TE Lvwg Erkenntnis 2022/8/11 LVwG-190077/4/KHu

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Veröffentlicht am 11.08.2022
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Entscheidungsdatum

11.08.2022

Norm

AVG §18 Abs4
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Huemer über die Beschwerde des K R, vertreten durch Mag. X X, MBA, Rechtsanwalt in X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom
19. Jänner 2022, GZ: BHUUWA-2020-755615/43-WOE, betreffend Verhängung einer Zwangsstrafe

zu Recht:

I.     Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

II.    Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (in der Folge: belangte Behörde) vom 19.1.2022 wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) einer Zwangsstrafe in der Höhe von 500 Euro verhängt, weil er die Verpflichtung zur Einhaltung des Benützungsverbots betreffend den Neubau des Wirtschafts- und Wohngebäudes auf dem Grundstück Nr. X, EZ X, KG X, nicht erfüllt habe. Begründend wurde ausgeführt, dass die Benützung mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde X vom 23.10.2019, GZ: Bau-605-Rei-5/2002, untersagt worden sei. Dieser Bescheid sei mit 28.11.2019 in Rechtskraft erwachsen.

2. Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 21.2.2022 Beschwerde.

3. Die Beschwerde wurde der Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben der belangten Behörde vom 30.3.2022 zur Entscheidung vorgelegt.

II.      Sachverhalt, Beweiswürdigung:

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde X vom 23.10.2019, GZ: Bau-605-Rei-5/2002, (in der Folge: Benützungs-untersagungsbescheid) wurde dem Bf die Benützung des Neubaues des Wirtschafts- und Wohngebäudes auf seinem Grundstück untersagt. Sowohl das im Akt der Gemeinde einliegende Exemplar des Benützungsuntersagungsbescheides als auch das dem Bf zugegangene Exemplar weisen die Fertigungsklausel „Der Bürgermeister“ mit der Angabe des Namens „Dipl.-Ing. H R“ (Bürgermeister der Gemeinde im Bescheiderlassungszeitpunkt) sowie einen Gemeindestempel auf. Die Unterschrift wurde jeweils mit dem Vermerk „i. v.“ bzw. „iv“ geleistet, wobei die Unterschrift unleserlich, in Form von Schlingen erfolgte. Es handelt sich nach dem Schriftbild nicht um die Unterschrift des Bürgermeisters. Hinweise auf eine elektronische Erledigung oder eine Amtssignatur enthält der Bescheid nicht.

2. Beweis wurde erhoben durch Einschau in den vorgelegten Akt, ferner durch Einschau in den Bauakt der Gemeinde. Die Feststellungen zur Unterschrift auf dem Benützungsuntersagungsbescheid ergeben sich aus dem Exemplar des Bescheides, das aus dem Bauakt stammt (dieses wurde der belangten Behörde anlässlich des Vollstreckungsersuchens übermittelt; siehe ON 1 des Behördenakts) sowie aus dem Exemplar des Bescheides, das dem Bf zugestellt wurde (siehe Beilage ./B der Beschwerde). Beide Exemplare sind unterschrieben und weisen im Bereich der Unterschrift geringfügige, sich aus der handschriftlichen Unterschriftsleistung ergebende Unterschiede auf. Der vor die Unterschrift gesetzte Vermerk lautet „i.v.“ (im Behördenexemplar) bzw. „iv“ (im Exemplar, das der Bf erhalten hat). Bei einer ergänzenden Durchsicht des Bauaktes der Gemeinde zeigte sich ferner, dass diverse andere Schriftstücke vom Bürgermeister selbst unterfertigt worden, wobei dortigen Unterschriften mit dem Namen des Bürgermeisters in Einklang zu bringen sind. Das Schriftbild auf dem Benützungsuntersagungsbescheid ist gänzlich anders.

Da im Akt der belangten Behörde sowohl das aus dem Bauakt stammende Exemplar des Benützungsuntersagungsbescheides als auch das Exemplar, das dem Bf zugestellt wurde, dokumentiert sind, stand der entscheidungserhebliche Sachverhalt schon nach der Aktenlage fest. Die Verhandlung entfiel daher gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG.

III.     In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

1. Vorweggeschickt wird, dass das Gericht die vom Bf vorgebrachten Bedenken, wonach der angefochtene Bescheid der belangten Behörde nichtig sei, nicht teilt. Vielmehr wurde der Bescheid elektronisch genehmigt; am Ende des Bescheides wird der Name des Genehmigenden angeführt. Auch ist ersichtlich, von welcher Behörde der Bescheid stammt. Es liegt daher ein Bescheid – und sohin ein tauglicher Anfechtungsgegenstand – vor. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Dahingestellt bleiben kann, ob das Vorbringen des Bf zutrifft, dass sich der Sachverhalt so geändert habe, dass ein gleichlautender Titelbescheid nicht mehr erlassen werden dürfte. Eine Vollstreckung nach dem VVG setzt einen rechtskräftigen Titelbescheid – hier: eine rechtskräftige Benützungsuntersagung – voraus. Es ist im Vollstreckungsverfahren zwar nicht zu überprüfen, ob der Titelbescheid inhaltlich rechtmäßig ist (siehe etwa VwGH 22.8.2016, Ra 2015/17/0196, mwN); eine Vollstreckung bedingt aber, dass die zu vollstreckende Verpflichtung überhaupt entsprechend bescheidmäßig vorgeschrieben worden ist. Das ist hier nicht der Fall:

3. Bescheide, denen es an einem konstitutiven Bescheidmerkmal mangelt, sind nichtig. Bescheide müssen nach § 18 Abs. 3 und 4 AVG den Namen des Genehmigenden und dessen Unterschrift enthalten (oder entsprechend elektronisch genehmigt worden sein).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt zum Erfordernis des Namens des Genehmigenden auf einem Bescheid im Sinne des § 18 Abs. 4 erster Satz AVG die Auffassung, dass diesem Erfordernis durch eine leserliche Unterschrift, durch die leserliche Beifügung des Namens des Genehmigenden bei der Unterschrift oder durch eine andere geeignete namentliche Angabe des Genehmigenden auf der Ausfertigung entsprochen wird (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, § 18 AVG Rz 19, mit zahlreichen Hinweisen auf die Rsp). Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind – und ob sohin ein Bescheid vorliegt – hat nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen (vgl. etwa VwGH 7.10.2016, Ra 2016/08/0147, mwN).

Im gegenständlichen Fall lautet die Fertigungsklausel auf dem Benützungsuntersagungsbescheid „Der Bürgermeister“ und es scheint der Name des Bürgermeisters auf; der Zusatz vor der Unterschrift weist aber auf eine Vertretung des Bürgermeisters hin, woraus ersichtlich ist, dass der Bürgermeister gerade nicht der genehmigende Organwalter war (angemerkt wird, dass der Zusatz zwar mit kleinem „v“ geschrieben worden sein dürfte; ihm kann aber nur die Bedeutung „i. V.“ = „in Vertretung“ beigemessen werden). Aus der Fertigungsklausel geht nicht hervor, von wem die Unterschrift stammt; die Unterschrift ist auch nicht leserlich, sondern wurde in Form von Schlingen geleistet. Auch die bloße Angabe eines Sachbearbeiters am Anfang der Erledigung reicht jedenfalls nicht aus (siehe zu alldem: VwGH 19.3.2015, 2012/06/0145, mwN).

Es könnten allenfalls Vermutungen aufgestellt werden, wer den Bescheid unterfertigt haben könnte; das reicht aber keineswegs aus, weil es auf die objektive Beurteilung des Bescheides ankommt. Würde die Unterschrift etwa vom Vizebürgermeister stammen, so ist darauf hinzuweisen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwGH 26.6.2008, 2006/06/0288, bereits mit der Konstellation, dass der Vizebürgermeister unter Beifügung der Klausel „Vbgm“ unterschrieb, aber in der Fertigungsklausel „Der Bürgermeister“ mit der namentlichen Nennung des Bürgermeisters aufschien, auseinandergesetzt hat. Der Gerichtshof kam hier zum Ergebnis, dass kein Bescheid vorliege, weil eine Unklarheit des Genehmigenden bestehe, die sich daraus ergebe, dass der Name des Bürgermeisters beigefügt worden sei, der aber nicht der Genehmigende sei. Diese Unklarheit besteht im gegenständlichen Fall umso mehr, als dem Benützungsuntersagungsbescheid objektiv gar keine Anhaltspunkte zur Person des Genehmigenden entnommen werden können.

4. Der Titelbescheid, der mit dem angefochtenen Bescheid vollstreckt werden sollte, liegt daher nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage zu klären war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage der Anforderungen an die Unterschrift auf einem Bescheid liegt eine eindeutige, nicht als uneinheitlich zu qualifizierende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die einzelfallbezogene Anwendung dieser Grundsätze warf keine Fragen auf, die über den konkreten Anlassfall hinausgehen.

Schlagworte

Stattgabe; Fertigungsklausel; Vertretung; Unterschrift, nicht leserlich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2022:LVwG.190077.4.KHu

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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