TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 93/12/0322

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §13a;
StudFG 1992 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Mag. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 13. Juli 1993, GZ. 56.031/55-I/7/93, wegen Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer studiert an der Wirtschaftsuniversität Wien seit dem Wintersemester 1988/89 Handelswissenschaft und legte am 4. März 1993 im 10. Semester die erste Diplomprüfung dieser Studienrichtung ab.

Am 25. Mai 1993 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG. Er begründete seinen Antrag damit, daß er in der Zeit vom 1. April 1990 bis 23. Juni 1990 ein Auslandsstudium betrieben habe und legte ua. ein Zeugnis der "Scuola de Lingua e Cultura Italiana per Stranieri (Siena)" vor. Ferner gab er an, daß er vom 30. September 1990 bis 30. Februar 1991 (richtig wohl: 28. Februar 1991) durch Depressionen in seinem Studienfortgang behindert und wegen dieser Krankheit bereits einmal vor 1982 in Behandlung gewesen sei.

Der Senat der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Wirtschaftsuniversität Wien beschloß in seiner Sitzung am 21. Juni 1993, diesen Antrag nicht zu befürworten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Juli 1993 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305/1992, abgewiesen.

Nach Darlegung der Rechtslage führte die belangte Behörde in der Begründung aus, der Beschwerdeführer habe das Studium der Handelswissenschaft im Wintersemester 1988/89 begonnen und die erste Diplomprüfung am 4. März 1993, also im 10. Semester, abgelegt. Das "erste Rigorosum" sei aber im Sinne des § 20 Abs. 2 StudFG spätestens im 9. Semester abzulegen gewesen. Der Beschwerdeführer begründe die Studienverzögerung im wesentlichen mit einem Auslandsaufenthalt im Sommersemester 1990 und Depressionen. Gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG könne das Vorliegen wichtiger Gründe nur dann die Überschreitung der Studienzeit rechtfertigen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienverzögerung auf die genannten Gründe zurückzuführen sei. Von der Überschreitung der gesetzlichen Studienzeit des ersten Studienabschnittes um mehr als das Doppelte zuzüglich eines Semesters müsse demnach mehr als die Hälfte durch einen wichtigen Grund im Sinne des Studienförderungsgesetzes gerechtfertigt sein. In rechtlicher Hinsicht sei zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer genannten Gründe das überwiegende Ausmaß seiner Studienzeitüberschreitung von insgesamt 6 Semestern, zumindest eine mehr als 3 Semester dauernde Studienverzögerung bewirkt hätten. Zusammenfassend sei festzustellen, daß sich die von ihm angeführten Gründe für seine Studienverzögerung, nämlich sein Auslandsaufenthalt vom 5. April bis 23. Juni 1990 und seine Depressionen im Wintersemester 1990/91 höchstens mit zwei Semestern quantifizieren ließen und daher nicht das überwiegende Ausmaß seiner Studienzeitüberschreitung von sechs Semestern rechtfertigten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305 (StudFG), anzuwenden.

Gemäß § 6 Z. 3 StudFG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

Nach § 20 Abs. 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums, nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.

§ 19 StudFG lautet (auszugsweise):

"Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen.

(1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, daß die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,........

(6) Der zuständige Bundesminister hat auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde

1.

bei Studien im Ausland, überdurchschnittlich umfangreichen und zeitaufwendigen wissenschaftlichen Arbeiten oder ähnlichen außergewöhnlichen Studienbelastungen die Anspruchsdauer um ein weiteres Semester zu verlängern oder

2.

bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z. 1 oder des Abs. 2 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§ 20 Abs. 2 und § 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als vier Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,

wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, daß der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird."

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 17. April 1984 über die Studienordnung für die Studienrichtung Handelswissenschaft (Studienordnung Handelswissenschaft), BGBl. Nr. 174/1984, besteht das Diplomstudium der Studienrichtung Handelswissenschaft aus zwei Studienabschnitten in der Dauer von je vier Semestern.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im gesetzlich gewährleisteten Recht, Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit zu erhalten, verletzt und bringt vor, richtigerweise hätte die belangte Behörde seinem Antrag stattgeben müssen, weil schon auf Grund der Erfahrungen des täglichen Lebens davon auszugehen sei, daß eine zwei Semester währende Absenz von der Universität eine drei Semester jedenfalls übersteigende Studienverzögerung bewirke; dies insbesonders angesichts der bekannten Probleme an der Wirtschaftsuniversität Wien, in der Seminar- und Übungsplätze ebenso wie Prüfungstermine Mangelware seien.

Des weiteren habe er seinen Antrag gestellt, nachdem er sich bei der Studienbeihilfenbehörde habe beraten lassen. Diese habe ihm nur gesagt, er solle die Verzögerungsgründe kursorisch in seinen Antrag aufnehmen, weshalb der Antrag in der vorliegenden Formulierung eingereicht worden sei. Allein aus der Tatsache des Auslandsaufenthaltes im Sommersemester 1990 und der starken Depression im Wintersemester 1990/91 könne nicht geschlossen werden, daß hiedurch nur eine zweisemestrige Verzögerung bewirkt worden wäre. Dies sei auch im Antrag nicht behauptet worden. Die belangte Behörde hätte daher dem Beschwerdeführer Gelegenheit geben müssen, darzulegen, inwieweit er durch die Depressionen im Wintersemester 1990/91 gehindert worden sei, im Sommersemester 1991 Übungen und Seminare zu besuchen, sowie in weiterer Folge im Wintersemester 1991/92 Prüfungen abzulegen. Ebenso hätte sich dieser Sachverhalt durch eine mündliche Verhandlung amtswegig ermitteln lassen. Hiebei hätte der Beschwerdeführer dartun können, daß durch die genannten Verzögerungsgründe eine Studienverzögerung um mehr als drei Semester eingetreten sei, was zu einer Bewilligung seines Antrages geführt hätte.

Diesem Vorbringen ist folgendes zu erwidern:

Dem aus dem Verwaltungsakt ersichtlichen Studienverlauf (Erfolgsnachweis) des Beschwerdeführers ist zu entnehmen, daß er im Wintersemester 1989/90 die erste Prüfung, im Sommersemester 1990 fünf, im Sommersemester 1991 und im Wintersemester 1991/92 je zwei (von insgesamt achtzehn) Prüfungen ablegte. Damit hat der Beschwerdeführer im Semester seines Auslandsaufenthalts eine überdurchschnittliche, in den beiden an seine Krankheit anschließenden Semestern zumindest die durchschnittliche Anzahl von Prüfungen absolviert. Die belangte Behörde konnte daher auf Grund dieser Tatsache im Zusammenhang damit, daß der Beschwerdeführer in seinem Antrag selbst angab, durch die von ihm genannten Gründe nur durch zwei Semester in seinem Studienfortgang behindert worden zu sein, davon ausgehen, daß sich das Ausmaß der Studienverzögerung, die auf die vom Beschwerdeführer genannten wichtigen Gründe zurückzuführen war, höchstens mit zwei Semestern quantifizieren lasse.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich ausführt, die belangte Behörde hätte ihm Gelegenheit geben müssen, darzulegen, inwieweit er durch die Depressionen im Wintersemester 1990/91 gehindert worden sei, im Sommersemester 1991 Übungen und Seminare zu besuchen sowie in weiterer Folge im Wintersemester 1991/92 Prüfungen abzulegen, ist ihm zunächst - nur zur Verdeutlichung des in diesem Zusammenhang nicht ganz nachvollziehbaren Beschwerdevorbringens - neuerlich der festgestellte Prüfungsverlauf entgegenzuhalten, aus dem sich ergibt, daß er im fraglichen Zeitraum je zwei Prüfungen pro Semester abgelegt hat. Im übrigen ist er jedoch darauf zu verweisen, daß der angefochtene Bescheid gemäß § 41 Abs. 1 VwGG vom Verwaltungsgerichtshof aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen ist. Nach ständiger Rechtsprechung darf der Verwaltungsgerichtshof Tatsachen, die erst im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren neu vorgebracht werden, nicht berücksichtigen. Der Behörde kann daher nicht als eine vom Verwaltungsgerichtshof wahrnehmbare Rechtswidrigkeit angelastet werden, daß sie sachverhaltsmäßig von den Behauptungen des Beschwerdeführers in seinem das Verfahren einleitenden Antrag ausgegangen ist.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG rügt, ist ihm zu erwidern, daß eine solche Pflicht nur in Ansehung der Verfahrensrechte, nicht aber auch in der Richtung besteht, daß eine Partei zu einem Vorbringen verhalten wird, welches geeignet ist, ein von ihr gewünschtes Verfahrensergebnis herbeizuführen. Damit traf die belangte Behörde auch keine Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Zwecke der amtswegigen Ermittlung der erstmals in der Beschwerde behaupteten insgesamt dreisemestrigen Dauer der Beeinträchtigung des Studienfortganges durch Krankheit im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG.

Da die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993120322.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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