TE Vwgh Erkenntnis 2022/11/10 Ra 2022/18/0120

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Veröffentlicht am 10.11.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §34 Abs4
VwGG §42 Abs2 Z1
  1. AsylG 2005 § 34 heute
  2. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 34 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  8. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/18/0121

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Dr.in Gröger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. M A, und 2. L F, beide vertreten durch Dr. Sebastian Siudak, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Blütenstraße 15/5/5.13, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts jeweils vom 16. November 2021, 1. L506 2190500-1/23E und 2. L506 2246931-1/3E, betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in Höhe von jeweils EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige des Iran. Der Erstrevisionswerber ist der Onkel der minderjährigen Zweitrevisionswerberin; die Mutter des Kindes und die Ehefrau des Erstrevisionswerbers sind Schwestern. Der Erstrevisionswerber stellte am 8. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, dass seine Frau und er zum Christentum konvertiert seien und deshalb im Iran verfolgt würden. Die Zweitrevisionswerberin, vertreten durch ihre Mutter, stellte am 2. Juli 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz; sie machte keine eigenen Fluchtgründe geltend und verwies auf die Fluchtgründe ihrer Mutter.

2        Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diese Anträge - nach Durchführung mündlicher Verhandlungen - in Bestätigung der entsprechenden Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Gänze ab, erteilte den revisionswerbenden Parteien keine Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

3        Auch über ebenfalls gestellte Asylanträge der Ehefrau des Erstrevisionswerbers sowie der Mutter der Zweitrevisionswerberin entschied das BVwG abschlägig.

4        Begründend führte das BVwG in den hier angefochtenen Erkenntnissen aus, der Erstrevisionswerber habe sich nicht nachhaltig dem christlichen Glauben zugewandt. Es bestehe keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund der Scheinkonversion. Die Zweitrevisionswerberin sei nicht getauft und habe keine eigenen Asylgründe geltend gemacht.

5        Gegen die hier angefochtenen Erkenntnisse erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, deren Behandlung mit Beschluss vom 29. April 2022, E 1068 - 1069/2022-5, abgelehnt und die dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es habe - im Familienverfahren - eine einseitige Beweiswürdigung zu Lasten der Familienangehörigen der revisionswerbenden Parteien vorgenommen.

7        Das BFA hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

8        Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9        Die Revision ist zulässig und begründet.

10       Gegen die Entscheidungen des BVwG über die Anträge der Ehefrau des Erstrevisionswerbers und der Mutter der Zweitrevisionswerberin wurden ebenso außerordentliche Revisionen beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis vom 29. August 2022, Ra 2022/18/0082 bis 0083, wurden die entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen vom Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil sie den Anforderungen an eine schlüssige Beweiswürdigung nicht entsprachen. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

11       Der Umstand, dass ein Erkenntnis eines Familienangehörigen aufgehoben wird, schlägt im Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 4 AsylG 2005 auch auf die übrigen Familienmitglieder durch und führt zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit der sie betreffenden Entscheidungen (vgl. VwGH 7.5.2020, Ra 2019/18/0395 u.a., mwN). Eine etwaige asylrelevante Verfolgung der Revisionswerberinnen im Verfahren zu Ra 2022/18/0082 bis 0083 würde im Familienverfahren somit auch zu einer Gewährung des Status von Asylberechtigten an die hier revisionswerbenden Parteien führen.

12       Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

13       Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 10. November 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022180120.L01

Im RIS seit

09.12.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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