TE Vfgh Erkenntnis 2022/6/13 V323/2021

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Veröffentlicht am 13.06.2022
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Index

L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art18, Art22, Art139 Abs1 Z1
Wr NaturschutzG §1, §3, §18, §24, §27, §49
LandschaftsschutzgebietV Penzing der Wr Landesregierung betreffend Teile des 14. Wr Gemeindebezirks
VfGG §7 Abs2, §57 Abs1
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Abweisung eines Antrags betreffend ein Wr Landschaftsschutzgebiet; hinreichende Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; Einhaltung der Verfahrensvorschriften des Wr NaturschutzG bei der Verordnungserlassung; Verletzung der Amtshilfe durch Unterlassung der Vorlage der Verordnungsakten an das Verwaltungsgericht

Spruch

I.   Soweit sich der Antrag auf das Grundstück Nr 335/261, EZ 3712, KG Hadersdorf, bezieht, wird er abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Verwaltungsgericht Wien, die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl 31/2004, idF LGBl 16/2017 als gesetzwidrig bzw als verfassungswidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

         1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes, mit dem das Wiener Naturschutzgesetz erlassen wird (Wiener Naturschutzgesetz), LGBl 45/1998, idF LGBl 27/2021 lauten auszugsweise:

" Ziel des Gesetzes

§1. Dieses Gesetz dient dem Schutz und der Pflege der Natur in all ihren Erscheinungsformen im gesamten Gebiet der Bundeshauptstadt Wien sowie der nachhaltigen Gewährleistung der stadtökologischen Funktionen durch Setzung der erforderlichen Erhaltungs-, Ergänzungs- und Erneuerungsmaßnahmen.

[…]

Begriffsdefinitionen

§3. (1) Landschaft ist der charakteristische, individuelle Teil der Erdoberfläche, der durch das Wirkungsgefüge der hier vorhandenen Landschaftsfaktoren, einschließlich der Einwirkungen durch den Menschen, etwa durch bauliche Anlagen, bestimmt wird.

(2)-(7) […]

(8) Eingriff ist jede vorübergehende oder dauerhafte Maßnahme, die geeignet ist, nachteilige Auswirkungen auf den Schutzzweck eines Schutzgebietes, auf ein Schutzobjekt oder im Rahmen des allgemeinen Landschaftsschutzes zu haben. Ein Eingriff in ein Schutzgebiet oder Schutzobjekt liegt auch dann vor, wenn die Maßnahme selbst außerhalb des Schutzgebietes oder Schutzobjektes ihren Ausgang

nimmt.

(9)-(11) […].

[…]

Bewilligungen

§18. (1) Folgende Maßnahmen bedürfen im gesamten Gebiet der Bundeshauptstadt Wien einer Bewilligung der Behörde:

1. die Errichtung und wesentliche Änderung von Anlagen zur Gewinnung oder Aufbereitung von Bodenschätzen,

2. die Errichtung von Anlagen in naturnahen Oberflächengewässern und deren naturnahen Uferbereichen sowie die Änderung solcher Anlagen, sofern das äußere Erscheinungsbild oder die Funktion der Anlage wesentlich verändert wird, und

3. der Aufstau, die Verlegung und die Ausleitung eines naturnahen Oberflächengewässers sowie die Vornahme von Grabungen und Aufschüttungen in naturnahen Oberflächengewässern und deren naturnahen Uferbereichen.

(2) Folgende Maßnahmen bedürfen im Grünland einer Bewilligung der Behörde:

1. die Neuanlage, Verlegung und Verbreiterung von Straßen mit öffentlichem Verkehr und Forststraßen,

2. die Errichtung und wesentliche Änderung von Anlagen mit einer zusammenhängend bebauten Fläche von mehr als 2.500 m²,

3. die Neuanlage, Verlegung und Vergrößerung von Rohrleitungen mit einem Querschnitt von mehr als DN (Diameter Nominal) 300 mm, die sie einzeln oder in gebündelter Form erreichen, sowie Rohrleitungen für den Transport von Mineralölen und chemischen Stoffen, ausgenommen Rohrleitungen innerhalb genehmigter Anlagen,

4. Geländeveränderungen einer Fläche von über 1.000 m², wenn das Niveau durchschnittlich mehr als einen Meter verändert wird,

5. die Neuanlage und wesentliche Änderung von Zeltplätzen und Sportanlagen einschließlich ihrer Nebenanlagen mit einer Gesamtfläche von über 1.000 m²,

6. die Neuerrichtung und wesentliche Änderung von ober- und unterirdischen Hochspannungsleitungen über 20 kV Nennspannung,

7. die Entwässerung von Feuchtgebieten sowie von Verlandungsbereichen der Gewässer, soweit diese nicht zu geschützten Biotopen nach §7 Abs2 erklärt sind,

8. die Beseitigung von Alleen und Baumzeilen, ausgenommen in Baumschulen, Gärtnereien oder Obstplantagen stockende Bäume und

9. die Errichtung und wesentliche Änderung unterirdischer Einbauten ab einer Fläche von 300 m2.

(3) Eine Bewilligung gemäß Abs1 oder 2 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, daß die Ausführung der Maßnahme den Landschaftshaushalt, die Landschaftsgestalt oder die Erholungswirkung der Landschaft nicht wesentlich beeinträchtigt.

(4) Eine wesentliche Beeinträchtigung des Landschaftshaushaltes liegt vor, wenn durch den Eingriff das Wirkungsgefüge der Landschaftsfaktoren in dem betroffenen Teil der Landschaft nachteilig verändert wird, insbesondere durch Eingriffe in

1. die Vielfalt und Häufigkeit der Tier- und Pflanzenarten, deren Lebensräume und Lebensgrundlagen,

2. die Vielfalt und Häufigkeit von Biotopen oder

3. andere Landschaftsfaktoren wie Klima, Boden oder Wasserhaushalt.

(5) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Landschaftsgestalt liegt jedenfalls vor, wenn durch den Eingriff

1. die Eigenart besonders naturnaher Landschaftsteile beeinträchtigt wird oder

2. kulturlandschaftstypische Ausprägungen nachteilig verändert werden.

(6) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn durch die Ausführung der Maßnahme eine wesentliche Beeinträchtigung des Landschaftshaushaltes, der Landschaftsgestalt oder der Erholungswirkung der Landschaft zwar zu erwarten ist, jedoch das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohls deutlich höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung der Landschaft vor störenden Eingriffen. Bei der Interessensabwägung ist zu berücksichtigen, ob der angestrebte Zweck auf eine technisch und wirtschaftlich vertretbare andere Weise erreicht werden kann und dadurch der Landschaftshaushalt, die Landschaftsgestalt oder die Erholungswirkung der Landschaft in geringerem Umfang beeinträchtigt würden. Der Erhaltungs-, Ergänzungs- oder Erneuerungsvorrang sowie die stadtökologischen Funktionen der von dem Eingriff betroffenen Flächen sind in die Abwägung jedenfalls miteinzubeziehen.

(7) Die Bewilligung ist erforderlichenfalls unter Bedingungen, Befristungen und Auflagen zu erteilen, um eine Beeinträchtigung des Landschaftshaushaltes, der Landschaftsgestalt oder der Erholungswirkung der Landschaft möglichst gering zu halten. Für die Erfüllung der mit der Bewilligung verbundenen Auflagen und Bedingungen kann eine angemessene Frist festgesetzt werden.

(8) Ist die Maßnahme auch nach anderen Landesgesetzen bewilligungspflichtig, so sind allfällige mündliche Verhandlungen und Augenscheinsverhandlungen in Verfahren gemäß Abs1 und 2 möglichst gleichzeitig mit allfälligen mündlichen Verhandlungen oder Augenscheinsverhandlungen im Rahmen anderer landesgesetzlicher Bewilligungsverfahren durchzuführen. Die erforderlichen Bedingungen, Befristungen oder Auflagen sind aufeinander abzustimmen.

[…]

Landschaftsschutzgebiete

§24. (1) Gebiete, die

1. sich durch ihre Landschaftsgestalt auszeichnen,

2. als Kulturlandschaft von historischer Bedeutung sind oder im Zusammenwirken mit Nutzungsart und Bauwerken eine landestypische Eigenart aufweisen oder

3. der naturnahen Erholung dienen,

können zu deren Schutz und Pflege durch Verordnung der Landesregierung zum

Landschaftsschutzgebiet erklärt werden.

(2) Soweit die Umgebung von Gebieten im Sinne des Abs1 für die Sicherung des Schutzzweckes wesentliche Bedeutung hat, kann sie in das Schutzgebiet einbezogen werden.

(3) Die Verordnung nach Abs1 hat die flächenmäßige Begrenzung, den jeweiligen

Schutzgegenstand und Schutzzweck sowie die zur Erreichung des Schutzzweckes notwendigen Gebote, Verbote, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zu enthalten.

(4) […]

(5) Im Landschaftsschutzgebiet sind vorbehaltlich des Abs6 alle Eingriffe untersagt, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen. Hiezu zählen insbesondere:

1. die Vornahme der in §18 Abs1 und 2 genannten Maßnahmen,

2. die Vornahme der in §19 Abs1 genannten Maßnahmen,

3. die Errichtung von Neu- und Zubauten; Umbauten, wenn dadurch das äußere Erscheinungsbild wesentlich geändert wird, sowie andere Baulichkeiten (wie Einfriedungen, Stützmauern), die nicht unter §18 Abs1 oder 2 fallen,

4. die Beseitigung von die Landschaftsgestalt prägenden Elementen,

5. die Aufforstung nicht bewaldeter Flächen,

6. eine erhebliche Lärmentwicklung, die nicht mit anderen nach diesem Gesetz

bewilligungspflichtigen Maßnahmen verbunden ist (wie der Betrieb von Lautsprecheranlagen oder Modellflugplätzen).

(6) Die Naturschutzbehörde kann mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des Abs5 bewilligen, wenn die geplante Maßnahme den Schutzzweck nicht wesentlich beeinträchtigt.

(7) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die geplante Maßnahme eine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes darstellt, jedoch das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles deutlich höher zu bewerten ist, als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Landschaftsschutzgebietes vor störenden Eingriffen. Bei der Interessensabwägung ist zu berücksichtigen, ob der angestrebte Zweck auf eine technisch und wirtschaftlich vertretbare andere Weise erreicht werden kann und dadurch der Landschaftshaushalt, die Landschaftsgestalt oder die Erholungswirkung der Landschaft in geringerem Umfang beeinträchtigt würden. Der Erhaltungs-, Ergänzungs- oder Erneuerungsvorrang sowie die stadtökologischen Funktionen der von dem Eingriff

betroffenen Flächen sind in die Abwägung jedenfalls miteinzubeziehen.

(8) Die Bewilligung ist erforderlichenfalls unter Bedingungen, Befristungen und Auflagen zu erteilen, um eine Beeinträchtigung des Landschaftshaushaltes, der Landschaftsgestalt oder der Erholungswirkung der Landschaft möglichst gering zu halten. Für die Erfüllung der mit der Bewilligung

verbundenen Auflagen und Bedingungen kann eine angemessene Frist festgesetzt werden. Zur Überprüfung der bescheidmäßigen Ausführung hat der Verpflichtete der Behörde die Erfüllung der Auflagen und Bedingungen unverzüglich anzuzeigen.

[…]

Strafbestimmungen

§49. (1) Wer

1.-20. […]

21. im Landschaftsschutzgebiet entgegen §24 Abs5 einen Eingriff ohne Bewilligung der Naturschutzbehörde vornimmt;

22.-31. […]

32. […]

begeht, soferne die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 21 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 35 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen."

         2. Die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet (Landschaftsschutzgebiet Penzing), LGBl 31/2004, idF LGBl 16/2017, die zur Gänze angefochten wird, lautet wie folgt (ohne Anlagen):

" Ziele

§1. (1) Die in dem eine Anlage zu dieser Verordnung bildenden Plan (in der Folge „Plan“) mit einer ununterbrochenen roten Linie umgrenzten Teile des 14. Wiener Gemeindebezirkes werden zum Landschaftsschutzgebiet erklärt.

(2) Ziel der Unterschutzstellung ist vorrangig die Erhaltung der Landschaftsgestalt, aber auch der Schutz und die Pflege der historisch bedeutsamen Kulturlandschaft und die Wahrung der naturnahen Erholung.

(3) Das Landschaftsschutzgebiet Penzing besteht entsprechend der unterschiedlichen Färbung in den

Plänen aus den Teilen:

A. Wienerwald,

B. Wienerwaldrandzone,

C. Sonderzone Sport.

Wienerwald

§2. Ziel im Wienerwald (Teil A) ist:

1. die Erhaltung und die Förderung der natürlichen bis naturnahen Entwicklung der für den Wienerwald typischen Waldgesellschaften, insbesondere der Waldgesellschaft Traubenkirschen-Schwarzerlen-Eschen-Wald im Bereich 'Waldschafferin'. Bei standortfremden Beständen soll die Überführung in standortgerechte Bestände eingeleitet werden und

2. die Erhaltung und die Förderung der naturnahen Entwicklung waldfreier Flächen (wie insbesondere Wiesen, Steinbrüche, Oberflächengewässer und Quellen). Zur Erreichung dieser Zielsetzung sollen insbesonders bestehende Wiesen gepflegt werden.

Jeder Grundeigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte hat diese Ziele zu beachten.

Wienerwaldrandzone

§3. Ziel in der Wienerwaldrandzone (Teil B) ist:

1. die Erhaltung und die Förderung der naturnahen Entwicklung der Waldgesellschaften im Bereich 'Dehnepark' und

2. die Erhaltung und die Förderung der naturnahen Entwicklung waldfreier Flächen, insbesondere der Wiesen im Bereich 'Steinhofgründe/Dehnepark'. Die Erhaltung der im Bereich 'Steinhofgründe/Dehnepark' vorhandenen Obstbaum- und Kopfweidenkulturen durch geeignete Pflegemaßnahmen ist von besonderer Bedeutung.

Jeder Grundeigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte hat diese Ziele zu beachten.

Sonderzone Sport

§3a. (1) Ziel in der Sonderzone Sport (Teil C) ist die Nutzung dieser Fläche als Sportfläche durch Errichtung und Betrieb von Radsporteinrichtungen, wobei die Ziele des §2 Z1 zu beachten sind.

(2) Maßnahmen, die im Rahmen der in Abs1 angeführten Nutzung erforderlich sind, stellen keinen Eingriff im Sinne des §3 Abs8 Wiener Naturschutzgesetz dar, wenn

a) keine Baulichkeiten oder Einzäunungen errichtet werden,

b) durch die Errichtung und Nutzung der Radsporteinrichtungen nicht mehr als 3 % der Fläche dieser Zone beansprucht werden,

c) durch die Errichtung kein Baum mit einem Stammumfang von mindestens 40 cm, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, gefällt werden muss und

d) entsprechende Maßnahmen zum Erosionsschutz getroffen werden.

(3) Im Falle der dauerhaften Einstellung des Betriebes ist entsprechend §37 Wiener Naturschutzgesetz, LGBl für Wien Nr 45/1998, in der Fassung LGBl für Wien Nr 31/2013 vorzugehen.

Verbote

§4. (1) Im Wienerwald und in der Wienerwaldrandzone sind alle Eingriffe verboten, die dem Schutzzweck zuwiderlaufen könnten. Als verbotener Eingriff gilt jedenfalls die Neuanlage standortfremder Waldbestände (wie etwa mit Fichten, Föhren, Roteichen oder die Anlage von Christbaumkulturen).

(2) Im Wienerwald sind insbesondere folgende Maßnahmen verboten:

1. das Entfachen von Feuer,

2. das Campieren, mit Ausnahme des Bereiches beim Campingplatz 'Wien West',

3. das Fahren mit Fahrrädern außerhalb der dafür gekennzeichneten Wege.

Widerruf

§5. Die Unterschutzstellung jener Grundflächen des 14. Wiener Gemeindebezirkes, die gemäß §24 Abs4 erster Satz Wiener Naturschutzgesetz, Landschaftsschutzgebiete sind und die gemäß §1 Abs1 im Plan nicht als solche ausgewiesen sind, wird widerrufen.

Außer-Kraft-Treten von Vorschriften

§6. Mit dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung tritt die als landesgesetzliche Vorschrift in Kraft stehende Verordnung betreffend die Erklärung des Mauerbaches und Teilen seines Umlandes in Wien zum geschützten Landschaftsteil und Vorschreibung besonderer Schutzmaßnahmen (Mauerbachverordnung), LGBl für Wien Nr 16/1982 in der Fassung LGBl für Wien Nr 45/1998 außer Kraft.

In-Kraft-Treten

§7. Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Übergangsbestimmung

§8. Auf alle zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens anhängigen Verfahren, in welchen die Bestimmungen des Wiener Naturschutzgesetzes anzuwenden sind, sind die bisherigen Bestimmungen."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

         1. Dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien liegt nach den Angaben des antragstellenden Gerichtes folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Beim Verwaltungsgericht Wien ist eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Juni 2021 anhängig.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer angelastet, als Eigentümer des Grundstücks Nr 335/261, EZ 3712, KG Hadersdorf, entgegen der Bestimmung des §24 Abs5 Wiener Naturschutzgesetz, wonach Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet nur mit Bewilligung der Naturschutzbehörde vorgenommen werden dürfen, es zu verantworten zu haben, dass am 18. Dezember 2020 auf diesem Grundstück ein Baucontainer, somit eine Baulichkeit im Sinne des §24 Abs5 Z3 Wiener Naturschutzgesetz, abgestellt gewesen sei. Er habe damit den Straftatbestand des §49 Abs1 Z21 zweiter Strafsatz leg cit verwirklicht.

         2. Das Verwaltungsgericht Wien legt die Bedenken, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bewogen haben, im Wesentlichen wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1.1) Darlegung der Präjudizialität:

[…]

Unter Zugrundelegung der unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde liegt das oa Grundstück des Beschwerdeführers innerhalb des Gebiets des 14. Gemeindebezirks, welcher durch die Landschafts[s]chutzgebietsverordnung, LGBl Nr 31/2004 i.d.F. LGBl Nr 16/2017, zu einem Landschaftsschutzgebiet erklärt worden ist.

Gegen diese Bestrafung erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er ua vorbrachte, dass es sich bei dem gegenständlichen nur kurzfristig aufgestellt gewesenen Container um kein Bauwerk gehandelt habe. Dieser Container sei als 'Lagercontainer' für die Zeit des Hausbaus/Umbaus lediglich zur Lagerung von Gegenständen genutzt worden.

Entgegen der Auslegung der belangten Behörde sei nicht jede Errichtung eines Neu- oder Zubaus als ein unter Strafe gestellter Eingriff nach dem Wr. Naturschutzgesetz einzustufen, sondern nur ein Neu- oder Zubau, welcher dem Schutzzweck, im Hinblick auf welches das jeweilige Landschaftsschutzgebiet erlassen worden ist, zuwider laufe.

Dieser Schutzzweck sei im gegenständlichen Fall durch die kurzfristige Containeraufstellung nicht verletzt worden, sodass von der Nichterfüllung des angelasteten Tatbilds auszugehen sei.

Das Verwaltungsgericht Wien hat in diesem Verfahren daher die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl Nr 31/2004 i.d.F. LGBl Nr 16/2017, anzuwenden, sodass diese Verordnung für das gegenständliche Beschwerdeverfahr präjudiziell ist.

Die durch Art139 B-VG geforderte Präjudizialität für den gegenständlichen Verordnungsprüfungsantrag ist vor diesem Hintergrund gegeben.

[…]

7) konkrete Verfahrensproblematik:

[…]

Erstens ist festzustellen, dass in der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl Nr 31/2004 i.d.F. LGBl Nr 16/2017, nicht im Entferntesten die Vorgabe des §24 Abs3 Wr. NaturschutzG, in dieser Verordnung insbesondere für das gegenständliche Gebiet sowohl einen Schutzzweck als auch einen Schutzgegenstand zu normieren, erfüllt. Ebenso findet sich in dieser Verordnung keinerlei Ausführung dahingehend, dass insbesondere das gegenständliche Gebiet eine der Vorgaben des §24 Abs1 Z1 bis 3 Wr. NaturschutzG erfüllt. Es wurden nämlich lediglich Zielbestimmungen normiert, welche aber nicht im Entferntesten erkennen lassen, dass diese einen diesen Zielbestimmungen i.S.d. §24 Abs1 Z1 bis 3 Wr. NaturschutzG entsprechenden, bereits bestehenden schützenswerten Natursachverhalt sicherstellen sollen.

Mangels dieser Unbestimmtheit muss daher schon aus diesem Grunde auf den Verordnungserlassungsakt und die in diesem erliegenden Gutachten und Befunde zurückgegriffen werden.

Zweitens konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, aufgrund welcher sachverständigen Ermittlungen die belangte Behörde das gegenständliche Gebiet durch die gegenständliche Landschaftsschutzgebietsverordnung unter Schutz gestellt hat, zumal die Wr. Landesregierung sich beharrlich und vorsätzlich geweigert hat, den gegenständlichen Verordnungsakt vorzulegen. In diesem Zusammenhang sei auf die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofs zu verweisen, wonach die Rechtsmittelinstanz gehalten ist, die Rechtmäßigkeit einer Verordnungserlassung zu prüfen, und dass die verordnungserlassende Behörde schon von Verfassungs wegen verpflichtet ist, der Rechtsmittelinstanz den gesamten Verordnungsakt vorzulegen (vgl etwa VfGH 17.943/2006).

Auch diese Prüfung, ob von einer den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs genüge tuenden Verordnungserlassung auszugehen ist, wurde somit durch die Verunmöglichung der Einsicht in den Verordnungsakt absichtlich und gezielt unterbunden.

Drittens hat die Wr. Landesregierung als verordnungserlassende Behörde auf diese Weise der verfassungswidrigen Verweigerung der Vorlage des Verordnungsprüfungsakts es auch verunmöglicht, dass das Verwaltungsgericht Wien sich von der Gesetzmäßigkeit der Verordnungserlassung vergewissern konnte. Diese Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnungserlassung wurde durch die Verunmöglichung der Einsicht in den Verordnungsakt absichtlich und gezielt unterbunden.

[…]

So ist insbesondere nicht ermittelbar, ob es überhaupt einen Beschluss der Wr. Landesregierung zur Erlassung dieser Verordnung gibt, bzw ob im Falle der Existenz eines Beschlusses, der gegenständliche Verordnungstext der Gegenstand der Beschlussfassung war. Wenn nun aber die für die Verordnungserlassung gebotenen Verfahrungsschritte nicht gesetzt worden sind, leidet die gesamte Verordnung und nicht bloß eine bestimmte Verordnungsnorm an ihrer gesetzlichen Grundlage und Beachtlichkeit.

Ebenso ist im Falle, dass die gesetzlich gebotene Grundlagenforschung unterblieben ist, nicht bloß eine bestimmte Verordnungsbestimmung, sondern die gesamte Verordnung gesetzwidrig und damit unbeachtlich.

Ob daher von einer gesetzmäßigen Verordnungserlassung auszugehen, welche

besondere Schutzwürdigkeit des konkreten Gebiets zum Verordnungserlassungszeitpunkt vorgelegen ist und welcher Schutzzweck im Hinblick auf das konkrete Gebiet durch die Unterschutzstellung verfolgt wurde, ist daher insbesondere im Beschwerdeverfahren durch das Verwaltungsgericht zu ermitteln.

[…]

8) Bedenken:

8.1.) Bedenken hinsichtlich der Vorgabe des §57 VfGG:

Die Bedenken im Sinne des §57 VfGG werden ausgeführt wie folgt:

a) Im gegenständlichen Fall bietet sich die Konstellation, dass der existente Verordnungsakt betreffend die nunmehr angefochtene Verordnung nicht in Verstoß geraten ist, die Wr. Landesregierung unter offenkundig vorsätzlicher Verletzung des Art22 Abs1 B-VG aber die Übermittlung des Verordnungsaktes verweigert. Die Wr. Landesregierung verhindert sohin vorsätzlich, möglicherweise zum Zwecke der Unterbindung des Bekanntwerdens rechtswidriger Vorgänge bzw zum Zwecke der Unterbindung des Bekanntwerdens erfolgter Gesetzesverstöße bei der Erlassung der gegenständlichen Verordnung bzw zum Zwecke der Verunmöglichung der Stellung eines Verordnungsprüfungsantrages durch das antragstellende Gericht, die Überprüfung der gesetzeskonformen Erlassung der gegenständlichen Verordnung durch das antragstellende Gericht.

Gemäß der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist die Bestrafung wegen Nichtbeachtung eines Verkehrszeichens (daher einer kundgemachten Verordnung nach der StVO) dann rechtswidrig, wenn eine das Verkehrszeichen tragende Verordnung nicht aufgefunden werden kann ([…]).

[…]

Nach Ansicht des antragstellenden Gerichts liegt aber beiden Fallkonstellationen, nämlich 1) der Nichtüberprüfbarkeit einer Verordnung infolge Verweigerung der Einsichtnahme in diese bzw 2) der Nichtüberprüfbarkeit infolge der Nichtauffindbarkeit der Verordnungserlassungsakten im Ergebnis dasselbe das Rechtsstaatsprinzip und Art89 Abs2 B-VG tangierende Problem der dadurch bewirkten Unüberprüfbarkeit des rechtmäßigen Zustandekommens einer allgemeinen Rechtsnorm zugrunde.

Dass in solch einem Fall der absichtlichen Verweigerung der Kenntnisverschaffung von den maßgeblichen Sachverhalten zur Prüfung der Vorgaben i.S.d. Art139 Abs3 zweiter Satz B-VG dennoch ein Gericht in die Lage versetzt sein muss, einen solchen allfällig bestehenden Mangel an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, entspricht nun aber der ständigen verfassungsgerichtlichen Judikatur (vgl etwa VfSlg 17.943/2006).

In Weiterentwicklung dieser Entscheidung judiziert der Verfassungsgerichtshof

nunmehr in ständiger Judikatur, dass die Nichtvorlage des Originalverordnungsakts zur Konsequenz hat, dass die gesamte Verordnung aus dem Rechtsbestand genommen wird (vgl VfGH 10.12.2020, V436/2020 und in diesem Zusammenhang auch die damit in einem engen Zusammenhang stehende Judikatur VfGH […]).

[…]

Mit der gegenständlichen Verweigerung der Einsicht in die bezughabenden Verordnungsakten verstößt die Wr. Landesregierung daher auch gegen die verfassungsgerichtliche Vorgabe des Art18 Abs2 B-VG, dass bei einer weitreichenden Verordnungsermächtigung, die schwerwiegende Grundrechtseingriffe ermöglicht, im Verordnungserlassungsverfahren nachvollziehbar zu machen ist, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist (vgl VfGH 10.3.2021, V573/2020; 24.6.2021, V592/2020).

[…]

Gemäß dieser insbesondere auf Art139 Abs3 zweiter Satz B-VG aufbauenden, verfassungsgerichtlichen Judikatur ist daher in einer Konstellation wie der gegenständlichen die gesamte Verordnung zu kassieren, und nicht bloß eine bestimmte Gesetzesbestimmung.

8.2) Bedenken hinsichtlich der Vorgabe des Art139 B-VG sowie zudem insbesondere des §3 Abs8 Wr. NaturschutzG, des §24 Abs1, 3, 5 und 7 Wr. NaturschutzG, §27 Wr. NaturschutzG und des §37 Abs1 und 2 Wr. NaturschutzG

[…]

Bei Zugrundelegung des als Grund für die Nichtvorlage der Verordnungsprüfungsakten zu veranschlagenden Umstands, dass im Hinblick auf die gegenständliche Verordnung keinerlei Grundlagenforschungstätigkeiten erbracht worden sind, ist zu folgern, dass die gesamte Verordnung keinerlei sachliche Fundierung aufweist. In Beachtung der obangeführte ständigen verfassungsgerichtlichen Judikatur ist daher die gesamte Verordnung aufzuheben.

Im Übrigen wird auch durch §3 Abs8 Wr. NaturschutzG, §24 Abs1, 3, 5 und 7 Wr. NaturschutzG, §27 Wr. NaturschutzG und §37 Abs1 und 2 Wr. NaturschutzG zumindest implizit eine umfassende Grundlagenforschung insbesondere in Hinblick auf die Vorgaben des §24 Abs1 bis 3 Wr. NaturschutzG angeordnet; diesbezüglich wie auf die zuvor getätigten ausführlichen Darlegungen verwiesen. Folglich liegt auch aus diesem Grunde eine derart gravierende Gesetzwidrigkeit der Verordnungserlassung vor, dass die gesamte Verordnung aufzuheben ist.

8.3) Bedenken hinsichtlich der Vorgabe des §27 Wr. NaturschutzG:

Wie zuvor bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass auch den klaren Vorgaben des §27 Wr. NaturschutzG, welche eine Auslegung der Ergebnisse der Grundlagenforschung fordern, nicht entsprochen worden ist. Damit wurde eine gesetzlich normierte Grundfeste der gegenständlichen Verordnungserlassung nicht erfüllt, sodass auch aus diesem Grunde die gesamte Verordnung aufzuheben ist.

8.4) Bedenken hinsichtlich der Vorgabe des §24 Abs1 und 3 Wr. NaturschutzG:

Ebenfalls wurde zuvor schon ausgeführt, dass in der gesamten Verordnung weder eine konkretisierte Darstellung erfolgt ist, dass die in dieser Verordnung unter Schutz gestellten Gebiete zumindest eine der Vorgaben des §24 Abs1 Wr. NaturschutzG erfüllen, noch sind in dieser Verordnung im Hinblick auf diese unter Schutz gestellten Gebiete im Sinne der Vorgabe des §24 Abs3 Wr. NaturschutzG für die jeweiligen Gebietsteile weder deren Schutzgegenstand noch deren Schutzweck normiert. Damit ist aber die gesamte Verordnung unvollziehbar geworden, zumal gerade an diese Normierung des Schutzzwecks und des Schutzgegenstands alle maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des Wr. NaturschutzG, welche auf die gegenständliche Verordnung (bzw eine Landschaftsschutzverordnung Bezug nehmen) grundlegend Bezug nehmen.

So sei insbesondere auf die zuvor dargelegten Ausführungen zu den Bestimmungen des §3 Abs8 Wr. NaturschutzG, §24 Abs5 und 7 Wr. NaturschutzG und §37 Abs1 Wr. NaturschutzG verwiesen, in welchen gezeigt wurde, dass die in diesen Bestimmungen normierten Tatbestände nur dann erfüllt sind, wenn im konkreten Fall der Schutzzweck, im Hinblick auf welchen das jeweilig verfahrensgegenständliche Gebiet unter Schutz gestellt worden ist, beeinträchtigt worden ist; was zwingend die Kenntniserlangungsmöglichkeit dieses Schutzzwecks voraussetzt.

Ebenso findet sich in dieser Verordnung keinerlei Ausführung dahingehend, dass insbesondere das gegenständliche Gebiet eine der Vorgaben des §24 Abs1 Z1 bis 3 Wr. NaturschutzG erfüllt. Es wurden nämlich lediglich Zielbestimmungen normiert, welche aber nicht im Entferntesten erkennen lassen, dass diese einen diesen Zielbestimmungen i.S.d. §24 Abs1 Z1 bis 3 Wr. NaturschutzG entsprechenden, bereits bestehenden schützenswerten Natursachverhalt sicherstellen sollen."

         3. Die Wiener Landesregierung hat als verordnungserlassende Behörde die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in dem den im Antrag erhobenen Bedenken entgegengetreten wird.

         4. Die Parteien des Verfahrens vor dem antragstellenden Gericht haben als beteiligte Parteien eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken des antragstellenden Gerichts anschließen.

         5. Das Verwaltungsgericht Wien hat eine ergänzende Äußerung erstattet.

IV. Erwägungen

         1. Zur Zulässigkeit des Antrages

         1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B-VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B-VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

         1.2. Die verordnungserlassende Behörde zieht in ihrer Äußerung die Präjudizialität der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl 31/2004 idF LGBl 16/2017, in Zweifel und führt dazu aus:

"Die angefochtene Verordnung ist für die Entscheidung des Gerichts insofern Voraussetzung, als der Strafbescheid damit begründet wird, dass der Antragsteller einen Baucontainer und somit eine Baulichkeit im Landschaftsschutzgebiet Penzing aufgestellt hat, die nachteilige Auswirkungen auf den Schutzzweck des Landschaftsschutzgebietes hat und die somit verboten ist. Wäre die Liegenschaft des Beschwerdeführers noch von diesem Landschaftsschutzgebiet erfasst, könnte der Strafbescheid rechtens nicht erlassen werden.

Die angefochtene Verordnung ist daher im Sinne des zweiten Tatbestandes des §57 Abs2 erster Satz VfGG präjudiziell, dies allerdings ausschließlich in Bezug auf die gegenständliche Liegenschaft. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Frage der Rechtmäßigkeit der Verordnung nur soweit stellt, soweit diese im gegenständlichen Verfahren - einem Verwaltungsstrafverfahren des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13. und 14. Bezirk, Zl MBA/210000026991/2021, Nr 335/26, EZ 3712, KG Hadersdorf - anzuwenden ist.

Dass die hier in Rede stehende Verordnung auch in Bezug auf alle übrigen Liegenschaften präjudiziell sein soll, die von ihrem örtlichen Anwendungsbereich erfasst werden, auf die sich der Bescheid, um den es im zu Grunde liegenden Verfahren geht, aber nicht bezieht, ist denkunmöglich. Die Annahme des Verwaltungsgerichts Wien, dass die ganze Verordnung präjudiziell sei (Antrag Seiten 28 ff.), ist somit nicht zutreffend."

         1.3. Mit diesem Vorbringen ist die verordnungserlassende Behörde im Recht.

         1.4. Der Antrag erweist sich daher als unzulässig, soweit er nicht das Grundstück Nr 335/261, EZ 3712, KG Hadersdorf, betrifft.

         1.5. Weiters erachtet die verordnungserlassende Behörde den Antrag im Wesentlichen deshalb als unzulässig, weil sich der Antrag des Gerichtes auf die gesamte Verordnung und nicht nur auf die präjudiziellen Teile beziehe und damit der beantragte Anfechtungsumfang zu weit gefasst sei.

         1.6. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.

1.6.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

1.6.2. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

1.6.3. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (siehe VfSlg 18.486/2008, 18.298/2007; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

         1.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag, soweit damit das Grundstück Nr 335/261, EZ 3712, KG Hadersdorf, durch die Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Erklärung von Teilen des 14. Wiener Gemeindebezirkes zum Landschaftsschutzgebiet, LGBl 31/2004 idF LGBl 16/2017, zum Landschaftsschutzgebiet erklärt wird, als zulässig.

         2. In der Sache

         2.1. Soweit zulässig, ist der Antrag nicht begründet.

Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

         2.2. Das Verwaltungsgericht Wien hegt zunächst zusammengefasst das Bedenken, dass die Wiener Landesregierung in verfassungswidriger Weise die Vorlage der Verordnungsakten verweigert habe, weshalb es dem Verwaltungsgericht Wien nicht möglich gewesen sei, sich der Gesetzmäßigkeit der anzuwendenden Verordnung zu vergewissern.

Diese Auffassung entspricht nicht der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes:

Soweit die Wiener Landesregierung die Verordnungsakten nicht vollständig übermittelt hat, hat diese gegen die Verpflichtung gemäß Art22 B-VG verstoßen. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, sind gemäß Art22 B-VG alle Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet (vgl zB VfSlg 2598/1953, 3237/1957, 3354/1958).

Ausgehend davon hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass eine verordnungserlassende Behörde gemäß Art22 B-VG einem Unabhängigen Verwaltungssenat, der gegen eine in einem bei ihm anhängigen Verfahren anzuwendende Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit Bedenken hegt, insoweit zur Hilfeleistung verpflichtet als der Unabhängige Verwaltungssenat dieser Hilfe zu einer dem §57 Abs1 VfGG entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bedarf. Das schließt insbesondere auch die Übermittlung der Verordnungsakten ein. Ein Verstoß gegen diese verfassungsgesetzliche Verpflichtung zur Amtshilfe führt aber nicht zur Gesetzwidrigkeit der betreffenden Verordnung (vgl zB VfSlg 17.943/2006, 18.579/2008).

Nichts anderes kann nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl I 51/2012) im Verhältnis zwischen den Verwaltungsgerichten und anderen Organen des Bundes, der Länder und der Gemeinden gelten, weshalb dem Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien nicht gefolgt werden kann.

         2.3. Zu den weiteren – unterschiedlich formulierten, im Wesentlichen aber jeweils auf Dasselbe hinauslaufenden – Bedenken des Verwaltungsgerichtes Wien:

         2.3.1. Das Verwaltungsgericht Wien hegt das Bedenken, d

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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