TE Lvwg Erkenntnis 2023/1/2 LVwG-2022/30/3196-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.01.2023
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Entscheidungsdatum

02.01.2023

Index

41/04 Sprengmittel, Waffen, Munition
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WaffG 1996 §23 Abs2
WaffG 1996 §11b
AVG §13 Abs3
  1. AVG § 13 heute
  2. AVG § 13 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. AVG § 13 gültig von 01.01.2012 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011
  4. AVG § 13 gültig von 01.01.2011 bis 31.12.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  5. AVG § 13 gültig von 01.01.2008 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  6. AVG § 13 gültig von 01.07.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  7. AVG § 13 gültig von 01.03.2004 bis 30.06.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  8. AVG § 13 gültig von 20.04.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  9. AVG § 13 gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  10. AVG § 13 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  11. AVG § 13 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in **** Z, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 30.05.2022, Zahl WAF: ***, betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte nach dem Waffengesetz 1996 (WaffG),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein schriftlich per E-Mail am 14.01.2022 eingebrachter Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für ein Stück genehmigungspflichtige Schusswaffe der Kategorie A und 4 Stück genehmigungspflichtige Schusswaffen der Kategorie B gemäß § 23 Abs 2 iVm § 11b WaffG zurückgewiesen.

Dem Zurückweisungsbescheid ging folgender Mängelbehebungsauftrag vom 08.03.2022 voraus:

„AA, geb xx.xx.xxxx;

Antrag auf Ausstellung der Erweiterung einer Waffenbesitzkarte mit Ausnahmen

Verbesserungsauftrag

WAF: ***

Y, 08.03.2022

Sehr geehrter Herr AA!

Mit Eingabe vom 12.11.2021 haben Sie bei der Bezirkshauptmannschaft Y um die Ausstellung der Erweiterung Ihrer Waffenbesitzkarte mit Ausnahmen angesucht, da Sie im Besitz von großen Magazinen sind und diese nach den Bestimmungen des österreichischen Waffengesetzes gemäß § 17 zu den verbotenen Waffen gehören und diese bis der Übergangsfrist des 13.12.2021 zu registrieren waren.

Weiteres ist im § 17 WaffenG die Verspeicherung und Erfassung im Zentralen Waffenregister geregelt, welche beinhaltet, dass große Magazine ohne passende Waffe einen Platz und große Magazine mit dazugehöriger Waffe keinen Platz auf der Waffenbesitzkarte belegen

Gemäß § 23 WaffG Abs 2 ist bei der Festsetzung der Anzahl der Schußwaffen der Kategorie B gemäß dem zweiten Satz die Anzahl der Schusswaffen gemäß §17 die der Betroffene besitzen darf, einzurechnen.

Diese Vorgehensweise wurde Ihnen bereits per Email mitgeteilt.

Eine größere Anzahl kann nur bewilligt bzw erlaubt werden, wenn eine Rechtfertigung für den Bedarf glaubhaft gemacht werden kann, insbesonders für die Ausübung der Jagd oder des Schießsportes im Sinne des §11b WaffenG.

§11 b WaffG Sportschützen:

Die Ausübung des Schießsports als Sportschütze im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn der Betroffene in einem entsprechenden Sportschützenverein ordentliches Mitglied ist und das zur Vertretung dieses Vereines nach außen berufene Organ bestätigt, dass er regelmäßig den Schießsport ausübt oder regelmäßig an Schießwettbewerben teilnimmt.

Ein Verein nach dem Vereinsgesetz 2002 (VerG), BGBl. I Nr. 66/2002, gilt als Sportschützenverein im Sinne des Abs. 1, wenn der Verein

1.       Mitglied im Landesschützenverband jenes Bundeslandes ist, wo er seinen Sitz hat, oder

2.       über mindestens 35 ordentliche Mitglieder verfügt und Mitglieder dieses Vereins  regelmäßig, zumindest einmal jährlich, an nationalen, mindestens fünf Bundesländer  übergreifenden, oder internationalen Schießwettbewerben teilnehmen.

Ein Sportschütze übt den Schießsport regelmäßig aus, wenn er als Mitglied eines Sportschützenvereins seit mindestens zwölf Monaten durchschnittlich mindestens einmal im Monat den Schießsport ausübt. Ein Sportschütze nimmt regelmäßig an Schießwettbewerben teil, wenn er in den letzten zwölf Monaten zumindest drei Mal an solchen teilgenommen hat.

Aufgrund dieser Bestimmungen wurden sie per Email aufgefordert die Ergebnislisten von Ihren Schießwettbewerben, eine Teilnahmebestätigung von Wettkämpfen und die Mitgliedschaft in einem Sport- und Schießverein vorzulegen.

Zur Vervollständigung des Antrages bzw. aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit werden Sie gemäß § 13 AVG (Allg. Verwaltungsverfahrensgesetz 1991) aufgefordert, binnen 2 Wochen nach Erhalt dieses Verbesserungsauftrages, folgende Urkunden und Beweismittel vorzulegen

        Bestätigung über die Ausübung des Schießsportes durchschnittlich mindestens einmal  im Monat in den letzten 12 Monaten

?        Bestätigung über die Teilnahme an Schießwettbewerben in den letzten 12 Monaten

        Bestätigung über Anzahl der ordentlichen Mitglieder Ihres Vereines

        Bestätigung des Vereines, dass die Mitglieder regelmäßig, zumindest einmal jährlich,  an nationalen, mindestens fünf Bundesländer übergreifenden, oder internationalen  Schießwettbewerben teilnehmen.

Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt der Antrag als ursprünglich richtig (vollständig) eingebracht.

Bei Nichteinbringung wird Ihr Antrag zurückgewiesen.“

In der Begründung des Zurückweisungsbescheides wurde ausgeführt, dass eine größere Anzahl nur bewilligt bzw erlaubt werden könne, wenn eine Rechtfertigung für den Bedarf glaubhaft gemacht werden könne, insbesonders für die Ausübung der Jagd oder des Schießsportes im Sinne des § 11b WaffG. Weiters wurde der § 11b WaffG betreffend das Vorliegen der Ausübung des Schießsports dargetan. Daraus ergibt sich, dass ein Sportschütze den Schießsport regelmäßig ausübe, wenn er als Mitglied eines Sportschützenvereins seit mindestens 12 Monaten durchschnittlich mindestens einmal im Monat den Schießsport ausübe. Ein Sportschütze nehme regelmäßig an Schießbewerben teil, wenn er in den letzten 12 Monaten zumindest dreimal an solchen teilgenommen habe. Zusammengefasst habe der Antragsteller nicht alle angeforderten Unterlagen vorlegen und somit keinen Bedarf bzw eine entsprechende Rechtfertigung glaubhaft machen können, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

Aus den vorgelegten Aktenunterlagen der belangten Behörde ergibt sich der für die gegenständliche Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

Der Beschwerdeführer wurde bereits am 11.02.2022 von der zuständigen Sachbearbeiterin der belangten per E-Mail aufgefordert folgende Unterlagen vorzulegen:

1.       Ergebnislisten von Schießwettbewerben innerhalb der letzten zwei Jahre

2.       Teilnahmebestätigung von Wettkämpfen inklusive die Anzahl der abgegebenen  Schüsse, ebenfalls der letzten zwei Jahre und

3.       Bestätigung über die Mitgliedschaft in einem Sport- und Schießverein

Mit E-Mail vom 11.02.2022 übermittelte der Beschwerdeführer Nachweise über seine bestehenden Mitgliedschaften in den Sport- und Schießvereinen „Nationaler Feuerwaffenverein Österreich“ und „Freie Schützen in Deutschland e.V.“ Weiters wurde in diesem Mail der belangten Behörde mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der nun seit fast zwei Jahren anhaltenden COVID-19-Pandemie in dieser Zeit nicht an Schießwettbewerben oder Wettkämpfen teilgenommen habe und könne er daher keine Teilnahmebestätigung von Wettkämpfen oder Ergebnislisten von Schießwettbewerben übermitteln.

In einem weiteren Schreiben vom 04.03.2022, indem der Beschwerdeführer Akteneinsicht gemäß § 17 AVG begehrte, wurde nochmals darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des Status als Sportschütze am 11.02.2022 der Behörde die gewünschten Nachweise/Auskünfte übersandt worden seien. Diese wären jedoch bei der vom Beschwerdeführer am 10.11.2021 beantragten Erweiterung seiner Waffenbesitzkarte unerheblich.

Ein Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs 3 AVG ist immer nur dann gesetzmäßig, wenn der angenommene Mangel tatsächlich vorliegt. Wurde zu Unrecht die Mangelhaftigkeit des Anbringens angenommen (und wäre in der Sache zu entscheiden gewesen), ist die deshalb ergangene Zurückweisung der Entscheidung rechtswidrig (VwGH 01.08.2022, Ro 2020/06/0010). Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Mit einer meritorischen Entscheidung würde die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten werden (VwGH 27.06.2022, Ra 2021/03/0301).

Im gegenständlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer bereits auf eine konkrete Anfrage der belangten Behörde hin mit E-Mail vom 11.02.2022 mitgeteilt und nachgewiesen, dass er die für Ausübung des Schießsports nach § 11b WaffG erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und im angeführten Zeitraum nicht an Schießwettbewerben oder Wettkämpfen teilgenommen habe und daher keine Teilnahmebestätigungen von Wettkämpfen oder Ergebnislisten von Schießbewerben vorlegen könne.

Dieser Sachverhalt war der belangten Behörde bereits vor Erlassung des Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs 3 AVG mit Schriftsatz vom 08.03.2022 bekannt. Aufgrund der Mitteilung des Beschwerdeführers im E-Mail vom 11.02.2022 hat es sich um keinen verbesserungsfähigen Mangel gehandelt, weil der Beschwerdeführer nachweislich und unbestritten die in § 11b WaffG geforderten Voraussetzungen nicht erfüllte und auch deshalb die im Verbesserungsauftrag vom 08.03.2022 geforderten Unterlagen im weiteren Verfahren nicht vorlegen konnte. Die diesbezüglichen Erteilungsvorrausetzungen (Ausübung des Schießsports iSd § 11b WaffG) für eine etwaige Erweiterung der Waffenbesitzkarte lagen somit nachweislich bereits vor dem Mängelbehebungsauftrag vom 08.03.2022 nicht vor und konnte der Beschwerdeführer daher den an ihn ergangenen Verbesserungsauftrag auch nicht erfüllen. Hingewiesen wird auch, dass nach den den waffenrechtlichen Bestimmungen auch andere Gründe als Rechtfertigung für eine größere Anzahl von Schusswaffen der Kategorie B neben dem Schießsport möglich sind und vom Beschwerdeführer im Verfahren auch geltend gemacht wurden. Wenn diesbezügliche Rechtfertigungsgründe für die Festsetzung einer größeren Zahl an Schusswaffen der Kategorie B nicht vorliegen, so ist inhaltlich zu entscheiden und der Antrag gegebenenfalls abzuweisen.

Da nur ein dem Gesetz entsprechender Verbesserungsauftrag Grundlage für eine Zurückweisung eines Antrages gemäß § 13 Abs 3 AVG sein kann (VwGH 22.05.2012, 2008/04/0208) und ein solcher im gegenständlichen Verfahren nicht vorlag, war spruchgemäß der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Zurückweisungsbescheid vom 30.05.2022 zu beheben.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des (iSd) Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Rieser

(Richter)

Schlagworte

Waffenbesitzkarte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2023:LVwG.2022.30.3196.1

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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