TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/8 94/09/0023

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Veröffentlicht am 08.02.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §6 Abs1;
AVG §56;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 7. Dezember 1993, Zl. 633.062/2-2/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am 16. Februar 1993 beim Arbeitsamt eingelangten Formular beantragte die beschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den kroatischen Staatsangehörigen S. Als berufliche Tätigkeit war angegeben "Zimmermanngeselle, Spenglergeselle (Doppelberuf)".

Über Aufforderung des Arbeitsamtes brachte die beschwerdeführende Partei am 19. Februar 1993 einen Vermittlungsauftrag für die offene Stelle als "Zimmermann, Dachdecker, Spengler" bei.

Mit Bescheid vom 16. März 1993 gab das Arbeitsamt Bau-Holz dem Antrag vom 16. Februar 1993 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für S. "für die berufliche Tätigkeit als Zimmermann" gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge. Nach Zitierung dieser Gesetzsstelle wird dazu ausgeführt, der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht einhellig befürwortet und darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung vom 25. März 1993 wird vorgebracht, der Bescheid vom 16. März 1993, mit welchem der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für S. für die Tätigkeit als Zimmermann abgelehnt worden sei, werde vollinhaltlich angefochten und es werde beantragt, die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für S. als Zimmermann zu erteilen. Weiters werde ausdrücklich der Antrag gestellt, daß aufgrund der Nichtentscheidung hinsichtlich des "beantragten Berufes Spengler" der beschwerdeführenden Partei das Recht "einer Bewilligung entstanden ist, weil die Behörde nicht binnen vier Wochen entschieden hat". Eine Entscheidung betreffend "Spengler" sei mit dem bekämpften Bescheid nicht getroffen worden. Nach der Regelung des "ASVG" sei der Dienstgeber nicht verpflichtet, zwei Anträge zu stellen, vor allem dann, wenn der Betrieb als Mischbetrieb mehrere Konzessionen besitze. Die Behörde wäre vielmehr verpflichtet gewesen, den Antrag (wenn sie meine, hinsichtlich des "Spenglerbegehrens" nicht zuständig zu sein) dem Arbeitsamt Metall-Chemie zu übermitteln. Das Recht, S. als Spengler infolge Nichtentscheidung durch die Erstinstanz binnen vier Wochen zu beschäftigen, sei daher entstanden, eine Einstellung erfolge aber erst, wenn über die Berufung entschieden worden sei. Weiters wird in der Berufung geltend gemacht, die Behörde sei bisher nicht in der Lage gewesen, der beschwerdeführenden Partei Fachkräfte zu vermitteln, die ihren Auflagen entsprochen hätten.

Mit Bescheid vom 8. Juli 1993 gab das Landesarbeitsamt Wien der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 1 sowie § 13a AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der Rechtslage führte die Behörde dazu aus, S. sei für die Beschäftigung als Zimmermann beantragt worden. Es sei dafür ein Qualifikationsnachweis vorgelegt worden, wonach S. als 15-jähriger bereits die Lehre abgeschlossen habe. Der Abschluß der Zimmermannlehre sei aber in diesem Alter "ein Ding der Unmöglichkeit". Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren noch in der Berufung Gründe vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Mit Schreiben vom 28. August 1993 brachte die beschwerdeführende Partei einen Devolutionsantrag ein. Die beschwerdeführende Partei sei in ihrem subjektiven Recht auf Entscheidung binnen "angemessener im AVG vorgesehenen Frist" verletzt. Entgegen der gesetzlichen Verpflichtung sei über die Berufung nur zum Teil entschieden worden. Die beschwerdeführende Partei habe die Arbeitsbewilligung für S. als Zimmermann und Spengler begehrt. Das Arbeitsamt Bau-Holz habe über den "Zimmermann" abgesprochen, den "Spengler" aber unberührt gelassen, sodaß "mangels vierwöchiger Entscheidung" das Recht auf Einstellung des S. als Spengler erwachsen sei. Den Ausführungen hinsichtlich "Spengler" sei keine Beachtung geschenkt worden. Auf das Berufungsvorbringen werde ausdrücklich verwiesen. Auch lägen die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG vor. Es ergehe an das "Sozialministerium" der Antrag für S. die Beschäftigungsbewilligung "für Spengler" zu erteilen.

In einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, daß zwar als Berufsbezeichnung sowohl im Bescheid des Arbeitsamtes Bau-Holz als auch in dem des Landesarbeitsamtes Wien nur "Zimmermann" angeführt worden sei. Aus dem jeweiligen Spruch beider Behörden gehe jedoch eindeutig hervor, daß über den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung und somit über die Möglichkeit der Beschäftigung von S. abgesprochen worden sei. Somit lägen hinsichtlich der Berufsbezeichnung allenfalls fehlerhafte bzw. rechtswidrige Bescheide vor. Gegen Bescheide, die in letzter Instanz erlassen worden seien, könne, wenn dem Standpunkt einer Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werde, Beschwerde beim Verwaltungs- oder Verfassunggerichtshof erhoben werden. Die für die Einbringung eines Devolutionsantrages erforderliche Voraussetzung des Nichtvorliegens eines Bescheides sei jedoch nicht erfüllt.

In der Stellungnahme vom 28. Oktober 1993 betonte die beschwerdeführende Partei, das Arbeitsamt habe mit dem Bescheid vom 16. März 1993 lediglich über die Beschäftigung als Zimmermann, nicht aber über jene als Spengler abgesprochen. Keinesfalls könne aus dem Spruch des Bescheides entnommen werden, daß sich die ablehnende Entscheidung auch auf den Berufszweig "Spengler" erstrecke, zumal ausdrücklich nur der Beruf des Zimmermanns im Bescheid des Arbeitsamtes angeführt werde, und das Landesarbeitsamt diesen Bescheid bestätigt habe. Dies, obwohl die beschwerdeführende Partei bereits in der Berufung darauf hingewiesen habe, daß ein Teil des Antrages unerledigt geblieben sei. Richtigerweise hätte das Arbeitsamt Bau-Holz den Antrag auf Beschäftigung als Spengler dem für die Berufssparte "Spengler" zuständigen Arbeitsamt Metall-Chemie weiterleiten müssen. Auch das Landesarbeitsamt, das auf diesen "Mißstand" hingewiesen worden sei, sei untätig geblieben. Hätte die beschwerdeführende Partei zwei Anträge gestellt, nämlich einen auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Spengler und einen auf Erteilung derselben als Zimmermann, hätte sich das Arbeitsamt auch mit beiden Anträgen auseinandersetzen müssen. Es könne kein Nachteil sein, wenn beide Anträge in einem Formular gestellt würden. Es erkläre sich auch "keinesfalls von selbst", daß mit der Ablehnung der Beschäftigung als Zimmermann auch die Beschäftigung als Spengler abgelehnt worden sei. Bei ordnungsgemäßer Prüfung hätte das Beweisverfahren ergeben können, daß S. als Spengler zu beschäftigen wäre. Es liege jedenfalls keine Entscheidung vor, mit der seine Beschäftigung als Spengler abgelehnt worden sei, sodaß Säumigkeit sowohl der Behörde erster Instanz als auch des Landesarbeitsamtes Wien gegeben sei. Es erscheine daher der Antrag auf Entscheidung durch den Bundesminister gerechtfertigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf "Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über ihre Berufung vom 25.3.1993 gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Bau-Holz vom 16.3.1993" zurück. Zur von der beschwerdeführenden Partei in der Stellungnahme vorgebrachten Argumentation stellte sich die belangte Behörde auf den Standpunkt, daß tatsächlich nur ein Antrag gestellt worden sei, wenn darin auch eine Tätigkeit angeführt worden sei, die beide Berufe umfasse. Wie bereits ausgeführt, gehe aus dem jeweiligen Spruch beider Bescheide eindeutig hervor, daß damit über den von der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung abgesprochen worden sei. Allenfalls lägen hinsichtlich der Berufsbezeichnung fehlerhafte bzw. rechtswidrige Bescheide vor, die vor den Höchstgerichten bekämpft werden könnten. Die für die Einbringung eines Devolutionsantrages erforderliche Voraussetzung des Nichtvorliegens eines Bescheides sei nicht gegeben.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Über die Anträge nach dem AuslBG hat nach § 20 Abs. 1 AuslBG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle durch das Arbeitsmarktservice-Begleitgesetz, BGBl. Nr. 314/1994) das nach § 19 Abs. 1, 3 und 4 zuständige Arbeitsamt zu entscheiden. Für Berufungen gegen Bescheide des Arbeitsamtes entscheidet das Landesarbeitsamt; eine weitere Berufung ist nicht zulässig (§ 20 Abs. 3 leg. cit.).

Eine Beschäftigungsbewilligung ist gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. für einen Arbeitsplatz zu erteilen und gilt für den Bereich eines Arbeitsamtes. Der Arbeitsplatz ist durch die berufliche Tätigkeit und den Betrieb bestimmt. Eine Beschäftigungsbewilligung darf nur für einen bestimmten Ausländer und für einen bestimmten Arbeitsplatz mit einer bestimmten Verwendung oder Beschäftigung (Dienstposten) erteilt werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Februar 1977, Slg. Nr. 9.244/A). Die beschwerdeführende Partei ist daher grundsätzlich mit ihrer Ansicht im Recht, wonach bei Beantragung eines Ausländers für verschiedene Verwendungen für jede Verwendung ein gesonderter Bescheidabspruch erforderlich ist.

Wenn die belangte Behörde damit auch mit einer unzutreffenden Begründung zu ihrem zurückweisenden Bescheid gelangte, erweist sich dieser insgesamt doch nicht als rechtswidrig:

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht auf deren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen die ausständige Entscheidung die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, auf diesen über (§ 73 Abs. 2 leg. cit.). Ein Devolutionsantrag ist nur zulässig, wenn die der "sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde" nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt hat. Trifft dies nicht zu, so ist der Antrag zurückzuweisen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1993, 93/07/0138).

Ungeachtet der Frage, ob der im übrigen nicht eindeutig abgefaßte Devolutionsantrag vom 28. August 1993 (bei der belangten Behörde eingelangt am 30. August 1993) überhaupt eine Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung vom 25. März 1993 geltend machen wollte, wie dies die belangte Behörde spruchgemäß annahm, oder ob tatsächlich eine Säumnis bei der Antragserledigung durch das Arbeitsamt Gegenstand des Devolutionsantrages war, wäre dieser jedenfalls zurückzuweisen gewesen: Hinsichtlich der Berufungserledigung wegen noch nicht erfolgten Ablaufes der 6-Monatsfrist des § 73 Abs. 1 AVG; betreffend Antragserledigung wegen nicht erfolgter Einbringung eines Devolutionsantrages beim Landesarbeitsamt (der nachgeordneten Behörde), sodaß dieses auch keine Entscheidungspflicht verletzt haben konnte.

Die Beschwerde ist daher im Ergebnis unbegründet, sodaß diese gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090023.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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