TE Vwgh Erkenntnis 1995/12/19 95/20/0125

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Veröffentlicht am 19.12.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Z in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1994, Zl. 4.344.913/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. November 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines pakistanischen Staatsangehörigen, der am 22. August 1994 in das Bundesgebiet eingereist war und am 26. August 1994 den Asylantrag gestellt hatte, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. August 1994, mit welchem sein Asylantrag abgewiesen worden war, abgewiesen.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers mit dem Hinweis auf die zutreffende Sachverhaltsfeststellung und rechtliche Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides und führte darüber hinaus aus, der Beschwerdeführer habe behauptet, die Polizei seines Heimatstaates, welcher er die gegen ihn gerichteten Übergriffe seitens der Mitglieder der gegnerischen Partei gemeldet habe, habe nichts unternommen, um die Täter zu fassen, die Anzeige sei also offenbar von der Polizei entgegengenommen worden. Daß es nicht sofort zur Ergreifung der Täter gekommen sei, lasse jedoch noch nicht darauf schließen, daß die Polizei auch keine Ermittlungen eingeleitet habe. Kein Staat könne einen lückenlosen Schutz bieten. Es sei auch kein Motiv dafür erkennbar, warum gerade dem Beschwerdeführer als Mitglied der PPP, die bereits ca. 10 Monate vor seiner Ausreise Regierungspartei geworden und es noch immer sei, staatlicher Schutz verweigert hätte werden sollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hatte bei seiner am 26. August 1994 erfolgten niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesasylamt im wesentlichen angegeben, er sei im Jahre 1989 der Studentenorganisation der PPP beigetreten. Während der Wahl im Jahr 1992 habe er in Farooqabad mit einem Kandidaten der PPP zusammengearbeitet, im Wahlkampf Versammlungen veranstaltet und Reden gehalten. Aufgrund dieser Tätigkeiten sei er nach der Wahl von Mitgliedern der Islamic Jamhuri Itehad (IJI) dauernd belästigt und mehrmals mit dem Umbringen bedroht worden, weil er für die PPP gearbeitet habe und deren Mitglied gewesen sei. Im Jahr 1993 sei er auf offener Straße von Mitgliedern der IJI tätlich angegriffen und geschlagen worden. Er habe zwar die Vorfälle der Polizei gemeldet, diese habe jedoch nichts unternommmen, um die Täter zu fassen. Anfang Jänner 1994 sei er wiederum von Mitgliedern der IJI und der Muslim Liga auf offener Straße tätlich angegriffen worden. Aufgrund dieser dauernden Belästigungen und Bedrohungen durch Mitglieder der IJI und der Muslim Liga habe er aus Furcht um sein Leben Pakistan verlassen. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Ereignisse qualifizierte bereits die Erstbehörde als nicht ausreichend, um begründete Furcht vor Verfolgung zu erwecken, abgesehen davon, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bedrohungen und Belästigungen den staatlichen Stellen seines Heimatlandes nicht zuzurechnen gewesen seien.

In Beantwortung der ergänzenden Argumentation der belangten Behörde vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, er habe im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 ausreichend dargelegt, daß er aufgrund seines politischen Engagements von Mitgliedern anderer politischer Gruppen mehrfach bedroht und sogar auch tätlich angegriffen worden sei. Trotz Meldung bei der Polizei habe diese nichts unternommen, um die Täter zu fassen. Dies bedeute, die Polizei habe nicht gehandelt, sodaß der Hinweis, behördliches Handeln müsse nicht von vornherein von Erfolg getragen sein, ins Leere gehe. Deshalb sei auch die nach wie vor bestehende Verfolgungsgefahr seinem Heimatstaat zurechenbar: Die Untätigkeit der Polizei sei nämlich nicht nur Ursache der Möglichkeit weiterer Übergriffe gegen den Beschwerdeführer, den Staat treffe vielmehr auch die Verantwortlichkeit für die Untätigkeit seiner Organe und sohin auch für die bestehende Verfolgungsgefahr. Ein umfassender Schutz - wie ihn die belangte Behörde zum Gegenstand ihrer Argumentation gemacht habe - werde vom Beschwerdeführer gar nicht verlangt, die gänzliche Untätigkeit des Staates oder staatlicher Organe schließe jedoch eine Schutzgewährung wohl aus.

Der belangten Behörde kann jedoch im Ergebnis mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Schluß gelangt, das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere die eigenen Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme hätten nicht ergeben, daß er Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Insbesondere erweist sich die auch vom Bundesasylamt herangezogene Begründung, die gegen den Beschwerdeführer gerichteten Drohungen und tätlichen Angriffe durch Mitglieder der IJI sowie der Muslim Liga stellten keine VOM STAAT initiierte Verfolgungshandlung dar, als völlig im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine nicht von staatlichen Stellen des Heimatlandes eines Asylwerbers ausgehende Verfolgung nur dann von Bedeutung ist, wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, diese Verfolgung hintanzuhalten (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0169 und die dort wiedergegebene Judikatur). Der diesbezüglichen Behauptung des Beschwerdeführers, die Polizei habe zwar seine Anzeige entgegengenommen, sodann jedoch nichts weiter unternommen, hat die belangte Behörde - unter anderem - auch mit dem Argument beantwortet, es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit dem Beschwerdeführer aus seiner Parteimitgliedschaft bei der PPP, der unmittelbar vor Ausreise des Beschwerdeführers aus seinem Heimatland bereits und auch heute noch stärksten politischen Kraft in Pakistan, die auch die Regierungschefin stelle, eine dem Staat zuzurechnende Repression erwachsen bzw. staatlicher Schutz verweigert werden sollte. In diesem Lichte betrachtet, kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm obliegenden Schlüssigkeitsprüfung der Schlußfolgerung der belangten Behörde, ein gänzliches Untätigsein des Heimatstaates im Sinne einer diesem zurechenbaren Verfolgung habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, kein Rechtsirrtum erblickt werden. Aus diesem Grunde war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995200125.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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