TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 95/12/0143

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

L22006 Landesbedienstete Steiermark;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/08 Sonstiges allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

DP §23 Abs3;
DP/Stmk 1974 impl;
LBG Stmk 1974 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 24. März 1995, Zl. 1 - 027337/54 - 95, betreffend Entbindung von der Amtsverschwiegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberamtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 1994 ersuchte der Beschwerdeführer unter anderem ihn gemäß "§ 23 der Dienstpragmatik von der Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses bzw. zur Amtsverschwiegenheit zu entbinden", da er beabsichtige, diverse Mißstände der Landesverwaltung aufzuzeigen, von denen er nicht ausschließen könne, daß diese auch strafrechtlich von Relevanz seien. Dieses Ansuchen wiederholte der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe vom 13. März 1995 und ersuchte um bescheidmäßige Erledigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Entbindung von der Amtsverschwiegenheit "gemäß § 23 Abs. 3 der Dienstpragmatik in der als Landesgesetz geltenden Fassung" ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, für eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit bestehe kein Anlaß. Der § 23 Abs. 3 sehe eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nämlich nur dann vor, wenn ein Beamter vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde aussagen müsse und sich aus der Ladung erkennen lasse, daß der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte. Dies sei vorliegendenfalls aber nicht gegeben. Eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit wäre von der Personalabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung erst in Erwägung zu ziehen, wenn die Staatsanwaltschaft gegen jene Landesbediensteten, auf die sich die in den Schreiben vom 9. Februar und 13. März 1995 vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe bezögen, ein Verfahren eingeleitet worden sei.

Voraussetzung wäre - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides -, daß der Beschwerdeführer im Sinne des § 27 der Dienstpragmatik im Dienstweg über seine unmittelbaren Dienstvorgesetzten einen Antrag um Überprüfung bei der Landesamtsdirektion eingebracht habe und diese sich entschlossen hätte, Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten. Werde der Beschwerdeführer dann in diesem Verfahren als Zeuge geladen, so hätte die Rechtsabteilung 1 über seinen Antrag um Entbindung von der Amtsverschwiegenheit zu entscheiden.

Dieser Bescheid gelangte dem Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen dadurch zur Kenntnis, daß er das Schriftstück zwischen anderen Unterlagen am 11. April 1995 auf seinem Schreibtisch vorfand.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, auf die bereits in einem anderen Verfahren des Beschwerdeführers vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer jedenfalls zugekommen, sodaß ein allfälliger Zustellmangel, den die Beschwerde andeutet, gemäß § 5 DVG iVm § 7 des Zustellgesetzes geheilt ist.

Dem Spruch des angefochtenen Bescheides ist zwar zu entnehmen, daß die rechtliche Grundlage der Entscheidung "§ 23 Abs. 3 der Dienstpragmatik in der als Landesgesetz geltenden Fassung" ist, der Inhalt dieser Regelung wird aber ebenso wie die konkrete Fassung und die Fundstelle hiefür nicht angegeben; dies wäre aber gerade bei der vom Land Steiermark im Bereich des Dienstrechtes geübten "Rezeptionstechnik", insbesondere im Interesse der Nachvollziehbarkeit, geboten gewesen. Diesem Mangel kommt aber keine verfahrensentscheidende Bedeutung zu.

Nach § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/1974, idF. LGBl. Nr. 87/1989, sind - soweit landesgesetzlich und in den einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Anlagen nicht anderes bestimmt ist - auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrechtes der Bundesbeamten am Tage der Beschlußfassung dieses Gesetzes maßgeblichen Bundesgesetze als Landesgesetz sinngemäß anzuwenden.

§ 23 Abs. 3 der Dienstpragmatik 1914 idF. LGBl. Nr. 87/1989, lautet:

"Hat der Beamte vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde auszusagen und läßt sich aus der Ladung erkennen, daß der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte, so hat er dies seiner Dienstbehörde zu melden. Die Dienstbehörde hat zu entscheiden, ob der Beamte von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu entbinden ist. Sie hat dabei das Interesse an der Geheimhaltung gegen das Interesse an der Aussage abzuwägen, wobei der Zweck des Verfahrens sowie der dem Beamten allenfalls drohende Schaden zu berücksichtigen sind. Die Dienstbehörde kann die Entbindung unter der Voraussetzung aussprechen, daß die Öffentlichkeit von dem Teil der Aussage, der den Gegenstand der Entbindung bildet, ausgeschlossen wird."

Demnach sieht diese gesetzliche Bestimmung eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nur bezogen auf den Umstand der Ladung eines Beamten vor Gericht oder vor eine Verwaltungsbehörde zur Aussage vor. Erst wenn dieser Sachverhalt verwirklicht ist, sind die anderen Tatbestandserfordernisse des § 23 Abs. 3 DP 1914 zu prüfen und wäre allenfalls die vorgesehene Interessensabwägung vorzunehmen.

Der Beschwerdeführer bringt als Beschwerdepunkt vor:

"Der angefochtene Bescheid verstößt gegen § 84 StPO bzw. Art. 20 Abs. 3 B-VG. Er ist deshalb materiell rechtswidrig."

Er meint weiters, die Amtsverschwiegenheit nach Art. 20 Abs. 3 B-VG stehe unter Gesetzesvorbehalt und könne daher durch einfaches Gesetz präziser umschrieben werden. Auch wenn die Anzeigepflicht nach § 84 StPO nur die Behörde oder öffentliche Dienststellen treffe, müsse es dem einzelnen Beamten selbst unbenommen sein, Anzeige zu erstatten, wenn der betreffende Sachverhalt ihn betreffe und zu befürchten sei, daß die Anzeigeerstattung seitens der im Dienstweg Vorgesetzten unterbleiben könnte. § 84 StPO könne daher nicht anders verstanden werden, als daß durch die Bestimmung auch der einzelne Beamte berechtigt sei, selbst Anzeige zu erstatten. Da § 84 StPO gegenüber der Dienstpragmatik jedenfalls die speziellere Bestimmung sei, hätte es einer Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nicht bedurft. Aus diesem Grund habe auch nicht mit Bescheid ausgesprochen werden können, daß eine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nicht erfolgt sei.

Dieses Vorbringen geht am Verfahrensgegenstand vorbei und kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid anknüpfend an das Begehren des Beschwerdeführers nur insoferne eine rechtswirksame Aussage getroffen, als der Beschwerdeführer mangels des Vorliegens der erstgenannten Tatbestandsvoraussetzung des § 23 Abs. 3 DP 1914 nicht von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit entbunden worden ist. Eine darüber hinausgehende Rechtswirkung kann dem angefochtenen Bescheid nicht beigemessen werden.

Da es im vorliegenden Verwaltungsverfahren schon am ersten Tatbestandserfordernis, nämlich an der Ladung des Beschwerdeführers zur Aussage vor Gericht oder vor eine Verwaltungsbehörde gemangelt hat, kann nicht gesagt werden, die belangte Behörde habe das Begehren des Beschwerdeführers unrechtmäßig abgewiesen.

Ausgehend von diesem Verfahrensgegenstand kann die Beantwortung der vom Beschwerdeführer inhaltlich relevierten Frage, nämlich, ob er bei einer Strafanzeige in eigener Sache überhaupt an die Amtsverschwiegenheit gebunden ist, aber dahingestellt bleiben.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht in den in seinem Beschwerdepunkt formulierten oder sonst von Amts wegen aufzugreifenden Rechten verletzt worden; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995120143.X00

Im RIS seit

28.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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