TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/23 94/08/0049

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Veröffentlicht am 23.01.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §314;
AVG §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und den Senatspräsidenten Dr. Knell sowie die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Benediktinerstiftes XY, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Februar 1994, Zl. VII/2-5.221/10-1994, betreffend Vorschreibung eines Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG (mP: 1. Dr. R S, 2. PVA der Angestellten), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte ersuchte mit dem an die zweitmitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten gerichteten Schreiben vom 27. April 1978 um Überprüfung seiner Versicherungszeiten ab 1967, insbesondere während der Zeit seiner Zugehörigkeit zum Benediktinerorden sowie seines Studiums der Theologie im Zeitraum vom 1. Oktober 1972 bis 20. Juli 1975.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erging seitens der zweitmitbeteiligten Partei folgende, mit 15. März 1979 datierte Erledigung:

"An die Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs

...

Betr.: ... (Name des Erstmitbeteiligten) ...

Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG

Der Obgenannte hat in der Zeit vom 1.10.1972 bis 30.10.1973

und............................... 1. 7.1974 bis 30.10.1974

17 Monate dem Orden im Benediktinerstift XY angehört.

    Gemäß § 314 ASVG ist aufgrund des letzten Monatsbezuges

von ...........................................  S 3.051,60,

aufgewertet gemäß Art. VI Abs. 37 d.29. Novelle

mit dem Faktor 1.138 ............................S 3.472,72

ein Überweisungsbetrag von je 7 % für jeden

Monat, das sind je ..............................S   243,09

                         S   4.132,53

zu leisten.

Dieser Betrag wolle mit beiliegendem Erlagschein überwiesen

werden.

Nach Einlangen des Überweisungsbetrages werden die angeführten Zeiten als Versicherungsmonate im Sinne des ASVG vorgemerkt werden können.

                                          Hochachtungsvoll

                                        Der Generaldirektor:

                                                i.A.

                                          (Unterschrift)"

Aus dem im Akt erliegenden Berechnungsbogen ergibt sich, daß die übrigen in dem vom Erstmitbeteiligten genannten Zeitraum gelegenen Zeiten als Studienzeiten (bis 30. Juni 1975) und Beitragszeiten (ab 1. Juli 1975) keine Berücksichtigung fanden.

Der Betrag von S 4.132,53 wurde in der Folge seitens der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften Österreichs an die zweitmitbeteiligte Partei überwiesen.

Mit dem mit 28. Juni 1979 datierten - wiederum an die Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs gerichteten - Schreiben teilte die zweitmitbeteiligte Partei der Superiorenkonferenz mit, daß sie in der Anlage die Entscheidung über die Leistung des Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG (betreffend den Erstmitbeteiligten) sowie die Neuberechnung der Ermittlung desselben (aufgrund der anderen Lagerung der Studienzeiten zufolge der 33. ASVG-Novelle ab 1. Jänner 1979) erhalte.

Diese mit "Neufeststellung" überschriebene "Entscheidung" (Seite 17 des Aktes der zweitmitbeteiligten Partei) hat einen mit der Erledigung 15. März 1979 identen Inhalt mit Ausnahme der berücksichtigten Zeiten, die lauten: "1.10.1972 - 30.9.1973, 1.2.1974 - 28.2.1974, 1. 7.1974 - 30.9.1974 und 1.2.1975 - 28.2.1975" und eines dem Schreiben angefügten Satzes des Inhalts: "Hiermit wird die ho. Verständigung vom 15.3.1979 hinsichtlich der Versicherungszeiten ergänzt".

Ein weiteres, ebenfalls mit 28. Juni 1979 datiertes und an die Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs gerichtetes Schreiben (Seite 18 des Aktes der zweitmitbeteiligten Partei) lautet:

"Betrifft: Leistung eines Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG Name: (Name des Erstmitbeteiligten) ...

Laut do. Mitteilung ist der Obgenannte mit 21.9.1975 aus dem Orden der Katholischen Kirche, Benediktinerstift XY ausgeschieden.

Auf Grund des eingelangten Überweisungsbetrages von S 4.132,53

... werden die nachstehend angeführten Zeiten im Sinne des ...

ASVG ... als Beitragszeiten vorgemerkt:

      von               bis          Anzahl der Beitragsmonate

    1.10.1972        30. 9.1973               12

    1. 2.1974        28. 2.1974                1

    1. 7.1974        30. 9.1974                3

    1. 2.1975        28. 2.1975                1

Hievon wird durchschriftlich verständigt:

(Der Erstmitbeteiligte)

                                          Der Generaldirektor:

                                                  i.A.

                                            (Unterschrift)"

Mit dem an die zweitmitbeteiligte Partei gerichteten Schreiben vom 18. November 1991 ersuchte der Erstmitbeteiligte "um bescheidmäßige Feststellung der Überweisungszeiten gemäß § 314 ASVG, insbesondere im Hinblick darauf, daß nach der 44. ASVG-Novelle die Studienzeiten von sich aus nicht mehr leistungswirksam sind".

Mit dem sowohl an die beschwerdeführende Partei als auch an den Erstmitbeteiligten adressierten Bescheid vom 2. Dezember 1991 stellte die zweitmitbeteiligte Partei fest, daß der Erstmitbeteiligte in der Zeit vom 28. September 1972 bis 21. September 1975, somit 35 Monate, der beschwerdeführenden Partei angehört habe. Abzüglich 19 Monate des Vorliegens von Beitragszeiten von Oktober 1972 bis September 1973, Februar 1974, Juli bis September 1974, Februar 1975, Juli bis August 1975, verblieben 16 Monate. Der (aus den im Spruch genannten Beträgen abgeleitete) Überweisungsbetrag von S 10.885,44 sei binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution durch die beschwerdeführende Partei zu leisten.

Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Einspruch mit der Begründung, daß der Überweisungsbetrag bereits am 28. Juni 1979 berechnet und bescheidmäßig festgesetzt worden sei. Der nochmaligen Vorschreibung eines Überweisungsbetrages stehe daher die Rechtskraft des früher ergangenen Bescheides entgegen. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens sei nicht verfügt worden; auch liege kein Wiederaufnahmegrund vor. Eine Nachverrechnung von Schul- und Studienzeiten sei durch das Gesetz nicht gedeckt.

Die zweitmitbeteiligte Partei führte in ihrem Vorlagebericht aus, sie werde im Hinblick auf das in einem gleichgelagerten Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141, dem Einspruchsvorbringen nicht entgegentreten und daher keine Einwendungen erheben, wenn die Einspruchsbehörde den bekämpften Bescheid ersatzlos behebe.

Der Erstmitbeteiligte hielt in seiner Stellungnahme vom 16. Juli 1992 dem Einspruchsvorbringen entgegen, die beschwerdeführende Partei übersehe, daß in bezug auf ihn keine rechtskräftige Entscheidung vorliege. Er sei dem seinerzeitigen Überweisungsverfahren, das mit Bescheid vom 28. Juni 1979 abgeschlossen worden sei, nicht als Partei beigezogen worden; auch sei der Bescheid nicht an ihn adressiert gewesen. Er habe daher ihm gegenüber keine Rechtskraft entfalten können. In einer weiteren Stellungnahme vom 24. September 1992 replizierte er auf die Stellungnahme der Zweitmitbeteiligten vom 12. August 1992, wonach das "Aktenstück 18" dem Erstmitbeteiligten zur Kenntnis gebracht worden sei und er sich daher nicht darauf berufen könne, daß die seinerzeitige Entscheidung ihm gegenüber nicht rechtskräftig geworden sei, daß der Bescheid vom 28. Juni 1979 nicht an ihn adressiert gewesen sei; der Bescheid habe keine Rechtsmittelbelehrung enthalten und er habe keinen Rechtsmittelzug ausschöpfen können.

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1992 gab der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß § 66 Abs. 4 AVG dem Einspruch der beschwerdeführenden Partei Folge und hob den bekämpften Bescheid auf. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und des Einspruchsvorbringens sowie der Erledigung vom 15. März 1979 ausgeführt, es müsse im Hinblick auf die zum Bescheidbegriff ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auf das schon genannte Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141, davon ausgegangen werden, daß das "Schreiben" vom 15. März 1979 als Bescheid anzusehen sei. Daraus folge, daß der Grundsatz "ne bis in idem" der Erlassung eines neuerlichen Bescheides am 2. Dezember 1991 entgegengestanden sei. Im vorliegenden Verfahren besitze auch der Erstmitbeteiligte Parteistellung im Sinne des § 8 AVG. Allerdings sei ihm, wie dem als Bescheid zu wertenden Schreiben der zweitmitbeteiligten Partei vom 15. März 1979 zu entnehmen sei, dieses nicht zugestellt worden. Lediglich ein "Schreiben" der Zweitmitbeteiligten vom 28. Juni 1979, gerichtet an die Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs, sei laut Vermerk auch durchschriftlich "zur Verständigung" an den Erstmitbeteiligten übermittelt worden. Abgesehen davon, daß hiefür jeglicher Zustellnachweis fehle, stehe eindeutig fest, daß der "Grundbescheid" vom 15. März 1979 an den Erstmitbeteiligten überhaupt nicht zugestellt worden sei. Die Einspruchsbehörde habe sich aufgrund der vorstehend dargelegten Umstände jedenfalls veranlaßt gesehen, den bekämpften Bescheid vom 2. Dezember 1991 zu beheben.

Mit Schreiben vom 22. August 1993 erhob der Erstmitbeteiligte gegen den ihm am "14.8.1993 zugestellten Bescheid der (zweitmitbeteiligten Partei) vom 15.3.1979" Einspruch. Der Bescheid werde insofern angefochten, als nicht für den gesamten Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Orden ein Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG zur Vorschreibung gelangt sei. Hiedurch komme es im Zusammenhang mit der Einschränkung der Leistungswirksamkeit von Ersatzzeiten für das Studium durch die Bestimmungen der 44. ASVG-Novelle zum Auftreten von Versicherungslücken, welche lediglich im Rahmen eines kostspieligen Einkaufes von Versicherungszeiten geschlossen werden könnten.

Die zweitmitbeteiligte Partei erachtete in ihrer Stellungnahme vom 12. Oktober 1993 das Einspruchsvorbringen als berechtigt. Sie werde keine Einwendungen erheben, wenn die Einspruchsbehörde die Beschwerdeführerin zur Leistung eines zusätzlichen Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG in der Höhe von S 11.392,62 (in einer späteren Stellungnahme vom 4. Februar 1994 korrigiert auf S 11.846,72) verhalten sollte.

Die beschwerdeführende Partei hielt in ihrer Stellungnahme vom 17. November 1993 dem Einspruchsvorbringen entgegen, daß der Überweisungsbetrag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere dem schon mehrfach zitierten Erkenntnis vom 24. März 1992) kein zeitraumbezogener, sondern ein einmalig festzusetzender Anspruch sei. Im gegenständlichen Fall sei der Überweisungsbetrag mit rechtskräftigem Bescheid vom 15. März 1979 festgesetzt worden, weshalb die Erlassung eines weiteren Bescheides über einen weiteren Überweisungsbetrag rechtswidrig wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Erstmitbeteiligten gegen den Bescheid der Zweitmitbeteiligten vom 15. März 1979 und den diesen ergänzenden Bescheid vom 28. Juni 1979 insoweit Folge, als in Abänderung bzw. Ergänzung festgestellt wurde, daß der Erstmitbeteiligte der beschwerdeführenden Partei vom 28. September 1972 bis 21. September 1975 angehört habe und gemäß § 314 ASVG ein Überweisungsbetrag zusätzlich für folgende 16 Monate vorgeschrieben werde: 1. Oktober 1973 bis 31. Jänner 1974, 1. März 1974 bis 30. Juni 1974,

1. Oktober 1974 bis 31. Jänner 1975 und 1. März 1975 bis 30. Juni 1975. Der von der beschwerdeführenden Partei für diese insgesamt 16 Monate zu leistende Überweisungsbetrag gemäß § 314 ASVG betrage bei Zahlung im Jahre 1994 S 11.846,72. In der Bescheidbegründung wird nach Wiedergabe des Antrages des Erstmitbeteiligten vom 27. April 1978 und der "als Bescheid anzusehenden" bzw. "zu wertenden Schreiben" vom 15. März 1979 und vom 28. Juni 1979 (offenbar gemeint die mit "Neufeststellung" überschriebene, die Aktenzahl 17 im Akt der Zweitmitbeteiligten tragende Erledigung) auf den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 1992 verwiesen. Darin sei zum Ausdruck gebracht worden, daß dem Erstmitbeteiligten, dem in diesem Verfahren unbestrittenermaßen Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zugekommen sei, die Entscheidungen bzw. Feststellungen der zweitmitbeteiligten Partei vom 15. März und 28. Juni 1979 nicht zugestellt worden seien bzw. daß - hinsichtlich der Mitteilung vom 28. Juni 1979 - hiefür jeglicher Nachweis fehle. Wohl aber seien diese beiden Entscheidungen der Superiorenkonferenz der Ordensgemeinschaften Österreichs (offensichtlich als Vertreter der beschwerdeführenden Partei) zugestellt und der Überweisungsbetrag in der Höhe von S 4.132,53 auch entrichtet worden. Im genannten Bescheid vom 29. Oktober 1992 sei auch zum Ausdruck gebracht worden, daß der Erstmitbeteiligte im seinerzeitigen, im Jahre 1979 durchgeführten Verfahren als "übergangene Partei" anzusehen sei. Aus diesem Grunde habe sich die zweitmitbeteiligte Partei veranlaßt gesehen, die seinerzeitige Entscheidung bzw. Feststellung an den Erstmitbeteiligten zuzustellen. Dies sei im August 1993 erfolgt und habe der Erstmitbeteiligte fristgerecht Einspruch mit der (aus näher angeführten Gründen zutreffenden) Begründung erhoben, daß für sämtliche Monate der Zugehörigkeit zum Orden ein Überweisungsbetrag in der im Spruch angeführten Höhe zu leisten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Beachtung der Rechtskraft des Bescheides vom 15. März 1979, mit dem ihr für den Erstmitbeteiligten ein Überweisungsbetrag von S 4.132,53 vorgeschrieben worden sei, verletzt erachtet. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wendet die beschwerdeführende Partei ein, daß, wie der Verwaltungsgerichtshof im schon mehrfach zitierten Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141, ausgesprochen habe, ein Bescheid, mit dem ein Überweisungsbetrag vorgeschrieben werde, der materiellen und formellen Rechtskraft fähig sei. Der Erstmitbeteiligte habe sich in seinem Einspruch, der zum angefochtenen Bescheid geführt habe, zu Unrecht als übergangene Partei erachtet. Bei der Festsetzung des Überweisungsbetrages komme dem Ordensangehörigen nämlich keine Parteistellung zu, weil die Höhe des Überweisungsbetrages nach der gegenwärtigen Rechtslage für die Höhe der allfälligen Pensionsansprüche des Ordensangehörigen keinerlei Bedeutung habe. Das Verfahren zur Festsetzung des Überweisungsbetrages sei ein ganz anderes als das Leistungsverfahren, in dem (auch) über die dem einzelnen Ordensangehörigen für die Bemessung von Pensionsleistungen anzurechnenden Zeiten zu entscheiden sei. Da die Rechtstellung des einzelnen Ordensangehörigen somit durch die Festsetzung des Überweisungsbetrages nicht berührt sei, habe kein Anlaß und kein rechtlicher Grund dafür bestanden, aufgrund des Einspruches des Erstmitbeteiligten gegenüber der beschwerdeführenden Partei die Festsetzung des Überweisungsbetrages neu aufzurollen. Dementsprechend habe der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis auch ausgesprochen, daß die Vorschreibung eines Überweisungsbetrages ein Bescheid sei, der von der Behörde (abgesehen von den Voraussetzungen der §§ 68 und 69 ASVG) nicht mehr widerrufen, das heiße aufgehoben, abgeändert oder für nichtig erklärt werden könne, und zwar unabhängig davon, ob er gegenüber einer anderen Partei, an die er rechtens nicht gerichtet sein dürfe, bereits Rechtswirkungen erzeugt habe. Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift (der Erstmitbeteiligte allerdings ohne Kostenantrag).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aufgrund der - entsprechend dem § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vorgenommenen - ausdrücklichen, oben wiedergegebenen Bezeichnung des Beschwerdepunktes (vgl. zur Bedeutung des Beschwerdepunktes unter anderem das Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Slg. Nr. 11.283/A, sowie das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. Nr. 11.525/A) ist vom Verwaltungsgerichtshof nur zu prüfen, ob die beschwerdeführende Partei durch die vorgenommene (ergänzende) Vorschreibung eines Überweisungsbetrages im behaupteten Recht auf Beachtung der Rechtskraft des Bescheides vom 15. März 1979 verletzt wurde.

Diese Frage ist unter Mitberücksichtigung des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 29. Oktober 1992 zu beurteilen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nämlich ein in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG ergangener Behebungsbescheid eine endgültige Erledigung der betreffenden Verwaltungssache, soweit über sie im aufgehobenen erstinstanzlichen Bescheid abgesprochen wurde, mit der - aus § 68 Abs. 1 AVG folgenden - Wirkung, daß die Behörde erster Instanz über diesen Gegenstand (bei gleicher Sach- und Rechtslage) nicht neuerlich entscheiden darf (vgl. das Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 94/08/0121, mit weiteren Judikaturhinweisen). Unter Bedachtnahme auf diese Rechtssätze hat der Spruch des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 29. Oktober 1992 in Verbindung mit der zu seiner Deutung erforderlichen Begründung die (auch vom Verwaltungsgerichtshof zu beachtende) Wirkung, daß - vor dem Hintergrund der Darlegungen im mehrfach genannten Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141 - die zweitmitbeteiligte Partei (bei gleicher Sach- und Rechtslage) nicht neuerlich über die Vorschreibung eines Überweisungsbetrages gemäß § 314 ASVG betreffend die Ordenszugehörigkeit des Erstmitbeteiligten zur beschwerdeführenden Partei entscheiden darf, weil sie darüber bereits mit dem zwar nicht dem Erstmitbeteiligten, wohl aber der Superiorenkonferenz zugestellten Bescheid vom 15. März 1979 entschieden habe. Aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der belangten Behörde vom 29. Oktober 1992 muß daher auch vom Verwaltungsgerichtshof von einer für die beschwerdeführende Partei selbst wirksamen Erlassung durch Zustellung an die (keine Parteistellung im Überweisungsverfahren genießende) Superiorenkonferenz (vgl. dazu das Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/08/0090) ausgegangen werden. Das tut im übrigen auch die beschwerdeführende Partei selbst. Daß dieser Bescheid dem Erstmitbeteiligten erst am 14. August 1993 zugestellt wurde, ist unstrittig. Die Rechtskraft des Bescheides vom 15. März 1979 (und damit - im Rahmen des obgenannten Beschwerdepunktes - die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides) hängt daher ausschließlich davon ab, ob der Bescheid dem Erstmitbeteiligten als Partei des Verfahrens zuzustellen war. Ist dies zu bejahen, so steht - entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Partei, die insofern das Erkenntnis vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0141, mißversteht - die mit dem Bescheid vom 15. März 1979 getroffene Entscheidung der zweitmitbeteiligten Partei nicht einer Entscheidung der Einspruchsbehörde aufgrund eines zulässigen Einspruches gegen diesen Bescheid entgegen.

Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei kam aber dem Erstmitbeteiligten aus den Gründen des Erkenntnisses vom 23. April 1987, Zl. 86/08/0122, VwSlg. 12451 A/1987, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, in den zum Bescheid vom 15. März 1979 führenden Verfahren sowohl in Ansehung des zu berücksichtigenden Zeitraumes als auch in Ansehung des zugrundezulegenden Entgeltes Parteistellung zu. Er war daher zur Erhebung eines Einspruches berechtigt.

Da somit die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid nicht im geltend gemachten Recht auf Beachtung der angeblichen Rechtskraft des Bescheides vom 15. März 1979 verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994080049.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

09.02.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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