TE Lvwg Erkenntnis 2022/10/31 LVwG-2022/31/2019-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.10.2022
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Entscheidungsdatum

31.10.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Hengl über die Beschwerde des AA, geb. am XX.XX.XXXX, vertreten durch BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 6.7.2022, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Teilhabegesetz (THG),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 9.5.2022, gerichtet an die Bezirkshauptmannschaft Y, beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter CC, unter Bezugnahme auf den abweisenden Bescheid vom 17.7.2020 die Rückerstattung nachfolgender Kosten für die mobile Frühförderung:

Rechnungsnummer

Rechnungsdatum

Abrechnungszeitraum

Rechnungsbetrag

***

16.12.2020

1.6.2020-20.6.2020

Euro 174,24

***

24.09.2020

1.7.2020-32.7.2020

Euro 348,48

***

9.11.2020

1.8.2020-31.8.2020

Euro 174,24

***

23.11.2020

1.9.2020-30.9.2020

Euro 130,68

Mit Aktenvermerk vom 2.6.2022, Zl ***, hielt die Bezirkshauptmannschaft Y u.a. das Gespräch mit der Sachbearbeiterin DD des Landesverwaltungsamtes X fest. Sie habe mitgeteilt, dass der Antrag auf Übernahme der Kosten für die Familienunterstützung, die heilpädagogische Förderung sowie die Fachleistungsstunden in der integrativen Kindertagesstätte nicht übernommen werden könnten, da grundsätzlich nur medizinische Leistungen übernommen werden würden. Pädagogische Leistungen seien demnach ausgeschlossen, weshalb der Antrag des Beschwerdeführers abgelehnt worden sei. Zudem hielt die Bezirkshauptmannschaft Y das Telefonat mit CC fest. Sie habe u.a. mitgeteilt, dass AA derzeit weiterhin sämtliche Therapien (Ergo, Logo, psychologische Behandlung) über EE erhalte. Sie müsse diese Kosten zwar immer vorfinanzieren, allerdings bekomme sie diese vom Landesverwaltungsamtes X immer anstandslos ersetzt. Da sie aufgrund der Vorfinanzierungen finanziell immer knapp bei Kasse sei, hätte sie gerne die Kosten der Frühförderung vom Jahr 2020 ersetzt. Es gehe ihr nur um diese alten Kosten. CC wurde sodann mitgeteilt, dass eine rückwirkende Übernahme dieser Kosten nicht möglich sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6.7.2022, Zl ***, wies die Bezirkshauptmannschaft Y den Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache gemäß § 9 Abs 2 lit d TTHG iVm § 68 Abs 1 AVG zurück.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Leistung bereits im Jahre 2020 mit Antrag vom 17.2.2020 beantragt worden sei und dass diese sodann mit Bescheid vom 17.7.2020, Zl ***, abgelehnt worden sei. Gegen diesen Bescheid sei keine Beschwerde erhoben worden.

Mit obgenanntem Bescheid vom 17.7.2020, Zl ***, wies die belangte Behörde die Anträge des Beschwerdeführers vom 11.12.2019 auf Gewährung von Familienunterstützung der FF gGmbH, vom 7.1.2020 auf Gewährung von mobiler Förderung der GG, vom 17.2.2020 auf Gewährung der Verlängerung Frühförderung der FF gGmbH und vom 2.3.2020 auf Gewährung der Verlängerung der Ergotheraphie und Logopädie bei der Dienststelle „JJ“ gemäß § 2 Abs 2 lit a TTHG ab.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer laut Bescheid des Landesverwaltungsamtes X vom 26.6.2017, Zl ***, Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem BVG (Heil- und Krankenbehandlung nach §§ 10 ff BVG) habe. Demnach bestehe ein Anspruch auf gleichartige oder ähnliche Leistungen nach ausländischen Vorschriften. Eine Leistung nach dem TTGH könne daher gemäß § 2 Abs 2 lit a TTHG nicht gewährt werden. Außerdem sei die Mutter der Anzeigepflicht gemäß § 34 TTHG nicht nachgekommen, da der Bescheid der deutschen Behörde erst nach entsprechender Aufforderung vorgelegt worden sei.

Gegen den Bescheid vom 6.7.2022, Zl ***, erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter CC, fristgerecht Beschwerde und führte darin im Wesentlichen aus, dass die Kostenübernahme der mobilen Frühförderung vom Landesverwaltungsamt X mit Bescheid vom 3.5.2022 mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass das Tiroler Teilhabegesetz greife und die Leistungen auf Basis dieses Gesetztes zu erbringen seien. Gegen diesen Bescheid habe er Beschwerde eingelegt. Es seien Entscheidungen ohne Rücksprache getroffen worden. Leistungen auf die er Anspruch gehabt hätte, seien versagt worden. Eine Kommunikation zwischen den Behörden sei nicht erfolgt. Es werde daher beantragt, dass der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert werde, dass die Kosten der mobilen Frühförderung übernommen werden.

Aufgrund dieser Beschwerde wurde der verwaltungsbehördliche Akt mit Schreiben vom 26.7.2022, eingelangt am 3.8.2022, dem Landesverwaltungsgericht Tirol zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, insbesondere in die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Y vom 17.7.2020, Zl ***, sowie vom 6.7.2022, Zl ***, und in die Rechnungen der FF gGmbH vom 16.12.2020, vom 24.9.2020, vom 9.11.2020 und vom 23.11.2020.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist am XX.XX.XXXX geboren. Am 20.5.2013 wurde er Opfer von schädigenden Einwirkungen im Sinne des § 1 Abs 1 des deutschen Opferentschädigungsgesetzes. Aufgrund dieser Einwirkungen manifestierte sich bei ihm eine Gesundheitsstörung – und zwar eine Hirnschädigung mit schweren Leistungsbeeinträchtigungen. Mit Bescheid des Landesverwaltungsamt X vom 26.6.2017, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer ein Grad der Schädigungsfolge von 80 % attestiert. Nachfolgend stellte sich heraus, dass bei ihm zusätzlich eine Harn- und Stuhlinkontinenz vorliegt, die ebenfalls auf das schädigende Ereignis zurückzuführen ist. Demnach wurde ihm mit Bescheid des Landesverwaltungsamt X vom 13.5.2019, Zl ***, ein Grad der Schädigungsfolge von 90 % attestiert.

Im Dezember 2018 zog der Beschwerdeführer mit seiner Mutter CC nach Österreich. Zumal sie vor dem Wegzug ihren Wohnsitz in X hatten, ist die Hauptfürsorgestelle in X weiterhin für den Beschwerdeführer zuständig geblieben.

Im Jahre 2020 stellte die FF gGmbH folgende Leistungen in Rechnung:

Rechnungsnummer

Rechnungsdatum

Abrechnungszeitraum

Rechnungsbetrag

***

16.12.2020

1.6.2020-30.6.2020

Euro 174,24

***

24.09.2020

1.7.2020-31.7.2020

Euro 348,48

***

9.11.2020

1.8.2020-31.8.2020

Euro 174,24

***

23.11.2020

1.9.2020-30.9.2020

Euro 130,68

Mit Antrag vom 17.2.2020 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter, die Kostenübernahme der mobilen Frühförderung der FF gGmbH.

Mit Bescheid vom 17.7.2020, Zl ***, wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer laut Bescheid des Landesverwaltungsamtes X vom 26.6.2017, Zl ***, Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) iVm dem BVG (Heil- und Krankenbehandlung nach §§ 10 ff BVG) habe. Demnach bestehe ein Anspruch auf gleichartige oder ähnliche Leistungen nach ausländischen Vorschriften. Eine Leistung nach dem TTGH könne daher gemäß § 2 Abs 2 lit a TTHG nicht gewährt werden. Außerdem sei die Mutter der Anzeigepflicht gemäß § 34 TTHG nicht nachgekommen, da der Bescheid der deutschen Behörde erst nach entsprechender Aufforderung vorgelegt worden sei.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 23.7.2020 postalisch an seinem Wohnsitz in Österreich zugestellt. Gegen diesen Bescheid erhob er keine Beschwerde.

Mit Schreiben vom 9.5.2022 an die Bezirkshauptmannschaft Y beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Mutter CC, erneut die Kostenübernahme der mobilen Frühförderung der FF gGmbH.

Am 2.6.2022 teilte die Sachbearbeiterin DD des Landesverwaltungsamtes X der Bezirkshauptmannschaft Y mit, dass der Antrag auf Übernahme der Kosten für die Familienunterstützung, die heilpädagogische Förderung sowie die Fachleistungsstunden in der integrativen Kindertagesstätte nicht übernommen werden könnten, da grundsätzlich nur medizinische Leistungen übernommen werden würden. Pädagogische Leistungen seien demnach ausgeschlossen, weshalb der Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 3.5.2022, Zl ***, abgelehnt worden sei.

Mit Bescheid vom 6.7.2022, Zl ***, wies die Bezirkshauptmannschaft Y den Antrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache gemäß § 9 Abs 2 lit d TTHG iVm § 68 Abs 1 AVG zurück.

III.     Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus dem verwaltungsbehördlichen Akt.

Die Feststellung, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 17.7.2020, Zl ***, dem Beschwerdeführer postalisch am 23.7.2020 zugestellt wurde, ergibt sich aus dem im verwaltungsbehördlichen Akt befindlichen Zustellnachweis.

Die Feststellungen betreffend die Kosten der FF gGmbH im Jahre 2020 ergeben sich aus deren Rechnungen.

IV.      Rechtliche Grundlagen:

Im Gegenstandsfall sind folgende Bestimmungen des Tiroler Teilhabegesetzes (TTHG), LGBl Nr 32/2018 idF LGBl Nr 62/2022, von Relevanz:

§ 1

Ziele

(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel

a)zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft beizutragen und Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen,

b)die volle, wirksame, gleichberechtigte und nicht diskriminierende Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und

c)Menschen mit Behinderungen bei der Überwindung von Barrieren, die eine solche Teilhabe erschweren, zu unterstützen.

(2) Das Land Tirol gewährt zur Erreichung dieser Ziele Leistungen und Zuschüsse nach diesem Gesetz.

§ 2

Grundsätze

(…)

(2) Hat der Mensch mit Behinderungen

a) Anspruch auf gleichartige oder ähnliche Leistungen und Zuschüsse nach anderen in- oder ausländischen Rechtsvorschriften oder nach statutarischen oder vertraglichen Regelungen oder

(…)

so darf eine Leistung bzw. ein Zuschuss nach diesem Gesetz nicht gewährt werden (Subsidiarität).

§ 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Gesetzes gelten als:

a) Mensch mit Behinderungen: ein Mensch, der langfristige körperliche, psychische, intellektuelle Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen hat, die ihn in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe, gleichberechtigt mit anderen, an der Gesellschaft hindern können.

b) Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: die Möglichkeit, an gesellschaftlichen Ereignissen im privaten wie im öffentlichen Bereich teilzunehmen, gesellschaftliche und familiäre Verantwortung zu übernehmen, persönliche Beziehungen zu pflegen, einen Haushalt zu führen sowie einer eigenständigen Erwerbstätigkeit bzw. Beschäftigung nachzugehen.

c) Peer-Beraterin: ein Mensch mit Behinderungen, der einen anderen Menschen mit Behinderungen berät, begleitet und informiert und für diese Tätigkeit seiner Persönlichkeit nach geeignet und entsprechend ausgebildet ist.

d)Mobile Leistung: eine Leistung, die im häuslichen Umfeld des Menschen mit Behinderungen erbracht wird.

e) Ambulante Leistung: eine Leistung, die in einer Einrichtung ohne Wohn- bzw. Übernachtungsmöglichkeit erbracht wird.

f ) Stationäre Leistung: eine Leistung, die in einer Einrichtung unter Bereitstellung einer Wohn- bzw. Übernachtungsmöglichkeit erbracht wird.

g) Dienstleisterin: Eine juristische oder natürliche Person, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung nach § 42 Leistungen nach diesem Gesetz erbringt.

h) Einrichtung: Eine örtlich gebundene räumliche Anlage, die der Erbringung von stationären oder ambulanten Leistungen dient.

i)Einkommen:

1.wiederkehrende Einkünfte aus selbstständiger oder unselbstständiger Erwerbstätigkeit, aus Vermögen oder aus Vermietung und Verpachtung,

2.staatliche und sonstige Leistungen sowie Versicherungsleistungen, deren Zweck jeweils der Ersatz eines laufenden Einkommens ist, und

3.gesetzliche Unterhaltsansprüche, sofern die unterhaltsberechtigte Person mit der unterhaltspflichtigen Person nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.

Nicht als Einkommen gelten gerichtlich verpfändete Bestandteile des Einkommens, zweckgebundene Zahlungen, Entschädigungen sowie staatliche Leistungen oder Versicherungsleistungen, deren Zweck die soziale Abfederung erschwerter Lebensumstände ist, weiters gesetzliche Unterhaltsansprüche aus der Unterhaltspflicht von Kindern und Enkelkindern. Nicht als Einkommen gelten ferner Zuwendungen, die eine Person für die Pflege einer nahen Angehörigen zu Hause von dieser aus ihrem Pflegegeld erhält; als nahe Angehörige im Sinne dieser Bestimmung gelten die Ehegattin bzw. die eingetragene Partnerin, die Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder und Geschwister.

§ 4

Anspruchsvoraussetzungen

(1) Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung bzw. eines Zuschusses sind:

a)das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 3 lit. a,

b)die österreichische Staatsbürgerschaft,

c)ein Hauptwohnsitz oder, in Ermangelung eines solchen, ein dauernder Aufenthalt in Tirol, es sei denn, der Mensch mit Behinderungen verlegt aufgrund einer nach diesem Gesetz bewilligten stationären Leistung seinen Hauptwohnsitz in ein anderes Land oder ins Ausland,

d)die Aussicht, dass durch die beantragte Maßnahme die Teilhabe des Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben tatsächlich gestärkt werden kann, und

e)die Bereitschaft des Menschen mit Behinderungen bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin, bei der Antragstellung und der Durchführung des Verfahrens zur Gewährung der Leistung bzw. des Zuschusses im Rahmen ihrer Möglichkeiten mitzuwirken.

(2) Österreichischen Staatsbürgerinnen sind folgende Personen gleichgestellt, sofern sie sich nach den fremdenrechtlichen Vorschriften rechtmäßig in Tirol aufhalten:

a) Unionsbürgerinnen und Staatsangehörige anderer Vertragsstaaten des EWR-Abkommens und der Schweiz sowie deren Familienangehörige; zu den Familienangehörigen zählen:

1. ihre Ehegattinnen,

2. ihre eingetragenen Partnerinnen,

3. ihre Verwandten und die Verwandten ihrer Ehegattinnen oder eingetragenen Partnerinnen in gerade absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und, sofern sie ihnen Unterhalt gewähren, darüber hinaus, und

4. ihre Verwandten und die Verwandten ihrer Ehegattinnen oder eingetragenen Partnerinnen in gerade aufsteigender Linie, sofern sie ihnen Unterhalt gewähren,

b) Fremde, soweit sie aufgrund von sonstigen Verträgen im Rahmen der europäischen Integration Unionsbürgerinnen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen oder der Bedingungen der Niederlassung gleichgestellt sind,

c) Fremde, soweit sie aufgrund von anderen Staatsverträgen österreichischen Staatsbürgerinnen gleichgestellt sind,

d) Fremde, die Familienangehörige im Sinn der lit. a von österreichischen Staatsbürgerinnen sind,

e) Personen, denen der Status der Asylberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 oder nach früheren asylrechtlichen Vorschriften zuerkannt wurde,

f) Fremde, denen der Status der subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 des Asylgesetzes 2005 zuerkannt wurde,

g) Fremde mit

1 einem Aufenthaltstitel Blaue Karte EU nach § 42 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG oder Daueraufenthalt – EU nach § 45 NAG oder

2. einer nach früheren bundesgesetzlichen Bestimmungen erteilten Aufenthalts- oder Niederlassungsberechtigung, die als Aufenthaltstitel im Sinn der Z 1 weiter gilt (§ 81 Abs. 2 NAG in Verbindung mit § 11 Abs. 3 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung – NAG-DV, BGBl. II Nr. 451/2005, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 231/2017), oder

3. einem Aufenthaltstitel Daueraufenthalt – EU eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union und einer Rot-Weiß-Rot – Karte nach § 49 Abs. 2 NAG, einer Rot-Weiß-Rot – Karte plus nach § 41a NAG oder einer Niederlassungsbewilligung nach § 49 Abs. 4 NAG oder

4. einem Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ nach § 8 Abs. 1 Z 13 NAG,

h) Personen, die Forscherinnen, Studentinnen oder Au-pair-Kräfte im Sinn der Richtlinie 2016/801/EU sind,

i) Personen, die Praktikantinnen im Sinn der Richtlinie 2016/801/EU sind, sofern sie einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachkommen oder nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen,

j) sonstige Fremde, die seit mindestens drei Jahren in Tirol durchgehend ihren Hauptwohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben oder die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und in Tirol geboren wurden.

§ 5

Leistungskatalog

(1) Leistungen nach diesem Abschnitt sind:

a) Mobile Unterstützungsleistungen (§ 6),

b) Leistungen der Kommunikation und Orientierung (§ 7),

c) Therapien (§ 8),

d) Pädagogische Förderung (§ 9),

e) Tagesstruktur–Wohnen für Kinder und Jugendliche (§ 10),

f) Arbeit–Tagesstruktur (§ 11),

g) Wohnen (§ 12),

h) Personenbeförderung (§ 13).

(2) Die Leistungen nach Abs. 1 lit. a bis g können auch in Form eines persönlichen Budgets und damit als Zuschuss gewährt werden.

§ 9

Pädagogische Förderung

(1) Leistungen der pädagogischen Förderung sollen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Menschen mit Behinderungen entwickeln bzw. stärken.

(2) Leistungen der pädagogischen Förderung sind:

(…)

d) Mobile Frühförderung: Mit der mobilen Frühförderung sollen Kinder mit Behinderungen im Zusammenwirken zwischen Erziehungsberechtigten und Frühförderinnen in der Entwicklung im häuslichen Umfeld gefördert, die Erziehungsberechtigten beraten sowie die gesamte Familie begleitet werden.

(…)

§ 34

Anzeigepflicht

Die nach § 31 Abs. 1 zur Mitwirkung Verpflichteten haben jede Änderung in den für die Gewährung der Leistung bzw. des Zuschusses und die Bemessung des Kostenbeitrages maßgeblichen Verhältnissen binnen acht Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem sie vom Eintritt der Änderung Kenntnis erlangen, der nach § 26 zuständigen Stelle anzuzeigen. § 35 Abs. 3 bis 6 gilt sinngemäß.

Zudem ist gegenständlich folgende Bestimmung des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013, von Relevanz:

Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68.

(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(…)“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die – außer in den Fällen der §§ 69 bis 71 AVG – die Abänderung eines rechtskräftigen Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß Abs 2 bis 4 leg cit findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist § 68 AVG jedoch nicht unmittelbar anwendbar, da § 17 VwGVG den IV. Teil des AVG von der sinngemäßen Anwendung durch die Verwaltungsgerichte ausnimmt.

Allerdings judiziert der VwGH in ständiger Rechtsprechung, dass aus § 68 AVG abzuleiten ist, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann. Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Erledigung. „Sache“ einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei stets der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgeblichen Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde bei ihrem Bescheid gestützt hat. Identität der „Sache“ liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 8.4.2022, Ra 2021/03/0125).

Wie bereits festgestellt, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 17.2.2020 auf Kostenübernahme der mobilen Frühförderung der FF gGmbH mit Bescheid vom 17.7.2020, Zl ***, abgewiesen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 23.7.2020 postalisch an seinem Wohnsitz in Österreich zugestellt. Zumal er gegen diesen Bescheid keine Beschwerde erhob, erwuchs dieser mit 21.8.2020 in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 9.5.2022 beantragte der Beschwerdeführer erneut die Kostenübernahme der mobilen Frühförderung der FF gGmbH für das Jahr 2020. Demnach liegt keine entscheidungsrelevante Änderung der Sachlage seit Erlassung des Bescheides vom 17.2.2020 vor.

Unbeschadet der Tatsache, dass seitens des Landesverwaltungsamtes X mitgeteilt wurde, dass der Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 3.5.2022, Zl ***, deshalb abgelehnt worden sei, da grundsätzlich nur medizinische Leistungen übernommen werden würden und demnach pädagogische Leistungen ausgeschlossen seien, liegt Identität der Sache auch dann vor, wenn die Behörde aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 25, Stand 1.3.2018, rdb.at). Demzufolge hätte der Beschwerdeführer zwar einen Anspruch auf Kostenübernahme der mobilen Frühförderung iSd § 9 Abs 2 lit d TTHG gehabt, allerdings ist der Spruch des Bescheides vom 17.2.2020 aufgrund der unterlassenen Beschwerdeerhebung in Rechtskraft erwachsen. Zudem liegt im Gegenstandsfall eine Identität der Rechtslage vor, zumal seit der Erlassung des Bescheides vom 17.2.2020, in den die Entscheidung tragenden Normen keine Änderung eingetreten ist.

Im Ergebnis hat daher die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenübernahme der mobilen Frühförderung zu Recht wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die im Übrigen gar nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, da in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hengl

(Richter)

Schlagworte

entschiedene Sache
mobile Frühförderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.31.2019.1.

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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