Gbk 2022/7/12 GBK I/987/21

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Veröffentlicht am 12.07.2022
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Sexuelle Belästigung durch Dritten, Belästigung durch Dritten

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl Nr 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 12. Juli 2022 über den am 29. Jänner 2021 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) und durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG durch Z (Antragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/987/21, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch Z diskriminiert worden.

2.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG durch Z diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde zusammengefasst Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei im Februar 2020 bereits zum wiederholten Mal bei Clubhotel Y befristet als Skilehrerin beschäftigt gewesen. Seit ihrem ersten Saisoneinsatz im Jahr 2013 habe sie in dieser Position mindestens einmal jährlich und häufig auch mehrfach, etwa in Weihnachtsferien, Semesterferien oder Osterferien, bei besagtem Unternehmen gearbeitet.

Im Zeitraum vom 9. bis 21. Februar 2020 habe die Antragstellerin erstmals mit dem Antragsgegner zusammengearbeitet, wobei er als Chefskilehrer ihr direkter Vorgesetzter gewesen sei. Die ersten Tage des gemeinsamen Beschäftigungsverhältnisses seien aus Sicht der Antragstellerin gut verlaufen. Dies habe sich jedoch schlagartig in der ersten Woche anlässlich eines gemeinsamen abendlichen Aufenthaltes im hoteleigenen Club geändert. Am Abend des 14. Februar habe sich die Antragstellerin in den Räumlichkeiten des Clubhotels anlässlich des „Galaabends“ aufgehalten, um als Skilehrerin unter anderem auch fern der Skikurse für Gäste als Ansprechperson zur Verfügung zu stehen. An besagtem Abend habe der Antragsgegner der Antragstellerin während eines gemeinsamen Gespräches völlig unvermittelt an das Gesäß gefasst. Diese Verhaltensweise sei für die Antragstellerin nicht nur völlig unangebracht und unerwünscht gewesen, sondern habe sie auch in ihrer Würde verletzt. Die Unerwünschtheit dieser Handlung habe die Antragstellerin unvermittelt zum Ausdruck gebracht, indem sie entsetzt „Hey" gerufen sowie die Hand des Antragsgegners sofort von ihrem Gesäß entfernte habe und von ihm weggegangen sei.

Kurz danach sei es am 16. Februar 2020 zu einem weiteren belästigenden Vorfall gekommen. Im Zuge der Gruppeneinteilung aller Teilnehmenden des Skikurses seien die Skilehrer und Skilehrerinnen mit ihrem jeweiligen Namen vorgestellt worden. Unter den Skilehrern sei die Antragstellerin die einzige Frau gewesen. Sie sei von dem Antragsgegner mit den Worten: „Und für‘s Auge haben wir … (Kosename von A)" vorgestellt worden. Durch diese Aussage habe sich die Antragstellerin vor Gästen sowie Kollegen und Kolleginnen hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation degradiert, auf ihr Äußeres reduziert und aufgrund ihres Geschlechtes belästigt gefühlt.

Beide Vorfälle hätten die Antragstellerin sehr belastet und sich nachteilig auf ihren Gemütszustand ausgewirkt, zumal sie im Rahmen ihrer Beschäftigung und aufgrund der Tatsache, dass alle Skilehrer sowie Skilehrerinnen des Clubhotels Y in der naheliegenden Pension X untergebracht gewesen seien und zur Verrichtung sämtlicher notwendiger Tätigkeiten gemeinsam die Clubräumlichkeiten - Skikeller, Seminarraum, Büro, Restaurant, Kantine, Bar, Nachtclub - genutzt hätten, dem Antragsgegner als Vorgesetzten nur schwer aus dem Weg gehen habe können. Da die Antragstellerin sehr unter dieser negativen Beeinträchtigung ihres Arbeitsumfeldes gelitten habe, habe sie das Gespräch mit vertrauten Arbeitskollegen und -kolleginnen gesucht. Sie habe rund einen Tag nach dem Vorfall dem stellvertretenden Chefskilehrer W von der sexuellen Belästigung berichtet. Bei diesem Gespräch habe die Antragstellerin auch die Gruppeneinteilung durch den Antragsgegner thematisiert. Im Zuge der Unterhaltung habe W der Antragstellerin mitgeteilt, die behauptete sexuelle Belästigung sei ein Fall für den Geschäftsführer V. Bei diesem Gespräch sei auch die Clubchefassistentin U zugegen, jedoch nicht aktiv beteiligt, gewesen. Um zukünftig einer wiederholten Belästigung durch den Antragsgegner zu entgehen und auch in den nachfolgenden Jahren im Zuge einer wiederholten Anstellung ohne weitere Belästigungen als Skilehrerin bei Clubhotel Y arbeiten zu können, habe die Antragstellerin sich schließlich nach dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses zusätzlich an den Clubchef des Clubhotels Y, V, gewandt und auch diesen über die Belästigungen informiert.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 19. März 2021 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Der Antragsgegner habe der Antragstellerin niemals unvermittelt auf das Gesäß gegriffen und sich nicht am 15. Februar 2020 in den Räumlichkeiten des Clubs des örtlichen Hotels aufgehalten.

An diesem Abend habe sich der Antragsgegner im Anmeldebereich für die Gäste zum Skikurs und in späterer Folge in seinem Büro zur Einteilung der Skilehrer aufgehalten. Üblicherweise würden sich die Skilehrer und die Gäste freitags, um den Abschlussabend zu feiern, in dem Club aufhalten.

Eine Degradierung könne in der anlässlich der Gruppeneinteilung erfolgten Äußerung, in subjektiver, aber auch in objektiver Sicht, nicht erkannt werden.

Der Antragsgegner sei nicht in der Pension X, sondern im Clubhotel Y, ca. 500 Meter von der Pension X entfernt, untergebracht gewesen.

Die Antragstellerin habe den stellvertretenden Chefskilehrer, W, auch nicht mit einer angeblichen sexuellen Belästigung durch den Antragsgegner konfrontiert. Vielmehr habe sich die Antragstellerin bei dem Chefskilehrer darüber beschwert, dass sie mit der Gruppeneinteilung nicht zufrieden gewesen sei. W habe der Antragstellerin gegenüber angegeben, dementsprechende Wünsche seien direkt dem Antragsgegner als Vorgesetzter der Antragstellerin heranzutragen.

Das Gespräch mit der Clubchefassistentin U habe sich ebenfalls nicht so wiedergegeben. Auch dieser gegenüber habe sich die Antragstellerin nur hinsichtlich der Einteilung der Skilehrer sowie der Schlechterstellung von Personen beschwert und gesagt: „Sie werde sicherlich nicht mit dem Antragsgegner ins Bett gehen, um eine bessere Skischulgruppe zu erhalten“.

Diese Äußerung sei völlig aus der Luft gegriffen und unterstelle dem Antragsgegner, dass er Personen bei der Einteilung der Skischulgruppen unter bestimmten Voraussetzungen besserstellen würde. Die Antragstellerin habe aufgrund ihrer Ausbildung überdurchschnittlich gute Gruppen erhalten.

Die Antragstellerin habe zudem nicht unmittelbar nach der Beendigung des Dienstverhältnisses zum Unternehmen den Geschäftsführer kontaktiert. Der Geschäftsführer sei erst zwei Monate danach im April von einer angeblichen Verfehlung des Antragsgegners informiert worden.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und des Antragsgegners vom 14. Juni 2022. Als weitere Auskunftspersonen wurden U und B, LL.B., M.A. am 14. Juni 2022 sowie W am 12. Juli 2022 befragt.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten:

§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

[…]

3.   durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

[…]

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1.    eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

[…]“

§ 7. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen

[…]

3.   durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

[…]

(2) Geschlechtsbezogene Belästigung liegt vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und

1.    eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

[…]“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 6 und 7 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, der Antragsgegner habe der Antragstellerin am 14. Februar 2020 während einer hoteleigenen Abendveranstaltung auf das Gesäß gefasst sowie die Antragstellerin am 16. Februar 2020 im Rahmen einer Vorstellrunde als einzige Skilehrerin unter lauter Skilehrern mit der Beschreibung: „Und für‘s Auge haben wir … (Kosename von A)“ vorgestellt, wodurch sie eine Degradierung aufgrund ihres Geschlechtes erfahren habe, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin war als Skilehrerin im Februar 2020 beim Hotel Y befristet als Hochsaisonverstärkung beschäftigt.

Der Antragsgegner war ebenfalls im Februar 2020 beim selben Arbeitgeber als Chefskilehrer beschäftigt. Er war insbesondere für die Einteilung der Skigruppen und Skilehrer sowie Skilehrerinnen zuständig.

Am Abend des 14. Februar 2020 fand im hoteleigenen Nachtclub der Galaabend statt. Die Antragstellerin und der Antragsgegner nahmen daran teil, da von den Skilehrern und Skilehrerinnen eine Anwesenheit - inklusive Einhaltung einer Kleiderordnung - sowie ein Kontakt mit den Gästen dienstlich verlangt wurde.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner unterhielten sich. Im Verlauf des Gesprächs griff der Antragsgegner auf das Gesäß der Antragstellerin. Sie zog seine Hand weg, reagierte mit einem ablehnenden „Hey“ Ausruf und entfernte sich vom Antragsgegner. Die Antragstellerin erzählte später aufgelöst ihrer Zimmerkollegin B von dem Vorfall und der dadurch bewirkten Belastung.

Am 16. Februar 2020 kam es anlässlich der Ankunft neuer Gäste zu einer Skigruppeneinteilung inklusive Vorstellrunde der Skilehrer und Skilehrerinnen. Dabei waren insbesondere jene Gäste der kommenden Woche anwesend, die später in der Gruppe der Antragstellerin mitfuhren. Die Antragstellerin war an diesem Tag die einzige Frau unter den männlichen Skilehrerkollegen. Alle anwesenden Skilehrer und die Antragstellerin - als einzige Skilehrerin - wurden von dem Antragsgegner vorgestellt. Der Antragsgegner stellte sämtliche Skilehrer mit ihrem Namen vor. Die Antragstellerin stellte er mit den Worten: „Und für’s Auge haben wir … (Kosename von A)“ vor. Der Vorfall verärgerte die Antragstellerin sehr. Einige Gäste erklärten gegenüber der Antragstellerin, sie hätten die Vorstellung ebenfalls als unpassend empfunden.

Kurz darauf traf die Antragstellerin W, den stellvertretenden Chefskilehrer, und U, die Assistenz des Clubdirektors, in der Mitarbeiterkantine. Sie erzählte W, der Antragsgegner habe ihr an das Gesäß gefasst und das störe sie. Dieser entgegnete, dies sei eine Angelegenheit für den Clubdirektor V und sie solle sich an diesen wenden.

Die Antragstellerin versuchte in weiterer Folge dem Antragsgegner aus dem Weg zu gehen, was sich jedoch aufgrund der täglichen Meetings und gemeinsam genutzten Räumlichkeiten als auch der Tatsache, dass er als Chefskilehrer der Vorgesetzte der Antragstellerin war, schwierig gestaltete.

Nach Ende des Arbeitsverhältnisses überdachte die Antragstellerin ihr weiteres Vorgehen eine gewisse Zeit lang und meldete schlussendlich V den Vorfall.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG vor.

Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, gesetzt wird und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass dieses Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist.

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise körperliche Kontakte gegen den Willen der Betroffenen4 - etwa „zufällige“ Körperberührungen, „Begrapschen“, Po-Kneifen5 - sowie jene Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und deren sexuelle Integrität im Betrieb herabzusetzen als auch deren Ehrengefühl grob zu verletzten6. Letztlich ist einzelfallabhängig, ob ein bestimmtes Verhalten bereits der sexuellen Sphäre zugehörig ist, wobei auf eine Betrachtung des Gesamtgeschehens abzustellen ist.7

Der Antragsgegner hat ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, indem er der Antragstellerin während der Abendveranstaltung am 14. Februar 2020 unaufgefordert und ohne Anlass auf ihr Gesäß fasste. Dabei handelt es sich um eine körperliche Verhaltensweise, welche der sexuellen Sphäre zugehörig ist.

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 GlBG sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.8 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.9

Objektiv betrachtet eignete sich das Verhalten des Antragsgegners, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da er nicht davon ausgehen konnte, dass es angemessen und in Ordnung ist, ungefragt auf das Gesäß einer Arbeitskollegin zu fassen. Ein Griff auf das Gesäß ist dazu geeignet, die Würde einer Person im Allgemeinen zu verletzen. Die Mindestintensität ist durch die körperliche Berührung erfüllt, insbesondere da der Antragsgegner der Vorgesetzte der Antragstellerin war.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass nach § 6 Abs 2 GlBG das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss. Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.10 Bei Überprüfung der Unerwünschtheit ist daher zunächst die innere Einstellung der von der Handlung betroffenen Person zu erforschen. Es muss allerdings für den Belästiger/die Belästigerin erkennbar sein, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist, wobei dies aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen ist.11

Die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person ist hingegen keine Tatbestandsvoraussetzung der sexuellen Belästigung iSd GlBG. Eine irgendwie geartete Verpflichtung oder Obliegenheit der betroffenen Person, ein auf die sexuelle Sphäre bezogenes Verhalten abzulehnen, besteht daher nicht. Demnach ist ein Verhalten nicht erst dann abgelehnt und somit unerwünscht, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt.12 Viele Belästigte antizipieren, dass sie bei offensiver Gegenwehr mit zusätzlichen negativen Konsequenzen rechnen müssen und wählen oft defensive Formen der Gegenwehr, die das Problem nicht benennen.13

Das Verhalten des Antragsgegners war für die Antragstellerin klar unerwünscht und unangebracht. Die Antragstellerin äußerte ihre Ablehnung der Berührung, indem sie die Hand des Antragsgegners entfernte, den Ausruf: „Hey“ tätigte und in weiterer Folge vom Antragsgegner wegging. Später äußerte sie diese Unerwünschtheit ebenfalls gegenüber dem stellvertretenden Chefskilehrer. Die Unerwünschtheit einer solchen Berührung durch einen Arbeitskollegen bzw. Vorgesetzten ist objektiv erkennbar. Es lagen keine Anhaltspunkte für eine Erwünschtheit solch einer Berührung vor.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.14

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Allerdings kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.15 Die betroffene Person wird dazu gebracht etwas zu tun, was sie aus sich heraus nicht wollte, beispielsweise indem sie ihr Kommunikationsverhalten ändert und sich aus geselligen Gesprächsrunden zurückzieht16. Sie fühlt sich in ihrer Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz eingeschränkt und steht unter permanenter Anspannung. Belästigungen können eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechte der Betroffenen im beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Leben bedeuten.17 Körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person überschreiten im Allgemeinen die Toleranzgrenze. Zu beachten ist allerdings, dass es nicht nur um den Schutz der körperlichen Integrität vor unerwünschten sexuellen Handlungen geht, sondern auch um die psychische Verletzbarkeit, die Beeinträchtigung der Würde und Persönlichkeitsverletzungen.18

Die Antragstellerin fühlte sich aufgrund des Vorfalles während ihrer Arbeit unwohl und versuchte dem Antragsgegner aus dem Weg zu gehen. Sie erzählte ihrer Zimmerkollegin aufgelöst von dem Vorfall und war emotional sehr mitgenommen. Da sie die Situation belastete, suchte sie Rat bzw. Hilfe bei dem stellvertretenden Chefskilehrer. Nach Ende ihrer Beschäftigung kontaktierte sie den Clubdirektor, um weiteren Belästigungen im Rahmen zukünftiger Beschäftigungen vorzubeugen, da sie solche fürchtete. Von einem früheren Vorgehen nahm die Antragstellerin aufgrund von zunächst bestehenden Bedenken und Sorgen um zukünftige Anstellungen beim besagten Arbeitgeber Abstand. Das Zuwarten ist lebensnah sowie nachvollziehbar und ändert an der Beurteilung der negativen Beeinflussung der Arbeitsumwelt nichts.

Als Dritte iSd § 6 GlBG kommen vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin und der belästigten Person verschiedene Personen in Betracht. Im Fall des § 6 Abs 1 Z 3 GlBG sind das zB Arbeitskolleg/Arbeitskolleginnen der belästigten Person, Vorgesetzte, Geschäftspartner/Geschäftspartnerinnen oder Kunden/Kundinnen des Antragsgegners/der Antragsgegnerin.19

Im vorliegenden Fall ist der Antragsgegner sohin Dritter iSd § 6 Abs 1 Z 3 GlBG, da er als Chefskilehrer und damit als Vorgesetzter der Antragstellerin beim Hotel Y beschäftigt war sowie der Vorfall sich während des Galaabends, einer hoteleigenen Veranstaltung zur Unterhaltung und Animation der Gäste durch die Skilehrer als auch Skilehrerinnen, ereignete. Bei dem Galaabend handelte es sich um eine berufliche Veranstaltung, da die Skilehrer und Skilehrerinnen dienstliche Vorschriften zu befolgen hatten. Der verlangte Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ist gegeben.

Der Antragstellerin gelang es nach Ansicht des Senates glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darzulegen. Dabei überzeugte insbesondere, dass kein Motiv für eine falsche Anschuldigung durch die Antragstellerin ersichtlich war, da die Antragstellerin nur befristet im Februar beschäftigt war und sie im Nachhinein keine erkennbaren Vorteile daraus hätte ziehen können. Zugleich fürchtete die Antragstellerin die Konsequenzen für zukünftige Beschäftigungen bei diesem Ski-Club und entschied sich trotz dieser Gefahr für eine Beschwerde, da sie stark von der Situation belastet war. Überdies entspricht das Fehlen unmittelbarer Wahrnehmungen des Vorfalles durch Dritte der allgemeinen Lebenserfahrung, da Griffe auf das Gesäß nicht auf Augenhöhe stattfinden, weswegen dies nicht die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin untergrub.

Die Beweislast verlagerte sich auf den Antragsgegner.

Der Antragsgegner vermochte den Senat nicht von seiner Glaubwürdigkeit zu überzeugen. Er stritt den Vorfall pauschal ab und gab an, er könne sich nicht mehr genau an den Abend erinnern. Er habe sich möglicherweise mit der Antragstellerin unterhalten, an ihr Gesäß gefasst habe er ihr jedoch nicht. Er führte aus, einige seien mit seiner Art und Weise nicht klargekommen, dies könnte ein Grund für dieses Verfahren sein, er könne sich aber den Vorwurf eigentlich nicht erklären.

Die glaubwürdige und nachvollziehbare Aussage von B, insbesondere ihre Schilderung bezüglich ihres Verhältnisses zum Antragsgegner sowie des Risikos einer Meldung als auch ihres persönlichen Eindrucks der Antragstellerin nach dem behaupteten Vorfall, bestärkte den Senat in seiner Sichtweise.

Die glaubwürdigen Ausführungen von W betreffend die Konversation zwischen ihm und der Antragstellerin standen in Übereinstimmung mit den Darlegungen der Antragstellerin und bestärkten ebenfalls die Glaubwürdigkeit dieser.

Die Aussage von U vermochte die Glaubwürdigkeit der Antragstellerin nicht zu untergraben. Aufgrund fehlender Erinnerungen konnte sie keine entscheidenden Wahrnehmungen schildern. Sie konnte den behaupteten Vorfall zeitlich schwer zuordnen. Sie führte weiters aus, sie habe weder etwas gesehen noch einen Griff auf das Gesäß der Antragstellerin bemerkt. Gleichzeitig betonte sie allerdings, der hoteleigene Club sei anlässlich einer Abendveranstaltung relativ gut besucht gewesen. Aus den Schilderungen von U konnte weder das Vorliegen noch das Fehlen des Vorfalles geschlossen werden.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs 1 Z 3 GlBG vor.

Das wesentliche Unterscheidungskriterium für die sexuelle Belästigung gemäß § 6 GlBG von der geschlechtsbezogenen Belästigung gemäß § 7 GlBG ist das der sexuellen Sphäre zurechnende Verhalten im Zusammenhang mit § 6 GlBG.20 Sexuelle Belästigung ist demnach ein Spezialfall der geschlechtsbezogenen Belästigung.21

Die allgemeinen Ausführungen zu § 6 GlBG sind damit auch für § 7 GlBG maßgeblich. Bezüglich des Tatbestandselementes des „Dritten“, der Ablehnungsobliegenheit, des der Würde verletzenden Verhaltens, des geforderten Mindestmaßes an Intensität, der verschuldensunabhängigen Haftung, der negativen Beeinflussung der Arbeitsumwelt sowie des subjektiven Kriteriums, dass das belästigende Verhalten unerwünscht sein muss, ist ergänzend auf die genaueren Ausführungen zu Punkt 1. zu verweisen.

Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d. h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenes Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nichts mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 GlBG ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht. Nach der Rechtsprechung sollen „Mobbingformen“ vermieden werden, denen eine verpönte Geschlechtsherabwürdigung innewohnt.22 Für Mobbing typisch ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum. Jedoch kann eine Belästigung iSd GlBG auch bereits in einer bloß einmaligen Handlung bestehen.23

Die Machtausübung und die daraus resultierende potenzielle Änderung des Verhaltens der belästigten Person sind zentrales Beurteilungskriterium. Unter „geschlechtsbezogene Handlungsweisen“ fallen alle Handlungen, die geeignet sind, die soziale Wertschätzung von Betroffenen durch Verletzung ihrer Würde als geschlechtliche Person, insbesondere hinsichtlich der Intimsphäre und persönlichen Integrität, im Betrieb herabzusetzten und im Ehrgefühl grob zu verletzten.24 So fallen beispielsweise stereotype Benachteiligungen25, das Verwenden herabwürdigender geschlechtsbezogener sprachlicher Redewendungen26 oder Verhaltensweisen, die sich gegen eine bestimmte Person deshalb richten, weil sie ein bestimmtes Geschlecht hat27, darunter. Dort wo herabwürdigendes Verhalten, Gehässigkeiten, Beschimpfungen, Handgreiflichkeiten etc. nicht per se geschlechtsbezogen erfolgen, ist das Motiv der belästigenden Person für diese Verhaltensweisen maßgebend; so wurde in einem vom OGH zu beurteilenden Fall festgestellt, dass ein bestimmtes Verhalten des Belästigers gegenüber der belästigten Mitarbeiterin darauf beruhe, dass „sie eine Frau war“. Letztlich hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob ein bestimmtes Verhalten geschlechtsbezogen ist.28

Eine geschlechtsbezogene Verhaltensweise liegt vor, da der Antragsgegner die Antragstellerin mit der Aussage: „Und für’s Auge haben wir … (Kosename von A)“ auf das „Frausein“ reduzierte und das Gefühl vermittelte, ihr Aussehen sei wichtiger als ihre Qualifikationen und Fähigkeiten. Die Äußerung knüpfte am Geschlecht der Antragstellerin an und reduzierte sie auf ihre Körperlich- sowie Äußerlichkeiten. Der Aussage wohnt die - teils noch immer - verfestigte soziale Fehlvorstellung inne, dass es bei Frauen mehr - als bei Männern - auf ihr Äußeres ankäme bzw. das Aussehen einer Frau relevant für ihren Stellenwert wäre. Diese Asymmetrie steht im klaren Zusammenhang mit Sexismus und der Abwertung von Frauen gegenüber Männern, indem das Erscheinungsbild von Frauen kommentiert wird oder sie auf dieses reduziert werden.

Durch ein geschlechtsbezogenes Verhalten muss die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies zumindest bezweckt werden. Die Verletzung der Würde setzt ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus.29

Objektiv betrachtet war das Verhalten des Antragsgegners jedenfalls geeignet, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da er nicht davon ausgehen kann, dass es in Ordnung ist, eine ihm unterstellte Skilehrerin während einer Vorstellrunde mit besagter Aussage vorzustellen sowie sie damit auf Äußerlichkeiten zu reduzieren und Kommentare über ihr Aussehen zu machen, wohingegen er das bei den männlichen Skilehrern unterlässt. Unter Betrachtung der Gesamtumstände ist die Aussage dazu geeignet, die Würde einer Person im Allgemeinen zu verletzen. Die geforderte Intensität ist gegeben, da sich die Aussage nicht bloß vor kleinem Personenkreis, sondern vor den versammelten Skischülern und Skischülerinnen der kommenden Woche ereignete.

Das geschlechtsbezogene Verhalten muss unerwünscht sein, sohin gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgen. Dies muss für den Belästiger/die Belästigerin erkennbar sein. Eine Ablehnungsobliegenheit ist jedoch nicht Tatbestandselement.30

Zu beachten ist hiebei, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin (§ 7 Abs 1 Z 1, 3 und 4) verschuldensunabhängig ist.31

Die Aussage war für die Antragstellerin unerwünscht und dies war für den Antragsgegner erkennbar. Eine solche Bemerkung über das Aussehen verlässt üblicherweise den professionellen Raum des Arbeitsplatzes, insbesondere in einer Situation wo gerade die fachlichen Kompetenzen der Skilehrer und Skilehrerinnen mit im Vordergrund stehen. Die Unerwünschtheit eines Skilehrers oder einer Skilehrerin, insbesondere als einzige Person, mit solchen Worten vorgestellt zu werden, ist allgemein nachvollziehbar und objektiv erkennbar.

Zusätzlich muss eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person geschaffen oder dies bezweckt worden sein. Durch die geschlechtsbezogenen Verhaltensweisen entsteht regelmäßig ein belastendes Arbeitsklima, das die Arbeitsfähigkeit der/des Betroffenen nachhaltig beeinträchtigt.32

Die Antragstellerin fühlte sich aufgrund der Aussage hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation degradiert und gedemütigt. Sie wurde durch die Aussage auf ihr Äußeres reduziert. Bemerkungen über den Körper und das Äußere einer Person verlassen, selbst als Kompliment, den üblicherweise am Arbeitsplatz notwendigen professionellen Rahmen. Zwar ist bei einem Skibetrieb und Clubhotel von einer durchaus lockeren Arbeitsatmosphäre auszugehen, dennoch sind auch dort gewisse Grenzen zu wahren. In der konkreten Situation kam es gerade auf die Fähigkeiten der Skilehrer und Skilehrerinnen an, da es um die Einteilung der Skigruppen ging. Ein Gast, welcher Wert auf einen gut ausgebildeten und fähigen Skilehrer bzw. eine gut ausgebildete und fähige Skilehrerin legt, um sein Können auszubauen, würde sich nach dieser Vorstellung für einen anderen Skilehrer oder eine andere Skilehrerin entscheiden. Mit dieser Beschreibung wurde der Eindruck erzeugt, dass der von der Antragstellerin mitgebrachte Mehrwert sich überwiegend auf ihr Aussehen begrenzen würde. Die Äußerung erfolgte vor einer größeren Personengruppe und beschränkte sich auf die Person der Antragstellerin als Frau. Gegenüber den anwesenden Gästen wurde ein gewisses Bild der Antragstellerin erzeugt, bei welchem nicht die fachliche Qualifikation der Antragstellerin im Vordergrund stand, sondern ihr Äußeres. Das wurde nochmals dadurch verdeutlicht, dass die Antragstellerin von Gästen darauf angesprochen wurde und die Aussage sowie dadurch verursachte Demütigung sohin auch später noch Thema waren. Die soziale Wertschätzung der Antragstellerin war verletzt. Der Vorfall belastete sie. Sie versuchte dem Antragsgegner aus dem Weg zu gehen, wodurch sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt war. Unter Gesamtbetrachtung aller Faktoren ist ein einmaliger schwerwiegender Vorfall und die Schaffung einer demütigenden Arbeitsumwelt zu bejahen.

Der Antragsgegner ist Dritter iSd § 7 Abs 1 Z 3 GlBG.

Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer geschlechtsbezogenen Belästigung aufzuzeigen. Ihre Behauptung, der Antragsgegner habe während einer Vorstell- und Einteilungsrunde sie als einzige Frau unter lauter männlichen Skilehrern mit den Worten: „Und für’s Auge haben wir die … (Kosename von A)“ vorgestellt, wodurch sie ihre Qualifikationen als untergraben empfunden, sich auf ihr Äußeres reduziert und sich davon gedemütigt gefühlt habe, konnte die Antragstellerin glaubwürdig sowie nachvollziehbar darlegen.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Antragsgegner.

Der Antragsgegner stritt die Aussage nicht ab, führte jedoch aus, diese sei nicht negativ gemeint gewesen, sondern wertneutral. Er habe die Antragstellerin damit nicht in ein schlechtes Licht stellen wollen. Mit der Aussage habe er nicht Bezug auf die fachlichen Kompetenzen der Antragstellerin nehmen, diese in Frage stellen oder eine Anspielung machen wollen. Er habe die Kritik erhalten, er sei nicht so lustig wie sein Vorgänger und habe deswegen mit dem Spruch versucht die Stimmung aufzulockern. Der Antragsgegner argumentierte, über jeden Skilehrer und jede Skilehrerin sei eine Anekdote erzählt worden, sowohl bei Männern als auch Frauen. Es gebe eine lockere Atmosphäre in einem Clubhotel. Er habe es für die Situation passend empfunden.

Diese Entgegnungen überzeugten den Senat nicht. Zwar ging der Senat davon aus, dass eine lockere Stimmung in einem Clubhotel herrscht, dennoch entkräftet das alleine die Aussage des Antragsgegners nicht. Die Antragstellerin war an diesem Tag die einzige junge Frau unter durchschnittlich über 50-jährigen Skilehrern. Nur sie wurde mit einer Beschreibung bezugnehmend auf ihr Aussehen vorgestellt. Keiner der Männer wurde mit einem Kommentar zu seinem Äußeren angekündigt. Die Anmerkungen, mit welchen manche Skilehrer vorgestellt wurden, reduzierten diese nicht auf ihre Körperlich- sowie Äußerlichkeiten, weswegen sie nicht mit der Aussage über die Antragstellerin auf eine Stufe zu stellen sind. Die Entwürdigung durch die Äußerung liegt auch dann vor, wenn der Antragsgegner diese als wertschätzendes Kompliment gemeint habe. Die Antragstellerin wurde durch die Aussage im Vergleich zu den anderen Skilehrern auf ihre Optik und ihr Alter herabgesetzt.

Der Antragsgegner brachte überzeugend vor, er habe nicht die Intention gehabt, die Antragstellerin auf ihr Äußeres zu reduzieren oder ihre Fähigkeiten herunterzuspielen, sondern lustig bzw. locker sein wollen. Aufgrund der verschuldensunabhängigen Haftung spielt es allerdings keine Rolle, ob der Antragsgegner eine Diskriminierung erreichen wollte oder keine bösen Absichten hatte.33

Der Senat gelangte daher zur Schlussfolgerung, dass eine geschlechtsbezogene Belästigung durch den Antragsgegner erfolgte, da es insbesondere auf ein Verschulden im Rechtsfolgensystem des GlBG, soweit nicht Gegenteiliges normiert ist, grundsätzlich nicht ankommt34 und die Aussage an sich nicht bestritten wurde.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der Antragsgegner, Z, gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 12. Juli 2022

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. zB VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Vgl. Mazal in Windisch-Graetz (Hrsg), Gleichbehandlungsgesetz § 7 Rz 37.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 20.

6  Vgl. Mazal in Windisch-Graetz (Hrsg), Gleichbehandlungsgesetz § 7 Rz 37.

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 20.

8  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 21.

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 24.

10  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 25.

11  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 26; 114 ErläutRV 735 BlgNR 18. GP 33.

12  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 26.

13  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 15.

14  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 12.

15  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 28.

16  Vgl. Mazal in Windisch-Graetz, Gleichbehandlungsgesetz § 7 Rz 20a, 32a.

17  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 15, §7 Rz 18.

18  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 29/1.

19  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 9.

20  Vgl. Mayr, Arbeitsrecht § 6 GlBG (2018) E 2d.

21  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 4.

22  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 3.

23  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 13.

24  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 15.

25  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 15.

26  Vgl. Mazal in Windisch-Graetz, Gleichbehandlungsgesetz § 7 Rz 39, 41.

27  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 15.

28  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 15; OGH 2.9.2008, 8 ObA 59/08x.

29  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 16.

30  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 17.

31  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 7.

32  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 7 Rz 18.

33  Vgl. Mazal in Windisch-Graetz, Gleichbehandlungsgesetz § 7 Rz 20a.

34  Vgl. RIS-Justiz RS0131201

Zuletzt aktualisiert am

16.01.2023
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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