Entscheidungsdatum
03.11.2022Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §13 Abs7Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a E. Lechner, LL.M. über die Beschwerde des AA, geb XX.XX.XXXX, StA Kosovo, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.02.2022, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005 (NAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo mit dem Status eines subsidiär Schutzberechtigten, stellte am 07.07.2021 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“, dem die belangte Behörde mit Bescheid vom 08.02.2022 gemäß „§ 11 Abs. 5 iVm § 11 Abs. 2 Ziffer 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 10 Abs. 3 Ziffer 2 Integrationsgesetz nicht stattgegeben“ hat.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters Beschwerde ein.
Mit Vorlageschreiben vom 22.03.2022 (ho eingelangt am 23.03.2022) legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde samt bezughabenden Akt zur Entscheidung vor.
In dem vom Landesverwaltungsgericht Tirol durchgeführten Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass gegen den Beschwerdeführer ein aufrechtes Einreiseverbot für die Schweiz besteht. In der mündlichen Verhandlung am 27.10.2022 hatte der Beschwerdeführer Gelegenheit zu diesem Ermittlungsergebnis Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 27.10.2022 zog der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters den verfahrenseinleitenden Antrag vom 07.07.2021 ausdrücklich zurück.
II. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Verfahrensgang und Sachverhalt folgt aus dem unbedenklichen Akteninhalt und dem eindeutigen und unmissverständlichen Schriftsatz des rechtsfreundlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 27.10.2022 an das Landesverwaltungsgericht Tirol.
III. Rechtslage:
§ 13 Abs 7 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 in der Fassung BGBl I Nr 58/2018, lautet:
„Anbringen
§ 13. [...]
(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
[...]“
IV. Erwägungen:
Die Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages während des anhängigen Beschwerdeverfahrens bewirkt, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits vielfach ausgesprochen hat, den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich die Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Verwaltungsgericht hat in einem solchen Fall den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben; tut es dies nicht, belastet es seine Entscheidung mit Rechtswidrigkeit (vgl aus der umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0065, 27.01.2020, Ra 2019/04/0005, 0006, 17.06.2019, Ra 2019/22/0021, 0022, 25.09.2018, Ra 2017/01/0210, 25.10.2017, Ra 2017/07/0073, 21.12.2016, Ra 2016/04/0127, 05.03.2015, Ra 2014/02/0159, oder auch 19.11.2014, Ra 2014/22/0016, jeweils mwN); eine inhaltliche Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages ist mit dessen rechtzeitiger und zulässiger Zurückziehung ausgeschlossen (VwGH 25.06.2021, Ro 2019/05/0018).
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer, wie festgestellt, mit Schriftsatz vom 27.10.2022, beim Landesverwaltungsgericht Tirol am selben Tag eingelangt, seinen Antrag vom 07.07.2021 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ gemäß § 45 NAG ausdrücklich zurückgezogen.
In Entsprechung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Landesverwaltungsgericht Tirol auf Grund der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den angefochtenen Bescheid in Folge (nachträglicher) Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos zu beheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a E. Lechner, LL.M.
(Richterin)
Schlagworte
AntragszurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.19.0791.11Zuletzt aktualisiert am
14.12.2022