährlichen Überprüfung gemäß § 5Paragraph 5, WiEReG) eine Zwangsstrafe von insgesamt 5.000 € festgesetzt. Mit dem WiEReG wurde u.a. Art. 30Artikel 30, der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates umgesetzt (Art. 1Artikel eins, BGBl. I Nr. 136/2017Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 136 aus 2017,). Wenn demnach Sanktionen bei Verstößen (u.a.) gegen Meldepflichten „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ (Art. 30Artikel 30, Abs. 1Absatz eins, dieser Richtlinie) sein sollen, so geht aus den Erwägungen des Bundesfinanzgerichts aber nicht hervor, warum im vorliegenden Fall, in dem die Aufforderung der Revisionswerberin tatsächlich nicht bekannt war, die Zwangsstrafe insgesamt mit dem Höchstbetrag festzusetzen war (vgl.vergleiche zu Kriterien etwa VwGH 28.2.1989, 86/14/0033; 22.2.2000, 96/14/0079).

46       Das erstangefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42Paragraph 42, Abs. 2Absatz 2, Z 3Ziffer 3, VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Revision gemäß § 42Paragraph 42, Abs. 1Absatz eins, VwGG als unbegründet abzuweisen.

47       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47Paragraphen 47, ff (insbesondere § 52Paragraph 52, Abs. 1Absatz eins,) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Dezember 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Ermessen VwRallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022130023.L00

Im RIS seit

26.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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