TE Vwgh Beschluss 2022/11/22 Ra 2022/07/0075

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Veröffentlicht am 22.11.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §30 Abs2
  1. VwGG § 30 heute
  2. VwGG § 30 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 30 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2013
  4. VwGG § 30 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VwGG § 30 gültig von 01.08.2004 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  6. VwGG § 30 gültig von 05.01.1985 bis 31.07.2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Stadtgemeinde G, vertreten durch die Haslinger/Nagele Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 8. November 2021, Zl. LVwG-AV-1194/001-2021, betreffend eine wasserrechtliche Bewilligungund Zwangsrechtseinräumung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Korneuburg; mitbeteiligte Partei: K GmbH, vertreten durch die Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juni 2021 wurde der mitbeteiligten Partei nach dem Mineralrohstoffgesetz (MinroG) die Genehmigung zur obertägigen Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe und zur Herstellung und zum Betrieb von Bergbauanlagen auf dem Grundstück Nr. 3518, KG G. (Spruchpunkte I. und II.), und eine Ausnahmegenehmigung zur Arbeitsstättenverordnung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) (Spruchpunkt III.) erteilt. Ferner wurde ihr nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) die Bewilligung zur Gewinnung und Aufbereitung von Sand und Kies bis HGW100 für ein auf dem Grundstück Nr. 3518, KG G., gelegenes Abbaufeld (Nassbaggerung nach § 32 WRG 1959) (Spruchpunkt IV.1.1.), zur Errichtung eines Brunnens für die Nutzwasserversorgung für Sanitäranlagen und eine Reifenwaschanlage auf diesem Grundstück (Spruchpunkt IV.1.2.) und zur Errichtung einer Nutzwasserentnahmeanlage aus dem M.-Kanal inklusive Leitungen (Spruchpunkt IV.2.3.) erteilt. Zudem wurde zu Gunsten der mitbeteiligten Partei ein Zwangsrecht für die Unterquerung der über bestimmt bezeichnete Grundstücke verlaufenden Verkehrswege für die Rohrleitung und den Transport des aus der Nutzwasserentnahmeanlage entnommenen Wassers eingeräumt (Spruchpunkt IV.2.4.).

2        Dagegen erhob die revisionswerbende Partei Beschwerde.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde in Hinblick auf die von der revisionswerbenden Partei im Verfahren erhobenen Einwendungen gegen Spruchpunkt IV.1.1., IV.1.2. und IV.2.3. (wasserrechtliche Bewilligung) und Spruchpunkt IV.2.4. (Zwangsrechtseinräumung) des genannten Bescheids der belangten Behörde als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision vom 29. Juli 2022.

5        Mit Schriftsatz vom 26. September 2022 beantragte die revisionswerbende Partei, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6        Darin macht sie als unverhältnismäßigen Nachteil geltend, als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit würden die von ihr in ihrer Rolle als Standortgemeinde zu vertretenden Interessen im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren beeinträchtigt. Im Fall der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre die mitbeteiligte Partei berechtigt, die in Rede stehenden mineralischen Rohstoffe zu gewinnen. Die gewonnenen mineralischen Rohstoffe würden in dem ebenso im Gemeindegebiet der revisionswerbenden Partei gelegenen Betonmischwerk wohl unmittelbar verarbeitet werden. Aufgrund der endgültigen Verarbeitung könnte der vorherige Zustand (konkret: der Zustand im Fall der Nichtgewinnung mineralischer Rohstoffe mangels wasserrechtlicher Genehmigung hierfür) tatsächlich (sprich insbesondere technisch) nicht mehr wiederhergestellt werden. Die Unverhältnismäßigkeit dieses Nachteils könne somit nicht aus dem Grund, dass die Möglichkeit bestünde, den (nachträglich konsenslosen) Zustand zu beseitigen, verneint werden. Der Erfolg der Revision würde infolge der Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher faktisch vereitelt werden. Weiters sei zu beachten, dass aufgrund eines spezifischen Bodenaufbaus auch nicht argumentiert werden könne, dass die mitbeteiligte Partei ohnehin auf eigenes Risiko mit der Gewinnung beginnen könnte und dann gehalten wäre, den vorherigen Zustand wiederherzustellen, weil die gegebenen Bodenschichten nicht „vollinhaltlich“ wie im Naturzustand wiederhergestellt werden könnten. Auch stünden dem Aufschub des Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen.

7        Die belangte Behörde (in ihrer Revisionsbeantwortung) und die mitbeteiligte Partei (mit gesondertem Schriftsatz) haben zu diesem Antrag Stellungnahmen abgegeben.

8        Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG ist der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

9        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden - im Beschwerdeweg - der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für eine Nassbaggerung, zur Errichtung eines Brunnens für die Nutzwasserversorgung bestimmter Anlagen und zur Errichtung einer Nutzwasserentnahmeanlage aus dem Kanal inklusive Leitungen erteilt. Zudem wurde zu ihren Gunsten ein Zwangsrecht (Dienstbarkeit) für die Rohrleitung und den Transport des aus der Nutzwasserentnahmeanlage entnommenen Wassers eingeräumt. Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei ist die mitbeteiligte Partei aufgrund des angefochtenen Erkenntnisses daher nicht auch (schon) berechtigt, mineralische Rohstoffe im Sinn der mit den Spruchpunkten I. und II. des Bescheids der belangten Behörde vom 14. Juni 2021 erteilten mineralrohstoffrechtliche Genehmigung zu gewinnen bzw. zu verarbeiten. Schon deshalb vermag die revisionswerbende Partei mit ihrem auf diese Genehmigung bezugnehmenden Vorbringen einen unverhältnismäßigen Nachteil, der für sie mit dem Vollzug des gegenständlich angefochtenen Erkenntnisses, mit dem eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt und in diesem Zusammenhang ein Zwangsrecht eingeräumt wurden, verbunden wäre, nicht darzulegen.

10       Im Übrigen hat die revisionswerbende Partei mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2022 mitgeteilt, dass mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Oktober 2022, E 339/2022-25, im dort über ihre Beschwerde (gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2021) behängenden Verfahren betreffend die mineralrohstoffrechtliche Genehmigung ihrem an den Verfassungsgerichtshof ebenso gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung Folge gegeben wurde.

11       Erkennt der Verfassungsgerichtshof aber einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zu, so hat dies nach der ständigen hg. Rechtsprechung zur Folge, dass die mit der Beschwerde angefochtene Entscheidung vorläufig keine Rechtswirkungen zu äußern vermag (vgl. VwGH 29.7.1993, 93/18/0115; 18.1.2016, Ra 2015/07/0163).

12       Auf die Frage nach dem allfälligen Vorliegen von zwingenden öffentlichen Interessen - solche stünden nach Ansicht der belangten Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung dem Aufschub des Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses derzeit nicht entgegen - kommt es daher nicht an.

13       Dem Aufschiebungsantrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 22. November 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070075.L00

Im RIS seit

23.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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