TE Vfgh Erkenntnis 1993/11/30 G132/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z2 litc

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Verwaltungsstrafbestimmung betreffend Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung

Spruch

§28 Abs1 Z2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 war verfassungswidrig.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Aus Anlaß einer bei ihm anhängigen Beschwerde gegen einen Berufungsbescheid, mit dem der Beschwerdeführer einer (am 28. Februar 1990 begangenen) Übertretung nach §28 Abs1 Z2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 schuldig erkannt wurde, stellt der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung. Mit Erkenntnis VfSlg. 12948/1991 habe der Verfassungsgerichtshof die Verfassungswidrigkeit des §28 Abs1 Z1 lita des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 wegen Verstoßes gegen den im Verfassungsrang stehenden Art6 EMRK mit der Begründung festgestellt, der österreichische Vorbehalt zu Art5 EMRK decke die Durchführung eines Strafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz vor einer Verwaltungsbehörde nicht, weil derartige Verfahren im Zeitpunkt des Vorbehaltes vor die Strafgerichte gehörten. Die in Prüfung gezogene Bestimmung gewährleiste deshalb zu Unrecht kein Verfahren vor einem unabhängigen Tribunal.

Diese Verfassungswidrigkeit trifft nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch §28 Abs1 Z2 litc des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988.

Die Bundesregierung hat - wie schon in den Verfahren G294/91 und G40/92 ua. (betreffend §28 Abs1 lita AuslBG, BGBl. Nr. 218/1985, und §28 Abs1 Z1 litb AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 231/1988) - auf eine Äußerung verzichtet.

II. Nach §28 Abs1 Z2 litc Ausländerbeschäftigungsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. 231/1988 wird mit Geldstrafe von 2.000 S bis 30.000 S bestraft, wer

"c) entgegen dem §26 Abs1 den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern sowie den Arbeitsinspektoraten und den sonst zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Behörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer nicht bekannt gibt, die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte nicht erteilt oder in die erforderlichen Unterlagen nicht Einsicht gewährt".

III. Der Antrag ist zulässig. Das Verfahren hat nichts ergeben, was an der Zulässigkeit des Antrages oder der Präjudizialität der angefochtenen Norm zweifeln ließe. Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.

Der Antrag ist auch begründet. Da die im Antrag dargelegten Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes jenen des Verfassungsgerichtshofes im Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg. 12948/1991 entsprechen und nichts Neues hervorgekommen ist, kann auf das Ergebnis dieses Verfahrens verwiesen werden. Eine Verwaltungsstrafbestimmung der in Rede stehenden Art hat im Zeitpunkt der Abgabe des Vorbehaltes zur EMRK nicht bestanden.

§28 Ausländerbeschäftigungsgesetz ist durch die mit 1. Oktober 1990 in Kraft getretene Novelle BGBl. Nr. 450/1990 neu gefaßt worden. Die vom Antrag betroffene Fassung steht nicht mehr in Geltung. Der Verfassungsgerichtshof hat sich daher darauf zu beschränken, ihre Verfassungswidrigkeit festzustellen.

Der Ausspruch über die Kundmachung stützt sich auf Art140 Abs5 B-VG.

Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG).

Schlagworte

Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G132.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93G00132_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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