TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/22 94/11/0198

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Veröffentlicht am 22.02.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §62 Abs4;
AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs1;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74 Abs1;
KFG 1967 §74 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 18. Mai 1994, Zl. 11-39 Pa 42-1994, betreffend Wiederausfolgung des Führerscheines, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 19. April 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 16. März 1994 auf Wiederausfolgung seines Führerscheines gemäß § 74 Abs. 2 in Verbindung mit § 73 Abs. 1 und Abs. 2 KFG 1967 abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Mai 1994 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung abgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid im wesentlichen damit, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. November 1989 die Lenkerberechtigung auf die Dauer von 24 Monaten entzogen worden sei, wobei im Spruch des genannten Bescheides die "Entzugsmaßnahme als vorübergehend bezeichnet" worden sei. Daraus könne der Beschwerdeführer jedoch kein Recht ableiten, den Führerschein wieder ausgefolgt zu bekommen. Die belangte Behörde verwies zunächst auf die ausführliche Begründung des Erstbescheides, die sich mit den Bestimmungen der §§ 73 und 74 KFG 1967 und hiezu ergangener Rechtsprechung auseinandersetzt, und vertrat im übrigen die Auffassung, daß eine vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung mit deren Wiederaufleben nach Ablauf der "Entzugszeit" nur innerhalb von drei Monaten bis 18 Monaten möglich sei. Werde ein "Entzug" über 18 Monate Dauer hinaus ausgesprochen, müsse der Betreffende eine neue Lenkerberechtigung erwerben. Aus der Gesamtinterpretation des seinerzeitigen (Entziehungs-) Bescheides ergebe sich, daß eine Wiederausfolgung des Führerscheines des Beschwerdeführers nicht möglich sei.

Der Beschwerdeführer wendet dem gegenüber im wesentlichen ein, daß der Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. November 1989 in seinem Spruch ausdrücklich festgelegt habe, daß die Entziehung "vorübergehend" erfolge. Die Behörde habe daher die Entziehung der Lenkerberechtigung "offensichtlich" auf § 74 KFG 1967 gegründet, weil andernfalls die Verwendung des genannten Begriffes unverständlich wäre. Darüber hinaus seien die angewendeten Normen undeutlich zitiert worden. Es komme allein auf den Wortlaut des Spruchs des Entziehungsbescheides an, der in Rechtskraft erwachsen sei. Es sei daher dem Beschwerdeführer über seinen nach Ablauf der 24-monatigen Frist gestellten Antrag sein Führerschein wieder auszufolgen.

Mit diesen Argumenten vermag der Beschwerdeführer jedoch nicht durchzudringen: Gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 ist Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig, nicht mehr geistig oder körperlich geeignet oder nicht mehr fachlich befähigt sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken, die Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen zu entziehen oder durch Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit einzuschränken; dies gilt auch sinngemäß, wenn die geistige und körperliche Eignung nicht mehr im vollen Umfang gegeben ist oder nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und Nachuntersuchungen erforderlich sind. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Diese Zeit ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen und darf bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, unbeschadet des Abs. 3 - kommt hier nicht in Betracht - nicht kürzer als drei Monate sein.

Gemäß § 74 Abs. 1 leg. cit. ist die Lenkerberechtigung vorübergehend zu entziehen, wenn ihr Besitzer nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig, nicht mehr geistig oder körperlich geeignet oder nicht mehr fachlich befähigt ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken, und anzunehmen ist, daß nach Ablauf von nicht mehr als 18 Monaten die Gründe für die Entziehung nicht mehr gegeben sind. Hiebei finden die Bestimmungen des § 73 sinngemäß Anwendung. Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist nach Ablauf der Zeit, für die die Lenkerberechtigung vorübergehend entzogen wurde, der Führerschein dem Besitzer auf Antrag wieder auszufolgen, sofern nicht ein neuerliches Ermittlungsverfahren zur Entziehung gemäß § 73 eingeleitet wurde.

Aufgrund des Inhaltes des Verwaltungsaktes ist ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer mit (Mandats-) Bescheid vom 25. August 1989 die am 30. Mai 1986 für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B erteilte Lenkerberechtigung gemäß § 73 Abs. 1 KFG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wurde und gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. ausgesprochen wurde, daß ihm auf die Dauer von 24 Monaten, gerechnet vom Tage der Zustellung des Bescheides an, keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden dürfe. Über seine dagegen erhobene Vorstellung vom 12. September 1989 entschied die Bundespolizeidirektion Graz mit Bescheid vom 23. November 1989. Unter Bezugnahme auf den genannten Mandatsbescheid und die vom Beschwerdeführer dagegen fristgerecht erhobene Vorstellung wurde ausgeführt, daß nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens folgender Spruch ergehe:

"Gemäß § 73 Abs. 1 KFG iVm § 73 Abs. 2 KFG 1967, i.d.g.F. wird Ihnen die oa. Lenkerberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides, das ist bis einschließlich 30.8.1991, vorübergehend entzogen. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 wird die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung ausgeschlossen."

In der Begründung vertrat die Behörde, ausgehend von der Bestimmung des § 73 Abs. 1 KFG 1967, im wesentlichen die Auffassung, daß der Beschwerdeführer am 27. Jänner 1986, 3. Jänner 1988, 6. Jänner 1988 und 27. Juli 1989 jeweils Verkehrsunfälle verursacht und rechtskräftig wegen Übertretungen von § 5 Abs. 1 StVO 1960, wiederholt von § 5 Abs. 2 StVO 1960, wegen Übertretung von § 58 Abs. 1 StVO 1960, von § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960, wiederholt wegen Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. a KFG 1967 und wegen Übertretung des § 5 Abs. 4 lit. c StVO 1960 zur Bezahlung von Geldstrafen verurteilt worden sei. Aufgrund dieser erwiesenen Tatsachen und ihrer Wertung sei der Beschwerdeführer als nicht verkehrszuverlässig anzusehen, die Lenkerberechtigung sei ihm daher zu entziehen, wobei die ausgesprochene Entziehungsdauer den gegebenen Umständen angemessen erscheine und den Bestimmungen des § 73 Abs. 2 KFG 1967 entspreche. Im übrigen habe er am 19. September 1989 (nach Erlassung des Mandatsbescheides) ein Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl er nicht mehr im Besitze der Lenkerberechtigung gewesen sei. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Seinen (ersten) Antrag auf "Wiederausfolgung des vorübergehend entzogenen Führerscheines im Sinne des § 74 (2) des KFG 1967" vom 28. Jänner 1992 zog der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27. Februar 1992 zurück. Mit Schriftsatz vom 16. März 1994 stellte der Beschwerdeführer erneut den Antrag auf "Wiederausfolgung des vorübergehend entzogenen Führerscheines im Sinne des § 74 (2) des KFG 1967", welche ihm mit dem im Instanzenzug ergangenen nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde versagt wurde.

Der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Interpretation des Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. November 1989, daß es sich um eine "vorübergehende" Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 gehandelt hätte, und damit die Lenkerberechtigung nach Ablauf der Zeit, für die die Lenkerberechtigung "vorübergehend" entzogen worden sei, ipso jure wieder auflebe und nicht neuerlich erteilt werden müsse (vgl. diesbezüglich Grundtner/Stratil, KFG 19674, Anm. 1 und 2 zu § 74), kann nicht gefolgt werden. Die Erstbehörde hat mit diesem Bescheid vom 23. November 1989 zum Ausdruck gebracht, daß die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Mandatsbescheid vom 25. August 1989 unbegründet sei und die Entziehung inhaltlich in derselben Weise ausgesprochen werde. Abgesehen davon, daß die Entziehungsmaßnahme der Erstbehörde entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers zunächst durch den Hinweis auf den Mandatsbescheid, aber auch im Spruch des Bescheides der Erstbehörde vom 23. November 1989 nicht auf § 74, sondern auf § 73 Abs. 1 KFG 1967 gestützt wurde, ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, die Behörde habe zum Ausdruck bringen wollen, trotz der gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 festgesetzten Zeit von 24 Monaten, die über die in § 74 Abs. 1 KFG 1967 festgelegte Höchstzeit von 18 Monaten weit hinausgeht, solle die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers nach Ablauf der festgesetzten Zeit wieder aufleben, was das Wesen einer "vorübergehenden" Entziehung wäre. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Behörde offensichtlich übersah, das Wort "vorübergehend" aus dem Spruch ihres (unter Verwendung eines Formulars erstellten) Bescheides vom 23. November 1989 zu streichen; soweit im Text der Begründung dieses Bescheides das Wort "vorübergehend" im Vordruck vorkam, wurde die Streichung vorgenommen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994110198.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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