TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/15 95/21/0187

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Veröffentlicht am 15.12.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der D in P, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1994, Zl. 107.591/2-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 27. Oktober 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 9 Abs. 3 dieses Gesetzes abgewiesen.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß die mit der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, für das Bundesland Niederösterreich festgesetzte Höchstzahl von

1.900 Bewilligungen "nunmehr" erreicht sei, sodaß gemäß § 9 Abs. 3 AufG keine weiteren Bewilligungen mehr erteilt werden dürften. Auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens der Beschwerdeführerin könne ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht abgeleitet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Gemäß § 2 Abs. 1 AufG hat die Bundesregierung für jeweils

ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen

festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen; gemäß § 2

Abs. 2 AufG sind hiebei die Bewilligungen auf die Länder

aufzuteilen. Mit der Verordnung der Bundesregierung über die

Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1994,

BGBl. Nr. 72/1994, wurde für das Land Niederösterreich eine

Höchstzahl von 1.900 Bewilligungen festgelegt. Gemäß § 9 Abs. 3

AufG dürfen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden, sobald

die gemäß § 2 Abs. 1 AufG festgelegte Anzahl erreicht ist. Nach

dem zweiten Satz des § 9 Abs. 3 AufG ist die Entscheidung über

anhängige Anträge gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu

verschieben; andere anhängige Anträge sind abzuweisen. Gemäß

§ 3 Abs. 3 zweiter Satz AufG kann "in besonders

berücksichtigungswürdigen Fällen ... wenn dies zur Vermeidung

einer BESONDEREN HÄRTE geboten ist, eine Bewilligung ...

volljährigen Kindern ... von Fremden, die aufgrund einer

Bewilligung oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 rechtmäßig ohne Bewilligung seit mehr als 2 Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, erteilt werden, wenn sie von diesen wirtschaftlich abhängig sind".

Die Beschwerde zieht nun nicht in Zweifel, daß die in der Begründung des bekämpften Bescheides getroffene Feststellung, daß nunmehr, also im Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde, die Höchstzahl von 1.900 erreicht sei, zutreffend ist.

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde aber vor, sie habe nicht darauf Bedacht genommen, daß es sich bei ihrem Fall um einen besonders zu berücksichtigenden im Sinn des § 3 Abs. 3 letzter Satz AufG handle und daher die mit der vorerwähnten Verordnung festgesetzte Begrenzung von zu erteilenden Bewilligungen nicht zur Anwendung hätte kommen dürfen. Zu ihren persönlichen Verhältnissen bringt die Beschwerdeführerin - wie schon im Verwaltungsverfahren - vor, daß sich ihre Eltern bereits seit 28 Jahren in Österreich aufhielten und diese deshalb über keine sozialen Kontakte mehr zu ihren Heimatländern Bosnien und Serbien verfügten. Sie selbst habe bei ihren Eltern in Österreich bis zu ihrem siebenten Lebensjahr gewohnt und anschließend im vormaligen Jugoslawien die Schule besucht. Nach Abschluß ihrer Ausbildung als Lehrerin sei sie am Gymnasium Smeteravo tätig gewesen; ihren Beruf habe sie nach ihrer Heirat aufgegeben, um sich der Erziehung ihrer Tochter zu widmen. Seit drei Jahren lebe sie allerdings von ihrem Ehemann getrennt und sei die Ehe im Mai 1994 rechtskräftig geschieden worden. Da auch ihre Großeltern, bei denen sie in Jugoslawien gewohnt habe, vor ca. zwei bis drei Jahren verstorben seien, hätte die belangte Behörde angesichts ihrer eingeschränkten sozialen und beruflichen Kontakte ihrem Antrag bei Heranziehung der Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 3 leg. cit. stattgeben müssen.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß die in der Beschwerde vertretene Auffassung, daß in den Fällen des § 3 Abs. 3 AufG die durch die vorerwähnte Verordnung für das Bundesland Niederösterreich festgesetzte Höchstzahl an Aufenthaltsbewilligungen nicht zur Anwendung komme, nicht zutrifft. Die Anwendung des § 3 Abs. 3 AufG hat nämlich gemäß § 9 Abs. 3 AufG zur Folge, daß die Entscheidung über derartige Anträge gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu verschieben, wohl in diesem aber auf die mit Verordnung der Bundesregierung festgesetzte Höchstzahl anzurechnen ist.

Richtig ist, daß nach ständiger hg. Judikatur es im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG nicht allein darauf ankommt, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auch auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. September 1995, Zl. 95/21/0041).

Damit ist im vorliegenden Fall allerdings für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Der Verwaltungsgerichtshof kann nämlich nicht finden, daß die belangte Behörde rechtswidrig gehandelt hat, wenn sie im Fall der Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 3 leg. cit. als nicht gegeben erachtete. Nach ihrem eigenen Beschwerdevorbringen lebte die Beschwerdeführerin seit ihrem siebenten Lebensjahr in Serbien, wo sie die Schule besuchte, ihre Berufsausbildung abschloß, heiratete und (nach dem Akteninhalt) sich bis September 1993 aufhielt. Die Abweisung des Antrages einer Aufenthaltsbewilligung für das Bundesgebiet mag zwar für die Beschwerdeführerin eine (persönliche) Härte darstellen, jedoch kann in der infolge Scheidung ihrer Ehe bewirkten geänderten familiären Situation allein, selbst bei Bedachtnahme auf die damit vielfach verbundenen finanziellen sowie sozialen Nachteile, das vom Gesetz geforderte Merkmal einer BESONDEREN Härte für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. nicht als vorliegend erblickt werden. Damit mangelt der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe sich mit dem Berufungsvorbringen zu ihrer persönlichen Situation nicht ausreichend auseinandergesetzt und dazu keine Feststellungen getroffen, die Relevanz.

Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210187.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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