TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/6 Ra 2022/11/0154

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Veröffentlicht am 06.12.2022
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Index

L08010 Vereinbarungen nach Art 15a
L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
17 Vereinbarungen gemäss Art 15a B-VG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §18
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005
AVG §18 Abs4
AVG §56
AVG §68 Abs4
AVG §69
B-VG Art15a
Gundstücksverkehr-Vereinbarung 1993 Art4 Abs1 Z1
GVG Vlbg 2004 §12 Abs5
GVG Vlbg 2004 §29 Abs1
GVG Vlbg 2004 §29 Abs2
GVG Vlbg 2004 §29 Abs2 lita
GVG Vlbg 2004 §29 Abs4
VwGG §42 Abs2 Z1
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. AVG § 18 heute
  2. AVG § 18 gültig ab 01.01.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008
  3. AVG § 18 gültig von 01.03.2004 bis 31.12.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004
  4. AVG § 18 gültig von 01.01.2002 bis 29.02.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  6. AVG § 18 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  7. AVG § 18 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. AVG § 69 heute
  2. AVG § 69 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. AVG § 69 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. AVG § 69 gültig von 01.01.1999 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  5. AVG § 69 gültig von 01.02.1991 bis 31.12.1998
  1. B-VG Art. 15a heute
  2. B-VG Art. 15a gültig ab 01.01.2004 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  3. B-VG Art. 15a gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Dr. E K in B, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 5. Mai 2022, Zl. LVwG-301-10/2022-R19, betreffend Feststellung gemäß § 29 VGVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 3. März 2022 stellte die belangte Behörde gemäß § 11 iVm. § 29 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (VGVG), LGBl. Nr. 42/2004, fest, dass der grundbücherlich durchgeführte Rechtserwerb des Allein- bzw. Hälfteeigentums an näher bezeichneten Grundstücken in N durch den Revisionswerber der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung entbehre.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe am 14. November 2019 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Erwerb der in Rede stehenden Grundstücke in sein Allein- bzw. Hälfteeigentum beantragt. Die Grundstücke seien im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde N als „Freifläche Freihaltegebiet“ ausgewiesen. Die Flächen wiesen teilweise eine Bestockung auf, teilweise würden sie landwirtschaftlich genutzt. Aufgrund der Beschaffenheit und der Art der tatsächlichen Verwendung der Flächen handle es sich um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinn des VGVG.

4        Die Grundverkehrs-Ortskommission N habe sich am 11. Dezember 2019 mit dem gegenständlichen Grundverkehrsansuchen befasst. In der Niederschrift über diese Sitzung seien unter der „Reg Nr 15“ der den Rechtserwerb des Revisionswerbers betreffende Gegenstand, die Genehmigung „GV-OK“ und das Abstimmungsverhältnis eingetragen worden. Die Niederschrift sei vom Vorsitzenden und den Beisitzern unterfertigt worden.

5        Mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 habe die Marktgemeinde N dem Revisionswerber unter dem Betreff „Kaufvertrag bzw. Grundstückskauf von [Verkäuferin], Grundverkehrsbehördliche Genehmigung; Gebührenvorschreibung“ Folgendes mitgeteilt:

„Sehr geehrter Herr [Revisionswerber],

die Grundverkehrsortskommission der Marktgemeinde N hat Ihnen in der Sitzung vom 11.12.2019 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Kauf der GST-NRN. ... und dem Hälfteanteil an den GST-NRN, alle GB N, erteilt.

Für die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Rechtsgeschäfts sind von Ihnen insgesamt € 68,50 (Bundesverwaltungsabgabe € 14,30 und Landesverwaltungsabgabe € 54,20) innerhalb eines Monats auf das Konto der Marktgemeinde N bei der ... Bank AG zu entrichten.

Mit freundlichen Grüßen

Marktgemeinde [N]

Der Bürgermeister

i.V. Vizebgm. [Vor- und Nachname]“

Das Schreiben enthalte den Rundstempel der Marktgemeinde N und sei unterfertigt.

6        Der gegenständliche Kaufvertrag sei mit der Stampiglie „Grundverkehrs-Ortskommission [N], rechtskräftig genehmigt am 11.12.2019, Der Vorsitzende: iV“ (Unterschrift unleserlich, ohne Namensbeifügung) und dem Rundsiegel der Grundverkehrs-Ortskommission N versehen worden. Das Datum „11.12.2019“ sei handschriftlich eingetragen worden.

7        Der Eigentumserwerb des Revisionswerbers sei im Grundbuch durchgeführt worden.

8        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, der gegenständliche Rechtserwerb habe unbestrittenermaßen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach dem VGVG bedurft. Die Grundverkehrs-Ortskommission der Marktgemeinde N habe sich in dieser Angelegenheit für zuständig erachtet. Sie habe sich am 11. Dezember 2019 auch mit dem betreffenden Ansuchen befasst. In der Niederschrift über diese Sitzung seien der Gegenstand des in Rede stehenden Rechtserwerbs, die Genehmigung sowie das Abstimmungsergebnis eingetragen worden. Die Niederschrift sei vom Vorsitzenden und den Beisitzern unterfertigt worden. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung wäre vorliegend allerdings nur dann rechtswirksam erteilt worden, wenn ein entsprechender „Intimationsbescheid“ ausgefertigt worden wäre.

9        Es sei daher zu prüfen, ob es sich bei der Anbringung der Stampiglie auf dem Kaufvertrag bzw. bei dem Schreiben der Marktgemeinde N vom 12. Dezember 2019 um einen Bescheid handle, mit dem der gegenständliche Rechtserwerb genehmigt worden sei.

10       Betreffend die Stampiglie („Genehmigungsvermerk“) hielt das Verwaltungsgericht fest, es fehle dieser zum einen die Bezeichnung als Bescheid. Zum anderen weise die Stampiglie nicht den Aufbau eines Bescheides (Begründung, Rechtsmittelbelehrung) auf. Es seien in dieser auch nicht die gemäß § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG erforderlichen Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenommen hätten, enthalten. Die Wortfolge „rechtskräftig genehmigt am 11.12.2019“ könne auch nicht als verbindliche Erledigung und damit als Spruch im Sinn des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Bei der Stampiglie handle es sich daher um keinen Bescheid. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass es sich dabei um einen Bescheid handelte, wäre dieser absolut nichtig, weil aus der Stampiglie der Name des Genehmigenden nicht in erkennbarer Weise hervorgehe. Die Unterschrift des Genehmigenden sei nicht leserlich und dessen Name der Stampiglie auch nicht beigefügt worden.

11       Das Schreiben vom 12. Dezember 2019 sei weder als Bescheid bezeichnet, noch weise es den Aufbau eines Bescheides (Begründung, Rechtsmittelbelehrung) auf. Es beginne und ende jeweils mit einer im allgemeinen Schriftverkehr üblichen Höflichkeitsfloskel. Das Schreiben enthalte auch nicht die gemäß § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG erforderlichen Namen der Mitglieder, die an der Abstimmung teilgenommen hätten. Der Einleitungssatz des Schreibens („die Grundverkehrsortskommission der Marktgemeinde N hat Ihnen in der Sitzung vom 11.12.2019 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Kauf der GST-NRN. ... und dem Hälfteanteil an den GST-NRN, alle GB N, erteilt.“) könne nicht als Spruch qualifiziert werden. Es handle sich lediglich um eine Information.

12       Der zweite Satz des Schreibens („Für die grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Rechtsgeschäfts sind von Ihnen insgesamt € 68,50 (Bundesverwaltungsabgabe € 14,30 und Landesverwaltungsabgabe € 54,20) innerhalb eines Monats auf das Konto der Marktgemeinde N bei der ... Bank AG zu entrichten.“) könnte allerdings als - wenngleich nicht ausdrücklich betitelter, jedoch erkennbarer - Spruch zu qualifizieren sein. Allerdings würde es sich in diesem Fall um einen Kostenbescheid handeln, mit dem lediglich Kosten nach der Bundesabgabenordnung und der Verwaltungsabgabenverordnung vorgeschrieben worden seien. Auch in diesem Fall wäre der gegenständliche Rechtserwerb nicht genehmigt worden.

13       Dem vom Revisionswerber behaupteten Umstand, dass antragskonforme Erledigungen von Grundverkehrsanträgen in der Gemeinde N (wie in allen anderen Gemeinden des Landes Vorarlberg) so wie vorliegend ausgefertigt werden würden, sodass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben keinerlei Veranlassung bestehe, die in Rede stehende Erledigung zu beseitigen, komme keine rechtliche Bedeutung zu, weil der gegenständliche Rechtserwerb einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedurft hätte. Somit könne sich der Revisionswerber nicht auf den Grundsatz von Treu und Glauben stützen.

14       Dem Vorbringen des Revisionswerbers betreffend § 68 AVG sei entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 3. März 2022 keine Aufhebung gemäß § 68 AVG vorgenommen habe. Für das gegenständliche Verfahren nach § 29 VGVG sei die belangte Behörde zuständig. Da vorliegend der grundbücherlich durchgeführte Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung entbehre, habe die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zu Recht erlassen.

15       Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29. Juni 2022, E 1584/2022-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

16       In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird u.a. vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe abweichend von näher zitierter hg. Judikatur die Erledigung der Grundverkehrs-Ortskommission vom 12. Dezember 2019 nicht als Bescheid qualifiziert, weshalb infolge Genehmigung des Rechtserwerbs die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 29 VGVG nicht vorlägen.

17       Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18       Im Hinblick auf das dargestellte Zulässigkeitsvorbringen erweist sich die Revision als zulässig und begründet.

19       Die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über die Festlegung von bundesweit einheitlichen zivilrechtlichen Bestimmungen für landesgesetzlich zu regelnde Angelegenheiten des Grundstücksverkehrs (Grundstücksverkehr-Vereinbarung - GruVe-VE), BGBl. Nr. 260/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 1/2017 (für Vorarlberg kundgemacht in LGBl. Nr. 26/1993 bzw. in LGBl. Nr. 1/2017), lautet auszugsweise:

„Artikel 1

Soweit Landesgesetze den Grundstücksverkehr für Ausländer und den Verkehr mit bebauten oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) oder den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines lebensfähigen Bauernstandes verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen und mit einer solchen Beschränkung zivilrechtliche Wirkungen verbunden sein sollen, sind im Sinn des Art. 15 Abs. 9 B-VG die entsprechenden zivilrechtlichen Bestimmungen in Übereinstimmung mit den folgenden Regelungen zu treffen.

...

Artikel 4

Unwirksamkeit der Eintragung

(1) Auf Antrag der Behörde sind im Grundbuch anzumerken:

1.   ein rechtskräftiger Bescheid oder eine rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung, aus dem beziehungsweise aus der sich ergibt, dass ein grundbücherlich bereits durchgeführter Rechtsvorgang der erforderlichen Genehmigung, Bestätigung, Anzeige oder Erklärung entbehrt, besonders weil die Eintragung unter Umgehung der Bestimmungen über die Erforderlichkeit einer Genehmigung, einer Bestätigung, einer Anzeige beziehungsweise einer Erklärung erwirkt worden ist oder weil die Erklärung im Sinn des Art. 3 Abs. 1 Z 4 unrichtig war, und

2.   ein Bescheid, mit dem die Behörde ein Verfahren zur Prüfung der Frage einleitet, ob ein Fall der Z 1 vorliegt.

...“.

20       Die Materialien zu Art. 4 GruVe-VE in der in BGBl. Nr. 260/1993 kundgemachten Fassung lauten auszugsweise (RV 723 BlgNR 22. GP, 8):

„Zum Art. 4:

Diese Bestimmung dient der - nachträglichen - Erfassung von Umgehungsgeschäften und erfaßt vor allem auch den Fall, daß eine unrichtige Erklärung zu einer Einverleibung im Grundbuch geführt hat.

Abs. 1 Z 1 geht - so wie der gesamte Entwurf - davon aus, daß die Landesgesetze kein reines Erklärungsmodell vorsehen werden, sondern immer auch Gruppen von Erwerbsvorgängen umschrieben sein werden, in denen die Voraussetzungen für die Erklärung nicht gegeben sind, die aber nach bestimmten Kriterien genehmigt werden können, sodaß in Fällen, in denen die Erklärung nicht abgegeben oder falsch ist, noch die Möglichkeit und das Erfordernis einer Genehmigung bzw. Nichtuntersagung besteht.

Zunächst soll die Behördenentscheidung, welche die grundverkehrsrechtliche Bedenklichkeit des bereits verbücherten Rechtsvorgangs dartut, im Grundbuch angemerkt werden, und zwar auch dann, wenn sie noch nicht rechtskräftig ist. Stellt sich nach weiterer Prüfung durch die Behörde heraus, daß der Rechtsvorgang nicht genehmigt werden kann bzw. daß er untersagt werden muß, so ist die Einverleibung im Grundbuch zu löschen; stellt sich das Gegenteil heraus, so kommt es zur Löschung der Anmerkung.

Abs. 1 Z 1 wird sinnvollerweise durch eine korrespondierende Verwaltungsvorschrift zu ergänzen sein, der zufolge Umgehungsgeschäfte (auch) genehmigungs-, anzeige- oder erklärungsbedürftig sind. Eine solche Bestimmung könnte dann Grundlage für einen Bescheid sein, der im Sinn des Abs. 3. unmittelbar (also ohne ein Feststellungsverfahren im Sinn des Art. 18) zur Löschung der Eintragung führt. ...“

21       Betreffend die „3. Grundstücksverkehr-Änderungsvereinbarung“ (vgl. deren Kundmachung in BGBl. I Nr. 1/2017 sowie in LGBl. Nr. 1/2017) ergibt sich aus den Materialien auszugsweise Folgendes (RV 1149 BlgNR 25. GP; 2; vgl. auch RV 53. Beilage zu den Sitzungsberichten des 30. Vorarlberger Landtages, 6. Sitzung, Teil B, 2):

„Zu Z 5 und 6 (Art. 4 und 8):

Die vorgeschlagene Änderung dient der Anpassung an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (s. bereits Z 3). In Art. 4 Abs. 1 Z 1 ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Entscheidung, mit der festgestellt wird, dass der bereits durchgeführte Rechtsvorgang der erforderlichen Genehmigung, Bestätigung, Anzeige oder Erklärung entbehrt, auch vom Landesverwaltungsgericht getroffen werden kann. In Z 2 ist hingegen keine Änderung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage notwendig, weil der Bescheid, mit dem ein Verfahren zur Prüfung einer Umgehung oder einer falschen Erklärung eingeleitet wird, stets von der Behörde erster Instanz erlassen wird. ...“

22       Die maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (VGVG), LGBL. Nr. 42/2004 in der Fassung LGBl. Nr. 4/2022, lauten auszugsweise:

„3. Abschnitt

Behörden und Verfahren

§ 11

Behörden

(1) Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die in den Abs. 2 bis 5 angeführten Behörden.

(2) Von den Fällen des Abs. 3 und 5 abgesehen, ist die Grundverkehrs-Landeskommission zuständig.

(3) Die Grundverkehrs-Ortskommission ist zuständig bei Rechtserwerben an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, wenn der Erwerber in der Gemeinde, in der das Grundstück liegt, oder in einer angrenzenden Gemeinde als Landwirt gemäß § 2 Abs. 5 lit. a einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet. Dies gilt nicht, wenn der Rechtserwerber Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke - Alpen und Vorsäße (Maisäße) nicht mit eingerechnet - im Ausmaß von mehr als 20 ha ist oder durch den Rechtserwerb wird. Dies gilt weiters nicht, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist und im Verfahren gemäß den §§ 29 und 30.

...

§ 12

Grundverkehrs-Ortskommission

(1) Für jede Gemeinde besteht eine Grundverkehrs-Ortskommission. Dies gilt nicht im Falle der Übertragung der Zuständigkeit nach § 11 Abs. 4.

(2) Die Grundverkehrs-Ortskommission besteht aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und drei Beisitzern. Diese sind vom Bürgermeister auf Vorschlag der Gemeindevertretung auf die jeweilige Funktionsdauer der Gemeindevertretung zu bestellen und auf ihre Amtspflichten anzugeloben. Sie bleiben bis zum Gelöbnis der Beisitzer der neuen Funktionsperiode im Amt. Scheidet ein Beisitzer vorzeitig aus, so ist für den Rest der Amtsdauer ein neuer Beisitzer zu bestellen. Die Beisitzer müssen in die Gemeindevertretung wählbar sein. Zwei Mitglieder der Grundverkehrs-Ortskommission müssen dem bäuerlichen Berufsstand angehören. Für jeden Beisitzer ist ein Vertreter zu bestellen, für den die gleichen Bestimmungen gelten wie für den Beisitzer, den er zu vertreten hat.

...

(4) Die Kanzleigeschäfte der Grundverkehrs-Ortskommission sind von der Gemeinde zu führen. Der Aufwand für die Grundverkehrs-Ortskommission ist von der Gemeinde zu tragen.

(5) Die Grundverkehrs-Ortskommission ist beschlussfähig bei Anwesenheit des Vorsitzenden und der drei Beisitzer. Sie beschließt in nicht-öffentlicher Sitzung. Für einen Beschluss ist die Stimmenmehrheit erforderlich. Kein Mitglied darf sich der Stimme enthalten. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Für die Beschlussfassung im Rahmen von Videokonferenzen oder im Umlaufweg gilt § 14 sinngemäß. Die Bescheide der Grundverkehrs-Ortskommission sind schriftlich zu erlassen. Sie haben die Namen der Mitglieder zu enthalten, welche an der Abstimmung teilgenommen haben und sind vom Vorsitzenden zu fertigen.

...

§ 29

Unwirksamkeit der Eintragung

(1) Ist anzunehmen, dass ein grundbücherlich durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung oder Bestätigung der Erklärung entbehrt, besonders weil die Eintragung unter Umgehung der Bestimmungen über die Erforderlichkeit einer Genehmigung oder Bestätigung der Erklärung erwirkt worden ist, so hat die Grundverkehrs-Landeskommission mit Bescheid ein Verfahren zur Prüfung dieser Fragen einzuleiten.

(2) Eine Entscheidung,

a)   aus der sich ergibt, dass ein grundbücherlich durchgeführter Rechtsvorgang der erforderlichen Genehmigung oder Bestätigung der Erklärung entbehrt, oder

b)   mit der die Behörde ein Verfahren zur Prüfung der Frage einleitet, ob ein Fall der lit. a vorliegt,

ist auf Antrag der Behörde im Grundbuch anzumerken.

(3) Eine Anmerkung nach Abs. 2 hat zur Folge, dass eine Entscheidung über die Genehmigung oder die Bestätigung der Erklärung des Rechtserwerbes auch gegen Personen ihre volle Wirksamkeit äußert, die erst nach dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Anmerkung beim Grundbuchsgericht eingelangt ist, bücherliche Rechte erlangt haben.

(4) Wird festgestellt, dass ein grundbücherlich durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung oder Bestätigung der Erklärung entbehrt, so hat der Erwerber innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung anzusuchen oder die Erklärung abzugeben.

...“

23       In den Materialien zur Vorgängerbestimmung des § 29 VGVG (vormals § 27 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1993, LGBl. Nr. 61) wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (RV 44. Beilage zu den Sitzungsberichten des 25. Vorarlberger Landtages, 29):

„Zu § 27:

Aufgrund des im § 7 des Entwurfs geschaffenen vereinfachten Verfahrens, das eine Eintragung des Rechts in das Grundbuch ohne vorherige grundverkehrsbehördliche Kontrolle des Rechtserwerbs vorsieht, erlangt die nachfolgende Kontrolle, insbesondere auch zur Rückgängigmachung von Umgehungsgeschäften oder sonstigen rechtswidrigen Handlungen (falsche Erklärung), eine besondere Bedeutung.

Das Verfahren ist durch einen Bescheid einzuleiten. Die aufgrund der Art. 15a B-VG Vereinbarung vorgeschriebene Rechtsform des Bescheides ist notwendig, da die Einleitung des Verfahrens auf Antrag der Behörde im Grundbuch anzumerken ist.

...

Liegt der Behörde der Sachverhalt bereits entscheidungsreif vor, kann anstatt des Einleitungsbescheides gemäß Abs. 1 oder nach dem dem Einleitungsbescheid folgenden Prüfungsverfahren ein Bescheid erlassen werden, aus dem sich ergibt, dass ein grundbücherlich durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung entbehrt oder die Erklärung gemäß § 7 unrichtig war.

...“

24       Im Hinblick auf die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung der belangten Behörde sowie in Anbetracht der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Kopie des „aufsichtsbehördlichen Akts“ ist vorauszuschicken, dass nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut § 29 Abs. 2 und 4 VGVG keine Anwendung auf Konstellationen findet, in denen die erforderliche grundverkehrsbehördliche Genehmigung bescheidmäßig erteilt wurde, jedoch hinsichtlich dieses Bescheids allenfalls die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG vorliegen oder der dem Rechtsbestand angehörende Bewilligungsbescheid mit einem etwaigen Mangel behaftet ist, der im Wege der Nichtigerklärung gemäß § 68 Abs. 4 AVG zu seiner Beseitigung führen könnte (arg: „... ein grundbücherlich durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung oder Bestätigung der Erklärung entbehrt, ...“). Auch Art. 4 Abs. 1 Z 1 GruVe-VE, der bei einer vertragskonformen Auslegung des § 29 VGVG zu berücksichtigen ist (vgl. etwa VfGH 11.3.2015, VfSlg. 19964), stellt darauf ab, dass ein grundbücherlich bereits durchgeführter Rechtsvorgang der erforderlichen Genehmigung, Bestätigung, Anzeige oder Erklärung entbehrt (siehe ferner Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht, 432, sowie Schramek in Müller/Weber, TGVG, § 33, 285).

25       Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist weder ein die Wiederaufnahme verfügender Bescheid gemäß § 69 AVG noch ein auf § 68 Abs. 4 AVG gestützter Bescheid der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde, sondern eine Feststellung der belangten Behörde gemäß § 29 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 VGVG, die mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigt wurde.

26       Die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 29 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 VGVG fällt - entgegen der in der Revisionsbeantwortung dargelegten Auffassung - in die Zuständigkeit der Grundverkehrs-Landeskommission, und zwar auch dann, wenn in dem gemäß § 29 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 VGVG geführten Verfahren die Rechtswirksamkeit des Zustandekommens einer Erledigung einer anderen Behörde (hier: der Grundverkehrs-Ortskommission) zu beurteilen ist.

27       Dies folgt aus § 29 Abs. 1 VGVG, der für die Einleitung eines Prüfungsverfahrens ausdrücklich die Zuständigkeit der Grundverkehrs-Landeskommission vorsieht, sowie aus dem engen systematischen Zusammenhang der (das Prüfungs- und Feststellungsverfahren betreffenden) Absätze 1 bis 4 dieser Bestimmung, aus dem sich erschließt, dass für die Einleitung des Prüfungsverfahrens sowie für die abschließende Feststellung, die als Ergebnis des Prüfungsverfahrens zu betrachten ist (siehe Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht, 432), ein und dieselbe Behörde zuständig ist (vgl. auch die oben wiedergegebenen Materialien zu § 29 VGVG; arg: „... Liegt der Behörde der Sachverhalt bereits entscheidungsreif vor, kann anstatt des Einleitungsbescheides gemäß Abs. 1 ... ein Bescheid erlassen werden, aus dem sich ergibt, dass ein grundbücherlich durchgeführter Rechtserwerb der erforderlichen Genehmigung entbehrt. ...“). Im Übrigen lautete der Einleitungssatz des § 29 Abs. 4 VGVG vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 44/2013 dahin, dass „die Behörde“ die in Rede stehende Feststellung zu treffen habe, wobei damit - wie soeben erläutert - die bereits in Abs. 1 dieser Bestimmung genannte Grundverkehrs-Landeskommission gemeint war und die mit LGBl. Nr. 44/2013 erfolgte Änderung der einleitenden Wortfolge des Abs. 4 (vgl. nunmehr: „Wird festgestellt, dass...“) lediglich auf die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 und die im Hinblick darauf erfolgte Miteinbeziehung feststellender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen zurückzuführen war.

28       Darüber hinaus sind sowohl das Verwaltungsgericht als auch die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass eine Feststellung gemäß § 29 Abs. 2 lit. a und 4 VGVG auch in jenen Fällen zu treffen ist, in denen aus anderen als den in § 29 Abs. 1 VGVG bzw. Art. 4 Abs. 1 Z 1 GruVe-VE beispielhaft erwähnten Gründen ein grundbücherlich bereits durchgeführter Rechtsvorgang der erforderlichen Genehmigung entbehrt (vgl. „...besonders weil...“).

29       Was die vorliegende Feststellung der belangten Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts betrifft, setzt deren Rechtmäßigkeit allerdings (u.a.) voraus, dass für den gegenständlichen grundbücherlich durchgeführten Rechtserwerb des Revisionswerbers keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung vorliegt.

30       In diesem Zusammenhang vertrat das Verwaltungsgericht - wie auch bereits die belangte Behörde - die Auffassung, dass es sich bei der in Rede stehenden (den Rechtserwerb des Revisionswerbers betreffenden) Erledigung der Grundverkehrs-Ortskommission vom 12. Dezember 2019 nicht um einen Bescheid handle, sodass eine feststellende Entscheidung gemäß § 29 Abs. 2 lit. a und Abs. 4 VGVG zu erlassen gewesen sei. Zu Recht weist der Revisionswerber darauf hin, dass diese verwaltungsgerichtliche Beurteilung aus den nachstehenden Gründen im Widerspruch zur hg. Rechtsprechung bzw. nicht im Einklang mit der Rechtslage steht.

31       Abgesehen von den auf den Genehmigungsvermerk („Stampiglie“) Bezug nehmenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, denen insofern beizupflichten ist, als der am Kaufvertrag angebrachte Genehmigungsvermerk zweifellos keinen Bescheid darstellt, lag den verwaltungsgerichtlichen Überlegungen die an den Revisionswerber ergangene Erledigung vom 12. Dezember 2019 zugrunde.

32       Dazu ist zunächst anzumerken, dass bei Entscheidungen von Kollegialorganen (hier: der Grundverkehrs-Ortskommission) zwischen der Willensbildung (Beschlussfassung) und der Errichtung der Urschrift (Beurkundung der Beschlussfassung; auch: „Genehmigung der Erledigung“) zu unterscheiden ist (vgl. VwGH 10.6.2015, 2012/11/0211, mwN).

33       In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten befindet sich neben der Niederschrift über die Sitzung und Beschlussfassung vom 11. Dezember 2019 und der Erledigung vom 12. Dezember 2019 ein Formular betreffend das Grundverkehrsansuchen des Revisionswerbers, in dem unter Anführung des Abstimmungsergebnisses sowie der Namen der Mitglieder der Grundverkehrs-Ortskommission, die an der Abstimmung teilgenommen hatten, in Übereinstimmung mit der Niederschrift festgehalten wurde, dass die Genehmigung für den gegenständlichen Rechtserwerb in der Sitzung vom 11. Dezember 2019 erteilt worden sei. Diese als Beurkundung der Beschlussfassung der Grundverkehrs-Ortskommission zu wertende Eintragung, die eine Entscheidungsbegründung enthält und das Rundsiegel der Grundverkehrs-Ortskommission trägt, wurde vom (ersatzweise für den Bürgermeister einschreitenden) Vorsitzenden, dem Vizebürgermeister, unter Beifügung von dessen Vor- und Nachnamen unterfertigt (zu den Anforderungen an eine Unterschrift vgl. etwa VwGH 21.8.2020, Ra 2020/02/0165, wobei fallbezogen keine Zweifel daran bestehen können, dass die Merkmale einer Unterschrift in Ansehung dieser sowie der im Folgenden erwähnten Fertigung des Vorsitzenden erfüllt sind; zur Genehmigungsberechtigung des Vorsitzenden siehe neuerlich VwGH 10.6.2015, 2012/11/0211; zur Fertigung durch den Vorsitzenden vgl. auch § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG).

34       Die an den Revisionswerber ergangene Erledigung vom 12. Dezember 2019 stellt eine (sonstige) Ausfertigung im Sinn von § 18 Abs. 4 dritter Satz AVG dar. Sie nimmt - wie im angefochtenen Erkenntnis ausgeführt - ausdrücklich auf den von der Grundverkehrs-Ortskommission in der Sitzung am 11. Dezember 2019 gefassten Beschluss Bezug, mit dem der in Rede stehende Rechtserwerb genehmigt wurde. Diese Erledigung ist daher der Grundverkehrs-Ortskommission zurechenbar (vgl. VwGH 12.10.1995, 94/06/0075; 3.10.1996, 96/06/0111; 31.7.2006, 2005/05/0370 [VwSlg. 16986/A]). Der Umstand, dass diese Erledigung das Rundsiegel der Marktgemeinde N trägt und im Kopf der Name dieser Marktgemeinde aufscheint, ändert daran nichts, zumal die Gemeinde gemäß § 12 Abs. 4 VGVG auch die Geschäfte der Grundverkehrs-Ortskommission zu führen hat. Die Erledigung vom 12. Dezember 2019 wurde zudem vom Vorsitzenden der Kommission, dem den Bürgermeister vertretenden Vizebürgermeister, unterfertigt, dessen Vor- und Nachname auch in Druckschrift ersichtlich waren.

35       Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist für den Fall, dass eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift bzw. Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter unerheblich. Allerdings kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ - also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend - eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. Die bloße Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen, können nicht als verbindliche Erledigung gewertet werden. Lässt der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen - wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist -, so ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell (vgl. VwGH 22.9.1988, 87/08/0262 [VwSlg. 12778/A]; 18.12.2020, Ra 2017/08/0096, mwN).

36       Zudem ist das Erfordernis, dass ein Bescheid einen Spruch enthalten muss, nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist der normative Abspruch auch aus der Formulierung erschließbar, doch muss sich der Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Auch formlose Schreiben können daher Bescheide sein. Das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung ist für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung ebenso wenig entscheidend wie eine Gliederung dieser Erledigung nach Spruch und Begründung. An eine nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnete behördliche Erledigung ist allerdings hinsichtlich der Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. zu alldem VwGH 22.10.2020, Ro 2019/10/0038, mwN).

37       Bezogen auf die gegenständliche Erledigung ergibt sich aus dieser hg. Judikatur Folgendes:

38       Entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts besteht - auch bei Anlegen eines strengen Maßstabs - kein Zweifel daran, dass mit der an den Revisionswerber ergangenen Ausfertigung des Beschlusses der Grundverkehrs-Ortskommission vom 12. Dezember 2019 der normative Wille dieser Behörde, die ihre Entscheidungen über Grundverkehrsansuchen zudem mit (schriftlichem) Bescheid zu treffen hat (siehe § 12 Abs. 5 vorletzter Satz VGVG), zum Ausdruck gebracht wurde, den in Rede stehenden Rechtserwerb zu genehmigen und darüber bescheidmäßig abzusprechen. Somit führten das Fehlen einer Bescheidbezeichnung, das Fehlen einer für einen Bescheid charakteristischen Gliederung in Spruch und Begründung sowie das Fehlen einer Rechtsmittelbelehrung nicht dazu, dass es sich gegenständlich um keinen Bescheid gehandelt hätte.

39       Im Übrigen ist, soweit das Verwaltungsgericht eine Begründung der Erledigung vom 12. Dezember 2019 vermisste, auf § 58 Abs. 2 AVG hinzuweisen, wonach Bescheide zu begründen sind, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Keine der genannten Voraussetzungen war im Hinblick auf die gegenständliche, dem Grundverkehrsansuchen zur Gänze stattgebenden Entscheidung der Grundverkehrs-Ortskommission erfüllt (vgl. etwa VwGH 1.12.1992, 92/11/0149).

40       Wenn das Verwaltungsgericht darauf verweist, dass dem Erfordernis der Anführung der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder gemäß § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG nicht entsprochen worden sei, ist diese Begründung - ungeachtet der Frage, ob die genannte Vorschrift überhaupt die Ausfertigung der Entscheidung im Sinn des § 18 Abs. 4 AVG betrifft - nicht geeignet, das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung zu tragen.

41       Die Nichteinhaltung des § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG hinsichtlich der Verpflichtung zur Anführung der Mitglieder der Grundverkehrs-Ortskommission führt nämlich jedenfalls nicht dazu, dass eine Erledigung dieser Behörde, die die Anforderungen des AVG an die für die Rechtswirksamkeit eines Bescheides erforderlichen Kriterien erfüllt (zu der gemäß § 18 AVG nicht bestehenden Verpflichtung, die Namen der Mitglieder einer Kollegialbehörde im Bescheid anzuführen, vgl. etwa VwGH 30.3.2004, 2002/06/0160; 29.1.2008, 2006/11/0059; 15.5.2013, 2011/08/0128), als rechtlich inexistent zu betrachten wäre.

42       Die Vorschrift des § 12 Abs. 5 letzter Satz VGVG geht auf die §§ 14 Abs. 8 und 15 Abs. 6 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973, LGBl. Nr. 36 in der Fassung LGBl. Nr. 26/1975, zurück. Mit der Novelle LGBl. Nr. 26/1975 wurden die §§ 14 und 15 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973 neu gefasst und in § 14 Abs. 8 leg. cit. die Anordnung getroffen, dass die Bescheide der Grundverkehrs-Landeskommission schriftlich zu erlassen sind, die Namen der Mitglieder, welche an der Abstimmung teilgenommen haben, anzuführen haben und vom Vorsitzenden zu fertigen sind. Gemäß § 15 Abs. 6 leg. cit. galt diese Bestimmung für den Grundverkehrssenat (eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinn von Art. 133 Z 4 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) sinngemäß.

43       Aus der Regierungsvorlage (4. Beilage zu den Sitzungsberichten des 22. Vorarlberger Landtages, 22 f) geht hervor, dass die Vorschriften der § 14 Abs. 8 und 15 Abs. 6 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973 insbesondere im Hinblick auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1958, B 59/58 [VfSlg. 3406], sowie vom 29. Juni 1973, G 15/73 [VfSlg. 7099], geschaffen wurden. So wurde in den genannten Materialien u.a. darauf verwiesen, dass nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes eine der Voraussetzungen für die Sicherung der von der EMRK geforderten Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines „Tribunals“ darin bestehe, dass ausreichende Vorschriften vorlägen, die ein Tätigwerden eines befangenen Organs hintanhielten. Zu § 14 Abs. 8 leg. cit. wurde ausgeführt, dass diese Anordnung im Hinblick auf das den Parteien verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG; VfGH 9.10.1958, VfSlg. 3406 [Anmerkung: zu einer Konstellation, in der der Partei ausnahmsweise ein Ablehnungsrecht zukam]), aber auch im Hinblick auf das Aufsichtsrecht der Oberbehörde gemäß § 68 Abs. 4 AVG geboten sei.

44       §§ 14 Abs. 8 und 15 Abs. 6 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973 dienten daher zum einen - unter dem Blickwinkel des Hintanhaltens des Tätigwerdens eines befangenen Organs - dazu, der Partei die Namen der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder zu Kenntnis zu bringen. Dabei gilt es festzuhalten, dass die Mitwirkung eines befangenen Mitglieds an der Beschlussfassung einer Kollegialbehörde nach der ständigen hg. Judikatur nicht zur Nichtigkeit der betreffenden Erledigung führt (siehe schon VwGH 16.4.1959, 2975/58 [VwSlg. 4942/A]), sondern einen Verfahrensmangel darstellt, der von der Partei mit dem Rechtsmittel gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid geltend gemacht werden kann (vgl. bereits VwGH 25.10.1948, 1112/48 [VwSlg. 542/1948]; 14.9.1995, 92/06/0075; 15.5.2012, 2009/05/0088 [VwSlg. 18403/A]; vgl. etwa auch VfGH 7.10.1992, VfSlg. 13211).

45       Weiters ist die in § 14 Abs. 8 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973 erfolgte Regelung hinsichtlich der Anführung der Mitglieder der Grundverkehrs-Landeskommission ausweislich der zitierten Regierungsvorlage im Hinblick auf das der Oberbehörde gemäß § 68 Abs. 4 (Z 1) AVG zukommende Aufsichtsrecht zu sehen, wobei dessen Ausübung das Vorliegen eines rechtswirksamen Bescheides voraussetzt.

46       Vor diesem Hintergrund deutet nichts darauf hin, dass der Gesetzgeber als Folge der Nichteinhaltung der Bestimmung des § 14 Abs. 8 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz 1973 (

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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