TE Vwgh Beschluss 2022/12/19 Ra 2022/03/0251

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.12.2022
beobachten
merken

Index

L65006 Jagd Wild Steiermark
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JagdG Stmk 1986 §50 Abs5
JagdG Stmk 1986 §50 Abs8
SchwarzwildV Stmk 2012 §2 Abs4
VStG §22 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Mag. A H in I, vertreten durch die Hämmerle & Hämmerle Rechtsanwälte GmbH in 8786 Rottenmann, Hauptplatz 111, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 25. Juli 2022, Zl. LVwG 30.9-309/2022-2, betreffend Übertretungen des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Liezen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26. November 2021 wurde dem Revisionswerber jeweils als Jagdberechtigtem in einem näher bezeichneten Jagdrevier zur Last gelegt, am 12. November 2020 an einem näher bezeichneten Ort (1.) nicht für die Einhaltung von § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, Steiermärkisches Jagdgesetz 1986 (im Folgenden: JG) gesorgt zu haben, weil eine Kirrstelle für Schwarzwild angelegt wurde, welche nicht dem Bezirksjägermeister mittels Lageplan gemeldet wurde, und (2.) nicht für die Einhaltung von § 2Paragraph 2, Abs. 4Absatz 4, Schwarzwildverordnung 2012 gesorgt zu haben, weil die genannte Kirrstelle für Schwarzwild nicht so gestaltet wurde, dass das Kirrmittel von anderen Schalenwildarten nicht aufgenommen werden konnte; die vorgelegten Futtermittel (Körnermais, Obsttrester und Luzerneheu) waren für jegliches Schalenwild frei zugänglich. Der Revisionswerber wurde für jede dieser Übertretungen gemäß § 77Paragraph 77, JG zu einer Geldstrafe von je € 300 und Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen verurteilt.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        Begründend erwog das Verwaltungsgericht, dass der Revisionswerber sich in seiner Beschwerde dahingehend verantwortet habe, dass er infolge Ansichtigwerdens von zwei Überläufern (Wildschweinen, also Schwarzwild) eine Kirrstelle angelegt habe, um diese zur Strecke zu bringen, was ihm auch gelungen sei. Er habe die Kirrstelle weder dem Bezirksjägermeister gemeldet noch habe diese den Vorgaben des § 2Paragraph 2, Abs. 4Absatz 4, Schwarzwildverordnung 2012 entsprochen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen habe der Revisionswerber dadurch jedoch nicht bloß „maximal eine Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG“ begangen, weil den angelasteten Übertretungen unterschiedliche Schutzzwecke anhafteten. Er habe daher auch zwei gesonderte Übertretungen zu verantworten.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Revisionswerber zweifach bestraft werden könne, zumal er eindeutig nur eine Übertretung nach § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, JG oder eine solche nach § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG begangen habe und einer Bestrafung nach § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, JG auch die Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG immanent sei.

5        Nach Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1Absatz eins, VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34Paragraph 34, Abs. 1aAbsatz eins a, VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25aParagraph 25 a, Abs. 1Absatz eins, VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28Paragraph 28, Abs. 3Absatz 3, VwGG) zu überprüfen.

6        Die einschlägigen Bestimmungen des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl. Nr. 23/1986Landesgesetzblatt Nr. 23 aus 1986, idFin der Fassung LGBl. Nr. 42/2012Landesgesetzblatt Nr. 42 aus 2012,, lauten:

„§ 50 Wildfütterungen

...

(5) Außerhalb genehmigter Fütterungen, außerhalb der genehmigten Fütterungszeiten und außerhalb von Rehwildfütterungen und Schwarzwildkirrungen dürfen Futtermittel und eingebrachte landwirtschaftliche Erzeugnisse, die geeignet sind, Schalenwild anzulocken, von niemandem diesem zugänglich gemacht werden. Die übliche fachgerechte Lagerung und Verwendung von Futtermitteln und von eingebrachten landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind davon ausgenommen. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann, wenn erforderlich, die Vorlage bestimmter Futtermittel, die besonders geeignet sind, Schalenwild anzulocken, mittels Bescheid für einzelne oder mehrere Jagdgebiete oder Jagdgebietsteile oder mit Verordnung für alle Jagdgebiete verbieten. Das Füttern von Gams-, Stein-, Schwarz-, Muffel- und Damwild ist jedermann verboten. In Notfällen können von der Bezirksverwaltungsbehörde zeitlich befristete Ausnahmen von den Fütterungsverboten genehmigt werden.

...

(8) Das Anlegen von Kirrungen (Lockfütterungen oder Ausbringung von anderen Lockstoffen) für Schalenwild ist jedermann verboten. Ausgenommen davon ist das Ankirren von Schwarzwild nur zum Zwecke des Abschusses. Die Kirrstellen für Schwarzwild sind der Bezirksjägermeisterin/dem Bezirksjägermeister mittels Lageplan zu melden. Das Ankirren von Schwarzwild in Lebendfallen (Saufängen) ist gestattet. Die Menge des Kirrmittels, die Anzahl der Kirrstellen pro 100 ha und die Art der Vorlage sowie die Vorschriften über die Ausgestaltung der Lebendfallen sind mit Verordnung der Landesregierung zu regeln. Das gefangene Schwarzwild ist durch Kugelschuss zu töten. Die lebende Entnahme aus dem Saufang, der Lebendtransport und die Freilassung im eigenen oder fremden Jagdgebiet sowie in landwirtschaftlichen Gehegen sind verboten.

...

§ 77Paragraph 77, Strafen

Übertretungen dieses Gesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Vorschriften oder besonderen Anordnungen werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis EUR 2.200,-- bestraft. Der Versuch ist strafbar.“

7        Die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung, mit der nähere Regelungen für Kirrstellen und Lebendfallen für Schwarzwild erlassen werden (Schwarzwildverordnung 2012), LGBl. Nr. 66/2012Landesgesetzblatt Nr. 66 aus 2012,, lautet auszugsweise:

„Auf Grund des § 50Paragraph 50, des Steiermärkischen Jagdgesetzes 1986, LGBl. Nr. 23/1986Landesgesetzblatt Nr. 23 aus 1986,, zuletzt in der Fassung LGBl. Nr. 42/2012Landesgesetzblatt Nr. 42 aus 2012,, wird verordnet:

...

§ 2Paragraph 2, Einschränkungen der Kirrfütterungen und Kirrautomaten

...

(4) Kirrungen von Schwarzwild sind so zu gestalten, dass das Kirrmittel von anderen Schalenwildarten nicht aufgenommen werden kann.“

8        Die Revision hängt von der in ihrem Zulässigkeitsvorbringen formulierten Rechtsfrage zum Verhältnis zwischen § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, und 8 JG nicht ab, weil der Revisionswerber nicht wegen einer Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG (Fütterungsverbot) bestraft wurde, sondern wegen der Übertretung von einerseits § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, (dritter Satz) JG (Meldung von Schwarzwildkirrstellen) und anderseits § 2Paragraph 2, Abs. 4Absatz 4, Schwarzwildverordnung 2012 (Gestaltung von Schwarzwildkirrungen, sodass Kirrmittel von anderen Schalenwildarten nicht aufgenommen werden kann).

9        Im Übrigen besteht bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis zwischen § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, und 8 JG. Demnach bringt das Anlegen einer Lockfütterung für Rotwild zwingend auch die unerlaubte Fütterung außerhalb genehmigter Fütterungen, außerhalb der genehmigten Fütterungszeiten und außerhalb von Rehwildfütterungen und Schwarzwildkirrungen mit sich, weshalb eine Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, (erster Satz) JG zur Konsumtion der Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG führt (vgl.vergleiche VwGH 12.11.2021, Ra 2020/03/0097, Rn 33).

10       Diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig, weil dem Revisionswerber nicht eine unerlaubte Fütterung bzw. Kirrung von beispielsweise Rotwild vorgeworfen wird, sondern die Nichteinhaltung von Vorschriften im Rahmen einer an sich erlaubten Schwarzwildkirrung.

11       Die vom Revisionswerber angestrebte Bestrafung (allein) wegen einer Übertretung des § 50Paragraph 50, Abs. 5Absatz 5, JG kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Bestimmung nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Zugänglichmachung von Futtermitteln an Schalenwild nur außerhalb von u.a. Schwarzwildkirrungen untersagt.

12       Soweit sich die Revision aber ganz allgemein gegen eine zweifache Bestrafung richtet, ist auf das in § 22Paragraph 22, Abs. 2Absatz 2, VStG verankerte Kumulationsprinzip zu verweisen, wonach mehrere Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt (vgl.vergleiche VwGH 29.3.2021, Ra 2020/02/0298). Anhaltspunkte dafür, dass § 50Paragraph 50, Abs. 8Absatz 8, dritter Satz JG einerseits und § 2Paragraph 2, Abs. 4Absatz 4, Schwarzwildverordnung 2012 anderseits einander im Sinne einer Scheinkonkurrenz ausschlössen, bestehen keine: Weder erfasst die Bestrafung wegen nur eines der Delikte den gesamten Unrechtsgehalt des Täterverhaltens, noch ist die Verwirklichung eines der Straftatbestände „geradezu typischerweise“ mit jener des anderen verbunden oder enthält einer der Deliktstypen bereits sämtliche Merkmale des anderen und noch ein oder mehrere weitere Merkmale (vgl.vergleiche zu den Fällen der Scheinkonkurrenz erneut VwGH 29.3.2021, Ra 2020/02/0298, und 12.11.2021, Ra 2020/03/0097, je mwN). Der diesbezüglichen Argumentation des Verwaltungsgerichtes, wonach die beiden vom Revisionswerber zu verantwortenden Übertretungen unterschiedlichen Schutzzwecken dienen, tritt die Revision im Übrigen auch nicht argumentativ entgegen.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133Artikel 133, Abs. 4Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34Paragraph 34, Abs. 1Absatz eins, VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022030251.L00

Im RIS seit

26.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten