TE Vwgh Beschluss 1996/2/20 96/08/0005

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Veröffentlicht am 20.02.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

AlVG 1977 §56 Abs1;
AlVG 1977 §58 Abs1 idF 1994/314;
AMSBegleitG 1994 Art6;
AMSG 1994 §58 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
AVG §68 Abs4;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
B-VG Art20 Abs1;
B-VG Art69 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des Dr. G in W, gegen die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr in Fotokopie vorgelegten Berufung des Beschwerdeführers vom 15. Juni 1995 ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 2. Juni 1995 wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer den Anspruch auf Bezug von Notstandshilfe für den Zeitraum vom 5. Dezember 1994 bis 1. Jänner 1995 verloren hätte. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Diese Berufung wurde bei der belangten Behörde nach den Beschwerdebehauptungen am 16. Juni 1995 überreicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Nach § 27 VwGG kann eine Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Nach der (gemäß Art. II Abs. 2 Z. 41 EGVG 1991 in der Fassung des Art. 17 des AMS-BegleitG auf die Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und die regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice anwendbaren) Bestimmung des § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wird der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt, so geht gemäß § 73 Abs. 2 AVG über ihren schriftlichen Antrag die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Ein solcher Antrag ist unmittelbar bei der Oberbehörde einzubringen.

"Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den Beschluß vom 14. November 1995, Zlen. 95/08/0291, 0291, mit weiterem Nachweis) in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus aber auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechtes den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Ob eine Behörde "Oberbehörde" ist, richtet sich nur nach der Rechtslage, die in bezug auf das konkret gestellte und unerledigt gebliebene Sachbegehren gegeben ist. Eine Beschränkung des Instanzenzuges hindert nicht den Übergang der Zuständigkeit im Devolutionsweg. Sie hindert nur die Anfechtung von Bescheiden im Rechtsmittelverfahren.

Demnach steht einer Partei in Angelegenheiten der Notstandshilfe trotz des Umstandes, daß der Instanzenzug gemäß den §§ 56 Abs. 1 und 58 AlVG in der Fassung des Art. 6 des AMS-BegleitG bei der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice endet, im Hinblick auf das dem Bundesminister für Arbeit und Soziales nach § 58 Abs. 1 AMSG zustehende Weisungsrecht dennoch das Recht zu, den Übergang der Entscheidungspflicht an den genannten Bundesminister zu verlangen (vgl. auch hiezu den zuvor genannten Beschluß vom 14. November 1995).

Die vorliegende Beschwerde war daher mangels vorheriger Anrufung des Bundesministers für Arbeit und Soziales ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Allgemein (auch gemeinsame Rechtssätze mit AVG §68 Abs3 und Abs4) Anrufung der obersten Behörde Besondere Rechtsgebiete Diverses Zuständigkeit Instanzenzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996080005.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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