TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/16 95/20/0157

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Veröffentlicht am 16.01.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des E in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Februar 1995, Zl. 4.345.697/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 6. Dezember 1994 in das Bundesgebiet ein und stellte am 12. Dezember 1994 den Asylantrag. Anläßlich seiner am 20. Dezember 1994 im Zuge des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes erfolgten niederschriftlichen Befragung durch die Bundespolizeidirektion Linz gab der Beschwerdeführer an, seine Mutter sei 1985 durch eine Bombe während der Revolution ums Leben gekommen, 1992 sein Vater im Zuge eines Raubüberfalles. Im selben Jahr habe er sich in den Iran begeben, wo er in der Hafenstadt Banda Abbas etwa 1 Jahr lang im Hafen gearbeitet habe. Anfang 1993 sei er in die Türkei gefahren und habe in Istanbul bis Dezember 1994 in einer Lederfabrik gearbeitet. Er sei in Afghanistan politisch nicht verfolgt worden, eine Rückkehr sei jedoch für ihn lebensgefährlich, weil er sofort zum Militär müßte bzw. von der erstbesten Kriegspartei, die ihn erwische, zu Kämpfen eingezogen würde.

Anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung durch das Bundesasylamt am 20. Dezember 1994 gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt darüber hinaus an, Mitte 1992 seien im Zuge des Bürgerkrieges Mudjahedins an ihn herangetreten und hätten ihn aufgefordert, auf ihrer Seite zu kämpfen. Er habe mit dem Bürgerkrieg jedoch nichts zu tun haben wollen und habe den Kriegsdienst für die Mudjahedins verweigert. Daraufhin habe man ihm mitgeteilt, daß er, da er ohnedies nichts mehr besitze, ein "schweres Leben in Afghanistan haben" werde. Er habe daraufhin sein Heimatdorf verlassen und sei illegal in den Iran gegangen. Anlaß seiner Flucht sei, daß er von Mudjahedin-Truppen zur Teilnahme am Bürgerkrieg gezwungen werden könnte, an dem er in keiner Weise beteiligt sein wolle. Außerdem habe er seinen offiziellen Militärdienst noch nicht abgeleistet.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Jänner 1995 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen, weil ihm die Flüchtlingseigenschaft fehle und er überdies im Iran, der Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn bereits vor Verfolgung im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG sicher gewesen sei.

In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten rechtzeitigen Berufung verwies der Beschwerdeführer im wesentlichen noch einmal auf die Bürgerkriegssituation in seinem Heimatland und rügte das Fehlen von Feststellungen über die näheren Umstände seines angeblichen Aufenthaltes in Rumänien, Ungarn und Bulgarien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, er habe konkrete Verfolgung nicht glaubhaft machen können, da seinen Angaben nicht zu entnehmen gewesen sei, daß seine Weigerung, sich an den Kämpfen zu beteiligen, konkrete Konsequenzen gehabt habe, andererseits die Aufforderung von Bürgerkriegsparteien, sich am Bürgerkrieg zu beteiligen, alle männlichen Bewohner seines Heimatlandes im wehrfähigen Alter gleichermaßen träfe. Überdies habe er sich über ein Jahr im Iran und in weiter Folge in Bulgarien und Rumänien aufgehalten, in welchen Ländern er gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Verfolgungssicherheit erlangt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer lediglich geltend, im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan könne der Staat nicht für seinen Schutz und seine Sicherheit sorgen, sodaß er der erstbesten Mudjahedin-Gruppe, der er in die Hände falle, ausgeliefert sei, was seinen sicheren Tod bedeuten würde. Daher sei es ihm nicht möglich, sich des Schutzes seines Landes zu bedienen, was einen tauglichen Asylgrund vorstelle. Zutreffend haben jedoch bereits die Behörden des Verwaltungsverfahrens darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer konkrete, ihn selbst betreffende, aktuelle Fluchtgründe nicht vorgebracht hat. Insbesondere ist der belangten Behörde darin zuzustimmen, daß aus den Angaben des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen ist, daß seine Weigerung, bei einer der Bürgerkriegsparteien mitzukämpfen, vor seiner Flucht noch zu irgendwelchen für ihn nachteiligen Konsequenzen geführt hätte. Inwieweit allenfalls ein Ab- bzw. Rückschiebehindernis besteht, ist im Asylverfahren nicht zu prüfen.

Im übrigen hat die belangte Behörde - wie bereits auch das Bundesasylamt - Verfolgungssicherheit im Iran als Asylausschließungsgrund im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 herangezogen, worauf der Beschwerdeführer in seiner Berufung mit keinem Wort eingegangen ist. Auch in der Beschwerde bringt er zu seinen immerhin jeweils ein Jahr andauernden Aufenthalten im Iran bzw. in der Türkei nichts Substantielles vor. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht einer Partei im Verwaltungsverfahren wäre der Beschwerdeführer jedoch verhalten gewesen, auf diese speziellen Umstände, wie dies ein immerhin so lang andauernder Aufenthalt verbunden mit einer offenbar von den Behörden geduldeten entgeltlichen Tätigkeit ist, konkret zu bezeichnen, warum die daran zu knüpfende Annahme einer Verfolgungssicherheit in Zweifel zu ziehen sei. Außerdem ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß hinsichtlich einer bereits vom Bundesasylamt angenommenen Verfolgungssicherheit im Iran in Ermangelung einer diesbezüglichen Bestreitung in der Berufung ein allfälliges entgegenstehendes Vorbringen unter das Neuerungsverbot des § 41 VwGG fiele.

Insgesamt erweist sich daher die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995200157.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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