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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des D in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. November 1994, Zl. 4.345.117/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. November 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. September 1994 der am 8. September 1994 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines albanischen Staatsangehörigen, der am 6. September 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer faßt die von ihm bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 8. September 1994 geltend gemachten Fluchtgründe in der Beschwerde zusammen. Demnach sei er römisch-katholischen Glaubensbekenntnisses und gehöre somit einer religiösen Minderheit in seinem Heimatland an. Von Mitte Juli 1994 bis Mitte August 1994 habe er römisch-katholische Schriften in seiner (überwiegend von Moslems bewohnten) Heimatstadt und in umliegenden Orten verteilt. In diesem Zeitraum sei er (deswegen) mit seinem Freund insgesamt dreimal von der Polizei verhaftet und jedesmal mit Gummiknüppeln geschlagen worden. Nach seiner dritten Festnahme sei ihm Hausarrest bis Mitte September 1994 erteilt und angedroht worden, ihn (anschließend) in den Norden Albaniens zu "verlegen". Er habe rechtzeitig flüchten können.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides könne der Erstbehörde in ihrer Begründung, wonach es nicht glaubhaft sei, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatland aus Gründen der Religion Verfolgung zu befürchten habe, nicht entgegengetreten werden. So habe bereits die Erstbehörde aufgezeigt, daß im Heimatland des Beschwerdeführers im Mai 1990 das Delikt der religiösen Propaganda aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und das Gesetz über die Verbannung und Internierung abgeschafft worden sei, sowie daß derzeit keinerlei religiöse Spannungen in seinem Heimatland bekannt seien. Der Beschwerdeführer bekämpft diese Beweiswürdigung erkennbar unter Hinweis darauf, daß die tatsächlichen Verhältnisse in seinem Heimatland nicht der dort geltenden Rechtslage entsprechen würden. Darauf ist aber im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zustehenden Prüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht einzugehen, wäre doch für den Standpunkt des Beschwerdeführers selbst dann nichts zu gewinnen, wenn seinen Angaben über seine Fluchtgründe vollinhaltlich Glauben geschenkt werden könnte, dies auch unter Einbeziehung des Berufungsvorbringens, er habe nachträglich erfahren, daß seine Frau und seine Kinder in der Zwischenzeit nach Puka (in den Norden Albaniens) verbannt worden seien.
Bei seiner Vernehmung am 8. September 1994 hat der Beschwerdeführer in bezug auf die von ihm zu erwartenden Verfolgungshandlungen angegeben, es sei ihm von den Polizisten mitgeteilt worden, daß er nach Beendigung des bis 10. September 1994 verhängten Hausarrestes mit seinen Familienangehörigen in den Norden Albaniens, und zwar in das Gebiet mit der Bezeichnung "Mirdita", verbannt würde. Es handle sich hiebei um "eine karge, rauhe, unfreundliche, trockene, kalte, äußerst dünn besiedelte Gebirgsgegend, mit nur spärlicher Vegetation". Die Lebensbedingungen dort seien noch erheblich schlechter als die ohnehin im Heimatland des Beschwerdeführers allgemein herrschenden tristen Lebensbedingungen. Sollte er nach Albanien zurückkehren, würde er sofort in das erwähnte Gebiet im Norden Albaniens deportiert werden. Seine Familienangehörigen und er hätten sich dort nur unter äußerst schwierigen Bedingungen am Leben erhalten können.
Es kann zwar nicht zweifelhaft sein, daß eine dem Beschwerdeführer allenfalls drohende Verbannung in ein anderes Gebiet seines Heimatlandes, die im übrigen aus Gründen seiner Religion erfolgt wäre bzw. erfolgen würde, eine als Verfolgungshandlung gegen ihn gerichtete Maßnahme anzusehen ist. Ungeachtet der mit dieser Maßnahme verbundenen Einschränkung in der Freizügigkeit der Person des Beschwerdeführers würde ihr aber die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 erforderliche Intensität fehlen, sofern nicht andere Umstände hinzutreten, auf Grund derer davon gesprochen werden müßte, daß ein Verbleib des Beschwerdeführers in seinem Heimatland aus objektiver Sicht für ihn unerträglich gewesen wäre. Ein Anhaltspunkt dafür, daß derartige Umstände vorliegen, ist nicht gegeben. Ein Leben in der Verbannung wäre nicht einem solchen in einer Haft, die demgegenüber eine weit größere Freiheitsbeschränkung darstellt, gleichzuhalten und nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in dem hiefür in Aussicht genommenen Gebiet, wenn auch unter äußerst schwierigen Bedingungen, durchaus möglich. Der Beschwerdeführer würde sich diesbezüglich in der gleichen Situation befinden, wie wenn er seinen Heimatort verlassen und sich freiwillig in das betreffende Gebiet begeben hätte, um dort zu leben. Zumindest insofern erscheint dem Verwaltungsgerichtshof die zusätzliche Annahme der belangten Behörde, es hätte sich eine Verfolgung des Beschwerdeführers nicht auf das gesamte Gebiet seines Heimatlandes bezogen und für ihn demnach eine sogenannte innerstaatliche Fluchtalternative bestanden, schlüssig, zumal auch der Beschwerdeführer dagegen nichts Konkretes vorzubringen vermag. Daß ihm dort - sowohl in diesem Falle als auch in dem einer Verbannung - eine weitere Verfolgung gedroht hätte, ergibt sich auch aus der Beschwerde nicht.
Da sich somit die Beschwerde schon aus diesem Grunde (mangels Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers) als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die belangte Behörde überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995010103.X00Im RIS seit
20.11.2000