TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 94/04/0096

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §74 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Mag. C in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. Mai 1994, Zl. Gew-467/5/94, betreffend gewerbliche Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X-Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 4. Mai 1994 wurde der mitbeteiligten Partei "gemäß §§ 74 ff, 333 und 356 Abs. 1 GewO 1973 die idgF. in Verbindung mit § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972 idgF.", unter einer Reihe von Auflagen "die Betriebsanlagengenehmigung zur Ausübung des Gastgewerbes "Bar" mit früherer Aufsperrstunde 06.00 Uhr - Gesamtbetriebszeit 20.00 Uhr bis 06.00 Uhr - im Standort K, nach Maßgabe der folgenden Betriebsbeschreibung und der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Projektsunterlagen, die einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilden", erteilt.

In der Begründung dieses Bescheides heißt es einleitend, die Situierung der Anlage innerhalb des Baukörpers auf der Baufläche n1, KG. K, gehe aus der Betriebsbeschreibung im (erstinstanzlichen) Bescheid des "Magistrates" der Landeshauptstadt K vom 2. März 1994 hervor. Diese Betriebsbeschreibung gründe sich wiederum auf die mit "Betriebsbewilligungsantrag" vom 12. Oktober 1993 vorgelegten Planunterlagen. Festzustellen sei, daß hinsichtlich der "unter 17.12.1993" bekanntgegebenen Ergänzungen und Änderungen der Betriebsbeschreibung lediglich Änderungen hinsichtlich der WC-Anlagen im Durchgang stattgefunden hätten und im Zuge der Ortsverhandlung der Behörde erster Instanz am 25. Jänner 1994 der ursprünglich gestellte Antrag auf Genehmigung des Sitzgartens an der Südseite des Objektes zurückgezogen worden sei. Die in östlicher Richtung vom Betriebsgebäude befindlichen Fahrzeugabstellflächen (Parkplatz) seien nicht Gegenstand des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens.

Hinsichtlich der Berufungsausführungen (u.a.) des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, daß diese nicht geeignet gewesen seien, die Berufungsbehörde zu einer anderen Entscheidung als jene im erstinstanzlichen Bescheid kommen zu lassen; dies insbesondere bei Berücksichtigung der im Zuge der Ortsverhandlung am 25. Jänner 1994 vorgebrachten Einschränkung des Genehmigungsgegenstandes lediglich auf Betriebsanlagenteile innerhalb des Gebäudes auf Baufläche n1, KG. K. Hinsichtlich des Meßpunktes 2 (Wohnung des Beschwerdeführers) habe der gewerbetechnische Amtssachverständige "selbst unter Einbeziehung der Benützung der 20 Stellplätze im Bereich der Liegenschaft" einen Lärmpegel von 38 dB bei Nacht errechnet. Für die Ermittlung jenes Lärmanteiles auf dem Gelände westlich des Einganges zur Betriebsanlage, welche durch die Unterhaltung der Gäste beim Verlassen der Betriebsanlage entstehe, ergebe sich laut Gutachten ein Lärmpegel von 30 dB. Insgesamt betrage der betriebsmäßige Lärmanteil im "Emissionsort" (wohl richtig: Immissionsort) Meßpunkt 2 "38 dB durch den Parkplatz + 30 dB (Unterhaltung der Gäste im Freien) 39 dB". Das Ist-Maß (ortsübliches Ausmaß) sei für die Nachtzeit an diesem Meßpunkt mit 48 dB ermittelt worden. Dieses Ist-Maß werde im "Emissionsort" Meßpunkt 2 nicht verändert. Da im vorliegenden Betriebsanlagenverfahren ohne Einbeziehung des Gastgartens und der Abstellfläche zu prüfen gewesen sei, ob von der Betriebsanlage die Ortsüblichkeit übersteigende Beeinträchtigungen ausgingen, dies aber nicht zutreffe, seien die von den Berufungswerbern angeführten Argumente über mögliche Beeinträchtigungen der Nachbarschaft weggefallen. Beeinträchtigungen, die in ihrer Intensität dem gegenwärtigen Zustand entsprächen, das gegenwärtige Ausmaß aber nicht erhöhten, müsse die Nachbarschaft hinnehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in den durch die Gewerbeordnung normierten Nachbarrechten verletzt. Er bringt hiezu vor, im gegenständlichen Verwaltungsverfahren sei der bestellte Amtssachverständige davon ausgegangen, daß die Betriebsauslastung lediglich 50 % betrage und lediglich 50 % der Gäste die Betriebsanlage mit dem Kraftfahrzeug erreichten. Des weiteren habe der Amtssachverständige ausgeführt, daß bei Sperrstunde noch ein Drittel der Gäste anwesend sei und die Gehzeit und Unterhaltung bis zum abgestellten Kraftfahrzeug maximal 3 Minuten betragen könne. Durch diese Unterhaltung der Gäste ergebe sich im Immissionsort, Meßpunkt 2, ein Lärmpegel von 30 dB, weshalb insgesamt der betriebsmäßige Lärmanteil im Meßpunkt 2 39 dB betrage. Er habe in der Ortsaugenscheinverhandlung vor der Behörde erster Instanz, aber auch in seiner Berufung ausgeführt, daß es in der Zeit zwischen 24.00 Uhr und 06.00 Uhr früh zu massiven Lärmbelästigungen und Sachbeschädigungen durch die Besucher der Gaststätte komme. Zwischen dem Parkplatz einerseits und dem Eingang zum Lokal andererseits sei eine Wegstrecke von ca. 150 m bis 200 m zurückzulegen. Durch die von ihm angestellten Beobachtungen in den Nachtstunden würden sich Lärmbelästigungen ergeben, die deutlich über den festgestellten Werten im Gutachten lägen. Anstelle der im Gutachten des Sachverständigen angeführten ca. 20 Fahrbewegungen pro Stunde habe er - vor allem am Wochenende - zwischen 50 und 60 Fahrbewegungen pro Stunde festgestellt. Des weiteren hielten sich zahlreiche Gäste vor dem Lokal auf, die entweder keinen Zutritt zum Lokal bekämen oder anderen Tätigkeiten nachgingen und diesbezüglich Lärm erregten. Die maximale Auslastung von 50 % sei demnach realitätsfremd und entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Allein schon die Größe des Lokals stehe im diametralen Widerspruch zur Annahme der dem Gutachten zugrundeliegenden Besucherfrequenz. Der Großteil der Besucher suche erst in den späten Nachstunden die Lokalität auf und erscheine dort stark alkoholisiert. Dies führe selbstverständlich zu großen Lärmbelästigungen, Ruhestörungen durch Lärm in der Früh u.ä. Auch sei die Gehzeit vom Kraftfahrzeug zum Eingang des Lokales unrichtig angegeben worden, weil sich die Gäste zu fortgeschrittener Stunde nicht zielstrebig zum Parkplatz bzw. vom Parkplatz bewegten, sondern vielmehr hiefür eine entsprechende Zeit - auch für Verabschiedungen - benötigten, die eindeutig über 3 Minuten liege. Er habe sowohl im Verfahren erster Instanz als auch im Verfahren zweiter Instanz eingewendet, daß das Gutachten des Amtssachverständigen aus dem Fache des Umweltschutzes unrichtig und auf falschen Tatsachen beruhe. Die belangte Behörde sei jedoch in keiner Weise auf seine Einwendungen eingegangen, sondern habe im bekämpften Bescheid lediglich lapidar die Ausführungen des Amtssachverständigen wiederholt. Sie habe auch mit keinen Worten begründet, warum seine auf tatsächlichen Erfahrungen beruhenden Angaben nicht den Tatsachen entsprechen sollten, während die Angaben des Amtssachverständigen, die dieser lediglich auf Schätzungen und auf seine Erfahrung als Amtssachverständiger stütze, den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen sollten. Das Verfahren vor der belangten Behörde sei demnach mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde hätte zumindest eine Ergänzung des Sachverständigengutachtens durch einen Lokalaugenschein zur Nachtzeit anzuordnen gehabt, um seine Einwendungen entkräften zu können. Die Vornahme von Schätzungen sei jedoch keinesfalls geeignet, ein mangelfreies Verfahren zu gewährleisten. Die Vornahme des Lokalaugenscheines sei am 21. Oktober 1993 zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der Betrieb nicht in der nunmehr vorliegenden genehmigten Form geführt worden sei. Die vom Sachverständigen angestellten Schätzungen stimmten nicht mit der Realität des Barbetriebes überein. "Nichts desto trotz" habe sich die belangte Behörde im bekämpften Berufungsbescheid mit diesen seinen Einwendungen überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich auf das Sachverständigengutachten, das - wie bereits aufgezeigt - von unrichtigen Annahmen ausgehe, verwiesen. In einem mängelfreien Verfahren hätte die belangte Behörde einen neuerlichen Sachverständigenbeweis auch im Berufungsverfahren durchzuführen gehabt, um das gegenständliche Verwaltungsverfahren mängelfrei zu halten.

Dieses Vorbringen vermag die Beschwerde nicht zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung hat tatbestandsmäßig die Erfüllung der gesetzlichen Merkmale für die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage nach § 74 Abs. 2 GewO 1994 zur Voraussetzung, d.h. bezogen auf den Beschwerdefall, daß im Sinne des § 74 Abs. 3 GewO 1994 Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen. Es ist somit in Ansehung von Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen - abgesehen vom Inhaber der Anlage oder seinen Erfüllungsgehilfen - hinsichtlich Personen, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen, auf deren Bewirkung "in der Betriebsanlage" abzustellen (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0177, und das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/04/0238). Anders als zur Rechtslage nach der GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 85/04/0091), kommt (nunmehr) das Verhalten von Kunden und von anderen betriebsfremden Personen außerhalb einer gewerblichen Betriebsanlage für eine Zurechnung zur Betriebsanlage nicht mehr in Betracht.

Ausgehend von der sich so darstellenden Rechtslage und des (vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen) oben dargestellten Gegenstandes des Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens mangelt es dem Beschwerdevorbringen an der rechtlichen Relevanz. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorhebt, betreffen nämlich alle Ausführungen des Beschwerdeführers jene Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen, die Kunden durch ihr Verhalten unmittelbar vor oder nach der Inanspruchnahme der Betriebsanlage verursachten.

Danach hat es aber auch dahingestellt zu bleiben, ob die vom Amtssachverständigen hinsichtlich DIESER Lärmquellen getroffenen (sachverhaltsbezogenen) Feststellungen und Darlegungen einer Schlüssigkeitsprüfung standhalten oder nicht, wie letzteres der Beschwerdeführer aufzuzeigen sucht.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht wegen der geltend gemachten Rechtswidrigkeit verletzt worden ist. Da dem Verwaltungsgerichtshof auch eine aus eigenem aufzugreifende Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen der gestellten Begehren - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994040096.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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