TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 93/12/0281

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §16 Abs1;
AVG §16 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §47;
AVG §59 Abs1;
AVG §8 Abs1;
BDG 1979 §75;
B-VG Art130 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Mag. J in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 19. August 1993, Zl. 106.965/16-III/15/91, betreffend Gewährung eines Karenzurlaubes nach § 75 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Professor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist ein Bundesrealgymnasium.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 1991 beantragte der Beschwerdeführer, ihm für die Zeit vom 7. Jänner bis 6. April 1992 (drei Monate) wegen eines beabsichtigten Studienaufenthaltes in Australien einen Karenzurlaub nach § 75 BDG 1979 zu gewähren. In Abänderung bzw. Ergänzung dieses Ersuchens beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Dezember 1991 die "Gewährung eines Karenzurlaubes für die Dauer des zweiten Semesters des Schuljahres 1991/92" und begründete dies ausführlich.

In den Votalausführungen zum angefochtenen Bescheid findet sich unter anderem folgender Hinweis:

"Gem. tel. Rücksprache des Genannten mit Abt. III/18 ist der Genannte im Sinne einer gleichmäßigen Behandlung ähnlicher Fälle mit der Gewährung eines KU bis zum Ende des Schuljahres 1991/92 d.i. der 13.9.92, einverstanden."

Auch in dem Begleitschreiben der belangten Behörde vom 17. Jänner 1992, mit dem der angefochtene Bescheid an den zuständigen Landesschulrat mit dem Ersuchen um Ausfolgung an den Beschwerdeführer übermittelt wurde, ist davon die Rede, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag nach telefonischer Rücksprache mit der belangten Behörde "auf die Zeit einschließlich der Hauptferien ausgedehnt."

Der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1992 lautet:

"BESCHEID

Auf Ihr Ansuchen vom 5. Dezember 1991 wird Ihnen im Rahmen des der Dienstbehörde eingeräumten freien Ermessens gemäß § 75 Absatz 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333/1979, in der geltenden Fassung für die Zeit vom 10. Februar 1992 bis 13. September 1992 ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

SONSTIGE BEMERKUNGEN

Die Zeit dieses Karenzurlaubes ist gemäß § 75 Absatz 2 leg. cit. für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Dieser Beurlaubungszeitraum wird gemäß § 10 Absatz 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der geltenden Fassung, mit dem Tag des Wiederantrittes des Dienstes zur Hälfte für die Vorrückung wirksam."

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0060, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Er begründete dies im wesentlichen damit, dieser Bescheid enthalte keinen Hinweis auf die von der belangten Behörde in der Gegenschrift unter Bezugnahme auf die Aktenlage vorgebrachte spätere (mündliche) Abänderung des schriftlichen Ansuchens des Beschwerdeführers. Bei Vorliegen einer solchen Änderung des Ansuchens des Beschwerdeführers wäre verständlich, weshalb die belangte Behörde ihren angefochtenen Bescheid nicht weiter begründet habe, lägen doch diesfalls die Voraussetzungen für den Entfall der Begründungspflicht nach § 58 Abs. 2 AVG vor. Im Beschwerdefall könne daher nach dem Aufbau des angefochtenen Bescheides nicht ausgeschlossen werden, daß die belangte Behörde dem Gesetz entsprechend entschieden habe. Ob dies zutreffe oder nicht, hänge aber davon ab, ob der Beschwerdeführer durch eine spätere Erklärung gegenüber der belangten Behörde seinen Antrag vom 5. Dezember 1991 dahingehend abgeändert habe, daß er den Karenzurlaub für den Rest des Schuljahres 1991/92 (also 2. Semester einschließlich der Hauptferien) begehrt habe oder ob er seinen Antrag nicht in diese Richtung modifiziert habe. Die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erforderliche Klärung dieses zwischen den Parteien kontroversen Vorganges (Telefonat im Jänner 1992) könne aber mangels einer diesbezüglichen Begründung im angefochtenen Bescheid nicht vorgenommen werden.

In der Folge ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 4. Juni 1993 den Landesschulrat für Salzburg (LSR) unter anderem, den Beschwerdeführer zur Vorlage einer Ergänzung seines Urlaubsansuchens vom 5. Dezember 1991 aufzufordern, in dem er anführe, er habe im Hinblick auf ein (am 14. Jänner 1992 geführtes) Telefongespräch seinen Karenzurlaub bis zum 13. September 1992 beantragt. Sollte der Beschwerdeführer zu einer derartigen schriftlichen Abänderung seines Antrages nicht bereit sein, nehme die belangte Behörde die Ablehnung des Antrages auf Gewährung eines Karenzurlaubes für das 2. Semester des Schuljahres 1991/92 in Aussicht. Für den Fall einer Ablehnung dieser schriftlichen Bestätigung wurde auf verschiedene dienstrechtliche Möglichkeiten gegen den Beschwerdeführer hingewiesen.

In seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1993 hielt der Beschwerdeführer daran fest, er habe nach Abgabe seines Gesuches vom 5. Dezember 1991 in mehreren Telefongesprächen sowohl mit dem LSR als auch mit der belangten Behörde versucht zu klären, ob mit einer Bewilligung des von ihm für das

2. Semester des Schuljahres 1991/92 beantragten Karenzurlaubes gerechnet werden könne. Dazu habe er jeweils sehr widersprüchliche Antworten erhalten. Lediglich im Gespräch mit Herrn Ministerialrat Mag. H. am 14. Jänner 1992 habe er in Erfahrung bringen können, sein Karenzurlaub würde so gut wie sicher gewährt werden. Hinsichtlich der Ferien habe Mag. H. hinzugefügt, eine aliquote Bezahlung der Ferien sei nicht möglich. Dann sei er bei der Karenzurlaubsgewährung auf die Gleichbehandlung der Dienstnehmer hingewiesen worden. Dies habe der Beschwerdeführer aber als Belehrung und nicht als Modifizierung seines Antrages vom 5. Dezember 1991 aufgefaßt. Seines Wissens habe er in keinem Gespräch mit den verschiedenen Sachbearbeitern des LSR bzw. der belangten Behörde seinen Antrag vom 5. Dezember 1991 ausdrücklich abgeändert oder einer Abänderung zugestimmt. Er sei auch nicht vor die Alternative gestellt worden, es könne nur mit einer Zustimmung zu dieser Abänderung ein Karenzurlaub gewährt werden. Zur Aufforderung, die telefonische Abänderung seines Antrages schriftlich zu bestätigen, weise er nur darauf hin, er hätte bei Vorliegen eines solchen Sachverhaltes keine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde geführt. Die ihm angedrohten dienstrechtlichen Schritte "für den Fall einer Ablehnung der schriftlichen Bestätigung des Telefonates" gingen ins Leere, da er nur nach seinem Wissensstand über den Inhalt des Telefonates Auskunft geben könne. Im übrigen habe er tatsächlich am 13. Juli 1992 wieder seinen Dienst angetreten (Anschluß einer Dienstantritts-Erklärung) und über Weisung der Direktion Dienstleistungen (Vorlage einer Leistungsbeurteilung für eine Unterrichtspraktikantin für das 1. Semester des Schuljahres 1991/92) erbracht. Dies stelle ein Indiz dafür dar, daß auch die Direktion davon ausgegangen sei, es sei ein Karenzurlaub für das 2. Semester des Schuljahres 1991/92 gewährt worden. Mit seinem Antrag vom 5. Dezember 1991 habe er Karenzurlaub für das 2. Semester des Schuljahres 1991/92 (ohne Hauptferien) begehrt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. August 1993 sprach die belangte Behörde aus, dem Beschwerdeführer werde auf sein Ansuchen vom 5. Dezember 1991, das er am 14. Jänner 1992 telefonisch abgeändert habe, für die Dauer des 2. Semesters des Schuljahres 1991/92 einschließlich der anschließenden Hauptferien, das sei die Zeit vom 10. Februar 1992 bis 13. September 1992, gemäß § 75 Abs. 1 BDG 1979 ein Karenzurlaub gewährt. Nach Darstellung der Rechtslage wies die belangte Behörde unter anderem darauf hin, die Vertragslehrerin Anita U., die den Beschwerdeführer vertreten habe, sei für die Zeit vom 2. März bis 31. August 1992 als Vertragslehrerin wegen des dem Beschwerdeführer bis 13. September 1992 gewährten Karenzurlaubes eingestellt worden. Die Gewährung des Karenzurlaubes für die Dauer des 2. Semesters des Schuljahres 1991/92 einschließlich der anschließenden Hauptferien sei im Hinblick auf sein in einem Aktenvermerk festgehaltenes Telefongespräch mit der belangten Behörde am 14. Jänner 1992 erfolgt, in dem der Beschwerdeführer sein Ansuchen (vom 5. Dezember 1991) in diesem Sinn abgeändert habe. Der Beschwerdeführer habe in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 23. Juli 1993 diese telefonische Abänderung seines Ansuchens bestritten. Dieser Bestreitung stünden die Wahrnehmungen von zwei Beamten der belangten Behörde gegenüber. In allen vergleichbaren Fällen werde jeweils so vorgegangen, daß die Beendigung des Karenzurlaubes, sofern ein Lehrer während des Schuljahres aus welchen Gründen immer keinen Dienst geleistet habe, erst mit dem Ende des Schuljahres (das sei mit dem Ende der Hauptferien) erfolge. Abgesehen davon müßte bei Gewährung eines Karenzurlaubes für die Dauer des 2. Semesters des Schuljahres 1991/92 das Dienstverhältnis der Vertragslehrerin Anita U. rückwirkend mit 11. Juli 1992 beendet werden. Der entstandene Übergenuß an Bezügen (für die Zeit vom 12. Juli bis 31. August 1992) könnte wegen des Empfanges im guten Glauben nicht rückgefordert werden, wodurch dem Bund ein finanzieller Schaden entstünde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer ficht diesen Bescheid insoweit an, als ihm damit ein Karenzurlaub nach § 75 BDG 1979 über das Ende des Sommersemesters des Schuljahres 1991/92 hinaus "gewährt", in Wahrheit aber gegen seinen Willen auferlegt worden sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich (im Umfang seiner Anfechtung) in seinem Recht darauf, daß ihm nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 75 BDG 1979 ein Sonderurlaub "gewährt", in Wahrheit aber entgegen seinem Willen und ohne seinen Antrag auferlegt werde, durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Verfahrensvorschrift über die Sachverhaltsermittlung und die Bescheidbegründung (§§ 1, 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

Er bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, der behauptete Aktenvermerk vom 14. Jänner 1992 sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden. Auf seine Stellungnahme vom 23. Juli 1993 sei als Reaktion die Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgt. Trotz seines Vorbringens, in dem er die telefonische Antragsänderung als tatsachenwidrig bezeichnet habe, sei kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden. Der Sachverhalt sei nicht ordnungsgemäß geklärt worden. Es stehe nicht einmal fest, von wann der der Entscheidung zugrundeliegende Aktenvermerk über das angebliche Telefonat vom 14. Jänner 1992 stamme. Es sei also offen, "daß" dieser erst nachträglich angefertigt worden sei, was für dessen Glaubwürdigkeit von Bedeutung sei und daher hätte geklärt werden müssen. Es seien offenbar auch keine Zeugeneinvernahmen durchgeführt worden. Der Hinweis auf die Wahrnehmung von zwei Beamten der belangten Behörde, die seiner Bestreitung der Antragsmodifikation entgegengehalten worden sei, enthalte nicht deren Namen wie auch der Verfasser des behördlichen Aktenvermerkes nicht genannt worden sei. Völlig ungeklärt bleibe, wie es dazu komme, daß zwei Beamte jene angebliche Wahrnehmung machen hätten können, obgleich es sich um ein Telefonat gehandelt habe, bei dem gewöhnlich nur der Telefonierende die Äußerungen seines Gesprächspartners hören könnte. Offen sei auch, welche Wahrnehmung es sei, die der eine bzw. der andere Beamte gehört habe. Es sei weder der Ermittlungs- noch der Begründungspflicht entsprochen worden. Es sprächen auch mehrere objektiv feststehende Umstände gegen die behördliche Tatsachenannahme: Es sei völlig unüblich, Antragsänderungen, noch dazu mit relativ schwerwiegenden Auswirkungen, telefonisch vorzunehmen. Praktisch werde in einem solchen Fall lediglich gesagt, welche SCHRIFTLICHE Antragsänderung (Unterstreichung im Original) als Voraussetzung für eine Genehmigung erforderlich sei oder es werde zumindest eine schriftliche Bestätigung verlangt. Seine Darstellung des Inhaltes des Telefonates von Mitte Jänner (möglicherweise vom 14. Jänner 1992) mit Mag. H. stimme dementsprechend weit besser mit dem Bescheid vom 17. Jänner 1992 überein, als die behördliche Darstellung. Es habe in Wahrheit keine Antragsabänderung gegeben, sondern man sei seitens der belangten Behörde der irrigen Auffassung gewesen, man könne von Amts wegen einen "Zuschlag" zum beantragten Karenzurlaub vornehmen, um so die Gleichbehandlung mit anderen Dienstnehmern herzustellen.

Was den letztgenannten Einwand betrifft, so trifft es zu, daß die Zeit des gewährten Karenzurlaubes im Ansuchen des Beamten seine Deckung finden muß, das heißt, jedenfalls dem Beamten nicht gegen seinen Willen ein Karenzurlaub von der Dienstbehörde gewährt werden darf, den er nicht begehrt hat (vgl. dazu bereits das hg. Vorerkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0060). Dem angefochtenen Bescheid läßt sich nicht der geringste Hinweis dafür entnehmen, daß die belangte Behörde (zumal in Kenntnis des Vorerkenntnisses) von der rechtswidrigen Auffassung ausgegangen sei, sie könne dem Beschwerdeführer Karenzurlaub auch über die von ihm beantragte Dauer gewähren.

Im übrigen ist die Beschwerde aber berechtigt.

Unbestritten hat der Beschwerdeführer in seinem schriftlichen Ansuchen vom 5. Dezember 1991 die Gewährung eines Karenzurlaubes für die Dauer des 2. Semesters des Schuljahres 1991/92 beantragt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Vorerkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/12/0060, näher ausgeführt hat, hat der Beschwerdeführer bei objektiver Betrachtung den Begriff Semester im Sinne des Schulzeitgesetzes verwendet: Diese Äußerung umfaßte daher den Zeitraum vom Ende der Semesterferien bis zum Beginn der Hauptferien (im Beschwerdefall vom 10. Dezember 1992 bis 11. Juli 1992).

Nicht strittig ist ferner, daß der Beschwerdeführer mehrere Telefonate (unter anderem auch mit Vertretern der belangten Behörde), darunter auch eines am 14. Jänner 1992 (laut Beschwerde Mitte Jänner 1992) mit dem Sachbearbeiter Mag. H. geführt hat. Übereinstimmung besteht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch über den Inhalt eines Teiles dieses Telefonates: Danach hat Mag. H. dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Gleichbehandlung mit anderen Dienstnehmern (in ähnlichen Fällen) mitgeteilt, eine "aliquote" Bezahlung der Ferien sei nicht möglich.

Strittig ist die Reaktion des Beschwerdeführers und deren Beurteilung auf diese Mitteilung: Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1993 vorgebracht, er habe dies als Belehrung und nicht als Modifikation seines Antrages vom 5. Dezember 1991 aufgefaßt; er habe seinen Karenzurlaubs-Antrag (hinsichtlich der beantragten Dauer) weder ausdrücklich noch durch Zustimmung abgeändert, er sei auch nicht vor die Alternative gestellt worden, sein Antrag könne nur bei einer entsprechenden Verlängerung der Dauer des angesprochenen Karenzurlaubes um die Hauptferien bewilligt werden.

Die belangte Behörde beruft sich im angefochtenen Bescheid, den sie ohne weitere Ermittlungen zu diesem Vorbringen des Beschwerdeführers erlassen hat, auf einen Aktenvermerk über dieses Telefongespräch, in dem die Abänderung des Karenzurlaubs-Antrages bezüglich seiner Dauer (16. Februar bis 13. September 1992, d.h. also unter Einschluß der Hauptferien) durch den Beschwerdeführer festgehalten worden sei und stellt der Bestreitung "die Wahrnehmung von zwei Beamten des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst gegenüber".

Damit ist sie aber nicht ihrer Ermittlungs- und Begründungspflicht gerecht geworden:

Was den Aktenvermerk über den Inhalt des Telefonates vom 14. Jänner 1992 betrifft, hat sich die belangte Behörde erstmals im angefochtenen Bescheid auf diese "Erkenntnisquelle" berufen, führte sie doch in ihrem Schreiben vom 4. Juni 1993 an den LSR diesen Aktenvermerk nicht an. Abgesehen davon findet sich dieser Aktenvermerk auch nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten. Voraussetzung dafür, daß eine schriftliche Festhaltung als beweiskräftiger Aktenvermerk angesprochen werden kann, ist, daß diesem wenigstens der Name des Organwalters, der die Belehrung (hier: in Verbindung mit einer der Behörde zugegangenen telefonischen Mitteilung) erteilte, der Gegenstand der Belehrung (Mitteilung) sowie der Zeitpunkt, zu dem dieser erfolgte, entnommen werden kann (vgl. z.B. VwSlg. 7742 A/1970). Ob dies im Beschwerdefall zutrifft, kann der Verwaltungsgerichtshof mangels Vorlage des Aktenvermerkes nicht beurteilen. Zwar gibt es in den vorgelegten Verwaltungsakten zwei andere Schriftdokumente, die diese Wertung enthalten (Votalausführungen zum ersten Bescheid vom 17. Jänner 1992; Begleitschreiben zur Übermittlung dieses Bescheides an den LSR vom 17. Jänner 1992): Abgesehen davon, daß sich die belangte Behörde darauf weder im Verwaltungsverfahren noch im angefochtenen Bescheid berufen hat, finden sich darin aber keine näheren Angaben, wann und wem gegenüber es zu dieser "Antragsänderung" (dem Einverständnis mit einer längeren als der ursprünglich beantragten Dauer des Karenzurlaubes) gekommen ist.

Dazu kommt, daß selbst ein Aktenvermerk im Sinne des § 16 AVG nicht von vornherein Zeugenaussagen entbehrlich macht. Im Hinblick auf das konkrete Vorbringen über den Inhalt des Telefonates vom 14. Jänner 1992 (Mitte Jänner 1992), das der Beschwerdeführer unbestritten mit Mag. A. führte, und das sich nicht bloß in der Bestreitung der Unrichtigkeit des Behördenvorhaltes erschöpfte, liegen widersprechende Tatsachenbehauptungen vor und kommt der Beweiswürdigung besondere Bedeutung zu. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, Mag. H. als Zeuge zum Inhalt dieses Telefonates niederschriftlich zu vernehmen. Stattdessen hat sie sich mit dem bloßen Hinweis auf Wahrnehmungen von zwei (namentlich nicht) genannten Beamten begnügt, wobei insbesondere auch die Rolle des zweiten Organwalters unklar bleibt, zumal sie sich auch nicht im Behördenvorhalt vom 4. Juni 1993 auf die Wahrnehmungen eines zweiten Beamten berufen hat. Erst auf Grund einer möglichst genauen Rekonstruktion des Telefonates könnte verläßlich beurteilt werden, ob eine ausdrückliche Abänderung oder zumindestens eine konkludente Zustimmung des Beschwerdeführers in bezug auf die beantragte Dauer des Karenzurlaubes angenommen werden kann. Sollte sich der Inhalt dieses Telefonates und die Bewertung der Reaktion des Beschwerdeführers nicht mehr zweifelsfrei ermitteln lassen, ist vom Inhalt des schriftlichen Antrages vom 5. Dezember 1991 auszugehen.

Das bisherige Ermittlungsverfahren reicht daher nicht aus, die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, der Beschwerdeführer habe telefonisch Mitte Jänner 1992 seinen schriftlichen Antrag auf Karenzurlaub vom 5. Dezember 1991 in bezug auf dessen Dauer abgeändert, zu tragen. Da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid zur Gänze nach § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt keine Trennbarkeit vor, die lediglich die Aufhebung jenes Teiles des Karenzurlaubes zuläßt, von dem (mangels eines ordnungsgemäß geführten Verwaltungsverfahrens derzeit) nicht feststeht, ob er vom Antrag des Beschwerdeführers erfaßt war oder nicht. Dies deshalb, weil die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Karenzurlaubes vorliegen oder nicht, unter anderem auch von der beantragten Dauer desselben abhängt. Im übrigen wurde auch im Vorerkenntnis der damals angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 1992 ohne Einschränkung aufgehoben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Beweismittel Urkunden Beweismittel Zeugenbeweis Beweiswürdigung Wertung der Beweismittel Ermessen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993120281.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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